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Über Mitglieder des
RRK (1991)
Susanne Hoffmann |
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Susanne Hoffmann sorgt
für den Sieg und geht verloren
Die beste Torjägerin will
wieder "dem Laster frönen"
Von Hans-Joachim Leyenberg (aus "FAZ" vom
25.02.1991)
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Die Hockeyspielerinnen des
Rüsselsheimer RK sahen geküßt aus. Die abermalige deutsche Meisterschaft hatte
Spuren hinterlassen, Auf den Gesichtern wie auf den Trikots. Die Farben Blau-Rot
waren Trumpf in der Walter-Köbel-Halle. Als das Endspiel gewonnen war, schlug
hautnah die Stunde der jugendlichen Gratulanten mit der Kriegsbemalung nach
Indianerart in den Vereinsfarben. "Eine Supervorstellung, ihr wart einfach
toll", bedankte sich Spielführerin Eva Hagenbäumer beim Publikum. Die
Wechselwirkung war nicht zu übersehen. Wie entfesselt müssen die
Rüsselsheimerinnen bei ihrem 7:3 über den RTHC Leverkusen dem Finalgegner
vorgekommen sein. Kaum wiederzuerkennen, verglichen mit der eher
durchschnittlichen Leistung am Tag zuvor, im Halbfinale gegen Eintracht
Braunschweig (8:7).
Am späten Sonntagnachmittag war
endlich ausgiebig Zeit zum Feiern. Schließlich waren die Damen erst vor einer
Woche Europacupsieger in Amiens geworden, doch da galt der Blick nach vorn noch
der ungleich schwereren nationalen Aufgabe. "Ein großartiges Jahr für den RRK",
zog Wolfgang Rommel, der Präsident des Deutschen Hockey-Bundes, Bilanz und
gratulierte. Dabei ist das Jahr nicht einmal zwei Monate alt. Den Herren mit den
grauen Schläfen, heute beim RRK für die Organisation zuständig, einst das, was
die "jungen Dinger" gerade geworden waren, blitzte der Stolz aus den Augen. "Der
zehnte Titel für den RRK", rechnete Bodo Liebig flugs zusammen. Achtmal brachten
es die Hockeyherren des Klubs auf dem Feld und in der Halle zu Meisterehren,
dann war lange nichts, und jetzt geht's Schlag auf Schlag. Fortsetzung
inbegriffen. Das wäre nur logisch.
Mit 24 Jahren ist Eva
Hagenbäumer die älteste im Aufgebot. Ihr in Amiens lädiertes Knie war kein Thema
mehr. Eher die ruhige Hand von Susanne Hoffmann, wie im Vorjahr die
treffsicherste Torjägerin der Endrunde. Und doch verabschiedete sie sich vorerst
aus dem Kreis der Erfolgsgemeinschaft. Für ein halbes Jahr bestimmt, vielleicht
für immer. "Ich hatte eigentlich vor, aufzuhören. Soll man nicht auf dem
Höhepunkt abtreten?" Im Alter von 22 Jahren ist diese Frage die reinste
Provokation. Und die wird ernst genommen. Schon vor einem Jahr, nach dem Gewinn
der Meisterschaft in Bremen, verabschiedete sich die Studentin der
Behindertenpädagogik von der Feldsaison. Das Argument damals wie heute: Keine
Lust, sich auch auf dem Rasen in "Staubsaugerstellung" zu strapazieren. "Die muß
man knuddeln, damit sie Spaß hat", sprach Trainer Berti Rauth, normalerweise
eher ein Zuchtmeister denn ein einfühlsamer Pädagoge. "Ich hoffe, daß wir sie
wiedersehen werden." Achselzucken.
Zu Beginn dieser Hallensaison ist sie
nach halbjähriger Pause von der Mannschaft mit offenen Armen aufgenommen worden.
Sie erinnert an einen Zugvogel, der fortfliegt, wenn die Jahreszeit danach ist,
Rückkehr offen. Zwölf Jahre ist sie nun beim RRK und will dennoch "dem Laster
frönen", wie sie es nennt. Anders als jene, die in der Mannschaft im Blickpunkt
stehen: Eva Hagenbäumer etwa, die zur besten Spielerin der beiden Tage von
Rüsselsheim gewählt wurde; Bianca Weiss, zur besten Torhüterin erkoren; Britta
Becker, die mit 17 Jahren alles dem Erfolg unterordnet; oder Tanja Dickenscheid.
Das sind die Stars in einer Mannschaft, in der sich die eine oder andere im
Hockeyschachspiel des Berti Rauth wie ein Handlanger vorkommen mag.
"Ein
neuer Deutscher Meister wurde gekürt!" Nach einem 5:3-Finalsieg in Bremen
über Brandenburg Berlin sind die RRK-Damen im Jahr 1990 erstmals Deutscher
Meister (hinten: Hockey-Abteilungsleiter Winfried Cezanne, "Physio" Pit
Bulajic, Eva Hagenbäumer, Sandra Wohlfahrt, Angela Müller, Katrin Schmidt,
Britta Becker, Tanja Dickenscheid, Trainer Berti Rauth; vorn: Angela
Vögele, Anja Warnecke, Kerstin Strubl, Bianca Weiß, Susanne Hoffmann,
Annette Laquai, Betreuer Thomas Blivier) |
Vor dem Finale währte die
Videobesprechung mit Blick auf den kommenden Gegner zwei Stunden, "er hätte auch
fünf Stunden erzählen können", plauderte eine. Der Erfolg spricht für Rauth und
seine Methode. "Ein Glücksfall für Rüsselsheim", sagt Dieter Nachtigall, der
Leiter des Rüsselsheimer Sportamtes, "wir müssen alles tun, um ihn zu halten."
Die akute Gefahr stellt sich nicht. Im Gegenteil. Mit dem bis Ende April
verlegten Kunstrasen ist endlich auch in Rüsselsheim der Nährboden für einen
Damentitel auf dem Feld geschaffen. Dann ist man auf diesem Terrain so
wettbewerbsfähig, daß an das Double gedacht werden kann. Sie wollen nicht vom
nächsten Titel reden, und doch ist er in ihren Köpfen. "Letzte Saison haben uns
die Leverkusenerinnen im Halbfinale gezeigt, daß der Titel auf dem Feld noch
sehr hoch hängt", so der Trainer. Die Betonung liegt auf noch. Noch hat auch
Susanne Hoffmann nein gesagt, doch die Siegesfeier in der Rüsselsheimer
Walter-Köbel-Halle, mit all den Schulterklopfern und Leuten, die zum Knuddeln
kamen, war ein einziger Überredungsversuch. Das im Torraum beste Stück zeigte
Wirkung: "Man soll nie nie sagen - auch letztes Jahr habe ich mich bereden
lassen."
Aus "Main-Spitze" vom 26.02.1991:
"Knuddeln" fürs Comeback
Hockey: DM-Feier mit
Abschiedsstimmung durchsetzt
kri. - Die, die schon beim erstmaligen Gewinn einer deutschen
Hockey-Meisterschaft 1968 dabei waren, wußten's gleich: Mit der erfolgreichen
Titelverteidigung des Rüsselsheimer Damenteams ist der RRK in den illustren
Kreis jener Vereine aufgestiegen, die auf eine zweistellige Zahl an nationalen
Meistertiteln im Aktivenbereich verweisen können - acht bei den Herren und (bis
jetzt) zwei bei den Damen.
Doch in die unmittelbar nach Spielschluß entfachte Meisterschaftsfeier, die nach
einer großen Sause in der Köbelhalle schließlich noch zu später Stunde in einem
griechischen Restaurant gemütlich ausklang, mischte sich auch Abschiedsstimmung.
Susanne Hoffmann, wie im Vorjahr Torschützenkönigin der DM-Endrunde
geworden, will auf dem Feld - wenn überhaupt - nur noch in der Ib-Mannschaft des
RRK mitwirken. Ein Rückzug für immer? "Man soll nie nie sagen", so die angehende
Sonderpädagogin, wohlwissend, daß sie sich auch vor dieser für sie und den
Verein so ruhmreichen Hallensaison zu einem Comeback hatte breitschlagen lassen.
Und so hat Trainer Berti Rauth die
Hoffnung keinesfalls aufgegeben, die ob ihrer trefflichen Qualitäten
berühmt-berüchtigte Strafeckenschützin auch beim nächsten Griff nach dem
Hallentitel dabei zu haben. "Die Susanne ist so ein Typ, die muß man knuddeln,
damit sie Spaß am Hockey hat", sagt der Trainer. Daß diese Methode auch in einem
anderen Fall greift, ist eher unwahrscheinlich: Annette Laquai soll es nach
Berlin ziehen, und da wird mit "knuddeln" allein kaum etwas aufzuhalten sein.
Denn: in Berlin kann die Angreiferin "knuddeln" soviel sie will - mit ihrem
Freund.
Aus "Frankfurter Sonntagszeitung" vom
03.03.1991:
Susanne Hoffmann
"Soll man nicht auf dem Höhepunkt
abtreten?". Auf diese Frage darf Susanne Hoffmann keine zustimmende Antwort von
ihren Mitspielerinnen erwarten. Zum dritten Male in Folge wurde die
Rüsselsheimerin erfolgreichste Torschützin bei der deutschen
Hallenhockey-Endrunde. Nach dem Titelgewinn im vergangenen Jahr verabschiedete
sich die Studentin für ein halbes Jahr und pausierte während der Feldsaison. Im
Oktober kehrte sie pünktlich zur Hallensaison zurück - und wie: 36 Tore erzielte
sie während der Punktspielrunde, dazu neun Treffer beim Titelgewinn am
vergangenen Wochenende. Ohne ihre nervenstarke Eckenschützin wäre es für die
Damen des Rüsselsheimer RK erheblich schwerer geworden, den Titel zu
verteidigen. Doch auf Susanne Hoffmann war auch in diesem Jahr wieder Verlaß.
Mit ungeheurer Präzision nutzte sie die Strafecken zu Torerfolgen. Jetzt macht
die 22 Jahre alte Spielerin wieder ein halbes Jahr Pause. Ob sie noch einmal
zurückkehrt? "Man soll nie nie sagen", sagt Susanne Hoffmann.
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