Zu Beginn des Jahres hat der RVR 140 Mitglieder,
40 Aktive, 40 Unterstützende, 11 Auswärtige, 19 Jugendliche, 5 Schüler
und 25 Paddler. Die Bootsflotte besteht aus 6 Rennbooten, 10 Gig-Booten,
1 Motorboot, 5 Privat-Ruderbooten und 25 Privat-Paddelbooten.
Das erstmals gemeinsame
Anrudern aller deutschen Rudervereine findet am 15. April 1934
statt. Wir zitieren die "Main-Spitze":
Anzeige in der "Main-Spitze" am 13. April 1934
anlässlich
des gemeinsamen Anruderns aller deutschen Ruderer |
Auf Anordnung
des Verbandsführers findet am 15. April das erste gemeinsame
Anrudern des Deutschen Ruder-Verbandes statt. Nicht so, dass sich
alle deutschen Ruderer an einem bestimmten Ort mit ihren Booten
träfen, sondern so, dass alle deutschen Rudervereine ihr Anrudern
an diesem einen bestimmten Tag begehen. Alle Ruderer sollen an
diesem Tag bei ihrer Feier wissen, dass überall in deutschen
Gauen, wo gerudert wird, am gleichen Tag, vielleicht zur
gleichen Stunde, ihre Sportkameraden in den Booten das neue
Sportjahr feierlich begrüßen, dass 150.000 deutsche Ruderer in
der gleichen Stunde durch das Band des Gedenkens an das
Gemeinsame in ihrer Betätigung verbunden sind. Diesem
Gemeinsamen, das da heißt: Volk und Vaterland, wollen die
Ruderer mit ganzem Herzen und ganzer Kraft auch 1934 dienen.
Nirgends in deutschen Landen haben die Ruderer in den letzten
Monaten Winterschlaf gehalten.
Überall wurde an der Erziehung und Ertüchtigung der Jugend
gearbeitet. Es ist heute nicht mehr so, dass erst mit Beginn des
Frühjahrs wieder der Ruderer eine sportliche Tätigkeit ausübt,
sondern durch die Vorarbeit im Ruderbecken hat der Ruderer die
grundlegenden Übungen schon hinter sich. Die Ruderer wollen also
mit ihrem Anrudern der Öffentlichkeit von ihrem Schaffen und
Wirken ein Bild geben und alle die, die noch immer abseits
stehen von Leibesübung und Sport, darauf hinweisen, dass eine
planmäßige Übung des Leibes und der Sinne eine
selbstverständliche Pflicht für jeden Deutschen ist. Auch die
Verpflichtung derjenigen Ruderer, die dazu ausersehen sind, die
Farben der Vereine auf den Regatten zu vertreten, findet am
gleichen Tag in feierlicher Form statt, was im Hinblick auf die
kommende Olympiade 1936 ebenfalls von besonderer Bedeutung ist.
So wird also das gemeinsame Anrudern in allen deutsche Gauen am
15. April Zeugnis davon ablegen, dass in den Rudervereinen ein
junges Geschlecht heranwächst, gesund an Körper und Geist. |
Fritz Brumme, der erfolgreiche Schlagmann, übernimmt das Training
der Ruderer im RVR. Außer dem Skuller Georg von Opel, der unter Trainer
Eric Phelps ebenfalls in Rüsselsheim trainiert, befindet sich noch ein
Jungmann-Achter, der durch Auswechseln zweier Leute auch in der
Juniorklasse starten soll, im strengen Training.
Georg von Opel erhält vom Deutschen Ruder-Verband die Startgenehmigung
für die Regatta in Ostende an Pfingsten. Wir zitieren die
"Presse":
Georg von Opel |
In den 60 Jahren ihres Bestehens hat sich die von jeher gut
besuchte Regatta in Ostende dank ihrer idealen Kampfbahn auf
dem 65 Meter breiten und genau 5 Kilometer schnurgerade
verlaufenden Brügge-Ostende-Kanal so entwickelt, dass sie als
eine beachtliche Wettkampfstrecke (2.000 Meter) von
internationaler Bedeutung angesprochen werden muss.
Der Kölner Regatta-Verein stellte durch den WSV Godesberg die
deutsche Vertretung im Seniorachter und im Doppelzweier, während
der Ruderverein Rüsselsheim es unternommen hatte, seinen in
internationalen Kämpfen herangereiften Skuller Georg von Opel
für das große Skiffrennen zu entsenden. Unter den Ehrengästen
auf der Regatta und bei der Preisverteilung bemerkte man den
deutschen Gesandten in Brüssel, Graf Adelmann.
Am ersten Tag der
Regatta startete das deutsche Meisterschaftspaar Arenz
(Godesberg) im Senior-Doppelzweier und verteidigte den jetzt
endgültig gewonnenen Herausforderungspreis leicht gegen die
körperlich schwächeren Junioren von Brügge. ...
Am zweiten Tag sah man mit großem Interesse den beiden
Drei-Länder-Treffen im großen Einer und großen Achter entgegen.
Das durch Gegen- und Seitenwind stark aufgewühlte Wasser machte
den Ruderern schwer zu schaffen, so dass hier die beste Technik
nicht helfen konnte.
Nach dem Start im Skiff, bei welchem Andersen/Antwerpen (74 kg)
am besten abkam, während Mengé/Brügge (70 kg) an zweiter und
Guye/London (85 kg) mit von Opel (81 kg) an dritter Stelle lag,
stieß der Rüsselsheimer sofort vor. Er ruderte zuerst 40er und
dann 36er Schlag. Der Londoner, sein stärkster Gegner, der drei
Mal englischer Meister im Skiff war, sollte eigentlich
abgeklärter sein. Er zeigte indessen reichlich Nervosität und
sah sich ständig nach dem führenden Opel um. Opel ruderte bei
500 Meter bereits eine Länge vor dem gefürchteten Gegner und
siegte schließlich klar mit 16 Sekunden vor Andersen, dahinter
Guye, dann Mengé.
Der deutsche Skuller hat das in ihn gesetzte Vertrauen glänzend
gerechtfertigt und sich als ein ernster Kämpfer gezeigt. Georg
von Opel gewann damit den "Preis des Königs der Belgier" und
brachte auch den Ruderverein Rüsselsheim zu seinem ersten
internationalen Sieg. |
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Der
im Jahr 1934 sechsmal siegreiche RVR-Achter (hier als
Jungmann-Achter in der
Besetzung mit Wilhelm Reinheimer, Kurt Hubberten, Richard Baer,
Rudolf Fritz jr., Hermann Kremmler, Heinrich Berner, Karl Schömbs,
Hans Mietzschke und Stm. Fritz Brumme) |
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Anschließend siegt Georg von Opel noch in den Ersten
Einern in Saarbrücken (2 Siege) und Bamberg (2), bei der USA-Meisterschaft
in Baltimore über 1/4-Meile und startet als Höhepunkt beim Deutschen
Meisterschaftsrudern vom 20. bis 22. Juli 1934 auf dem
Floßhafen in Mainz. Die letzten Tage vor der Meisterschaftsregatta, die
verbunden ist mit der 50. Internationalen Mainzer Ruderregatta, werden
von Georg von Opel und auch dem Juniorachter des RVR genutzt, um sich
mit dem Wasser des Mainzer Floßhafens vertraut zu machen. Bereits am
Freitag morgen finden die Vorläufe um die Meisterschaft im Einer statt.
Im zweiten Vorlauf kommt Georg von Opel 5,6 Sekunden hinter Dr. Herbert
Buhtz vom Berliner RC aber klar vor Willi Kaidel vom Schweinfurter RC
Franken als Zweiter ins Ziel. Damit ist er im Finale. Wir zitieren die "Main-Spitze":
Der Mainzer Floßhafen hatte einen Massenbesuch zu verzeichnen
und der die Rennen begleitende Zuschauerzug war ausverkauft. Die
Mannschaften litten sichtlich unter der brütenden Hitze, die
während der Abwicklung der ersten zehn Rennen über dem Floßhafen
lag. Dann begann ein schweres Unwetter, durch das die Regatta
eine einstündige Unterbrechung erlitt.
Zum Endlauf um die Deutsche Meisterschaft im Einer hatten sich
in den Vorläufen qualifiziert: Dr. Herbert Buhtz vom Berliner RC,
Georg von Opel vom Ruderverein Rüsselsheim, Gustav Schäfer vom
Dresdner RV und Joachim Pirsch vom Berliner RV Allemannia. Das
Rennen nahm nicht den erwarteten Ausgang, da der Favorit Dr.
Buhtz zum ersten Mal in seiner ruhmvollen Ruderlaufbahn sein
Rennen abbrach. Dies war bei 1.200 Meter, nachdem Buhtz anfangs
hinter Pirsch und vor Schäfer und von Opel lag. Ohne daß Buhtz
den Spurt Schäfers richtig erwidern konnte, stieß der Dresdener,
mit 76 Kilo der leichteste der startenden Skuller, bei 500 Meter
vor. Mit Gewalt reißt sich der Henley-Sieger vor 1.000 Meter
zusammen, überspurtet den Führenden auch, scheint sich aber
dabei überanstrengt zu haben, seine Schläge lassen bei 1.100
Meter wieder auffällig nach, und gibt auf. Schäfer konnte nun,
nachdem sein Hauptkonkurrent außer Kampf gesetzt ist, leicht das
Rennen gewinnen. Schäfer siegt mit vier Längen und wird
Deutscher Meister, Pirsch ist Zweiter und von Opel Dritter.
Ergebnis Deutsche Meisterschaft im Einer:
1. Gustav Schäfer, Dresdner Ruderverein 7:34,1
min
2. Joachim Pirsch, Berliner Ruder-Verein Allemannia
7:46,1 min
3. Georg von Opel, Ruderverein Rüsselsheim
7:47,6 min
Dr. Herbert Buhtz,
Berliner Ruder-Club, aufgegeben. |
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Nach
einem Vierersieg in Saarbrücken kann der Achter mit Wilhelm Reinheimer, Kurt Hubberten, Richard Baer,
Rudolf Fritz jr., Hermann Kremmler, Heinrich Berner, Karl Schömbs, Hans Mietzschke
und Stm. Fritz Brumme oder Edgar Klein (in Rennen der Junior- und Seniorklasse auch mit
Heinrich Schick, Gotthard Roßbach und Richard Trapp) im neuen, von Georg
von Opel gestifteten Boot, sechsmal als Erster – Bamberg (3 Siege),
Mannheim (2) und Heilbronn (1) – durchs Ziel gehen.
RVR-Hockeymannschaft
1934 (hinten: Schiedsrichter, Jakob Wagner, Gotthard Roßbach, Friedrich
Traiser, Karl Heuß, Hans Knoll, Schiedsrichter; davor: Richard Trapp,
Wilhelm Reinheimer, Karl Büdel; vorn: Karl Hill, Willi
Filtzinger, Georg Petzold) |
Bamberger Regatta
1934 – der RVR-Achter siegt mit elf Ruderern und zwei
Steuermännern im Jungmann-, Junior- und Zweiten
Senior-Achter (Gotthard Roßbach (1), Hans Mietzschke (3 Siege),
Karl Schömbs (3), Wilhelm Reinheimer (3), Rudolf Fritz jr. (2),
Heinrich Berner (3), Heinrich Schick (2), Hermann Kremmler
(3), Richard Baer (3), Fritz Brumme (2), Kurt Hubberten (1),
Richard Trapp (1)) |
Trotz des stetigen Rückganges der Mitgliederzahl
muss das Jahr 1934 mit
14 Regattasiegen als sehr erfolgreich
bezeichnet werden.
Im Hockey werden Freundschaftsspiele mit
benachbarten Klubs ausgetragen, wobei die Damenmannschaft
recht erfolgreich spielt, während die Herren durch
Ausfall mehrerer Spieler (Arbeitsdienst) kaum Erfolge
verbuchen können. So spielt die Damenmannschaft des RVR beim
Oster-Hockeyturnier in Bad Kreuznach, schlägt am Ostersonntag die
Turn-Vereinigung Kirn mit 5:0 und am Ostermontag den Deutschen
Hockey-Club Wiesbaden mit 3:1 Toren.
Das Abrudern vereinigt nach der Saison anfangs Oktober nochmals alle
Aktiven auf dem Wasser bei der Klubregatta (1.800 m). Klubmeister
im "Paddeleiner" wird Hermann Jahn, Klubmeister im Skiff, dem
"Preis des starken Mannes", Gotthard
Roßbach vor Hans Knoll. Im Ersten Vierer um die
Vereinsmeisterschaft siegen Heinrich Schick, Heinrich Berner, Georg
von Opel, Hans Mietzschke und Steuermann Josef Saar gegen zwei
Mitbewerber-Boote.
Bei der Generalversammlung im Oktober übernimmt Adam
Ihrig als Nachfolger von
Friedebert Armbruster den Vorsitz im RVR. Er ernennt
Friedrich Traiser zu seinem Vertreter, Richard Trapp zum Kassierer,
Edgar Klein zum Schriftwart, Oscar Schlieben zum Hauswart, Gotthard
Roßbach zum Bootswart, Fritz Brumme zum Sportwart Rudern, Paul Diehl
zum Sportwart Hockey, Friedebert Armbuster zum Wirtschaftsleiter und
Arthur Schwarz zum Presse- und Werbewart.
Die Siegesfeier des RVR vereinigt am 3. November 1934 die
RVR-Familie im Saal des Bootshauses. Für den erkrankten
RVR-Vorsitzenden ehrt Friedrich Traiser zunächst Friedebert Armbruster
und Philipp Sittmann für 25-jährige Vereinstreue mit der Silbernen
Ehrennadel. Dann ehrt Friedrich Traiser die erfolgreichen Ruderer,
Georg von Opel für seine sechs Einersiege mit der Ehrennadel in Bronze
(mindestens fünf Siege in unbeschränkten Rennen) und die
Achtermannschaft.
Der "Wassersport"
berichtet im November 1934 folgendes über den RV Rüsselsheim und seine
Pläne im Jahr 1935:
Gute Aussichten in
Rüsselsheim
Die ausgezeichneten
Erfolge, die der RV Rüsselsheim in diesem Jahre sowohl mit
seiner prächtigen Achter-Mannschaft, als auch am Anfang und am
Ende mit seinem Skuller Georg von Opel zu verzeichnen hatte,
veranlassen den neu gewählten Vereinsführer Adam Ihrig, den
eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten. ‒ Da sich Fritz
Brumme, der verdiente Amateurtrainer, bereit erklärt hat, auch
im kommenden Jahre das Training zu leiten und auch alle
erfolgreichen Ruderer restlos zur Verfügung stehen, hegt man im
RV Rüsselsheim große Hoffnungen. Brumme trägt sich mit dem
Gedanken, seine noch recht junge, aber etwas schwer gewordene
Achter-Mannschaft gegebenenfalls für höhere Aufgaben zu
verwenden. Georg von Opel hat ein zweimonatiges, durch einen
bekannten Sportlehrer geleitetes ernstes Wintertraining hinter
sich. Er wird, wie in diesem Jahre, vom 1. Februar an seine
Übungsfahrten für zwei Monate auf dem Lago Maggiore von Locarno
aus vornehmen und stellt sich im übrigen ganz für das
Olympia-Training zur Verfügung. ‒ Die Verpflichtung der Ruderer
zum strengen Training ist auf den 12. Januar 1935 festgesetzt. |
Die Burgkneipe, das Hasenessen am 1. Dezember und die Silvesterfeier im Rahmen eines
bayrischen Bierabends beschließen die gesellschaftlichen Ereignisse
des Jahres im RVR. Über die "Hasenkneipe" berichtet Friedrich
Traiser in den "Vereins-Mitteilungen" des RVR:
Zweite Burgkneipe des RV Rüsselsheim im Jahr 1934 in
den Gewölben der Rüsselsheimer Festung |
"Sintemal es schon ein Jahr her ist, dass
man sich an ein gut Gelag in der Hall eines verehrlichen R.V.R.
zusammenfand und alldieweil man solch Gelag unter den Mannen und
Rudersknechten besagten Vereins gern hat, liess ein löblicher
Wirtschafter seinen Ruf ergehen an all die, welche haben ein
ehrsam Weib mit Verstand für Mannesfrass und Suff. Also kam im
Gilbhart des Heiljahres 1934 ein stattlich Zunft Jäger und
Treiber, Rudersknecht und Steuerer, Walzbrüder und sonstig edle
Mannen in der Hall zusammen. Es war allda ein gross Geschmaus und
Umtrunk und viel Mümmelmänner haben darob ihr Leben ausgelöscht
kriegt.
Seit altersher ist die Tafelrund gut Speis gewohnt, doch solchen
Topf hat man lang nit in der Hall gehabt. Das gut Ehweib unseres
edlen "Otto von Union-Brikett" hat ihn zum Labsal der Männer
gerichtet. Aber auch grossen Lobes sei dem Haushalter zollt,
welcher gut versteht zu richten ein kühlen Mannestrunk.
Mit viel Humor, Frohsinn und Gesangeswucht ging die Fete bis zum
zwoten Hahnenschrei fort. Alsdann verlief sich der Schwarm und ein
gut edle Runde begoss das End. Weh all denen, die ein solch
zünftig Kneip meiden. Nie und nimmer kann ein solch edle Sach
nachgeholt sein. Welch Mannsbild fehlt denn noch?" |
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