|
Über Mitglieder des
RRK (2004)
Silke Müller |
|
Silke Müller
‒ auf den
Spuren
Anke Engelkes?
Über spanische Verwandte und
einen Sofa-Talk
mit
Johannes B. Kerner
|
|
Jahrgang
1978
Hotelfachfrau
Rückennr. 10
1998 1.Platz
U21-Europameistersch. Belfast
2000 1.Platz Hallen-Europameistersch. Wien
2002 7.Platz Weltmeisterschaft Perth
2003 1.Platz Champions Challenge Catania
2003 3.Platz Europameisterschaft Barcelona
2004 4.Platz Olympic Qualifier Auckland
75 Länderspiele, 8 Tore (Stand: 11.7.04) |
dha - Silke Müller ist in Hockeykreisen bekannt als Garant
für gute Laune. Die kleine, kampfstarke Mittelfeldspielerin vom Rüsselsheimer
RK ist immer für einen Spaß zu haben. Ihre Comedy-Einlagen sind unter den
Mitspielerinnen genauso beliebt wie das Imitieren verschiedener Dialekte. Da
liegt es nah, dass die Tochter einer spanischen Mutter – "von ihr habe ich
auch das Temperament geerbt" - und eines deutschen Vaters in einem Beruf tätig
ist, in dem sie ihre Fröhlichkeit einsetzen kann.
An der Sportschule und Bildungsstätte des Landessportbundes
Hessen in Frankfurt arbeitet Silke als Rezeptionistin. Zuvor hatte sie in dieser
Einrichtung mit Hotelbetrieb, Trainings-, Tagungs- sowie Veranstaltungsbereich
in zweieinhalb Jahren ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert. Bereits 1999
nach dem Abitur machte Silke dort ein halbjähriges Praktikum, bevor sie für
sechs Monate in das Heimatland ihrer Mutter ging. "Für einen Leistungssportler
gibt es eigentlich keinen idealeren Arbeitgeber", meint Silke und zeigt sich
sehr dankbar für die große Unterstützung: "Ich bekomme für alle Lehrgänge und
Spiele frei. Das wäre in einem normalen Hotelbetrieb sicher nicht möglich."
Trotz dieser nahezu optimale Bedingungen will sich die sympathische Hessin schon
in naher Zukunft in eine andere Richtung orientieren. Ihr Vertrag läuft im
September aus und Silke sieht jetzt den idealen Zeitpunkt, endlich ihren großen
Passionen nachzugehen:
Comedy, Musik und Fernsehen. Die viersprachige
Nationalspielerin weiß allerdings noch nicht ganz konkret, wie sie vorgehen
soll. "Es ist noch nichts richtig ausgegoren. Ich werde wohl erst mal ein
TV-Praktikum machen. Vielleicht werde ich ja mal etwas in Richtung Anke Engelke
oder Bully-Parade probieren."
Als Ricky auf Rickys
Pop-Sofa hat sie auf einer Meisterschaftsfeier des Rüsselsheimer RK sogar schon
mal mit einem echten Prominenten getalkt - Johannes B. Kerner, Ehemann von
Mannschaftskameradin Britta Becker, machte den Spaß gern mit. "Er hat mir auch
schon lange angeboten, über ihn in den TV-Bereich rein zu schnuppern. Nach Athen
rufe ich ihn sicher mal an", freut sich Silke auf die prominente Unterstützung.
Doch Träume hat Silke noch ein paar mehr. So würde die in
Nationalmannschaftskreisen als "Musikministerin" – "ich kann mir fast alle
Interpreten und Titel schnell merken“ – bekannte Frankfurterin gerne mal selbst
ins Tonstudio gehen und ein paar Titel aufnehmen. "Das klingt zwar auch
irgendwie etwas crazy, aber ich glaube schon, dass da was ganz Ordentliches bei
rauskommen würde. Vielleicht ruft mich ja bald mal ein Produzent an, wenn er das
hier liest", traut sich Silke auch stimmlich einiges zu.
Dieses Selbstbewusstsein macht sie auch auf dem Hockeyplatz zu einer wichtigen
Stütze des Teams. Die 25-jährige gilt als jemand, der nie aufgibt und immer bis
zur letzten Minute voll dagegen hält. Egal, wie übermächtig der Gegner
erscheint. "Sie
ist sehr bissig und kann sich als kleine, sehr durchtrainierte Spielerin gut
durchsetzen. Ich erhoffe mir in Athen wichtige Impulse von ihr", lobt
Bundestrainer Markus Weise. Allerdings lief es nicht immer rund im Nationalteam
für Silke, die seit ihrem sechsten Lebensjahr den Krummstock schwingt.
Mit 15 Jahren holte sie Peter Lemmen in seine U16-Nationalmannschaft. Danach
durchlief sie die Teams bis inklusive der U21 lückenlos. Dann aber klappte es
mit dem Schritt in den Damenkader nicht gleich. Vor Olympia 2000 in Sydney
gehörte Silke
zwar schon zu Berti Rauths erweitertem Kader, verpasste am Ende aber das
begehrte Ticket. Gehandicapt durch einige Verletzungen dauerte es bis zum Sommer
2002, ehe sie wieder richtig Fuß im A-Kader fasste. Nach einer eher
durchwachsenen Weltmeisterschaft (Platz 7) konnte die Rüsselsheimerin mit dem
Gewinn der EM-Bronzemedaille im vergangenen Jahr ihren ersten großen Erfolg im
DHB-Dress verbuchen.
Auf die Frage, ob sie sich eine ähnliches Abschneiden auch in Athen vorstellen
können, antwortet Silke gewohnt selbstbewusst: "Man hat zuletzt bei der
Fußball-EM gesehen, was alles möglich ist. Wir müssen nur absolut an uns
glauben, dann können wir für eine große Überraschung sorgen", ist sie sich
sicher. Wie immer wird die 75-fache Internationale in Athen von einigen
Glücksbringern begleitet. Neben einem Stoffhund von ihrer Mama Begona wird zum
ersten Mal auch ein Quietsche-Entchen namens "Frechdachs" mitzittern. Das
Präsent ihres neuen Freundes ("seinen Namen verrate ich noch nicht") könnte auch
gleichzeitig der entscheidende Faktor für eine langjährige Beziehung werden.
"Wenn wir dank Frechdachs eine Medaille holen sollten, müsste ich natürlich
alles daran setzen, dass wir mindestens noch bis Peking 2008 zusammen bleiben",
erklärt Silke mit einem verschmitzten Lächeln.
Zwei aufgeregte Neulinge und ein
Olympia erprobter Hockey-"Oldie"
Mit Denise Klecker, Silke Müller
und Mandy Haase stellt der Rüsselsheimer RK auch in Athen wieder drei
Nationalspielerinnen für die DHB-Auswahl
Von Martin Krieger (aus
Sonderbeilage "Main-Spitze" vom 11.08 2004)
Aller guten Dinge sind drei,
besagt ein Sprichwort. Auf die Hockeyabteilung des Rüsselsheimer Ruder-Klubs
(RRK) übertragen bewahrheitet sich diese Binsenweisheit in wenigen Tagen im
doppelten Sinne. Zum dritten Mal hintereinander stellt der vergleichsweise
kleine Verein drei Nationalspielerinnen für das Olympische Hockeyturnier ab.
Zuvor, 1992 in Barcelona, war sogar ein RRK-Quintett daran beteiligt, dass am
Ende die Silbermedaille errungen wurde.
Die Beharrlichkeit, mit der
"Krummstockartistinnen" vom Untermain in der Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes
(DHB) auftauchen, kommt freilich nicht von Ungefähr. Zum zweiten Mal in der
96-jährigen Klubgeschichte sind die RRK-Damen in diesem Jahr aktueller Feld- und
Hallenmeister geworden. Und die Rüsselsheimer Erfolgsgeschichte im
Europapokal-Wettbewerb der Landesmeister sucht sowieso ihresgleichen: Ende
Februar konnte in der heimischen Walter-Köbel-Halle der 13. Titelgewinn seit
1990 gefeiert werden.
Dass die beispiellose
Erfolgsgeschichte ebenso mit einem Namen verbunden ist wie die neuerliche
RRK-Präsenz im DHB-Olympiateam, darüber sind sich in Rüsselsheim alle einig.
Berti Rauth, zwischen 1995 und 2000 als Damen-Bundestrainer am Ruder, hat auch
das Athen-Trio viel zu verdanken.
Jüngstes Mitglied im DHB-Aufgebot
"Berti Rauth ist ein wahnsinnig guter
Trainer", sagt etwa Mandy Haase. Die 22 Jahre alte zentrale
Abwehrspielerin, jüngstes Mitglied im 16-köpfigen DHB-Aufgebot von Bundestrainer
Markus Weise (Mannheim), nimmt aus diesem Grund seit 1995 pro Jahr etwa 25 000
Kilometer auf sich, um aus dem Großraum Heidelberg nach Rüsselsheim zum Training
zu fahren.
Dass sie nach gerade 32 Länderspielen
nun "das Größte erleben darf, was im Sportlerleben möglich ist", kann sie noch
immer nicht recht fassen. "Ich glaube es erst wirklich, wenn wir dort sind."
Ergo sei sie „wahnsinnig aufgeregt", wenn sie an Athen denke.
„Aber es ist ganz wichtig, trotz
allem das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren - nämlich ein gutes
Turnier zu spielen. "Und weil in der schweren Vorrundengruppe B faktisch jedes
Spiel ein Endspiel sei, "muss man immer an seine Grenzen gehen", sagt Mandy, die
mit ihren Eltern 1989 aus Leipzig an den Neckar umsiedelte.
Gerne würde sie in Athen bei der
Leichtathletik reinschauen, "aber es wird wohl schwierig, da an Karten
ranzukommen. "Ergo, gilt alle Konzentration dem Hockeyturnier, bei dem sie
"von
Spiel zu Spiel denken will". Peking könnte sie in vier Jahren vor allem deshalb
reizen, "weil ich unheimlich gerne mal mit meiner Schwester Lydia
zusammenspielen würde. Doch da mit Hockey nichts zu verdienen ist, muss ich auch
mein Studium voranbringen", sagt Haase. Dass die "Dresdner Bank" Mannheim seit
Mai als Privatsponsor auftritt, könnte ihr die Ausbildung zur Gymnasiallehrerin
etwas leichter machen.
Debütantin mit Comedy-Qualitäten
Ebenfalls das erste Mal unter dem
Banner mit den fünf Ringen wird Silke Müller mit Schläger und
Hartplastikball hantieren. Ebenso wie Mandy Haase hatte die 25-Jährige ihr
Athen-Ticket vorzeitig in der Tasche. "Aber ich hätte es auch nicht schlimm
gefunden, wenn ich normal nominiert worden wäre", sagt die noch bis September
beim Landessportbund in Frankfurt beschäftigte Hotelfachfrau. Dass sie danach
ein TV-Praktikum anstrebt, um ihre Comedy-Qualitäten auszutesten, ist kein Witz:
"Es gibt zwar noch einige andere Lustige in unserem Team, aber ich habe die
Rolle des Spaßvogels eigentlich schon immer ganz gerne übernommen".
Ob es in Athen auch auf dem
Kunstrasen viel zu lachen gibt, bleibe abzuwarten. "Wenn ich an unser Team
denke, fände ich es toll, wenn wir die Großen in unserer Gruppe - also
Australien, die Niederlande und Südkorea - etwas ärgern könnten. Und wenn uns am
Anfang gleich ein Punktgewinn gelänge, könnte man darauf super aufbauen", sagt
die viersprachige Mittelfeldspielerin mit einer spanischen Mutter. Nachdem es
persönlich in den letzten der bislang 76 Länderspiele (8 Tore) nicht rund
gelaufen sei, wünscht sie sich, "dass ich meine Form bis zum Turnierstart noch
steigern und an meine EM-Form anknüpfen kann". Wenn Zeit und Bundestrainer es
erlauben, würde sie in Athen ("Olympia ist ein Traum") gerne bei der
Leichtathletik, beim Schwimmen und Handball vorbeischauen.
"So fit war ich noch nie"
Im Gegensatz zur kleinen und
trickreichen Silke Müller hat Denise Klecker trotz des dritten Platzes
weniger gute Erinnerungen an die EM in Barcelona. Der Bundestrainer sparte nicht
mit Kritik und sortierte die mit 175 Länderspielen erfahrene Abwehrstütze und
Strafeckenspezialistin (39 Tore) schließlich sogar vor dem
Olympia-Qualifikationsturnier in Neuseeland im März aus. Daran, mit 32 Jahren
und einer olympischen Erfahrung in Sydney darob die Brocken hinzuwerfen, habe
sie nie gedacht: "Das ist mir ja nicht zum ersten Mal passiert, und daher hat
mein Selbstbewusstsein auch nicht gelitten. Für mich war wichtig, dass ich vor
mir selbst sagen konnte, alles dafür getan zu haben", sagt die gebürtige
Mainzerin. Daher habe sie sich kurzerhand für die drei Neuseeland-Wochen ein
eigenes Trainingsprogramm zusammengestellt "und hart an mir gearbeitet". Die
verbesserte Athletik blieb auch dem Bundestrainer nicht verborgen. "So fit wie
momentan war ich noch nie", so Klecker, die als "Oldie" im DHB-Team aus der
Mitte wieder auf die rechte Abwehrseite gerückt ist.
Obwohl Olympia "mit Leuten aus allen
Ländern und fast allen Sportarten das Größte ist", hat Sydney Spuren
hinterlassen. "Die Vorfreude ist anders als vor vier Jahren, weil man einfach
weiß, wie es ist und was abgeht. Aber wenn die Hymne erstmals erklingt, wird es
bestimmt wieder ein toller Moment sein. Und zur Abschlussfeier will ich auf alle
Fälle wieder; das war in Sydney so toll", sagt Klecker, die bei der
"Wirtschaftsinitiative Rhein-Main" als Assistentin der Geschäftsführung
arbeitet.
Verabschiedung nach Olympia durch die
Damenmannschaft des RRK und zwei "Offizielle", Hockey-Abteilungsleiter
Martin Müller, Maren Pfefferkorn, Lena Schüder, Silke Müller, Barbara
Vogel, Mandy Haase, Lydia Haase, Irene Balek, Denise Klecker, Nina
Günther, "RRK-Präsident" Prof. Dr. Dietmar Klausen und Sybille Breivogel |
Ansonsten wolle sie einfach wieder
das "olympische Flair genießen und Leuten zuschauen, die ich kenne. Etwa beim
Schwimmen oder Frauenfußball". Und die sportlichen Ziele? "Wir haben eigentlich
nix zu verlieren. Für das deutsche Hockey wäre es wichtig, wenn wir mindestens
Sechster würden und uns für die Champions Trophy qualifizieren würden. Bronze
wäre natürlich super", so Klecker wohl wissend, dass sie dies zum Ende ihrer
internationalen Laufbahn den Olymp im wahrsten Sinne des Wortes erklimmen ließe.
Aus "Main-Spitze" vom 05.08.2004:
"Mit großem Stolz erfüllt"
Die RRK-"Familie" verabschiedete ihre
drei Olympia-Starterinnen
tgo. - Er wäre selbst gerne dabei, gestand der Präsident. "Aber so
Alte nehmen die wohl nicht mehr", scherzte Dietmar Klausen, und blickte stolz
auf die drei Olympiafahrerinnen Mandy Haase, Denise Klecker und Silke Müller.
Am 10. August wird das Hockey-Trio des Rüsselsheimer RK mit der
Nationalmannschaft nach Athen fliegen, wo am 14. die erste Begegnung des
olympischen Turniers gegen Australien ansteht. Am Dienstagabend wurden sie von
der Vereinsführung, Mitspielerinnen, Freunden, Familien und Mitgliedern
offiziell bei einem gemütlichen Beisammensein verabschiedet.
"So was habe man nicht alle Jahre", betonte Klausen. Eben nur alle vier. Zu
allen Olympischen Spielen durfte der RRK in der jüngsten Vergangenheit
ununterbrochen Athleten entsenden. Seit 1984 werden den Teilnehmern zuvor sogar
noch traditionell im "Bootshaus" Glückwünsche und Präsente mit auf den Weg
gegeben. "Mit großem Stolz" sei man auch diesmal erfüllt: "Drei Sportlerinnen
schickt in Südhessen kaum ein Verein, dazu noch ein so kleiner", erinnerte
Klausen. Mitfiebern und Daumen drücken heißt es in den nächsten Wochen für die
RRK-Familie, die sich mit ihren Schützlingen auf das "herausragende Ereignis
in einem Sportlerleben", so Abteilungsleiter Martin Müller, freut.
Neben einem erfolgreichen Turnierverlauf für die Debütantinnen Haase und
Müller sowie die Sydney erprobte Klecker wurde auch eine gesunde Rückkehr "mit
möglichst allen Zähnen" (Klausen) gewünscht. "Wir werden bei euch sein. Ich
hoffe, ihr spürt das", sagte Klausen. Wer mal traurig sei oder Heimweh habe,
solle einfach an den RRK denken. "Ihr werdet Deutschland vertreten, und im
Stillen auch den RRK repräsentieren", befand Müller, der zwar nicht
spekulieren wolle, aber glaubt: Bange müsse dem deutschen Team trotz der
starken Konkurrenz nicht sein. "Insgesamt wird es wohl gelingen." Entscheidend
sei sicherlich, wie man ins Turnier reinkomme. Und im Endeffekt müsse jeder
persönlich das Beste für sich erreichen, fügte er an.
Hockeytraining ohne
Schläger
Bis zum Abflug nach Athen halten sich die Rüsselsheimerinnen Denise Klecker,
Silke Müller und Mandy Haase mit Sprints und Sprüngen "knackig und geschmeidig"
Von ANNETTE SEITZ (aus "Frankfurter
Rundschau")
Jenseits der Mittellinie, in jener Hälfte des Kunstrasenplatzes im Stadion am
Sommerdamm, in der die Männer des Bundesligisten Rüsselsheimer RK (RRK)
trainieren, ist es zu hören, das charakteristische Geräusch, das Hockeyspieler
bei ihrer Arbeit machen. Wenn mit Schlägern Bälle gedroschen werden, wird es
laut. Diesseits der Linie herrscht indes Stille. Dort, wo an diesem lauen
Sommerabend Denise Klecker und Silke Müller locker ihre Runden drehen und
einige ihrer Rüsselsheimer Mannschaftskolleginnen an ihrer Seite den
geschmeidigen Trab demonstrieren, ist der Schläger tabu. Kein Krummstock,
nirgends.
Für die beiden Nationalspielerinnen, die am kommenden Dienstag gemeinsam mit
Mandy Haase vom RRK in den Flieger zu den Olympischen Spielen nach Athen
steigen werden, herrscht absolutes Schlägerverbot. Zehn Tage lang, jene Zeit,
die zwischen dem letzten Vorbereitungsspiel auf deutschem Boden und der ersten
Einheit auf griechischem liegt, steht der Krummstock in der Ecke. "Das ist
aber nicht schlimm", findet Silke Müller. "Wir waren so oft unterwegs und sind
mittlerweile ein bisschen satt. Die Pause", so die Olympia-Debütantin, "kommt
genau richtig."
Bundestrainer Markus Weise hat seinem 16-köpfigen Kader die Abstinenz
verordnet, die die Lust aufs Hockey erhalten soll. Freilich nicht ohne den
Nationalspielerinnen ein
Fitnessprogramm
mit auf den Weg zu geben. Man möge seine Anweisungen doch bitte umsetzen, so
der Wunsch des Coaches. Ob allein oder im Vereinsteam, ist Weise letztlich
egal. Mandy Haase, die, wie Müller, zum ersten Mal für Olympische Spiele
nominiert wurde, dreht ihre Runden lieber alleine. Müller und Klecker
bevorzugen dagegen die vertraute Clique - die im Übrigen nicht weniger fit ist
als die Kolleginnen, die für olympische Aufgaben ausgewählt wurden. Eine Pause
hatte der RRK, deutscher Feldhockey-Meister, nach Saisonende nämlich nur fürs
Feiern eingelegt. Weshalb Denise Klecker und Silke Müller auch in das
Mannschaftstraining einsteigen können, bei dem im Moment genau das gemacht
wird, was Weise verlangt: Sprints, Sprünge, Schnelligkeit. "Wir sollen knackig
und geschmeidig bleiben", sagt Müller. Für Denise Klecker werden es definitiv die letzten Olympischen Spiele sein,
sie wird ihre internationale Karriere nach Athen beenden. Ein mulmiges Gefühl
sei das schon, sagt die 174-fache Nationalspielerin: "Aber ich versuche, nicht
daran zu denken, denn eigentlich finde ich es schrecklich, wenn es vorbei
ist." Für ihre zweiten Olympischen Spiele nach Sydney 2000 hat sich die
Rüsselsheimerin vorgenommen, "dass wir uns für die Champions Trophy
qualifizieren". Das Ticket für die inoffizielle Weltmeisterschaft der sechs
weltbesten Teams wäre mit dem Erreichen des sechsten Platzes gelöst. Wenn es
zu mehr langen sollte, hat auch Klecker nichts dagegen. Aber die 32 Jahre alte
Abwehrspielerin bleibt realistisch: "Entscheidend wird die Tagesform sein. Es
kann aber auch sein, dass wir supergut spielen und trotzdem nur auf den
siebten Platz kommen." Das Wort Halbfinale nimmt Klecker erst gar nicht in den Mund. Zu vermessen
scheint die Vorstellung, dass das deutsche Team, in dessen Gruppe der
zweifache Olympiasieger Australien und Europameister Niederlande als
Topfavoriten gelten und zudem noch Südkorea ein starker Gegner ist, auf einen
der ersten beiden Gruppenplätze vorstoßen könnte. Auch wenn die Lücke zur
Weltspitze im vergangenen Jahr kleiner geworden ist, scheint sie doch noch zu
groß für eine Überraschung. Aber aufgeholt haben sie - auch wegen der intensiven Vorbereitung von Markus
Weise, der den Schwerpunkt auf die Athletik gelegt hat, eine Voraussetzung, um
international mitzuhalten. "Für mich war das bislang die beste Vorbereitung
mit der Nationalmannschaft", sagt Silke Müller, die im Sturm bisher 75
Länderspiele absolviert hat. Vor allem die Testpartien gegen starke Gegner wie
China oder die Niederlande hätten das Team weitergebracht, meint Klecker:
"Wenn man an die Weltspitze will, muss man gegen Weltklasse-Teams spielen, um
zu wissen, was noch fehlt." Dabei hat sich die deutsche Mannschaft wacker
geschlagen und durchaus ansprechende Ergebnisse, wie etwa ein Unentschieden
gegen die Niederlande, erzielt. "Wir haben uns weiterentwickelt", bestätigt
Denise Klecker, die schon wieder weiter muss, um nach einigen Sprüngen und
kurzen Sprints so leichtfüßig wie möglich über die Sprossen einer auf dem
Boden liegenden Leiter zu hüpfen. Und das tut sie beinahe lautlos.
Silke
als "Miss Hessensport" in Athen am Ball
Von Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 09.08.2004)
Silke Müller, von Trainer Berti Rauth ob ihrer spanischen
Mutter "el tigre" getauft, hat kurz vor dem Abflug zu den Olympischen Spielen
einen persönlichen Erfolg gefeiert: Per Telefonvotum wurde die
Hockey-Nationalspielerin des Rüsselsheimer RK gestern Abend im Studio des
Hessischen Rundfunks mit 52,5 Prozent der abgegebenen Stimmen zur "Miss
Hessensport" des Monats Juli gewählt. Zwei Tage vor dem Abflug nach Athen, wo
die 25-jährige Offensivkraft gemeinsam mit ihren Klubkolleginnen Denise
Klecker und Mandy Haase im DHB-Team am Ball sein wird, ließ die Hotelfachfrau
aus Frankfurt ihre Rivalinnen aus dem Bereich Tauchen und Golf recht deutlich
hinter sich und darf nun bei der Jahreswahl auf eine lukrative Fernreise
hoffen. Beim Mai-Votum hatte RRK-Akteurin Nina Günther Platz zwei belegt.
"Athen hat geholfen"
Silke Müller als "Miss
Hessensport" zu Olympia
Das Gespräch führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 10.08.2004)
FRAGE: Wie fühlt man sich als "Miss
Hessensport" im Juli?
MÜLLER: Genauso wie vorher auch.
Natürlich ist es cool, dass ich gewonnen habe. Und dass so viele Leute für mich
angerufen haben, ehrt mich schon. Vor der Sendung war ich eigentlich kaum
nervös, aber als ich dann vor dem Vorhang stand, hat mein Herz doch ganz doll
gepocht.
FRAGE: Welche Chancen hatten Sie sich
ausgerechnet und was ist Ihr Gewinn?
MÜLLER: Darüber habe ich mir nicht so
die Gedanken gemacht. Mich hat eher die Frage beschäftigt, wie kommt man rüber.
Andererseits wurde es Zeit, dass im dritten Anlauf mal eine RRK-Hockeyspielerin
gewinnt. Der Gewinn ist, dass man einen Wunsch frei hat: Ich habe gesagt, dass
ich gerne mal beim Fernsehen reinschnuppern würde. Nach Athen will man auf mich
zukommen.
FRAGE: Niederlagen sollen Ihnen
prinzipiell ein Gräuel sein. Hätte es Sie sehr gewurmt, wenn Sie als sportlich
eindeutig hochwertigste Kandidatin nicht gewonnen hätten? MÜLLER: Da wäre mir
auch kein Zacken aus der Krone gebrochen. Es war einfach witzig, da mal
mitgemacht und unsere Sportart ein bisschen präsentiert zu haben. Aber ich denke
schon, dass meine Teilnahme in Athen geholfen hat.
FRAGE: Sie haben während der Sendung
noch als Glücksfee fungiert. Was passierte anschließend im HR-Studio?
MÜLLER: Nix Besonders mehr. Wir drei
Mädels haben uns gratuliert, und für ein Foto eines Fußballvereins, dessen
Mitglieder unter den Zuschauern waren, sollte ich mit aufs Bild. Danach sind wir
dann recht schnell gegangen.
FRAGE: Gab es schon Reaktionen aus
dem Verein oder aus dem Kreis des Nationalteams?
MÜLLER: Ich glaube nicht, dass das
aus dem Nationalteam jemand gesehen hat, weil es eigentlich kaum einer wusste.
Von meinen RRK-Teamkolleginnen und Freunden habe ich ziemlich schnell
Glückwünsche per SMS bekommen.
FRAGE: Am Dienstag geht der Flieger
nach Griechenland. Ist die "Miss Hessensport" beim olympischen Hockeyturnier nun
besonders motiviert?
MÜLLER: Eigentlich nicht. Druck
machen werde ich mir deshalb jedenfalls nicht.
Ausgezeichnete Silke Müller
fliegt heute
Hockey: Nationalspielerin des
Rüsselsheimer RK wird "Miss Hessensport" und wünscht sich nach Olympia eine
Fernsehrolle
mzh - Zwei Tage vor dem Abflug nach
Athen hat Hockey-Nationalspielerin Silke Müller vom Rüsselsheimer RK noch eine
Auszeichnung erhalten: Die Zuschauer der vom Hessischen Rundfunk ausgestrahlten
Sendung "Sportkalender" wählten sie am späten Sonntagabend mit 52 Prozent zur
"Miss Hessensport" im Monat Juli. Dabei setzte sich die Olympia-Teilnehmerin
gegen zwei Konkurrentinnen durch.
Eröffnungsfeier Athen 13.08.2004 |
Für Silke Müller war es ein weiteres
Mosaikstück eines ausgesprochen erfolgreichen Jahres: Mit dem RRK wurde sie
bereits Deutscher Meister in Feld und Halle, außerdem erhielt sie beim
Europapokal-Sieg in der Halle eine Ehrung als beste Spielerin des Turniers.
Gleiches widerfuhr ihr i Mai nach dem Gewinn des nationalen Feldtitels in Köln.
Auf die Frage des Moderators Werner
Damm, was sie sich denn nun wünsche, musste Müller nicht lange überlegen: eine
kleine Rolle in einer Fernsehproduktion. Erst vor kurzem hatte die Sportlerin
geäußert, dass sie gerne in den Fernsehbereich hineinschnuppern würde. Im
Nationalteam gilt der 25 Jahre alte Dribbelstar als zuständig für gute Laune,
wartet mit Comedy-Einlagen auf oder imitiert auch einmal Dialekte.
Zu den Olympischen Spielen fliegt die
RRK-Akteurin heute gemeinsam mit ihren Vereinskolleginnen Denise Klecker und Mandy Haase. Während sich Haase zuletzt zu Hause in Heidelberg fit
hielt, trainierten Klecker und Müller beim RRK. Bundestrainer Markus Weise hatte
allerdings Wert darauf gelegt, dass die Nationalspielerinnen keinen Schläger
anfassen – schließlich sollen sie in Athen richtig Lust auf Hockey haben.
Foto mit einem Tennisstar
Silke Müller im olympischen Dorf und auf dem Hockeyplatz ziemlich rege
Von Uli Meyer (aus "Main-Spitze" vom
19.08.2004)
ATHEN - Die Fans lassen nicht locker.
Noch ein Autogramm, noch ein Foto. Und dazwischen immer wieder die Welle.
Geradezu enthusiastisch feiern die gut 50 Personen, deren Gruppenzugehörigkeit
durch schwarz-rot-goldene Utensilien leicht auszumachen ist, die deutschen
Hockeydamen. Dabei haben diese gerade gegen Europameister Niederlande eine
1:4-Abreibung erhalten.
Unten am Spielfeldrand steht Silke
Müller, klatscht und winkt und streckt den Daumen nach oben. "Das ist ja super
mit Euch", ruft die 25jährige den auch noch lange nach Spielschluss im
olympischen Hockeystadion verweilenden Fans zu. "Das hätte ich nicht erwartet,
dass wir hier so unterstützt werden", teilt Müller den Journalisten mit.
Einerseits ist die Hockeyspielerin
des Rüsselsheimer RK verwundert, was bei Olympia so abgeht, in anderen Bereichen
werden die
Tor durch Silke Müller (Nummer
10) im Auftaktspiel gegen Australien, das die deutsche Mannschaft mit 2:1
gewinnen kann |
Erwartungen, mit denen sie ihre erste Olympiateilnahme antrat,
bestätigt. "Im olympischen Dorf", erzählt sie, "geht es genauso zu, wie es einem
vorher erzählt worden ist. Alle sind ganz locker drauf, und gerade die Topstars
sind mal froh, nur einer unter vielen zu sein und nicht immer einer ständigen
Sonderbeobachtung der Medien ausgesetzt zu sein."
Die Rolle der aufdringlichen Fans
übernehmen dann bisweilen die Vollblutamateure. Wie beispielsweise Silke Müller,
die sich auch schon Autogramme besorgt hat oder sich auch mal mit einem der
deutschen Tennis-Cracks zusammen fotographieren ließ. "Solche Leute sieht man
doch nur einmal im Leben", sagt Silke fast schon ein wenig rechtfertigend. Eine
weitere olympia-touristische Attraktion war der Besuch eines Vorrundenspiels der
deutschen Handballer.
Die Hauptkonzentration gilt natürlich
dem eigenen Wettkampf. Und der brachte bislang zwei höchst unterschiedliche
Erlebnisse: den unerwarteten 2:1-Auftaktsieg gegen Olympiasieger Australien und
die 1:4-Ernüchterung gegen die Niederlande. "Vielleicht haben wir uns nach dem
Superstart gegen Australien für das zweite Spiel einfach zu viel vorgenommen;
außerdem war die Pause von drei Tagen fast schon zu lange", sucht Müller nach
Gründen, wie es nach der starken Auftaktleistung in der zweiten Partie am
Mittwoch vor allem in der ersten Halbzeit zu solch einem Einbruch kommen konnte.
Aber noch ist nichts verloren. "Das war doch eigentlich fast abzusehen, dass wir
gegen Holland nichts holen würden. Wir dürfen uns dadurch nicht vom Weg
abbringen lassen", sieht Müller noch alle Möglichkeiten, mit einem Pflichtsieg
über Südafrika (Freitag) und dem dann zu erwartenden "Endspiel" gegen Südkorea
(Sonntag) das Halbfinale zu erreichen.
Egal, wie sich der weitere
Turnierverlauf gestaltet, ein eher seltene Erfahrung kann Silke Müller keiner
mehr nehmen: Gegen Australien schoss sie in ihrem 77. Länderspiel ihr neuntes
Tor. "Da ich ja sonst nicht gerade die Super-Torjägerin bin, war es schon ein
tolles Gefühl, getroffen zu haben, zumal es ja praktisch das Siegtor war", sagt
die Angreiferin, um gleich nachzuschieben: "Aber eigentlich ist es egal, wer die
Tore schießt. Hauptsache die Mannschaft gewinnt."
Trotz ihres Torerfolges hält sich
Markus Weise mit Lob für Silke Müller spürbar zurück. "Mit Müh` und Not im
passablen Bereich", empfindet der Bundestrainer bislang die Athen-Darbietung der
RRK-Stürmerin. Was den Nationalcoach besonders ärgert, ist seine ganz subjektive
Beobachtung, dass Müller nach der erfolgten Olympia-Nominierung "fast nur noch
schwache Spiele abgeliefert hat". Silke Müller hat noch ein paar Mal
Gelegenheit, den Bundestrainer eines Besseren zu belehren.
Aus "Main-Spitze" vom 27.08.2004:
Hockey-Damen schaffen Sensation
Goldmedaille nach 2:1-Sieg
über Niederlande
ATHEN (dpa) Nach Silber 1984 und 1992 endlich Gold: Die Hockey-Damen haben
für die deutsche Olympia-Mannschaft am Donnerstag in Athen mit einem 2:1
im Endspiel gegen die Niederlande die ersehnte zehnte Goldmedaille geholt.
Anke Kühn und Franziska Gude bescherten dem Hockey-Team mit ihren Toren
einen historischen Triumph. Zur Siegermannschaft gehören Mandy Haase,
Silke Müller und Denise Klecker (alle Rüsselsheimer RK).
Mandy Haase, Denise Klecker
und Silke Müller über den unverhofften Olympiasieg im Hockey
"Wir fliegen mit Gold heim, wie
sollen wir das glauben?"
Die Fragen stellte Peter Penders
(aus "FAZ" vom 28.08.2004)
Die Vorrunde wollten sie überstehen,
der Olympiasieg ist es geworden: Mandy Haase, Denise Klecker und Silke Müller
vom Rüsselsheimer RK haben in Athen den sportlichen Höhepunkt ihrer
Hockeykarriere erlebt - und aus verständlichen Gründen die Nacht zum Tag
gemacht.
Es waren noch zehn Sekunden zu
spielen, als Caroline Casaretto den letzten Paß der Niederländerinnen abfing.
Was war das für ein Gefühl, Sekunden vor dem Olymp?
Silke Müller: Ich war in den letzten
drei Minuten draußen auf der Bank, und ich habe so gezittert. Ich hab' nur noch
gedacht, wann darf ich endlich auf das Feld springen. Als Caro den Ball hatte,
war es ja entschieden, aber plötzlich war da nur Leere.
Mandy Haase: Ich konnte es kaum
glauben, ich habe vorher immer mal kurz auf die Anzeigentafel geschaut. Ich
hatte immer noch Angst, dass etwas passiert, denn wir sind ja Spezialist für
späte Gegentore. Und dann konnte ich es gar nicht realisieren, dass es wirklich
vorbei ist.
Denise Klecker: Ich habe ja die
letzten zehn Minuten nicht mehr gespielt, und da draußen auf der Bank war es
schrecklich. Da wirst du verrückt. Aber als Caro den Ball hatte, das war ein
sensationelles Gefühl, das kann ich gar nicht beschreiben.
Können Sie jetzt schon glauben,
daß Sie als Olympiasieger heimfliegen?
Silke Müller: Ich fand es ja schon
absolut irre, überhaupt an Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen. Aber Gold?
Das kommt mir wie eine Geschichte vor, die mir jemand erzählt, und ich glaube
sie ihm nicht.
Mandy Haase: Jetzt noch nicht, und
nächste Woche bestimmt auch noch nicht. Ich glaube, wenn in 20 Jahren ein
Rückblick im Fernsehen läuft und ich dann meinen Kindern die Goldmedaille zeige,
dann ist es eine andere Sache. Aber jetzt? Wir wollten in unserer Hammergruppe
irgendwie die Vorrunde überstehen und uns möglichst für die Champions Trophy
qualifizieren. Und jetzt fliegen wir mit Gold heim, wie soll ich das glauben?
Denise Klecker: Nein, überhaupt
nicht, vor allem nicht bei meiner Vorgeschichte. Ich bin ja nicht für die
Olympiaqualifikation nominiert worden, aber ich habe immer fest daran geglaubt,
daß ich es wieder ins Team zurückschaffe. Ich wollte unbedingt nach Athen.
Überhaupt war das mein Jahr. Wir sind mit Rüsselsheim deutscher Meister in Halle
und Feld geworden, haben den Hallen-Europacup gewonnen, ich habe jetzt eine
Goldmedaille umhängen, mit der ich nie im Leben gerechnet habe. Und dann habe
ich in diesem Jahr auch noch den Mann meines Lebens kennengelernt − mehr geht
einfach nicht an Glück.
War es nach der großen Freude über
die sicher feststehende Silbermedaille schwer, die richtige Motivation für das
Endspiel zu finden?
Silke Müller: Wir haben ja immer nur
etappenweise gedacht. Als wir im Halbfinale waren, haben wir uns gesagt, es ist
noch nichts passiert. Dann haben wir uns irre gefreut, daß wir Silber schon
sicher haben, das war ja schon Wahnsinn. Aber wir haben auch sofort gesagt, wir
hängen den "Hollies" das Gold nicht einfach so freiwillig um den Hals.
Mandy Haase: Natürlich haben wir uns
wie verrückt über Silber gefreut, und ich hatte schon Bedenken, dass wir damit zu
sehr zufrieden sind. Aber wir hatten uns fest versprochen, dass wir uns alle
zusammenreißen und alles geben.
Denise Klecker: Nein, für mich
sowieso nicht. So eine Chance bekommt man ja vielleicht sowieso nur einmal im
Leben, und bei mir war es ja ohnehin klar. Das ist mein letztes Spiel. Und dass
es das olympische Finale war, ist ein großes Geschenk.
Was war entscheidend für den Sieg?
Silke Müller: Ich glaube, das
schnelle 2:0 hat denen schon das Genick gebrochen. Da sind sie supernervös
geworden, das kannten sie ja hier gar nicht, in Rückstand zu geraten. Ich habe
danach bei jeder guten Aktion von uns laut geschrieen, jeden angefeuert. Das
kann dich als Gegner mental schön runterziehen. Wenn die sich bei einer
2:0-Führung so angefeuert hätten, wäre mir nur ein Gedanke gekommen: Wie geil
sind die denn drauf!
Mandy Haase: Unsere Einstellung auf
dem Platz. Es war so irre, da raus auf den Platz zu können, die vielen Fans, die
so geschrieen haben. Da musstest du einfach laufen und laufen.
Denise Klecker: Ich glaube, die haben
selbst nach dem 1:0 gedacht, daß schon nix passieren wird. Und dann sind sie
immer aufgeregter geworden. Die konnten sich einfach nicht vorstellen, dass sie
gegen uns verlieren können.
Was nehmen Sie sonst noch mit von
den Olympischen Spielen?
Silke Müller: Das war ein irres
Erlebnis, wie ich es noch nie hatte. Jede wollte alles, jede ist an und über
ihre Grenze gegangen, und ich hätte mir nie vorstellen können, wie so eine
Grenzerfahrung ist, wenn du nur noch den Tunnelblick hast. Jetzt bin ich total
kaputt. Und total glücklich.
Denise Klecker: Die totale
Befriedigung, dass man für alles belohnt worden ist. Du nimmst so viele
Entbehrungen in Kauf, da ist es einfach irre, was jetzt passiert ist.
Mandy Haase: Dankbarkeit, so etwas
erlebt zu haben. Es war schade, dass meine Familie nicht kommen konnte, aber so
viele Flugtickets haben sie nicht bekommen. Und entweder kommen alle, haben sie
gesagt, oder wir machen zu Hause in Heidelberg eine Party. Ohne meine Eltern
wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich glaube, die hatten auch einen schönen
Abend.
Stolz präsentieren Silke Müller,
Denise Klecker und Mandy Haase bei der Ankunft aus Athen auf dem
Frankfurter Flughafen ihre Goldmedaillen.
|
Aus "Main-Spitze" vom 01.09.2004:
Das Geständnis: "Der RRK liebt Euch"
Rauschendes Fest für die
drei Goldmedaillengewinnerinnen von Athen / Lob für Verein, Trainer und
Sportlerfamilien
gir. Mitten im Getümmel der überschäumenden Willkommensfete, die der RRK
am Montagabend mit seinen drei Goldmedaillengewinnerinnen feierte, durften
auch Larissa Freibert und Alana Klettenheimer aus der Hockey-Jugend das
olympische Gold von Denise Klecker einmal anfassen. Mit Ehrfurcht nahmen
sie die Medaille in die Hand. Dabei strahlten ihre Augen immer heller, als
würde in diesem Moment etwas von dem Geist an sie weitergereicht, der die
Olympiasiegerinnen zu ihrem Erfolg in Athen getragen hatte. "Cool" sei es
gewesen, die Medaille anzufassen, sagten die zwei danach der
"Main-Spitze". Zumal sie zunächst nicht gedacht hätten, dass ihre
Vorbilder das olympische Turnier tatsächlich gewinnen würden.
Auch die Offiziellen des
Vereines waren am Montagabend, was das Prozedere betraf, einfach cool.
Angesichts der schier nicht enden wollenden Tänze, Gesänge, Umarmungen,
Gratulationen und Interviews genossen sie erst einmal das Fest im
schwarz-rot-golden geschmückten Saal des Bootshauses und drumherum. Mitten
im Trubel gratulierten auch Rainer Seifert und Fritz Schmidt ("Ihr habt
alles richtig gemacht!") den Olympiasiegerinnen. Gemeinsam mit Peter Kraus
gehörten die beiden früheren Hockeyspieler des RRK zu dem deutschen Team
der Männer, das 1972 in München olympisches Gold gewann. Der ehemalige
RRK-Spieler Christopher Reitz wurde 1992 in Barcelona Olympiasieger.
Anderthalb Stunden ließen sich
Vorstand und Abteilungsleitung Zeit, ehe sie die von TV-Kameras grell
beleuchtete und von den DJs heftig beschallte Party unterbrachen, um Silke
Müller, Denise Klecker und Mandy Haase offiziell willkommen zu heißen.
"Der RRK liebt Euch", brachte der Zweite Vorsitzende, Horst Ackermann, die
Gefühlslage des Vereines auf den Punkt und gratulierte zum Olympiasieg mit
Blumen. Er entschuldigte den Ersten Vorsitzenden, Prof. Dr. Dietmar
Klausen, der wieder einmal "Pech mit der Terminplanung hatte" und sich den
historischen Empfang entgehen lassen musste, weil er derzeit in Urlaub
ist.
"Einen unglaublichen Erfolg"
nannte Hockey-Abteilungsleiter Martin Müller den Olympiasieg. Allerdings
habe ihn Denise Klecker bereits vor dem Abflug nach Athen daran erinnert,
dass Außenseiter Griechenland bei der Fußball-EM in Portugal eine ähnliche
Überraschung gelungen sei. Müller dankte den Eltern der Spielerinnen für
ihr Engagement, das ebenso zu diesem Olympiasieg beigetragen habe wie die
Arbeit von Berti Rauth, Trainer des überaus erfolgreichen RRK-Teams, zu
dem die drei Spielerinnen gehören.
"Wenn mir die Worte fehlen,
dann heißt das schon was", freute sich Olympiasiegerin Silke Müller über
so viel Zuneigung und Begeisterung. "Ihr habt alle dazu beigetragen, dass
wir hier stehen", dankte sie mit olympischem Lorbeer im Haar allen im
Verein und ihrer Familie. Denise Klecker, mit einer goldenen Pappkrone auf
dem Haupt, ließ die Anwesenden anschließend noch ein lautes "Trullala" zu
Ehren des Trainers Berti Rauth anstimmen. Dann ging die rauschende
Willkommensparty weiter, bis tief in die Nacht hinein.
"Das ist irre, einfach
unbeschreiblich "
Ob der Erfolg nun Zulauf von
Jugendlichen bringt, bleibt abzuwarten
Von
Jörg Monzheimer (aus "Darmstädter Echo" vom 01.09.2004)
So richtig konnten sie es auch am
Montagabend noch nicht fassen. "Bei mir hat es 48 Stunden gedauert, bis ich es
begriffen habe. Bei Mandy dauert es wahrscheinlich bis Peking 2008", zeigte sich
Hockey-Nationalspielerin Denise Klecker bei der lautstarken Fete im Bootshaus
des Rüsselsheimer Ruder-Klubs bestens aufgelegt.
Kein Wunder, denn gemeinsam mit ihren
Vereinskolleginnen Mandy Haase und Silke Müller hat sie geschafft, was niemand
für möglich gehalten hätte: den Olympiasieg im Feldhockey. Für Denise Klecker
war es ein Abschluss ihrer internationalen Karriere, wie er schöner nicht hätte
sein können. "Das ist irre, einfach unbeschreiblich", jubelte die
Abwehrspielerin.
Nach der Nichtberücksichtigung für
das Olympia-Qualifikationsturnier in Neuseeland hatte ihr Rüsselsheims
Hockey-Legende Fritz Schmidt beim Hallen-Europacup geraten, weiter hart zu
trainieren und sich überzeugt gezeigt, dass sie es noch ins Team schaffen könne.
Hochstimmung:
Der Rüsselsheimer Ruder-Klub feierte die Hockey-Olympiasiegerinnen, von
links Silke Müller, Denise Klecker und Mandy Haase.
|
"Für sie hat es mich am meisten
gefreut", so Schmidt, der 1972 wie Peter Kraus und Rainer Seifert zu dem Team
zählte, das gegen Pakistan überraschend Gold gewann. "Auch wir haben damals zwei
schlechte Spiele gemacht und es dennoch gepackt", erinnerte er sich.
1992 stand dann Torhüter Christopher
Reitz in der Mannschaft, die in Barcelona den Olympia-Sieg errang, nun feierte
der RRK die Olympiasieger fünf bis sieben. Entscheidend für den unerwarteten
Erfolg sei die mannschaftliche Geschlossenheit gewesen, erklärten alle drei
Goldfrauen.
"Der Team-Spirit war riesig", so
Denise Klecker, die auf Bronze gehofft hatte. Gar nichts ausgerechnet hatte sich
Mandy Haase, die im Jahr 25.000 Kilometer zum Training nach Rüsselsheim fährt.
"Ich stapele immer eher tief. Bei der Gruppe war es allerdings nicht sehr
realistisch, überhaupt ins Halbfinale zu kommen." Nach dem 0:3 gegen Südafrika
schien alles gelaufen, die Stimmung dementsprechend weit unten. "Wie wir uns da
rausgepuscht haben, ist erstaunlich."
Für die letzten Partien musste sie
gespritzt werden, weil sie beim Aussteigen aus dem Bus umgeknickt war und
Verdacht auf Bänderriss bestand. "Es war riskant zu spielen. Aber Olympia ist
eine einmalige Chance. Ich hätte es bestimmt bereut, wenn ich es nicht gemacht
hätte." Ab Donnerstag will die Heidelbergerin nun mit ihrem Freund in ihrer
Geburtsstadt Leipzig ausspannen.
Die Frage nach den beiden schwächeren
Spielen schob Silke Müller selbstbewusst bei Seite. "Wir haben auch vier Mal
richtig gut gespielt." Der Halbfinaleinzug mit sechs Punkten aus vier Spielen
sei glücklich gewesen, doch habe sich schon nach dem 3:2-Auftaktsieg gegen
Australien Eigendynamik entwickelt.
"Wir haben nur von Spiel zu Spiel
gedacht, wollten es nach dem 0:3 gegen Südafrika allen zeigen. Und vor dem
Finale habe ich gesagt, dass ich den Holländern Gold nicht freiwillig umhänge.
Das hätten sie sich schon holen müssen."
Mandy Haase erhofft sich vom
Olympiasieg einen Schub für den Nachwuchs. "Der hat gesehen, dass immer etwas
drin ist." Ähnlich äußerte sich Vereinstrainer Berti Rauth, der die
Rüsselsheimer Frauen zu 14 deutschen Meisterschaften und 16 Europapokal-Erfolgen
geführt hat: "Das ist eine Riesenmotivation. Die Mädchen müssen jetzt infiziert
sein, das auch wollen."
Bei aller Freude betrachtet
Abteilungsleiter Martin Müller die Sache ein wenig nüchterner: "Es ist noch zu
früh, etwas zu vermuten. Für die nationale und internationale Schiene, für das
Interesse in den Medien ist das sicher gut. Ob es sich regional auswirkt und wir
Zulauf von Jugendlichen bekommen, bleibt abzuwarten. In den vergangenen Jahren
war der Trend im Frauenbereich leider ein anderer."
|