"Abschied vom Alltag"
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Über Mitglieder des
RRK (2002)
Silke Müller |
Silke Müller – Kämpfernatur mit
Gute-Laune-Garantie
Über spanische Verwandte und einen Sofa-Talk mit Johannes B.
Kerner
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Silke Müller ist in Hockeykreisen bekannt als Garant für gute Laune. Die kleine
kampfstarke Mittelfeldspielerin vom Bundesligisten Rüsselsheimer RK ist immer
für einen Spaß zu haben. Da liegt es nah, dass die Tochter einer spanischen
Mutter ("von ihr habe ich das Temperament geerbt") und eines deutschen Vaters in
einem Beruf tätig ist, in dem sie ihre Fröhlichkeit einsetzen kann.
An der Sportschule und Bildungsstätte des Landessportbundes Hessen in Frankfurt
ist sie als Rezeptionistin tätig. Zuvor hatte sie in dieser Einrichtung, mit
Hotelbetrieb, Trainings-, Tagungs- sowie Veranstaltungsbereich in zweieinhalb
Jahren ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert. Bereits 1999 nach dem
Abitur machte Silke dort ein halbjähriges Praktikum, bevor sie für sechs Monate
in das Heimatland ihrer Mutter ging. "Für einen Leistungssportler gibt es
eigentlich keinen idealeren Arbeitgeber", meint Silke und zeigt sich sehr
dankbar für die große Unterstützung: "Ich bekomme für alle Lehrgänge und
Länderspiele frei. Das wäre in einem normalen Hotelbetrieb nicht möglich."
Die Sportschule wird durchaus nicht nur von Sportlern als Unterkunft genutzt.
Aber durch die besonderen Trainingsmöglichkeiten, die es dort gibt, gehören auch
bekannte Sportler - wie Tischtennis-Ass Timo Boll oder die deutsche
Volleyball-Nationalmannschaft - zu den Gästen, mit denen Silke gelegentlich zu
tun hat. Den Hockeystock schwingt sie schon seit ihrem sechsten Lebensjahr.
Vater Dieter, selbst einst Fußballer und ihre "máma" Begona unterstützen seitdem
den Einsatz der Tochter für den Mannschaftssport nach allen Kräften.
Silke Müller mit den RRK-Damen beim
Feld-Europacup 2002 im spanischen Terrassa (hinten: Betreuer Thomas
Blivier, Tanja Dickenscheid, Bettina Edlefsen, Nicole Hardt, Lena
Jacobi, Irene Balek, Lisa Jacobi, Lotte Schwärzel, Annika Martin, "Physio"
Hanne Zöller , Sybille Breivogel; vorn: Denise Klecker, ..., Jennifer
Lutz, Mandy Haase, ..., Silke Müller, Elena Christl, Nina Günther,
Aurelie Morin, Trainer Berti Rauth) |
Erst 2001 wechselte die 23-jährige, die einen Tag vor dem WM-Eröffnungsspiel
gegen Russland ihren 24. Geburtstag feiert, von ihrem Heimat-Club Eintracht
Frankfurt nach Rüsselsheim. Bereut hat sie diesen Schritt bislang nicht, denn
gleich im ersten Jahr wurde sie mit dem neuen Team deutsche Feld- und
Hallenmeisterin sowie Hallen-Europapokalsiegerin der Landesmeister.
Mit 15 Jahren holte sie der jetzige Damen-Bundestrainer Peter Lemmen in seine
U16-Nationalmannschaft. Danach durchlief sie die Teams bis inklusive der U21
lückenlos. Dann aber klappte es mit dem Schritt in den Damenkader nicht gleich.
Vor Olympia 2000 in Sydney gehörte sie zwar zu Berti Rauths EM-Kader, für den er
aber fast alle Stammspielerinnen zu Hause ließ. Deshalb hätte sie noch vor einem
Jahr jeden für verrückt erklärt, der ihr eine Teilnahme an der WM vorausgesagt
hätte. "Da hatte ich zwei Jahre gar nicht international gespielt und gerade erst
wieder den Anschluss gefunden."
Die Vorfreude auf Australien und die WM war riesig. Besonders auf die Menschen
dort ist Silke gespannt. Kurios für eine Sportlerin mit spanischem Blut - die
Hitze ist nicht unbedingt willkommen, sondern stört beim Sport eher. Doch die
inzwischen 28-fache Nationalspielerin fühlt sich fit. Das intensive
Athletiktraining hat nicht nur enorm Puste gebracht, sondern auch dazu geführt,
dass die frühere Anfälligkeit für Zerrungen geringer geworden. "Klar, schwere
Beine hat man irgendwann im Match immer. Aber inzwischen kommen die meistens
erst viel später."
Freund Marcus Pinto Curiel, mit dem die temperamentvolle Hessin seit rund 18
Monaten zusammen ist, ist stolz auf die sportlichen Erfolge seiner Freundin. Von
dem Friseur, der selbst Fußball spielt, hat sie auch den Stoffhund "Jean Luc"
bekommen, der sie neben zahlreichen anderen Glücksbringern bei allen Spielen
begleitet. Die Frankfurterin hofft, dass es für sie auch zur Qualifikation für
Athen 2004 reichen wird, doch bis dahin sei noch viel zu tun.
Bis dahin hat sie sich auch beruflich noch einiges vorgenommen. Ich möchte mich
irgendwann noch weiterentwickeln, sagt die Nationalspielerin, die vier Sprachen
spricht. "Es ist allerdings noch nichts aus gegoren. Interesse hätte sie am
Bereich Fernsehen. Doch auch ihr Showtalent würde Silke zu gern mal richtig
erproben. Liebend gern und zur Freude ihrer Mitspielerinnen, macht sie Leute und
Dialekte nach. Und als Ricky auf Rickys Pop-Sofa hat sie auf der
Meisterschaftsfeier des Rüsselsheimer RK im März sogar schon mal mit einem
echten Prominenten getalkt − Johannes B. Kerner, Ehemann von
Mannschaftskameradin Britta Becker, machte den Spaß gern mit.
"So etwas professionell zu machen, wäre ein Traum von mir, der mir im Hinterkopf
rumspukt, dem ich aber noch nie ernsthaft nachgegangen bin." Doch Träume hat
Silke noch ein paar mehr. So würde sie zu gern mal Flamenco lernen − bislang
fehlte dafür aber die Zeit. Die spanische Kultur fasziniert sie. Ihre Verwandten
− Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen − in Madrid hat sie jetzt aber
schon eine ganze Weile nicht besuchen können. "Deshalb freue ich mich um so
mehr, dass das jetzt über Weihnachten endlich mal wieder klappt."
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