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RRK (2022)
Stefan Braner |
Stefan Braner |
Genug von Müll und Vandalismus an der Goetheschule
Stefan Braner
will die Situation auf dem Hof der Rüsselsheimer Schule nicht mehr hinnehmen.
Was der Elternbeirat von der Stadt fordert, um die Situation in den Griff zu
bekommen.
Von Jens
Etzelsberger (aus "Main-Spitze" vom 01.08.2022)
RÜSSELSHEIM - Die zwei Hausmeister, die von anderen Schulen zur
Urlaubsvertretung an die Goetheschule abgeordnet wurden, haben schon ganze
Arbeit geleistet. Die grauen Mülltonnen, die sie hinter sich herziehen, sind
ordentlich gefüllt, dafür liegt auf dem Schulhof und in den Gebüschen kaum noch
Unrat herum. Bald werden sie es geschafft haben. Als sie am vergangenen
Dienstagmorgen begonnen hatten, den Schulhof aufzuräumen, lagen Pizzakartons,
Verpackungsfolie und Flaschen zuhauf herum. Die vielen Mülleimer, die den
Schulhof säumen, waren dagegen meist auffallend leer. Doch das Ergebnis des
Reinigungseinsatzes wird nicht von Dauer sein. Es scheint zu den Naturgesetzen
in der Stadt zu gehören, dass öffentliche Plätze mit derselben Regelmäßigkeit,
mit der sie gereinigt werden, auch wieder der Vermüllung anheimfallen. Viele
nehmen es hin.
Doch Stefan Braner
nicht. Der 51-Jährige ist Schulelternbeirat an der Goetheschule. Seine älteste
Tochter kommt nach den Sommerferien in die zweite Klasse, die jüngere Tochter
wird bald ihre Schullaufbahn an der Grundschule starten – ganz so wie er selbst
vor 45 Jahren. Stefan Braner will sich nicht mehr damit abfinden, dass Müll und
Vandalismus hingenommen werden wie schlechtes Wetter. Schulterzuckend kann man
halt nichts machen.
Kommentar zur Vermüllung der Stadt: Weckruf
Von Jens Etzelsberger
Bemerkenswert, dass sich noch jemand über den
Müll und den Vandalismus in der Stadt öffentlich aufregt. Viele nehmen die
Situation schulterzuckend hin, ärgern sich höchstens privat, anderen macht
es schon gar nichts mehr aus, wieder andere haben einfach resigniert,
angesichts der schleichenden Erosion des Anstandes in der Stadt. Dabei ist
es ein alarmierendes Signal, wenn Bürgern ihre Stadt so egal ist, dass sie
sie verschmutzen und zerstören. Die Stadt wird so zum egoistisch genutzten
Verbrauchsmaterial statt zum gemeinsam gestalteten Lebensraum. Dass sich
Stefan Braner dennoch aufregt über die Zustände auf dem Hof der
Goetheschule, die so ähnlich an vielen Stellen der Stadt vorzufinden sind,
sollte aber ein Weckruf sein, die Situation nicht länger hinzunehmen. Wer
die Stadt nicht aufgeben will, darf nicht zulassen, dass sie vermüllt wird.
Wer eine Stadt will, in der man sich wohlfühlt, muss dafür sorgen, dass sie
nicht zerstört wird. Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit ist dabei ebenso
wichtig, wie ein konsequentes Ahnden von Verstößen. Denn für das (Wohlfühl-)Klima
in der Stadt gibt es viel wesentlichere Einflussfaktoren als ein paar
Schottergärten. |
Vermüllter
Schulhof nach Partywochenende
Am Montag nach
Ferienbeginn hat er die Situation rund um die Schule nach einem offensichtlichen
Partywochenende dokumentiert und Schulleitung sowie die Stadtverwaltung
informiert. Seine Fotos zeigen einen vermüllten Schulhof, einen zertretenen
Holzzaun, zerstörte Sonnenschutzblenden an den Fenstern. Die Hausmeister werden
später noch ein zerstörtes Fenster entdecken.
Sie kennen solche
Schadensbilder von anderen Schulen in der Stadt. Mittags wird auf den Schulhöfen
noch Basketball oder Fußball gespielt. Nachts werden die Schulhöfe dann
regelmäßig zum Treffpunkt einer anderen Klientel. Doch zum Lernen kommen die
ungebetenen Gäste nicht. Müll ist das Mindeste, das sie regelmäßig hinterlassen,
nicht selten kommt auch noch Zerstörungswut dazu. Abgerissene Blitzableiter,
zerstörte Lüftungen auf den Dächern, eingeschlagene Fenster, beschmierte Wände
sind die Zeugnisse solcher "Schulbesuche".
Verwaltung und
Behörden handlungsfähig machen
"Ich will ein
Konzept von der Stadt", sagt Stefan Braner. Ein Konzept, um solche Vorkommnisse
künftig zu vermeiden. Ein Konzept, um Verwaltung und Behörden zunächst einmal
handlungsfähig zu machen. Denn aktuell scheinen die Einflussmöglichkeiten
gering. "Das Betreten des Sportplatzes außerhalb der Schulzeit erfolgt auf
eigene Gefahr" ist auf dem Schild am Holzzaun der Goetheschule zu lesen. Ein
Freibrief, das Gelände zu jedweder Zeit zu betreten. Auf dem Schulhof ein
weiteres Schild, dass die Nutzung außerhalb der Schulzeiten gestattet, aber ab
20 Uhr im Sommer und ab 19 Uhr im Winter um Ruhe bittet.
Eine solche
Erlaubnis zur Rund-um-die-Uhr-Nutzung des Geländes soll es nach den
Vorstellungen von Stefan Braner nicht mehr geben. Er wünscht sich eine
einheitliche Umzäunung des gesamten Areals und einen Zugang über verschließbare
Türen statt über Drängelgitter, wie es aktuell der Fall ist. "Es muss kein
Zwei-Meter-Zaun sein", sagt Braner. "Ich will keinen Käfig." Aber eine
Abgrenzung des Geländes samt verschließbarem Zugang und festgelegten
Nutzungszeiten, um überhaupt mal eine Handhabe gegen die ungebetenen Gäste zu
haben. Mit einer solchen baulichen und rechtlichen Klarstellung könnten dann
Kontrollen zu einer Verbesserung der Situation führen. "Ich will hier kein
Gefängnis, ich will ein bisschen Normalität", betont Braner.
Der Schulhof steht allen zu allen Zeiten
offen. Schlechte Voraussetzungen, um die Situation in den Griff zu bekommen,
findet Elternbeiratsvorsitzender Stefan Braner. |
Den Ball sieht er
vor allem im Spielfeld der Stadt als Schulträgerin und Eigentümerin des
Geländes. Und der Fall Goetheschule sei durchaus ein Prüfstein für die
Handlungsfähigkeit von Politik und Verwaltung generell. "Wenn die das nicht in
den Griff bekommen, bekommen sie in Rüsselsheim nichts in den Griff", betont
Braner. Dabei könnte die Goetheschule durchaus zum Modellprojekt werden, aus
dessen Erfahrungen auch andere Rüsselsheimer Schulen lernen könnten. Für
Schulleiterin Claudia Betsche ist klar, dass ihre Schule nicht als einzige
betroffen ist. "Das Problem gibt es in allen Rüsselsheimer Schulen, wo die Höfe
zugänglich sind", sagt sie gegenüber dieser Zeitung. Wer für die nächtlichen
Verschmutzungen und den Vandalismus zuständig ist, entzieht sich ihrer Kenntnis.
"Wir sind eine Grundschule. Das sind nicht unsere Schüler", sagt sie. Eine hohe
Umzäunung findet sie aber auch keine Lösung. "Das ist eine Schule und ich möchte
nicht, dass es ein Käfig wird", so Betsche. Die aktuelle Situation findet sie
aber auch nicht akzeptabel. "Es ist nervig, es ist kein schöner Anblick, und wir
hätten es auch gerne anders", so die Schulleiterin. "Wenn die Feiernden das
Gelände nutzen würden, als wäre es ihr Wohnzimmer, dann würde es mich nicht
stören."
50.000 Euro
Schaden durch Vandalismus an Schulen
Die Stadtverwaltung
spricht von einer "wiederkehrenden Problematik", nur verlagerten sich ab und an
die Schauplätze. Ein Schwerpunkt habe bisher eher an der Immanuel-Kant-Schule
oder auch an der Grundschule Königstädten gelegen. Es gebe aber auch positive
Beispiele, die ohne Konflikte verliefen, wie das Basketballfeld an der
Max-Planck-Schule zeige. Manche Schulen würden auch nur temporär und nicht
dauerhaft für abendliche Treffen aufgesucht. Es sei aber nicht geplant, den
Zugang zu dem Schulhof zu beschränken.
Vandalismusschäden
würden konsequent zur Anzeige gebracht. Im vergangenen Jahr seien durch
Vandalismus an öffentlichem Eigentum Schäden in Höhe von rund 150.000 Euro
entstanden. Etwa 50.000 Euro davon entfielen auf Schulen. Summen, die den
Steuerzahler belasten und an anderer, sinnvoller Stelle fehlen würden. Deswegen
appelliere die Stadt an alle Bürger, respektvoll mit dem gemeinschaftlichen wie
auch privaten Eigentum umzugehen. Um die Ursachen von Vandalismus anzugehen,
suchten die Streetworker der Jugendförderung oder auch, wie an der Goetheschule
die Sozialarbeiterinnen von "Auszeit", gezielt Treffpunkte auf, an denen es
immer mal wieder zu Vandalismusschäden komme, und die Stadt Rüsselsheim
sensibilisiere auch im Rahmen der Jugendbildungs- und Schulsozialarbeit.
Letztlich sei aber auch die Gesellschaft gefragt, etwa in Familien, Vereinen, am
Ausbildungs- und Arbeitsplatz oder im kulturellen Umfeld, Werte des Respekts und
des solidarischen Miteinanders zu vermitteln, so die Verwaltung in einer
Stellungnahme. |