Talk-Runde an der Immanuel-Kant-Schule
Startschuss für die sportliche Karriere
Von RALPH
KEIM (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 30.04.2016)
Gabi Ockel
machte 1980 ihr Abitur an der Immanuel-Kant-Schule (IKS) und wurde zu
einer der besten Volleyballspielerinnen Deutschlands. Bianca Heinz
schaffte an der IKS im Jahr 1987 das Abi und wurde als Hockeyspielerin
unter anderem Europa- und Weltmeisterin. Tobias Goldbrunner ist
IKS-Abiturient des Jahrgangs 2001 und wurde in seiner sportlichen
Laufbahn mehrfacher deutscher Meister im Judo.
Prominente Schülerin Britta Becker
Für
IKS-Leiter Rainer Guss sind diese drei Beispiele typisch für seine
Schule, an der Sport noch immer eine wichtige Rolle spielt. "Es gibt
noch viele weitere erfolgreiche Sportler, die an unserer Schule waren",
bekräftigte Schulleiter Guss in einem Sport-Talk und nannte dabei auch
den Namen Britta Becker. Die ebenfalls äußerst erfolgreiche frühere
Rüsselsheimer Hockeyspielerin habe ihr Kommen für den 14. Juli
angekündigt. An diesem Donnerstag feiert die IKS mit einer akademischen
Feier offiziell ihr 120-jähriges Bestehen.
Der frühere
stellvertretende IKS-Leiter Peter Müller zählt zu den Mitbegründern des
Sport-Schwerpunktes an der IKS, an der er bis 2003 beschäftigt war. Er
erinnerte an das Aktionsprogramm des Landes Hessen, das Anfang der
siebziger Jahre den Schulen immerhin ordentliches Geld einbrachte.
"Aber wir
hatten so gut wie gar kein Konzept." Der Schwerpunkt Sport habe sich an
der IKS dann doch bald inhaltlich und organisatorisch entwickelt, unter
anderem mit der Konsequenz, dass Sport als Leistungsfach eingeführt
wurde. Ende der achtziger Jahre habe sich die IKS auf die drei
Sportarten Hockey, Judo und Volleyball konzentriert. Schnell habe an der
IKS und dem schulischen Umfeld der Begriff "Muskel-Abitur" die Runde
gemacht. "Wir hatten und haben auch genügend Beispiele von
ausgezeichneten Abiturienten außerhalb des Sports", so Peter Müller.
"Ich war
dankbar, dass es an der IKS so ein breitgefächertes Sportangebot gab",
ergänzte Gabi Ockel (51), die in der Volleyball-AG der IKS ihre
sportliche Laufbahn begann. Ergänzend zum Schulsport gab und gibt es
immer den Verein, in ihrem Fall die TG Rüsselsheim. 1982 wurde Gabi
Ockel zur Volleyballerin des Jahres gekürt. "Eine G8-Schule hätte mich
im Training wohl wesentlich eingeschränkt", räumte sie ein.
Bianca
Heinz (48) kam 1984 vom Planck-Gymnasium an die IKS, bewusst wegen der
sportlichen Möglichkeiten, die sich ihr an der Schule boten. "Das war
ein Wechsel in eine andere Welt", erinnerte sich die erfolgreiche
Hockeyspielerin. Als Mutter einer sportbegeisterten Tochter bestätigte
Bianca Heinz die zeitlichen Einschränkungen, die heute mit G8 verbunden
seien.
Tobias
Goldbrunner kam als Siebtklässler an die IKS. "Wer als Judoka etwas
werden wollte, musste an die Kant-Schule", unterstrich der heute 34
Jahre alte Goldbrunner, der sich gerne an eine "super Förderung"
erinnerte. Optimal sei zudem die Nähe zur Großsporthalle gewesen. "Wenn
wir mal Freistunden hatten, sind wir in die Halle zum Trainieren
gegangen."
Erinnern sich beim Sport-Talk in der
Kantschule zurück: IKS-Leiter Rainer Guss (links) und seine Kollegen
sowie die ehemaligen IKS-Abiturienten Bianca Heinz (2. v. li.), Gabi
Ockel (2. v. re.) und Tobias Goldbrunner (rechts) sowie Dietmar
Klausen (hinten rechts). |
"Paradiesische Zustände"
Für Dietmar
Klausen, Vorsitzender des Rüsselsheimer Ruder-Klubs, herrschen derzeit
paradiesische Zustände. Er machte 1960 an der IKS sein Abitur. "Damals
spielte der Sport an der IKS nur eine untergeordnete Rolle." Zwei
Sportlehrer habe es gegeben: einer für die Jungen, die Kollegin für die
Mädchen. Und was seinerzeit hinzu kam: In den fünfziger Jahren sei der
Sportunterricht mit Strammstehen und Züchtigungen zudem noch geprägt
gewesen von der Zeit des Nationalsozialismus.
Inzwischen eine Kaderschmiede
Blick auf die Anfänge des Sportschwerpunkts an der
Rüsselsheimer Kantschule
Von Claus
Langkammer (aus "Main-Spitze" vom 29. April 2016)
Den
berühmten Ausspruch des früheren britischen Premiers Winston Churchill,
er sei deshalb so fit, weil er "no sports" betrieben habe, betrachtet
die Sport-Gesprächsrunde aus Anlass des 120. Kant-Geburtstages
begreiflicherweise als amüsante Anekdote. Schließlich ist man nichts
Geringeres als eine renommierte Kaderschmiede.
Enormer
Kraftquell
Für den
Gastgeber der donnerstäglichen Runde bekannter Sportler und einstiger
Kant-Abiturienten, Oberstudiendirektor Rainer Guss, kommt die Verbindung
zwischen Schul- und Leistungssport sowie den Vereinen einem enormen
Kraftquell gleich. Zeitzeuge Peter Müller, einstiger Lehrer und
Mitbegründer des IKS-Sportschwerpunktes, verweist auf die Anfangszeiten
"ohne großes Konzept, wo allerdings erkleckliche Mittel gießkannenmäßig
eingestreut wurden".
Hierfür
ruft er RRK-Chef Prof. Dr. Dietmar Klausen als Zeugen an: "Dietmar, was
hat denn damals so ein Ruderboot gekostet?" Klausen: "Ein Achter, na, so
20.000 Mark. Es gab damals unglaubliche Mittel des Landes." An anderer
Stelle wird betont, alles habe freilich nur Sinn, "wenn eine
Weiterführung in Vereinen möglich ist". Dabei ist, wie noch zu hören
sein wird, von Belang, dass das Schulsportzentrum alle Rüsselsheimer
Schulen umfasst.
Gabriele
Ockel, Volleyballerin des Jahres 1982 und Nationalspielerin, macht den
ambitioniert geförderten Kant-Schulsport an der eigenen Entwicklung
deutlich: "Als ich in der fünften Klassen hierherkam, wusste ich nicht,
dass ich Nationalspielerin werden würde. Das zeigt einen Weg, der in
dieser Schule breit gefächert ist."
Es fällt
der Name von Oberstudiendirektor Keil, ein Sportbegeisterter, der den
Weg zur Kant-Kaderschmiede für Judo, Hockey und Volleyball entscheidend
mitgeebnet hat. Von Tobias Goldbrunner, einst deutscher Hochschulmeister
und Bundesligakämpfer, vernimmt die Runde, dass "alle guten Judokas hier
zur Schule gegangen sind. Ende der Neunziger kam da richtig Fahrt auf".
Das Klischee vom geringschätzig als "Muskelabitur" bezeichneten
Abschluss wird durch Fakten widerlegt: Die meisten der Sportler sind
stets im vorderen Leistungsdrittel der übrigen Fächer zu finden gewesen.
Auch Bianca
Heinz, Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele 1992 im Hockey,
bricht eine Lanze für den Lehrer-Idealismus: Es helfe "total viel", wenn
"Lehrer was unterstützen". Noch einmal klingt der Name des Sportfans
Keil an. "Mit seinen heißen Drähten zum Regierungspräsidium in
Darmstadt", erinnert sich Peter Müller, "konnte man alle Möglichkeiten
ausschöpfen." Und damals wie heute gilt: Weil alle Kinder zur Schule
müssen, ist sie ein guter Ort, um Vereinsnachwuchs zu gewinnen. |