Das Interview
führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 28.06.2018)
Genau 14 Tage vor
einem ganz speziellen Datum in der Geschichte der Hockeyabteilung sind die
Männer des Rüsselsheimer RK trotz eines finalen 10:3-Heimsieges am 23. Juni in
die Zweite Regionalliga abgestiegen. Am 7. Juli 1968 war am Sommerdamm die erste
deutsche Meisterschaft erkämpft worden, was den sportlichen Niedergang 50 Jahre
später für etliche RRK-Größen von einst besonders tragisch erscheinen lassen
dürfte. Kapitän Phil Bosche hat stellvertretend für den aktuellen Kader
versucht, den fatalen Saisonverlauf in der Regionalliga Süd zu erklären.
Herr Bosche,
erstmals in der ruhmreichen Vereinsgeschichte werden die RRK-Männer in der
Feldsaison 2018/19 in der viertklassigen Zweiten Regionalliga Südwest am Ball
sein. Machen Sie und Ihre Mitstreiter sich große Vorwürfe oder haben vielleicht
sogar ein schlechtes Gewissen?
Ehrlich gesagt,
habe ich das alles noch gar nicht richtig verarbeitet. Tatsache ist, dass das
Ganze sehr tief sitzt und so ein Ergebnis für mich in der ersten Saison als
Kapitän mit mehr Verantwortung echt hart ist. Aber gleichzeitig kann ich sagen,
dass wir uns als Leadership-Gruppe nicht so viel vorzuwerfen haben.
Nach sechs
Partien der abgelaufenen Runde standen 13 Punkte zu Buche, und es soll hier und
da sogar offen über die Rückkehr in die Zweite Bundesliga gesprochen worden
sein. Was ist in der Folgezeit schiefgelaufen?
Das ist echt eine
schwierige Frage, und wir sind selbst noch dabei, hinter die Gründe zu kommen.
Fakt ist, dass nach gutem Start auf einmal Spiel um Spiel verloren ging. Im
Gegensatz zu den Vorjahren und den ersten Saisonspielen haben wir plötzlich jede
Menge Gegentore bekommen, aber selbst kaum noch getroffen. Die statistische
Auswertung hat aber belegt, dass wir fast immer häufiger im gegnerischen Kreis
waren und auch mehr Chancen hatten, als die anderen.
ZUR PERSON
Phil Bosche entstammt der eigenen Jugend des
Ruder-Klubs und gehört seit fünf Jahren zum Kader der ersten
Hockey-Mannschaft. Der 22 Jahre alte Rüsselsheimer studiert an der
Fachhochschule Rhein-Main Maschinenbau und hofft, in eineinhalb Jahren den
Abschluss in der Tasche zu haben. Seit zwei Jahren trägt der Aufbauspieler
die Kapitänsbinde, wird bei den anfallenden Arbeiten aber durch Niklas
Isselhard und Nicholas Bachtadse unterstützt. (kri) |
Sie würden also
rückblickend nicht sagen wollen, dass speziell die 3:4-Niederlage beim
Tabellenletzten Feudenheimer HC im siebten Saisonspiel in einer Spur
Überheblichkeit begründet lag?
Ganz im Gegenteil.
Da wir zu diesem Zeitpunkt mit Spielen im Rückstand waren, wollten wir dort
unbedingt die Tabellenspitze übernehmen und waren alle hoch motiviert. Dass wir
dann beim Tabellenletzten verloren haben, war rückblickend der Turnaround-Punkt.
Da hat es mit den vielen Gegentoren angefangen und dass wir als gesamter
Abwehrverbund nicht mehr so gut standen und sehr konteranfällig wurden.
Trotzdem – die
Mannschaft hat dem späteren Meister und Aufsteiger HG Nürnberg mit 3:1 Toren die
höchste Saisonniederlage beigebracht und dort im Gegensatz zu besser platzierten
Teams lediglich 2:3 verloren. Wie lassen sich angesichts dieser Belege der
Stärke sechs Spiele in Serie mit einem Heimpunkt erklären?
Keine Ahnung. Es
war einfach irgendwann der Wurm drin. Aber natürlich kann es nicht sein, dass
man am Samstag in Nürnberg ein wirklich gutes Spiel macht und tags darauf in
Obermenzing beim 0:5 keiner seine Leistung bringt. Dass zwei ältere Spieler von
Nürnberg nach Hause gefahren sind, darf für eine Mannschaft mit unseren
Möglichkeiten und Ansprüchen keine Ausrede sein.
Am Saisonende
kam es ja darauf an, wie Konkurrent TuS Obermenzing seine beiden letzten
Auswärtspartien absolviert. Hatten Sie mehr auf Mithilfe durch Aufstiegskandidat
TEC Darmstadt oder auf Feudenheim gehofft?
Ich hatte
eigentlich vollkommen auf Darmstadt gesetzt. Die mussten ja gegen Obermenzing
gewinnen, um eine realistische Aufstiegschance zu haben. Das wurde mit dem 2:2
verpasst und gleichzeitig unser Abstieg besiegelt. Dass Absteiger Feudenheim
dann beim 3:3 seinen Torwart in letzter Minute herunternimmt, war natürlich
bitter für uns. Aber wir haben gehört, dass diese Maßnahme des Trainers dort für
interne Konflikte gesorgt hat.
Ist es das
erklärte Ziel aller, dieses Malheur sofort zu korrigieren, und wie hoch schätzen
Sie die Wahrscheinlichkeit, dass ein sofortiger Wiederaufstieg gelingen kann?
Es ist zwar noch
kein Ziel ausgegeben worden, aber alles andere, als der sofortige Wiederaufstieg
würde in meinen Augen keinen Sinn machen. Wenn man den Anspruch hat, auf Sicht
die Zweite Bundesliga zu erreichen, muss man Regionalliga spielen und dort vorne
mitmischen. Spielerisch sollten wir mit unserem jungen Team in der Zweiten
Regionalliga top sein, und ich sehe erst mal keine Mannschaft, die uns dort
gefährlich werden könnte. Dass Mirco Fuchs und Christian Minar aufhören würden,
war klar, aber ansonsten weiß ich von niemandem, der wegbrechen würde. Und mit
Cedric Pabst steht ein Rückkehrer bereits fest.
In der Halle
gehören Sie und Ihre Mitspieler ja der Zweiten Bundesliga an – wie lange noch?
Man muss so
realistisch sein, dass es für uns dort alleine gegen den Abstieg gehen wird.
Aber ich bin sicher, dass es dort Teams gibt, mit denen wir spielerisch
mithalten können und nicht abfallen werden.