Am Neujahrstag startet eine Vierermannschaft des
RVR – obwohl 17 Mann zugesagt haben, kommen nur fünf, nämlich Wilhelm Reinheimer, Richard Trapp, Arthur Schwarz, Hans Mietzschke und Heinz
Hummel – zur traditionellen Neujahrsfahrt stromaufwärts. Gegen Ende der
Fahrt wird traditionsgemäß beim "Anker" in Flörsheim zu "Aeppelwoi un
Worscht" eingekehrt.
Schon am 12. Januar 1935 werden im Bootshaus bei einem Vortragsabend mit
Paul Elschner und gleichzeitigem Schlachtfest unter großer Beteiligung
– eine ganze "Wuzz"
wird ins Innere befördert – die Ruderer von Trainer Fritz Brumme zum strengen
Training verpflichtet. Wir lassen die "Main-Spitze" berichten:
![](chron35e.jpg)
Blick von
der im Jahr 1928 eingeweihten Opelbrücke zwischen Rüsselsheim und Flörsheim Richtung
Westen im Jahr 1935, vorn das Rüsselsheimer Schwimmbad am Main,
dahinter links das Bootshaus des Rudervereins Rüsselsheim, im
Hintergrund die Opel-Werke mit Schornsteinen |
Im Rahmen eines
auch von Interessenten aus Mainz, Frankfurt und Offenbach gut
besuchten Vortragsabends – ein Mitglied des Frankfurter
Regattavereins sprach über den Rudersport in Kanada und USA –
fand die Trainingsverpflichtung für das kommende Ruderjahr
statt. Das erfolgreiche Abschneiden der von Fritz Brumme nach
einer Fairbairn ähnelnden Lehrmethode trainierten Mannschaften,
dargestellt durch sechs Achter-, einen Vierer- und sechs
Einersiege, ließ ohnedies eine gute Beteiligung an der
Verpflichtung erhoffen.
Der Schlagmann des vorjährigen Achters, Hans Mietzschke, gab
infolge eines willkommenen Zugangs einiger guter Kräfte für
nicht weniger als dreizehn Senioren (Heinrich Berner, Rudolf
Fritz jr., Medard Hartrath (früher Kasteler RG), Paul Hartwig
(früher Hellas Offenbach), Karl Heuß, Kurt Kramer (früher
Mainzer RV), Hermann Kremmler, Hans Mietzschke, Georg von Opel,
Wilhelm Reinheimer, Gotthard Roßbach, Heinrich Schick, Karl
Schömbs), einen Junior und fünf Jungmannen das Trainingsgelöbnis
für 1935 ab. Fritz Brumme wird aus den zur Verfügung stehenden
Ruderern außer dem gegenüber dem Vorjahr verstärkten Achter für
bessere Aufgaben auch einen hiervon unabhängigen Vierer für
Seniorrennen bilden. Der Einerfahrer Georg von Opel, der sich in
guter körperlicher Verfassung befindet, wird wieder für den
Trainingsbeginn im Februar und März die wärmere Gegend in
Locarno aufsuchen und dort über lange Strecken üben. Er wird
begleitet von Eric Phelps, Putney, der an Weihnachten1934 in
einem Handicap-Rennen für Berufsruderer in London aus einem Feld
von 40 Skullern als Sieger hervorgegangen ist. Man spricht
davon, dass der Ruderverein Rüsselsheim in diesem Jahr auch mit
einem von guten Kräften besetzten Doppelzweier auf dem Plan
erscheinen wird. Im übrigen wird der Verein ein oder zwei neue
Boote in Auftrag geben.
Der Vereinsvorstand hat mit der Stadtverwaltung Rüsselsheim
einen Vertrag wegen des am Bootshaus angrenzenden Platzes am
sogenannten Sommerdamm abgeschlossen, so dass den Ruderern das
alleinige Benutzungsrecht dieses Grundstücks für sportliche
Zwecke eingeräumt ist. Nachdem kürzlich Friedebert Armbruster
und Philipp Sittmann ihre 25-jährige Zugehörigkeit zum Verein
feiern konnten, werden Oscar Schlieben und Georg Diehl am "Tag
des deutschen Rudersports" aus dem gleichen Grunde geehrt und
ausgezeichnet werden. |
Die Kappensitzung des RVR am 9. Februar ist
– wie immer – eine
"Sensation". 200 Närrinnen und Narren füllen den Saal und das Foyer im
Bootshaus. Der närrische Elferrat unter Präsident Friedebert Armbruster
mit Ludwig Hill, Arthur Schwarz, Oscar Schlieben, Richard Trapp, Herbert
Schmelter, Hugo Armbruster, Karl Pöppel, Carl Nebelung, Edgar Klein und
Hans Mietzschke hat ein Programm auf die Beine gestellt, so dass diese
Kappensitzung sicher als der Clou der Fastnacht 1935 in Rüsselsheim
bezeichnet werden kann. Unter der Gesamtleitung von Margarete Hill und
Maria Armbruster bringen Tilla Blüm als "Prinz Karneval", Ludwig
Hill als Protokoller, Edgar Klein und Karl Büdel als "Fräulein
Hühnerbein und Herr Schinkenspeck", Maria und Lisbeth Schäfer mit dem
Tiroler Bubentanz, Friedrich Traiser und Albert Meeser als "Maaflinger",
B. Börner und Lisbeth Schäfer als "Dörte und Hanne", Hanna Richter als
"Euphrosine Lattenbau", Ludwig Hill als "Deutscher Michel", Maria
Helfrich und Tilla Blüm mit ihrem Tanz "Das Püppchen und der Harlekin",
Edgar Klein als "Hoppla Thekla" sowie B. Börner, Hanna Richter und
Lisbeth Schäfer mit dem Ballett "Drei Gebrüder Dick von der
Regimentsmusik" das Bootshaus zum Kochen.
Der Tag des Deutschen Rudersports wird am 7. April 1935 zum zweiten Mal
gemeinsam mit allen deutschen Ruderern, in Rüsselsheim traditionsgemäß
gemeinsam mit den Nachbarvereinen, mit dem Anrudern gefeiert. Nach
der Flaggenhissung am RVR-Bootshaus bei strömendem Regen begeben sich
die Anwesenden zur offiziellen Feier ans Undine-Bootshaus, wo dann vom
RVR nur der Trainingsachter aufs Wasser geht und wo auch eine
Eintopfessen zur Förderung des Winterhilfswerks wartet. Abends versammelt man sich wieder beim RVR zum Tanz
und zur Ehrung der 25-jährigen RVR-Jubilare Oscar Schlieben, Georg Diehl
und Otto Stocker. Außerdem kann Willi Füth, der mit Georg von Opel und
Trainer Eric Phelps nach zweimonatigem Trainingsaufenthalt in Locarno
nach Rüsselsheim zurückgekehrt ist, zum Training nachverpflichtet
werden. Zum Anrudern und zu den Plänen im RVR berichtet Paul Elschner im
"Wassersport":
RV Rüsselsheim vor großen
Aufgaben
Nach wochenlanger
gründlicher Vorschulung im Ruderkeller und nach dem bisher
günstigen Verlauf der täglichen Trainingsfahrten der Senioren
hat sich der erste Ruderwart und Trainingsleiter Fritz Brumme im
Einverständnis mit seinem Vereinsführer entschlossen, außer
durch Georg von Opel und Willi Füth (früher Viktoria Berlin) im
Einen und Doppel-Zweier, auch im Senior-Achter auf hohe Ziele
hinzuarbeiten. Die Achter-Mannschaft, die täglich über lange
Strecken übt, wobei Brumme an der Verfeinerung des Stils
arbeitet, ist mit Reinheimer, Hartwig, Kramer, Fritz, Stieglitz,
Berner, Schömbs und Mietzschke (Schlag) endgültig
zusammengesetzt. Die Ruderer haben ein Durchschnittsalter von 20
Jahren und zur Zeit ein Durchschnittsgewicht von 78 kg. Fünf
Ruderer des vorjährigen ausgezeichneten Achters bilden den Stamm
der diesjährigen Einheit. In vier weiteren Ruderern, die für
einen Start in Senior-Rennen in Betracht kommen, ist der
gegebenenfalls erforderliche Ersatz zu suchen. Neben diesen
zwölf Mann hat der RV Rüsselsheim am 7. April auch die von einer
zweimonatigen Übungszeit in Locarno (Südschweiz) zurückgekehrten
Skuller von Opel und Füth zum strengen Training verpflichtet.
Die beiden Skuller, von denen von Opel die erstklassigen
Einer-Rennen bestreiten und Füth zunächst in der Junior- und
zweiten Klasse starten wird, werden bei ihren Übungsfahrten von
dem bekannten englischen Berufsruderer und Trainer Eric Phelps
überwacht. Die verschiedenen Probefahrten im Doppel-Zweier in
Locarno sind durchaus zufriedenstellend verlaufen und werden
jetzt in einem neuen Rennboot in Rüsselsheim fortgesetzt. Beide
Skuller, von denen Opel gegenwärtig 81 kg und Füth 83 kg wiegen,
werden neben Paul/Hüllinghoff (Germania Frankfurt) und Sauer/Dimpfl
(Frankfurter RV 65) das dritte Doppelzweierpaar aus dem
Untermainbezirk bilden. |
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![](chron35a.jpg) |
RVR-Ruderer
auf der Essener Regatta 1935 (Georg Schmitt, Helmut Römer,
Hans Mietzschke, Richard Trapp, Wilhelm Reinheimer, Albert
Oertel, Louis Schweitzer) |
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Seniorachter des RVR 1935 in Mannheim, wo der RVR im "Pfalzachter" startet und den zweiten Platz
‒ hinter dem Frankfurter RV 1865 jedoch vor dem Kölner RV 77 und
Ludwigshafen ‒ belegt (Kurt Kramer, Heinrich Schick, Helmut Römer, Hans Mietzschke,
Karl Schömbs, Adam Stieglitz, Wilhelm Reinheimer, Schlagmann Paul Hartwig und Seuermann
Georg Schmitt) |
![](chron35d.jpg) |
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![](chron35h.jpg)
RVR-Ruderer
mit ihrem
Bootstransporter für Einer und Doppelzweier (vorn Fritz Brumme) |
Im Vereinsleben macht sich immer
mehr die starke Beanspruchung der Jugendlichen und
Aktiven in den Organisationen des Dritten Reiches
bemerkbar. Durch die Einberufung der Wehrpflichtigen zum Militärdienst
wird es immer schwieriger, einen geordneten
Trainingsbetrieb aufrechtzuerhalten und Mannschaften zu
bilden; dies gilt für die Ruderer, insbesondere jedoch für
die Hockeyspieler.
Um so erfreulicher ist es, dass auf sportlichem Gebiet dennoch
beachtliche Erfolge erzielt werden. Während Georg von Opel am Anfang der
Saison erkrankt und nicht starten kann, entwickelt sich Willi Füth zum erfolgreichsten
deutschen Skuller des Jahres; 15 Siege im Einer, darunter den "Preis des
Königs der Belgier" in Ostende,
und 4 Siege im Doppelzweier mit Fritz Brumme und später mit Georg von
Opel sprechen für sich.
Der Seniorachter des RVR startet zunächst ohne Sieg auf den Regatten
in Offenbach und Hanau im Zweiten Achter. Dann in Mannheim wagt man
den Start in den beiden Senior-Achtern der Regatta. Im Großen
Achter kommt man auf dem letzten Platz ein, doch im "Pfalz-Achter"
kann der RVR nach hartem Kampf eine 3/4-Länge hinter dem Frankfurter
RV 1865 jedoch vor dem Kölner RV 77 und Ludwigshafen den zweiten Platz
belegen. In Frankfurt im Zweiten Senior-Achter kann man den Vorlauf
nicht überstehen, doch dann am nächsten Tag im Schlussachter platzt der Knoten. Der Achter,
besetzt mit Kurt Kramer, Heinrich Schick, Helmut Römer, Hans Mietzschke,
Karl Schömbs, Adam Stieglitz, Wilhelm Reinheimer, Paul Hartwig und Stm.
Georg Schmitt, kann nach einem Vorlaufsieg auch das Finale vor Kreuznach
und Mannheim gewinnen. Die gleiche Mannschaft gewinnt dann noch in
Koblenz den
Zweiten Achter gegen die Koblenzer RG und als Aufsteiger auch den Ersten Senior-Achter
kampflos, da der Kölner RV 77 nicht am Start erscheint.
Willi Füth und Georg von Opel melden beim
Deutschen Meisterschaftsrudern auf dem Essener Baldeneysee für
Einer und Doppelzweier.
Doch im Einer verzichten beide auf einen Start zugunsten des
Doppelzweiers. Wir zitieren die "Main-Spitze":
Der erste Tag
der Hügel- und Meisterschaftsregatta wurde eröffnet mit den noch
ausstehenden Vorkämpfen für die Meisterschafts-Rennen. Im
Doppelzweier hatte die Verbandsleitung die Mannschaften wieder
"gesetzt". Im ersten Lauf startete RV Rüsselsheim als Favorit.
Das Paar Füth/von Opel kam aber als zweites Boot hinter
Berliner RC ein; wahrscheinlich haben sich die Rüsselsheimer
nicht voll ausgegeben, da die Teilnahme am Endlauf ja feststand.
Weit überlegener gewann Germania Frankfurt den zweiten Lauf.
Vorrennen, 1. Lauf
1. Berliner Ruder-Club (Remagen/Ritter) 7:57,7
min
2. Ruderverein Rüsselsheim (Füth/von Opel)
8:01,6 min
3. ARC Berlin (Schoemann/Speiser) 8:27,8 min
4. Frankfurter RC 1882/Oder (Schröder/Wöllert) 8:31,6
min
Vorrennen, 2. Lauf
1. Frankfurter RG Germania (Paul/Hüllinghoff)
8:15,7 min
2. Rgm. RV Münster 1882 / ARV Angaria Hannover (Westhoff/Voels)
8:30,8 min
3. Kölner Club für Wassersport (Reinmold/Schneider)
8:32,5 min |
Zu einer Überraschung kam es
dann im Endlauf des Doppelzweiers. Meister wurde der Berliner RC
in einem äußerst harten und spannenden Kampf. Während der ganzen
Saison galt die Frankfurter Germania als Meisterschaftsanwärter;
in Frankfurt überraschte allerdings der Sieg der Rüsselsheimer
Füth/von Opel.
Die Berliner hatten
vom Start weg gleich die Führung. Bei 500 Meter lagen Germania
und Rüsselsheim mit den Berlinern gleich. Dann fielen die
Frankfurter etwas zurück. Rüsselsheim jedoch ließ noch nicht
locker und lag auf gleicher Höhe bis 1.800 Meter. Jetzt konnte
sich Berlin leicht frei machen, vergrößerte seinen Vorsprung und
wurde mit anderthalb Längen vor Rüsselsheim Sieger. Eine halbe
Länge zurück folgte Germania Frankfurt und mit großem Abstand
die Studenten Münster/Hannover.
Hauptrennen
1. Berliner Ruder-Club (Remagen/Ritter) 7:31,4
min
2. Ruderverein Rüsselsheim (Füth/von Opel)
7:33,3 min
3. Frankfurter RG Germania (Paul/Hüllinghoff)
7:34,4 min
4. Rgm. RV Münster 1882 / ARV Angaria Hannover (Westhoff/Voels)
7:42,4 min |
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![](chron35i.jpg)
RVR-Doppelzweier mit
Georg von Opel und Willi Füth, Deutscher Vizemeister im
Doppelzweier 1935 |
Erstmals nach dem Krieg
starten im September 1935 deutsche Ruderer bei den großen Einerrennen
in Paris, die RVR-Spitzenskuller Willi Füth und Georg von Opel. Im
"Coupe de Paris", der seit 1896 über 1.800 Meter auf der Marne
ausgefahren wird, können sich Willi Füth gegen den französischen
Meister Vincent Saurin und Georg von Opel gegen den französischen
Vizemeister und Vorjahresssieger René Boizel in den Vorrennen
durchsetzen. Doch im Finale gegen den Schweizer Meisterskuller und
Vize-Europameister 1935 Eugen Studach haben sie keine Chance.
Eine Woche später starten
die beiden Rüsselsheimer beim seit 1853 veranstalteten "Championat
de la Seine" auf der Seine über 2.000 Meter im Einer und auch im
Doppelzweier. Im Einer qualifizieren sich beide RVRler in den
Vorrennen für die Entscheidung. Am Start liegen Studach, von Opel und
Saurin, Füth hat mit Rücksicht auf das 50 Minuten später folgende
Doppelzweier-Rennen abgemeldet. Studach übernimmt bei 600 Meter die
Führung, während von Opel und Saurin hart um den zweiten Platz
kämpfen. Am Ende wird es ein knappes Rennen, das Studach in 5:59,8 min
vor Saurin in 6:00,0 min und von Opel in 6:00,2 min für sich
entscheiden kann. Im kurz darauf gestarteten Doppelzweier-Rennen, wo
die französischen Meister Giriat/Jaquet und Füth/von Opel um den Sieg
kämpfen, macht sich die Anstrengung des Schlagmannes von Opel im
vorherigen Einerrennen bemerkbar, so dass die vollkommen frisch ins
Rennen gegangenen Franzosen am Ende mit etwa zwei Längen die Nase vorn
haben.
Dann melden die beiden RVR-Skuller für den 20. und
21. September zur internationalen "Holland-Becher-Regatta" auf
der olympischen Ruderstrecke in Sloten bei Amsterdam. Willi Füth kann
im Junior-Einer sowie Willi Füth und Georg von Opel im Doppelzweier
siegen. Doch im Mittelpunkt der Regatta steht, wie alljährlich, das
Seniorrennen im Einer um den "Holland-Becher", dessen jeweiliger
Sieger sich besondere Ehrungen gefallen lassen muss. Der
"Wassersport" berichtet über die Skuller in Amsterdam:
Der diesmalige
Gewinner war Georg von Opel, der das in ihn gesetzte
Vertrauen, Deutschland in diesem altehrwürdigen Rennen zu
vertreten, glänzend rechtfertigte. Unter Betreuung durch seinen
Freund Eric Phelps, der auch Füth im Einer und beide im
Doppelzweier unterweist, hat von Opel an sich gearbeitet, und
nach manchem Missgeschick der letzten Zeit einen schönen Lohn für
seinen eisernen Willen errungen. Sein um zwei Jahre älterer
Gegner, Ernst Moltzer (25 Jahre – 1,80 m – 74 kg), der 1935 in
Gent, Haarlem, Amsterdam und im holländischen
Meisterschaftsrudern erfolgreich war, machte in den letzten
Wochen eigens für den Holland-Becher-Start unter dem auch in
Deutschland bekannten Exmeister und Diamond-Scull-Sieger Günther
(de Amstel) eine Spezialvorbereitung durch. Moltzer ist übrigens
auch in holländischen Seglerkreisen ein sehr bekannter
Sportsmann. Er hat sich für seine zukünftigen Starts in diesen
Tagen ein neues Rennskiff bestellt. Mit einer so empfindlichen
Niederlage, wie von Opel sie ihm bereitete, hatten Moltzer und
seine zahlreichen Anhänger nicht gerechnet. Der Holländer rudert
einen gefälligen, flüssigen Stil ohne besonderen Rückschwung,
hat aber noch nicht die Rennerfahrung wie sein in zahlreichen
internationalen Kämpfen erprobter Bezwinger aus Rüsselsheim. Ein
technisch vorzüglicher Skuller und dabei sympathischer
Sportsmann ist der recht geschmeidig rudernde französische
Gaumeister René Boizel (Reims), der eine betonte Beinarbeit
leistet, aber in den Armen etwas schwach zu sein scheint,
Schade, dass ihn in diesem Jahre nicht mehr der englische Trainer
Bert Barry, der im nahen Epernay gewirkt hat, beaufsichtigen
konnte. Allen seinen Gegnern in der Junior- und Jungmannklasse
haushoch überlegen ist Willi Füth, eine tadellose Rudererfigur.
Holländische sachverständige Rudersportleute haben festgestellt,
dass Füth sich seit seinem vorjährigen Start in Amsterdam in
Bezug auf seinen Stil und seine Technik, bei der es aber immer
noch etwas auszufeilen gibt, recht erheblich verbessert hat."
Senior-Einer
(Holland-Becher)
1. Vorrennen
1. Ruderverein Rüsselsheim – Georg von Opel (80 kg) ... g.ü.d.B.
2. Ruderverein Rüsselsheim – Willi Füth ... nicht gestartet
2. Vorrennen
1. Koninklijke Amsterdamsche Roei- & Zeilvereeniging
"De Hoop" – Ernst Moltzer (74 kg) ...
8:37,0 min
2. Société des Régates Rémoises – René Boizel (71 kg) ...
8:41,5 min
Entscheidungsrennen
1. Ruderverein Rüsselsheim – Georg von Opel ... 8:10,0 min
2. Koninklijke Amsterdamsche Roei- & Zeilvereeniging "De
Hoop" – Ernst Moltzer ...
8:25,8 min |
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Unter der
Trainingsleitung von Karl Heuß und Edgar Klein kann auch der
Rudernachwuchs im Herbst Regatten besuchen. Starts in Frankfurt im
Vierer und Achter sind nicht erfolgreich. Jedoch in Boppard kann der
RVR im Vierer und in Offenbach im Achter siegen. In Offenbach gewinnen die
Ruderer Wilhelm Bauer, Wilhelm Trautmann, R. Hohmann, Hermann Görke,
Gottfried Schmitt, Josef Schnur, Hans Knoll,
Ernst Braun und Stm.
Karl-Heinz Ims den Jugendachter.
Damit
erringt der RVR im Jahr 1935 insgesamt 25
Regattasiege, 16 Einer, 4 Doppelzweier, 3 Achter, 1
Jugendvierer und 1 Jugendachter. Erfolgreichster Ruderer des RVR ist natürlich mit
19 Regattasiegen Willi Füth. Mit diesen Erfolgen steht der RVR
am Ende der Rudersaison in der Wertungstabelle des Deutschen Ruderverbandes
über die erfolgreichsten Rudervereine Deutschlands an 5. Stelle. Vor
dem RVR liegen nur der Berliner Ruder-Club, der Kölner Club für
Wassersport, die Frankfurter RG Germania und der RC Saar Saarbrücken.
![](chron35b.jpg) Willi
Füth und Gustav Schäfer in Mannheim 1935 |
![](chron35c.jpg) Friedrich
Traiser, Paul Diehl, Georg von Opel und Frau Diehl beim
RVR-Abrudern 1935 |
Im Hockey kann nach langer Zeit neben
einer Herren- und einer Damenmannschaft erstmals wieder
eine Knabenmannschaft, die von Curt Schrod betreut wird,
mit Erfolg an Wettspielen teilnehmen. Die Leitung der Hockeyabteilung
plant, einen Trainer zu verpflichten. Die Generalversammlung der
Hockeyabteilung wird am 4. Oktober 1935 im Bootshaus abgehalten.
Das Abrudern mit interner Regatta über 1.000 m wird am 29. September 1935
veranstaltet. Den Sieg im Renn-Doppelzweier holen sich Willi Füth und Richard Trapp
mit gut zwei Bootslängen vor Fritz Brumme und Franz Lieb sowie Hans Mietzschke
und Karl Schömbs. Franz Lieb sichert sich die
Klubmeisterschaft im Renneiner vor Reubold. Dagegen messen Georg von Opel und Willi Füth
zusammen mit noch drei anderen "Paddel-Spezialisten" ihre Kräfte im Einer-Faltboot,
wobei hier Georg von Opel mit zwei Längen vor Willi Füth siegen
kann. Das schärfste Rennen gibt es jedoch im Achter, wo die Jugend
mit einer Länge Vorsprung ins Rennen gehen darf und diesen Vorsprung
auch verteidigen kann.
Bei der am 19. Oktober 1935
abgehaltenen Jahreshauptversammlung wird Adam Ihrig erneut zum
Vereinsführer gewählt. Der RVR hat zu diesem Zeitpunkt 183 Mitglieder.
Zur Siegesfeier treffen sich Gäste und Sieger am
2. November 1935 im Bootshaus. RVR-Vorsitzender Adam Ihrig ehrt die
Rudersieger, darunter Willi Füth, der mit der RVR-Ehrennadel in
Bronze ausgezeichnet wird. Zur dritten Burgkneipe in der
Geschichte des RVR versammeln sich in den Gewölben der Rüsselsheimer
Festung wieder die aktiven Sportler als Landsknechte in historischen Köstümen zu einem fröhlichen Umtrunk. Und auch die Hasenkneipe
vereint Jäger
und Treiber am 7. Dezember im Bootshaus, eine Silvesterfeier
beschließt traditionsgemäß das Jahr.
Im Oktober 1935 verliert der Ruderverein Rüsselsheim seinen Ehrenvorsitzenden,
Paul Nebelung,
der 1912 und von 1915 bis 1926 RVR-Vorsitzender war, durch den Tod.
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![](chron35f.jpg) |
Nach 1933 und 1934 dritte Burgkneipe der aktiven Sportler des
Rudervereins Rüsselsheim 1935 in den Gewölben der Rüsselsheimer
Festung |
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