Unter dem Motto "Matrosen ahoi!" veranstaltet die
"Undine" am 16. Februar 1935 in den Räumen des Hotels Adler ihren
traditionellen Ruderer-Maskenball. Und dieser Maskenball ist
wieder eine Delikatesse. Bei schmissigen Weisen der Bordkapelle "Emden",
bei närrischer Ausgelassenheit und lustigen Matrosenliedern geht die
närrische Gesellschaft vom Flaggschiff "Undine" an Land, um sich zu
erfreuen.
Anzeige in
der "Main-Spitze" am 15. Februar 1935 |
Anzeige in
der "Main-Spitze" am 5. April 1935 |
Der Tag des Deutschen Rudersports wird am 7. April 1935 zum zweiten Mal
gemeinsam mit allen deutschen Ruderern, in Rüsselsheim traditionsgemäß
gemeinsam mit den Nachbarvereinen aus Flörsheim und Raunheim, mit dem Anrudern
gefeiert. Nach der Flaggenhissung und dem Startkommando des
Reichssportführers aus Berlin, das man gemeinsam am Bootshaus der
"Undine" erlebt, begeben sich bei strömendem Regen eine ganze Anzahl von
Ruderern und Paddlern aufs Wasser, um das vorgeschriebene
Zehn-Kilometer-Dauerrudern zu absolvieren. Anschließend treffen sich die
Anwesenden zur offiziellen Feier im "Undine"-Bootshaus, wo auch eine
Eintopfessen zur Förderung des Winterhilfswerks wartet.
Die "Undine" geht trotz Trainingsproblemen mit Schichtarbeit
zuversichtlich in die Regattasaison 1935. Starts im Jungmann-Vierer und
auch im Jungmann-Achter werden durchgeführt, doch Erfolge wollen sich
nicht einstellen, so dass die "Undine" sportlich eines ihrer schwächsten
Jahre erlebt.
|
"Undine"-Doppelzweier
mit Steuermann beim Training auf dem Main (Stm. Adolf Leichtfuß,
Ludwig Jourdan, Hans Schmitt) vor dem Bootssteg der RG Undine
Rüsselsheim, im Hintergrund das Bootshaus des Rudervereins
Rüsselsheim und die Opel-Brücke |
Frauenrudern bei der "Undine" mit Steuermann und Ausbilder Wilhelm
Wolf |
Die Paddler der "Undine" entschließen sich, ihren 14-tägigen Werksurlaub
zu einer Urlaubsreise mit dem Paddelboot zu verwenden. Am 18.
August 1935 starten 32 Personen mit 16 Paddelbooten und 16 Zelten, die
auf einem Lastzug befördert werden. Lassen wir die "Main-Spitze"
berichten:
Die Paddler der RG Undine
Rüsselsheim auf Urlaubsreise
Erholung und
Entspannung waren die Geleitworte der Paddler der
Rudergesellschaft Undine, als sie sich entschlossen, in dem
14-tägigen Werksurlaub ihrem geliebten Paddelsport zu huldigen.
Festgelegt war eine Fahrt mainabwärts von Bamberg aus. Die Abfahrt
war für Sonntag, den 18. August festgesetzt. Am frühen Morgen
gegen 6 Uhr waren 32 Personen damit beschäftigt, Boote und Gepäck
auf einem Lastzug zu verstauen. Die Autofahrt ging über Frankfurt,
Aschaffenburg, Lohr nach Bamberg. In Bamberg war man gegen 4 Uhr
nachmittags angelangt, wo an der Regnitz ausgeladen und zum ersten
Male die Zeltstadt mit ihren 16 Häusern aufgebaut wurde.
Bamberg, auch Klein-Venedig genannt, von wo aus die Fahrt beginnen
sollte, war so reich an Sehenswürdigkeiten, dass man sich
entschloss,
auch am nächsten Tag noch zu bleiben. Unter anderem besichtigte
man die bekannte Brauerei Michaelsberg, wo jeder echtes bayrisches
Bier kosten konnte. Ein guter Anfang war gefunden. Am nächsten Tag
wurde das Lager abgebrochen, ein Stück die Regnitz gepaddelt und
bald war man schon im Main angelangt. Schonungen als Tagesziel
wurde am Abend erreicht. Am nächsten Tag (Mittwoch) gelangte man
gegen Mittag nach Schweinfurt, wo man hoffte, die in Rüsselsheim
bekannten Fichtel & Sachs-Werke besichtigen zu können. Die
Rechnung war leider falsch, denn die Firma lehnte
unverständlicherweise eine Besichtigung ihrer Fabrikanlagen ab.
Weiter ging es nach Escherndorf, wo die Gastfreundlichkeit größer
sein sollte. Nachdem die Zelte aufgeschlagen waren, erschien der
Herr Bürgermeister mit einem großen Teil seiner Bürger und hieß
die Paddlergemeinde herzlich willkommen. Ein reger
Gedankenaustausch begann, als man hörte, dass die Leute aus der
Opelstadt seien. Das Örtchen hatte auch nichts zu bereuen; bald
waren alle Verkaufslädchen ausverkauft und nur mit Mühe hatte man
noch ca. 150 Eier zusammentrommeln können. Der Donnerstag brachte
unsere Paddler über Ochsenfurt nach Würzburg, wo man auch am
folgenden Tag noch blieb. Dieses alte Mainstädtchen mit seiner
Festung, dem Dom, der prunkvollen Residenz, dem Ratskeller und der
alten Mainbrücke wird jedem eine bleibende Erinnerung sein. |
Impressionen von der
Paddel-Wanderfahrt der "Undine" auf dem Main 1935 |
|
|
|
|
Am anderen Tag war Tagesziel Karlstadt, und am nächsten Tag war
schon wieder Sonntag; man war eine Woche unterwegs und die Zeit
war im Flug vergangen. An diesem Abend wurde in Lohr gezeltet. Der
nun folgende Montag war wieder ein Erlebnis. Man gelangte nach
Wertheim, "Die Perle des Mains" genannt. An der idyllischen
Taubermündung wurde gelagert. Unterwegs hatten sich noch einige
Paddler aus Berlin, Dortmund und Köln angeschlossen, die die
Geselligkeit der Undine gesucht hatten und die sich bald in der
fröhlichen Zeltstadt heimisch fühlten. Die Gegend, die man jetzt
passierte, stand bestimmt einem Rheintal nichts nach. Rechts die
zum Himmel strebenden Weinberge und links der duftende
Fichtenwald. Nach überwältigenden Fahrterlebnissen kam man in
Miltenberg an. Der Höhepunkt der Fahrt war erreicht, denn was eine
Fahrt zwischen Würzburg und Miltenberg für eine Fülle
landschaftlicher Reize aufzuweisen hatte, wird jedem unvergessen
bleiben.
Von Miltenberg aus wurde das Mainwasser durch die Stauanlagen
immer träger, so dass man schon mehr "schaffen" musste, um vorwärts
zu kommen. Das schnell fließende Wasser war verschwunden und viele
glaubten, sie säßen auf einem "Salzteich". So gelangte man am
Mittwoch Abend nach Aschaffenburg und am Donnerstag nach Hanau. Am
Freitag Nachmittag konnten unsere Paddler wieder an der
Undine-Pritsche anlegen. Braun gebacken und mit frohen Gesichtern
waren die meisten kaum mehr wieder zu erkennen.
Die schöne Fahrt war für alle ein Erlebnis gewesen und auch eine
kleine Leistung zu nennen, mussten doch nahezu 400 km gepaddelt
und 15 Mainschleusen durchfahren werden. Die vielen Knipser aber,
die bei der Fahrt dabei waren, haben sich Mühe gegeben, viele
ihrer Eindrücke im Bild festzuhalten. Eine Anzahl ihrer Bilder
wird im Schaukasten der Undine zu sehen sein und sicher noch so
manchen von dem schönen Wassersport überzeugen. Der
gemeinschaftliche Werksurlaub hatte so seinen Zweck voll und ganz
erfüllt. Die 14tägige Fahrt war eine wirkliche Erholung und
Entspannung gewesen, an die jeder noch gern zurückdenken wird. Nun
geht es mit frischem Mut wieder an die Arbeit in der Hoffnung auf
eine neue Ferienfahrt im nächsten Jahr. Ahoi! |
Mitte September ist die Rudersaison bei der "Undine" zu Ende.
Traditionsgemäß veranstaltet die "Undine" am 15. September
1935 ihr
Abrudern. Eingeleitet wird das Abrudern bereits eine Tag vorher
durch eine große Lampionauffahrt der Paddelabteilung auf dem Main.
Anzeige in
der "Main-Spitze" am 13. September 1935 |
Anzeige in der "Main-Spitze" am 5. Oktober 1935 |
Anzeige in
der "Main-Spitze" am 9. Oktober 1935 |
Am gleichen Tag, dem 15. September 1935, verliert die
"Undine" ihr Ehrenmitglied Georg Bastian durch den Tod.Beschlossen werden die gesellschaftlichen Veranstaltungen bei der
"Undine" durch den am 19. Oktober 1935 stattfindenden Vereinsball
im Saal des "Rüsselsheimer Hofs" und den Großen
Silvesterball mit der Kapelle Emden im "Frankfurter Hof". Am Ende des Jahres 1935 hat die "Undine" 119 Mitglieder, davon sind 28
Aktive, 86 Unterstützende und 5 Schüler.
Anzeige in
der "Main-Spitze" am 16. Oktober 1935 |
Anzeige in der "Main-Spitze" am 28. Dezember1935 |
|