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Über Mitglieder des
RRK (2018)
Wolfgang Schneider |
Den alten Hockeyschläger hat er im Keller
gefunden. Wolfgang Schneider hat deutliche Unterschiede in seinem Sport von
den 70er-Jahren bis heute ausgemacht. |
Hockey-Spieler Wolfgang Schneider war deutscher Meister ‒
Heute wird er 70
Der Liederbacher
Wolfgang Schneider hat sportlich viel Erfolg gehabt. Die politische Karriere
überlässt er seiner Frau Karin.
Von FRANK WEINER
(aus "Rüsselsheimer Echo" vom 15.10.2018)
"Mit Schneider aus
dem Schneider", "Schneiders Hechtsprung nach Flanke" oder "Schneider erzielte
sechs Tore". Wer ist dieser Tausendsassa, der es in den 70er-Jahren regelmäßig
in die Titelzeilen des Höchster Kreisblatts und der Frankfurter Neuen Presse
geschafft hat? Sein Spitzname ist "Wibbel", benannt nach dem "Schneider Wibbel",
einer Kultfigur samt Bühnenstück aus Düsseldorf. In der Region ist Wolfgang
Schneider aus Liederbach so bekannt. Seine Hockey-Kollegen vom Rüsselsheimer RK
haben ihm diesen Namen verpasst. Er war beim Höchster THC der "Wolfi", doch da
es beim RRK einen fast gleichlautenden "Wölfi" gab, war "Wibbel" bald geboren.
Vor 2.500
Zuschauern
Mit den
Rüsselsheimer Hockeyspielern hatte der Liederbacher, der heute seinen 70.
Geburtstag feiert, seine größten sportlichen Erfolge: 1971 wechselte er vom
Heimatclub in Höchst mainabwärts zum Bundesliga-Aufsteiger. Der hatte noch
namhafte Leute geholt, Schneider rechnete sich wenige Chancen aus. Doch der
blonde Schlacks mauserte sich vier Ligen höher schnell. Gleich sein erstes Spiel
machte er gegen den Nationalspieler und späteren Olympiasieger 1972, Carsten
Keller. Dessen Berliner HC fegte der RRK mit 6:1 vom Platz – "Grünschnabel Wibbel" mit dem langen Arm machte zwei Tore. So munter ging es weiter.
Rüsselsheim verlor in der Süd-Gruppe kein Spiel, kam ins Finale gegen RW Köln,
das 1:0 gewonnen und mit der deutschen Meisterschaft 1971 belohnt wurde. Zwar
schrieb eine Zeitung, Schneider habe das goldene Tor erzielt – doch mit diesen
fremden Lorbeeren wolle er sich nicht schmücken. Aber er habe vor 2.500
Zuschauern im strömenden Regen ein gutes Spiel gemacht, erinnert sich der
Mittelstürmer. Im Jahr darauf spielte der RRK mit Schneider im Europapokal – im
Halbfinale war gegen Dauerrivale 1880 Frankfurt Schluss.
Wolfgang Schneider liegt am Boden. Aber nur auf dem Foto. Im Fallen hat
er beim Bundesliga-Sieg gegen Berlin gerade ein Tor für den Rüsselsheimer RK
erzielt. |
Der Jubilar war
noch zweimal im Finale der deutschen Meisterschaft – unterlag jeweils gegen RW
Köln. Gleich zu Beginn seiner "goldenen Jahre" schnupperte er auch am Kader der
Nationalmannschaft – doch wie im gesamten Team schwand die Form nach dem ersten
Titel, und aus der ersehnten Lehrgangsteilnahme wurde nichts. Aber auch in
Rüsselsheim durfte er internationales Flair schnuppern, Reisen nach Kenia und
Südafrika gab es. Geld wurde damals trotz des Titels nicht gezahlt. Und die
Strapazen waren nicht gering. An einem Doppel-Wochenende ging es samstags mit
den Flieger nach Berlin, dann abends zurück und am Sonntagmorgen mit dem Bus zum
zweiten Auswärtsspiel in Stuttgart. Schneider aber profitierte im Job. Gelernt
hat er Automobilkaufmann, Georg von Opel förderte ihn, der bis zum
Verkaufsleiter von 40 Autohäusern aufstieg – und fürs Training dreimal die Woche
früher gehen durfte.
Doch Schneider
vergaß seine Wurzeln nie. In Sichtweite zur Anlage des Höchster THC wuchs er
auf. Eigentlich wollte er Fußball spielen, doch auf dem nahen Hockeyfeld hatte
ihn die Mutter besser im Blick – so griff Schneider wohl oder übel zum Schläger.
Er sollte es nicht bereuen: Nach den Erfolgen beim RRK ging er wieder zu seinem
Heimatclub zurück, stieg prompt mit in die Bundesliga auf. Zwar ging es um den
Klassenverbleib, doch beim Ex-Verein gelang immerhin ein Prestige-Sieg.
Privates Glück
Beim HTHC knüpfte "Wibbel"
nicht nur an alte Erfolge an, er fand dort auch das private Glück. Seine spätere
Frau Karin, eine gute Hockeyspielerin bis zur Hessenauswahl, lernte er bei einem
Turnierabend kennen. Seit 1973 sind sie ein Paar, haben zwei erwachsene Söhne.
Gemeinsam haben die Schneiders die Liebe zum Tennis – nach dem Umzug 1984 nach
Liederbach spielte die Familie beim TC. Das Oberhaupt war im "weißen Sport"
erfolgreich, war unter anderem Frankfurter Jugendstadtmeister, aktuell spielt er
bei den TC-Herren 70, zudem etwas Golf. Damals musste er sich entscheiden, die
Wahl fiel auf den Mannschaftssport Hockey. "So ein Sport prägt, da muss einer
für den anderen da sein", sagt Schneider, der vor allem die Kameradschaft
hervorhebt.
Als Ruheständler
pflegt er schon noch Kontakte zu ehemaligen Kollegen, auch den Fußballern. Bei
der SG Oberliederbach übernahm er einige Jahre als Vorsitzender Verantwortung.
Aktuell überlässt er die "Karriere" im Ehrenamt aber seiner Frau Karin, die für
die CDU aktiv und Vorsitzende der Liederbacher Gemeindevertretung ist. Einige
Jahre machte er noch Krankenfahrten. Mit seiner umgänglichen Art gelang es ihm,
die Menschen etwas aufzubauen. Die Motivation dafür sowie im Job habe er sich
auch im Sport geholt. Gerade die Hockey-Zeit habe ihm schon "viel gegeben",
betont er.
"Keiner kriegt
es mit"
Und deshalb findet
es Schneider schade, wenn dieser Sport kaum noch Präsenz in den Medien findet.
Seien sie damals vom Fernsehen regelmäßig begleitet worden, "können die heute
Weltmeister und Olympiasieger werden – und keiner kriegt es mit", kritisiert er.
Toll wiederum findet es "Wibbel", dass sein HTHC bald einen Kunstrasenplatz
bekommt. Und so hat ein Wunsch zum 70. auch mit dem Club zu tun: "Es wäre schön,
wenn die Höchster irgendwann wieder an die guten Zeiten anknüpfen können." |