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Über Mitglieder des
RRK (2019)
Rudolf Fritz |
Der junge Rudolf Fritz |
Rudolf Fritz – 100 Jahre
Aus "http://rudolf-fritz.de",
2019
Vom Ruhrgebiet
nach Rüsselsheim
Rudolf Fritz wird
am 22.11.1886 in Mülheim an der Ruhr geboren. Im Alter von 25 Jahren zieht er
nach Rüsselsheim, mietet ein Zimmer im "Gasthaus zum Adler" in der Frankfurter
Straße und arbeitet als Elektriker in Groß-Krotzenburg bei Frankfurt. Schon bald
wechselt er ins "Kerpenwerk" in Frankfurt.
1912 heiratet
Rudolf Fritz Justine Christine, die jüngste Tochter des Ehepaars Kröcker-Schmitt,
das den alten "Adler" abreißen ließ und das neue "Hotel Adler" baute. 1914 wird
er einberufen und dient im Ersten Weltkrieg als Funker und Elektriker. Für die
Zeit nach dem Krieg hatte sich Rudolf Fritz vorgenommen, die gesamten
Elektroarbeiten der Firma Kerpen zu übernehmen – doch es kam anders.
Aufbau des
Familienunternehmens
1919 macht sich
Rudolf Fritz selbstständig, bewirbt sich bei Opel um Aufträge für die
Elektroinstallation und stellt sofort Elektriker ein, die ihm das Arbeitsamt
zuweist. Schnell knüpft er Kontakte zu den maßgeblichen Herren bei Opel – man
trifft sich zum Dämmerschoppen "beim Holz", also im Hotel Mainlust.
Nach seiner
Meisterprüfung 1922 vergrößert Rudolf Fritz aufgrund der guten Auftragslage die
Elektroabteilung und eröffnet in der ehemaligen Metzgerei der Schwiegereltern
neben dem Lokal "Zum Adler" einen Elektroladen. Justine hilft im Verkauf, und
schon bald werden eine Verkäuferin und der erste Lehrling des Unternehmens
eingestellt. Ein Zimmer im ersten Stock wird zum Büro ausgebaut, weitere Räume,
z.B. für Reparaturen von Lampen, Bügeleisen und bald auch Elektromotoren, kommen
dazu. So wurde nicht offiziell, aber faktisch 1926 die Ankerwickelei gegründet.
Auf dem Gelände der ehemaligen Stallungen hinter dem "Adler" bekommt sie später
einen eigenen Standort. Justines Bruder Ludwig Kröcker, der als kaufmännischer
Angestellter in Frankfurt arbeitet, wird Teilhaber und betreut das Büro.
1930 tritt Tochter Lini, Absolventin der höheren Handelsschule in Mainz, in die Firma ein. Sie
arbeitet in Verkauf und Büro, macht den Führerschein und fährt häufig nach
Frankfurt, um Lampen und Material zu besorgen. Rudolf Fritz geht es gut. Seine
Elektriker arbeiten bei Opel und an vielen anderen Stellen in Rüsselsheim. Die
Familie wohnt im zweiten Stock des Hauses Adler. Zur Mittagessenszeit trifft man
den rührigen Unternehmer täglich im Hotel an. Auf den Straßen ist er oft mit
seinem offenen Opel-Laubfrosch zu sehen.
1934 zählt das
Unternehmen mehr als 100 Mitarbeiter. Rudolf Fritz erwirbt in der Löwengasse
(damals "Bellgass" genannt) ein Grundstück, auf dessen Rückseite er ein
Werkstattgebäude errichtet. Zur Straßenseite hin entsteht ein Wohnhaus mit
Büroräumen im Parterre.
Die Töchter von Rudolf Fritz: Mila und Lini |
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Hinten
mit Krawatte: Rudolf "Rudel" Fritz junior im Kollegenkreis |
Die Rückschläge
des Zweiten Weltkriegs
1939 setzt der
Zweite Weltkrieg der guten und arbeitsreichen Zeit ein Ende. Ein Elektriker nach
dem anderen wird eingezogen, die gesamte Abteilung muss schließlich aufgelöst
werden. In der Ankerwickelei übernehmen Frauen die Arbeit.
Rudolf ("Rudel")
Fritz junior – der designierte Firmennachfolger – muss für den Arbeitsdienst
sein Studium unterbrechen. Im März 1941 wird er eingezogen. Schon im April
stirbt er im Alter von 26 Jahren bei der Überfahrt nach Tobruk in Afrika. Seine
Schwester Mila, die Musik studiert hat, erhält den Befehl, eine Tätigkeit in der
Industrie für Kriegszwecke anzunehmen, und Rudolf Fritz senior holt aus der
gesamten Umgebung mit dem Auto Motoren zur Reparatur ab.
1944 werden beim
Bombenangriff auf Rüsselsheim das Opelwerk und ein Großteil der Stadt zerstört.
Das Wohnhaus der Familie Fritz wird beschädigt, die Werkstatt komplett zerstört
und das Mietshaus zur Hälfte abgerissen. Zwei Mitarbeiter kommen ums Leben,
viele andere ziehen aufs Land. Rudolf Fritz verlegt die Büros an den Maindamm
ins Wohnhaus der Familie Kröcker. Die verbliebenen Teile aus der Werkstatt in
der Löwengasse können im Festungskeller untergebracht werden, den die Stadt
Rüsselsheim als Ausweichlager zu Verfügung stellt. Hier läuft der
Reparaturbetrieb allmählich wieder an.
Die ersten Jahre
nach dem Krieg
Nach dem Einmarsch
der Amerikaner 1945 wird das Fritz’sche Wohnhaus konfisziert und das Verbot
erlassen, die Werkstatt zu betreten: Den Besatzungsmächten liegt eine Anzeige
wegen nazistischer Umtriebe vor. Während die Familie in Dachzimmern in der
Nachbarschaft einquartiert ist, baut Rudolf Fritz das obere Stockwerk des
ausgebombten Gasthauses "Chausseehaus" in der Darmstädter Landstraße als Wohnung
wieder auf.
1946 bricht
in der Festung durch Brandstiftung ein Feuer aus, das die Ersatzwerkstatt
komplett zerstört. Als daraufhin ein wichtiger Meister kündigt und Ludwig
Kröcker aus Verzweiflung seine Teilhaberschaft aufgibt, steht Rudolf Fritz im
Alter von 60 Jahren vor dem Nichts. Tochter Mila Gorr, deren Mann Rolf in
Russland vermisst wird, ermutigt ihn, gemeinsam neu anzufangen. Der Vater
erreicht, dass Opel ihm einen Platz in der Rheinstraße leihweise zur Verfügung
stellt. Mit Hilfe eines Freundes, der in Kostheim ein Sägewerk hatte, wurde eine
Holzhalle mit Büro und Lager gebaut. Nach und nach melden sich alle überlebenden
Ankerwickler zurück.
Mila Gorr, Rudolf Fritz und Heinz Sauer im
neuen Büro |
1948 kehrt
Rolf Gorr aus der Gefangenschaft zurück, kündigt seine bisherige Anstellung und
unterstützt seinen Schwiegervater. Er erlernt die Ankerwickelei und nimmt am
Abend Unterricht bei einem Elektroingenieur.
Wirtschaftswunderzeit
1950 kündigt
Opel das Gelände in der Rheinstraße. In dieser Situation bietet die Stadt Rudolf
Fritz ein Grundstück im neu ausgewiesenen und noch weithin unbebauten
Industriegelände an. In der Hans-Sachs-Straße wird 1952 die Holzhalle wieder
aufgebaut, für die Werkstatt entsteht ein festes Gebäude. In den 50er-Jahren
floriert das Geschäft wieder. Mila Gorr übernimmt Angestelltenaufgaben in der
Firma: Buchhaltung und Bilanzbuchhaltung in Heimarbeit.
Als 1958 der
spätere Geschäftsführer Heinz Sauer in die Firma eintritt, hat diese 40
Mitarbeiter und generiert in Rüsselsheim und Umgebung 750.000 DM Umsatz.
Verwaltung, Ankerwickelei und Lager sind nach wie vor in einer Holzbaracke
untergebracht, und die Monteure bringen die Materialien mit dem Fahrrad auf die
Baustellen.
1959 kann
Rudolf Fritz ein angrenzendes Grundstück erwerben, auf dem ein Gebäude für die
Ankerwickelei und fünf Familien errichtet wird. Im selben Jahr wird die
Einzelfirma Rudolf Fritz in eine Kommandit-Gesellschaft umgewandelt. Mila und
Rolf Gorr übernehmen die Ankerwickelei, Rolf Gorr wird Mitinhaber.
Expansion in den
60er-Jahren
Das Jahr 1960
bringt den ersten Auftrag für die Rudolf Fritz GmbH & Co. KG von der Daimler Benz AG,
Werk Sindelfingen: Installationsarbeiten an Lackieranlagen. Hieraus entwickelte
sich der erste Außenstandort der Firma Rudolf Fritz. Im Januar 1961
erkrankt Rudolf Fritz schwer, und im Dezember erliegt der als Nachfolger
vorgesehene Rolf Gorr einem Herzinfarkt. Fritz bestimmt Heinz Sauer zum
Geschäftsführer. Mila Gorr übernimmt die Aufgaben ihres Mannes. In den nächsten
Jahren wird ein eigenes Verwaltungsgebäude errichtet, die Holzhalle weicht einem
festen, unterkellerten Gebäude. 1970 tritt Geschäftsführer Heinz Sauer
als Kommanditist in die Rudolf Fritz GmbH & Co. KG ein, 1973 folgen die
Enkel von Rudolf Fritz als Kommanditisten. Rudolf Fritz zieht sich nach dem Tod
seiner Ehefrau Justine Christine 1972 weitgehend aus dem Geschäft zurück. Er
verbringt seine letzten Lebensjahre, gezeichnet von einer Herzkrankheit, im
Taunus. Am 4. Mai 1975 stirbt Rudolf Fritz im Alter von 89 Jahren an
Herzversagen.
Die Zeit nach
Rudolf Fritz ist stark von Expansionsbestrebungen geprägt
Im Jahr 1970 hatte
die Daimler Benz AG die Geschäftsanteile der damaligen
Hanomag-Henschel-Fahrzeug-Werke GmbH übernommen. Damit gehörten das ehemalige
Borgward-Stammwerk in Bremen, das frühere Tempo-Werk in Hamburg-Harburg und das
Henschel-Werk in Kassel zu Daimler Benz. Rudolf Fritz nutzt die Erfahrungen aus
Sindelfingen und realisiert die Daimler-Standards bei den Umbauten der Werke in
Bremen und Hamburg – eine wunderbare Beziehungsgeschichte nimmt weiter Fahrt
auf!
Bereits 1974
wird der Standort Bremen gegründet. Von Sindelfingen aus ist der gute Ruf von
Rudolf Fritz zur dortigen Niederlassung der Daimler Benz AG gelangt, und die
Rüsselsheimer können ihre gute Kenntnis der Automobilbranche erneut unter Beweis
stellen. Immer wieder werden die Leistungen von Rudolf Fritz auch im Hamburger
Daimler-Werk angefordert, so dass 1984 hier ein eigenständiger Standort
entsteht. Als die Daimler Benz AG beschließt, in Rastatt die neue A-Klasse zu
bauen, ist Rudolf Fritz auch dort zur Stelle, und 1988 schlägt offiziell
die Geburtsstunde des dortigen Standorts.
Der neue Osten
1990, im
Jahr der Wiedervereinigung, übernimmt Rudolf Fritz die komplette
Elektroabteilung des Automobilwerks Eisenach (AWE) und gründet den Standort
Eisenach. Opel, BMW, Bosch und weitere Automobilzulieferer siedeln sich in der
Umgebung an – ein weites Betätigungsfeld für Rudolf Fritz. Mit Vollendung seines
65. Lebensjahres übergibt Heinz Sauer 1996 die Geschäftsführung an den
bisherigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen Günther Fritsch. Für den
technischen Bereich werden Gerd Stoffel, Gerhard Schwanke und Werner Nickel zu
Prokuristen ernannt.
2002 wird
Werner Nickel, seit Beginn seiner Ausbildung 1976 bei Rudolf Fritz, neben
Günther Fritsch zum zweiten Geschäftsführer ernannt. In seiner Zeit als
Abteilungsleiter war Werner Nickel maßgeblich am Einstieg in den Bereich
Luftfahrttechnik involviert, und in Zusammenarbeit mit der damaligen Garrett
GmbH war Rudolf Fritz in die Instandsetzung elektrischer und
elektro-mechanischer Flugzeugkomponenten eingestiegen.
2004 tritt
Günther Fritsch in den Ruhestand. Michael Markard, ebenfalls seit seiner
Ausbildung bei Rudolf Fritz, übernimmt die kaufmännische Leitung. Im selben
Jahr, 2004, erlangt das Unternehmen Rudolf Fritz die erforderlichen Zulassungen
und gründet einen eigenen Leistungsbereich, der neben den Reparaturen von
Flugzeugmotoren sämtliche Dokumentations- und Abnahmeprozesse abwickelt.
2005
expandiert Rudolf Fritz in den Fernen Osten und gründet die RF Mechanical and
Electrical Equipment (Shanghai) Co., Ltd., ein "Wholly Foreign Owned Enterprise"
mit 100 Prozent Gesellschafteranteilen. Auch in China bietet das Unternehmen vor
allem deutschen Unternehmen die gewohnte Qualität beim Aufbau ihrer Standorte.
Gestärkt aus
Krisen hervorgehen
Aufgrund der
Weltfinanzkrise nach 2008 kündigt der Großkunde Daimler AG sämtliche
Verträge mit dem Unternehmen Rudolf Fritz, was zur Trennung von rund 400
Fremdarbeitern und zur Kurzarbeit bei der eigenen Belegschaft führt – und zur
klaren Maßgabe, den Kreis der Kunden deutlich zu erweitern. Dazu kommt es
aufgrund weiterer Turbulenzen jedoch erst später.
2012 führen
ausbleibende Zahlungen eines Großkunden zur Zahlungsunfähigkeit von Rudolf
Fritz. Wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in eine
Transfergesellschaft überführt. Nahezu die gesamte Belegschaft baut auf die
Qualitäten von Rudolf Fritz und das über Jahrzehnte erworbene Vertrauen der
Kunden. Dieses Selbstbewusstsein und die Loyalität zum Unternehmen sind die
Basis für den Neuanfang. Die Geschäftsführung treibt den Verkauf des
Unternehmens an die Elevion GmbH voran. Am 18.12.2012, wenige Wochen nach
Auftreten der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, kann sie der Belegschaft den
Neuanfang verkünden. Mit dem Gesellschafterwechsel verlieren die bisherigen
Anteilseigner der Rudolf Fritz GmbH & Co. KG ihre Geschäftsanteile und scheiden
aus. So kann der Betrieb schnell weitergehen, zumal die meisten Kunden und
Lieferanten Rudolf Fritz treu geblieben sind. Die strategische Weiterentwicklung
des Unternehmens kommt in Schwung: 2014 erweitert die AVA Elektrotechnik GmbH
aus Karlsruhe das Portfolio in Rastatt.
2015
vergrößert sich der Standort Bremen durch die Übernahme der Goth PfE Bremen
GmbH. Ebenfalls 2015 erhält Werner Nickel Unterstützung durch Roland Fischer in
der operativen Geschäftsführung. Dritter Geschäftsführer seit 2012 ist Lars Eberlein in seiner Funktion als CEO des Gesellschafters Elevion.
Die "Montagsrunde" in Rüsselsheim |
Als 2015 ein
Branchenriese in Bedrängnis gerät und schließlich Insolvenz anmeldet, fängt
Rudolf Fritz viele der Mitarbeiter auf und gründet neue Standorte in Achern,
Hamburg-Bahrenfeld und Kiel. 2016 wird Rudolf Fritz Gesellschafter bei Elektro-Thomas in Koblenz,
2018 ei SALO Elektrotechnik GmbH in Bad Lobenstein.
Rüsselsheim –
fit für die Zukunft
Das stetige
Firmenwachstum, neue Aufgaben und veränderte Marktbedingungen führen auch zu
Umstrukturierungen am Stammsitz – mit dem Ziel, Großprojekte aller Standorte
flexibel und effizient zu betreuen.
- Die Realisierung
von Großprojekten wird durch personelle Verstärkung untermauert. Eine
entsprechende Anzahl von Projektleitern werden im Bereich der Elektro- und
Datentechnik (EDT) in Rüsselsheim gruppiert. Von hier aus werden bundesweit
Projekte, oft mit Unterstützung der regionalen Niederlassungen, abgewickelt.
- Der
Schaltanlagenbau wird als eigenständiges Profit-Center für Energieversorgungs-,
Steuerungs- und Verteilungsbau entwickelt.
- Ein
Arbeitsvorbereitungs- und Planungsteam unterstützt die Kollegen in ganz
Deutschland, der Zentraleinkauf bündelt Materialbestellung und den Einkauf von
Fremdleistungen. Die Zentrale entlastet die Standorte zudem im Kaufmännischen
sowie im Projektcontrolling, die IT wird entsprechend ausgebaut.
- Stabsstellen für
Fuhrpark, Liegenschaftsmanagement, Lager und Logistik, für IT, Telefon und
Mobilfunk, für das Qualitätswesen und Arbeits-, Umwelt- und Datenschutz werden
im Gesamtunternehmen gebündelt.
Projekt "Fritz
2025"
Die größten
Anstrengungen legt das Unternehmen jedoch darauf, gute Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter zu rekrutieren und im Unternehmen weiterzuentwickeln. So soll die
bereits hervorragende Ausbildungsquote von 15 Prozent auf 20 Prozent steigen.
Eine Lehrwerkstatt
wird nicht nur Azubis offenstehen, sondern auch Fachkräften aus anderen Ländern,
deren Qualifikation an die Standards in Deutschland angepasst werden muss. Eine
ganze Ausbildungsakademie soll entstehen, auch für den Bereich Fortbildung.
Die ersten
Kooperationspartner sind bereits gefunden, darunter Hochschulfakultäten, die
gezielt Fachwissen vermitteln. Dazu soll das Areal an der Hans-Sachs-Straße
weiter erschlossen werden, aber auch, um Büros, Besprechungsräume und die
gesamte Infrastruktur zu optimieren.
Nicht zuletzt ist
an ein Boardinghouse gedacht. Unter anderem können neue Mitarbeiter hier wohnen,
bis sie auf dem angespannten Wohnungsmarkt die passende Bleibe gefunden haben.
Schöne Aussichten! |