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Über Mitglieder des
RRK (1994)
Stefanie Rinderer |
"Mir liegt doch was am RRK-Team"
"Steffi" Rinderer nach fünfmonatiger Frustpause
wieder im Tor / Nebenjob gekündigt
Von Martin Krieger (aus
"Main-Spitze" vom 30.11.1994
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Acht Minuten fehlten, um mit dem für Torwarte
befriedigendsten Ergebnis vom Spielfeld gehen zu können. Oder anders
ausgedrückt: 52 Minuten lang hatte Steffi Rinderer den deutschen und
europäischen Hallenhockey-Meister Rüsselsheimer RK im Bundesliga-Heimspiel gegen
den SC Frankfurt 1880 vor einem Gegentreffer bewahrt. Dass die 19 Jahre alte
Oberschülerin beim Abpfiff dann doch zweimal überwunden worden war, tat ihrer
augenscheinlichen Freude keinen Abbruch. Verständlich, hatten die Gastgeberinnen
das erste Spiel ohne ihre im dritten Monat schwangere Nationaltorhüterin Bianca
Weiß doch souverän 8:2 gewonnen und damit ihren ersten
Tabellenplatz mit nunmehr 8:0 Punkten behauptet.
DM der weiblichen Jugend im
Hallenhockey 1994 im niedersächsischen Stadt-Oldendorf. Im Finale
kommt es hier zu einer Neuauflage des Endspiels um die Hessen- wie
auch um die süddeutsche Meisterschaft. Aber während bei den
vorgeschalteten Meisterschaften stets die Frankfurter Eintracht
siegreich blieb, dreht der RRK jetzt den Spieß um. Nach Ablauf der
regulären Spielzeit steht es 1:1, nach der überaus spannenden
Verlängerung 2:2. Im folgenden Sieben-Meter-Schießen sind dann
Katrin Gerlach, Sina Fröhlich und Andrea Naß erfolgreich, während
"Steffi" Rinderer alle drei Frankfurter Siebenmeter
hält, das ist die Deutsche Meisterschaft. "Matchwinnerin" Stefanie
Rinderer wird von ihren ausgelaugten Mitspielerinnen fast erdrückt
(hinten: Betreuer ..., Sina Fröhlich, Katrin Gerlach, Lisa Jacobi,
Nicole Hardt, Andrea Naß, Marja Busch; vorn: Torfrau Stefanie Rinderer, Annika Martin, Andschana
Mendes, Cordula Müller, Ingrid Stuhlträger, Torfrau Jennifer Lutz) |
Dass die Gäste nur selten Torgefährlichkeit entwickelten, kam der neuen Nummer
eins im RRK-Tor nach gerade einmal zwei Trainingseinheiten nicht ungelegen. "Es
war ganz gut, dass ich im ersten Spiel noch nicht so viel zu tun bekommen habe",
so Steffi Rinderer nach fünf Monaten sportlicher Pause. "Ich war total
aufgeregt, denn schließlich war das mein erstes komplettes Hallenspiel in der
ersten Mannschaft. Dafür war's ganz gut, ich bin zufrieden", sagte die frühere
Jugend-Nationalspielerin und bekam prompt einen zustimmenden wie anerkennenden
Klaps von ihrer Teamkameradin Denise Klecker verpasst. "Steffi hat gut gespielt
und gleich Niveau gezeigt", sparte dann auch RRK-Trainer Berti Rauth nicht mit
Lob.
Dass Mitspielerinnen und Trainer wieder fest mit der langjährigen Nummer zwei
hinter der mittlerweile auch im Nationalteam unumstrittenen Bianca Weiß würden
planen können, war keinesfalls selbstverständlich. "Ich habe zwei Jahre lang
fast nie gespielt und keine große Zukunft beim RRK gesehen", erklärte Steffi Rinderer ihren still und heimlich vollzogenen Ausstieg kurz nach dem
Feldhockey-Europacup an Pfingsten in den Niederlanden.
Drei Monate zuvor hatte sie dem Rüsselsheimer RK aufgrund einer überragenden
Leistung im Endspiel um die deutsche Jugendmeisterschaft den Hallentitel
gesichert. "Der Frust war einfach zu groß", sagt Steffi Rinderer, deren Talent
der Rüsselsheimer Erfolgstrainer bei einer Schulsichtung erkannt hatte. Aber
auch andernorts waren Steffis Qualitäten aufgefallen: "Eintracht Frankfurt hat
angefragt. Aber ich habe immer beim RRK gespielt und wollte mich nicht
umstellen."
Entsprechend lag für Berti Rauth nichts näher, als in der plötzlich auftretenden
"Notsituation" seinen verprellten ehemaligen Schützling zu einer Rückkehr zu
überreden. "Der Berti hat eines Tages angerufen, und auch sonst bin ich von
allen Seiten angesprochen worden", schildert die Abiturientin die Entwicklung.
Obwohl sie ihren Nebenjob bei einem Paketunternehmen aufgrund des dreimaligen
Trainings kündigen musste, hat sie nicht lange überlegt. "Mir liegt doch was am RRK-Team, und ich mag die Leute", sagt Steffi Rinderer, deren Ehrgeiz ebenfalls
erhalten geblieben ist. "Das zweite Gegentor war mein Fehler, ganz klar. Da hat
man gesehen, dass mir noch viel Training fehlt, bis ich wieder in Topform bin."
Obwohl Steffi Rinderer den Aufstieg zur Nummer eins im Tor des sechsmaligen
deutschen Meisters als Ansporn betrachtet, mag sie zunächst nur für die
Hallensaison beziehungsweise den ersten Teil der anschließenden Feldspielzeit
planen. Nach dem Abitur im Frühjahr strebt sie die gehobene Beamtenlaufbahn an,
was eine kombinierte praktische Ausbildung nebst Studium voraussetzt. "Wer weiß,
wo ich da hinkomme", sagt sie und betont, dass ihr die berufliche Laufbahn
wichtiger sei als die sportliche.
Und dann wäre da noch Bianca Weiß. Die Nationaltorhüterin hat angekündigt, nach
ihrer Entbindung möglichst bald wieder zwischen den Torpfosten stehen zu wollen.
"Die Leistungsträgerinnen haben Vertrauen bei mir", lässt Berti Rauth
durchblicken, dass in diesem Fall nahezu alles für Bianca Weiß spricht.
Gleichwohl will er sich nach Abschluss der Hallensaison um einen "geschickten
Aufbau" mit allen Torhüterinnen bemühen. In die Planungen einbezogen wird dann
neben dem benannten Duo auch Jennifer Lutz, die Rauth als "großes Talent"
bezeichnet. Trotzdem hatte Lutz die kurzfristige Entscheidung zugunsten von
Steffi Rinderer ohne Wenn und Aber akzeptiert. Nach gerade dreijähriger
Torwarterfahrung und im zarten Alter von 16 Jahren fällt das Verzichten noch
leicht.
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