Olympia 1972
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Über Mitglieder des
RRK (1972)
Peter Kraus |
Peter Kraus als Hockeytorwart in Aktion |
Olympia ruft
− Peter Kraus
Aus "Main-Spitze" am 19.08.1972:
Dass der Rüsselsheimer RK zur
nationalen wie internationalen Spitzenklasse der Hockey-Vereinsmannschaften
zählt, ist seit dem zweimaligen Gewinn der deutschen Feldhockeymeisterschaft und
nicht zuletzt nach dem diesjährigen dritten Platz im Europapokal-Wettbewerb
hinlänglich bekannt geworden. Was wunder also, wenn im 18köpfigen Aufgebot der
deutschen Hockey-Olympiamannschaft, die seit dem 1. August Quartier im Münchner
olympischen Dorf bezogen hat, gleich drei Rüsselsheimer zu finden sind: Fritz
Schmidt, Peter Kraus und Rainer Seifert. Leicht hätte die Zahl
sogar noch größer werden können, denn es scheint eigentlich nur eine Frage der
Zeit, bis Manfred Liebig oder Martin Müller in die Reihe der A-Nationalspieler
aufgerückt sein werden. Liebig, seines Zeichens Libero und Strafeckenspezialist,
verpasste die Olympiateilnahme offensichtlich nur, weil er mit dem Berliner
Rekordinternationalen Carsten Keller einen Konkurrenten hatte, der ihm
leistungsmäßig zwar nicht mehr überlegen scheint, der freilich, an Routine und
Erfahrung reicher vom Deutschen Hockeybund nicht übergangen werden konnte. Wenn
Keller nach München seine internationale Laufbahn beenden wird, dürfte Liebigs
Aufstiegsmöglichkeit nichts mehr im Wege stehen.
Verantwortlich für die Nominierung
der Olympiakandidaten zeichnete Bundessportwart Werner Delmes, der seine
Schützlinge zwar nicht im schon professionellen Stil der Inder oder Pakistani
auf München vorbereiten konnte, der aber seit Mitte Juni immerhin die
Möglichkeit hatte, einmal die Woche (dienstags oder donnerstags) sowie an den
Wochenenden den gesamten Spielerkader unter die Lupe zu nehmen. An den
übrigen Werktagen trainierten die Athleten nach einem von Delmes aufgestellten
Arbeitsplan.
Für die Rüsselsheimer
Schmidt, Kraus und Seifert, zu denen sich oftmals der Frankenthaler
Nationalspieler Peter Trump gesellte, bestand der Trainingstag aus einem vier
bis sechs Kilometer langen Waldlauf am frühen Vormittag sowie gymnastischen
Übungen auf dem dafür geeigneten städtischen "Trimm-dich-Pfad".
Tischtennisspiele als Ausgleichssport und Stock- und Ballarbeit oder
spieltechnische Varianten am Abend komplettierten den Tagesablauf. Die
Rüsselsheimer, die sämtlich in den Genuss der Sporthilfe kommen und hier der
A-Norm (höchst mögliche Beihilfe) unterlagen, verweisen hierbei auch auf das
Verständnis und die Großzügigkeit ihrer Arbeitgeber, die ihnen durch berufliche
Freistellung eine optimale Olympiavorbereitung ermöglichen.
Es war gewiss zum Teil
ein Verdienst von Fritz Schmidt, dass der deutsche Hockeverband im Jahr 1969 auch
auf den Torhüter des RRK, Peter Kraus,
aufmerksam wurde. Kraus, der relativ spät, als 18-jähriger aus dem Lager der
Fußballer kommend, Lust am Hockeysport fand, zeichnen eine bestechende Reaktion,
Sicherheit und Beständigkeit aus. Sein erster Einsatz im Dress der
Nationalmannschaft verlief mit einer 0:2-Niederlage in Pakistan zwar nicht
gerade verheißungsvoll, aber dennoch schenkte man ihm zu Recht für weitere
Aufgaben das Vertrauen.
Der nunmehr 31-jährige Kfz-Polsterer
brachte es bis dato auf immerhin 19 Einsätze, unter anderem auch bei der
Europameisterschaft 1970 sowie der Weltmeisterschaft 1971. Peters großer
Konkurrent im eigenen Lager ist der Mettmanner Rott, der möglicherweise auch im
ersten olympischen Turnierspiel der deutschen Elf gegen Belgien das Tor hüten
wird.
Peter Kraus − der Held des Tages |
Aus "Main-Spitze" am 01.09.1972:
Peter Kraus der Held des Tages
Von Fritz Reis
Die deutsche
Hockey-Nationalmannschaft feierte beim Olympischen Turnier in München mit einem
2:1 (0:0) über Pakistan ihren bisher größten Erfolg nach dem 5:1 über Belgien,
dem 1:0 über Malaysia und dem 2:1 über Argentinien, bei dem der Rüsselsheimer
Rainer Seifert beide Tore geschossen hatte.
Gestern stand erneut ein
Rüsselsheimer im Mittelpunkt: Peter Kraus. Der Nationaltorwart hatte in der
entscheidenden Schlussphase des schnellen und auch technisch hervorragenden
Treffens genug Nervenkraft, um zwei von Michael Peter verursachte Siebenmeter zu
halten. Peter, der bei kurzen Ecken die linke Seite des deutschen Tores
abzuschirmen hatte, blieb bei seinen Abwehraktionen jedes Mal keine andere Wahl,
als den Ball mit dem Körper zu stoppen.
Nach dem Spiel wurde
Peter Kraus von seinen Kameraden mit seinen 85 Kilogramm Lebendgewicht plus
Ausrüstung auf ihre Schulter gehievt und im Triumphzug vom Platz getragen. Die
deutsche Mannschaft spielte mit Kraus, Peter, Freise, Krause, Thelen, Dröse,
Keller, Klaes, Baumgart, Vos und Trump. Torschützen waren Baumgart (38.) und
Krause (kurze Ecke - 55.).
Aus ... vom 01.09.1972:
Mit Glück zum Sieg über Pakistan
Rüsselsheimer Kraus der Held des
Tages
Freude über unsere Hockeyspieler
München -
Riesenjubel bei den deutschen Hockeyspielern. In einer zunächst enttäuschenden,
später jedoch spielerisch hochklassigen und vor allein an Dramatik kaum zu
überbietenden Begegnung besiegte die deutsche Mannschaft keinen Geringeren als
Pakistan, den Olympiasieger von 1960 und 1968. Der "Held von München", der nach
der 2:1-Führung zwei Siebenmeter der Pakistani abwehrte, heißt Peter Kraus,
Torhüter vom Rüsselsheimer RK. Mit diesem 2:1-(0:0-)Erfolg hat sich die deutsche
Hockey-Elf in der Gruppe A bei nunmehr 8:0 Punkten eine so günstige
Ausgangsposition geschaffen, dass es fast als sicher anzunehmen ist, dass sie die
Vorschlussrunde erreicht.
Wolfgang Baumgart, der in der 38.
Minute einen Strafecken-Nachschuss verwandelte, und Michael Krause mit direkt
verwandelter Strafecke (55. Minute) hatten Deutschland in Führung gebracht, doch
mußten die Spieler und über 8.000 Zuschauer nach dem Anschlusstreffer der
Pakistani durch Wunawar-Uz-Zaman (57.) wieder um den Sieg bangen.
"Jetzt müssen wir noch einmal
zittern", meinte der auf der Tribüne sitzende Ersatzspieler Detlef Kittstein. Er
sollte Recht behalten: obwohl Deutschland nun pausenlos angriff, lag bei Kontern
der Pakistani der Ausgleich zweimal dick in der Luft. Ja, es musste sogar 2:2
heißen. Denn gleich zweimal bekamen die Pakistani einen Siebenmeter
zugesprochen, weil Michael Peter Strafecken mit dem Fuß auf der Linie abgewehrt
hatte.
Dann kam die große Zeit von Torhüter
Peter Kraus. Zunächst hielt er in der 63. Minute den ersten - allerdings schwach
geschossenen - Siebenmeter von Saeed Anwar und dann eine Minute vor Schluss
lenkte er auch den Zweiten, der erneut von Saeed Anwar, diesmal jedoch hart und
plaziert geschossen wurde, ins Seiten-Aus.
Orkanartiger Jubel, als die
Zitterminuten endlich vorbei waren. Die deutschen Spieler warfen ihre Schläger
meterhoch in die Luft, führten Freudentänze auf und trugen ihren "Held von
München" auf den Schultern aus dem Stadion.
Aus "Main-Spitze" vom 02.09.1972:
Porträt Peter Kraus
Seine Mannschaftskameraden trugen ihn
auf den Schultern vom Platz und er wurde gefeiert, als hätte er soeben die
Goldmedaille für Deutschland im olympischen Hockeyturnier gewonnen. Mit zwei
reaktionsschnellen Paraden hatte der 31-jährige Rüsselsheimer Nationaltorhüter
Peter Kraus beim Spielstand von 2:1 zwei Siebenmeter kurz hintereinander
"getötet" und damit den Sieg gegen den Olympiasieger und Weltmeister Pakistan im
Vorrundenspiel gerettet. Siebenmeter im Hockey entsprechen dem Elfmeter beim
Fußball und für die Abwehr eines scharf geschlenzten Balles bleiben nur
Sekundenbruchteile.
Olympische Spiele 1972 in
München: Peter Kraus "tötet" im Gruppenspiel gegen Pakistan auch den zweiten
Siebenmeter und Deutschland siegt 2:1. |
Die Entscheidung ist gefallen!
Die deutsche Hockey-Nationalmannschaft ist Olympiasieger 1972 (Peter Trump,
Peter Kraus) |
"Ich konzentriere mich dabei nur auf
den Ball" verrät der 1,78 Meter große und 85 Kilogramm schwere Rüsselsheimer
sein Erfolgsgeheimnis als gefürchteter "Siebenmeter-Töter". Kraus, der als Hesse
eine "bayerische Bierruhe" ausstrahlt, sieht es so. "Ein Torhüter hat in dieser
Situation nichts zu verlieren. Die größere Nervenbelastung ruht auf dem
Schützen. Als Kraus den ersten Siebenmeter des Pakistani Anwar abgewehrt hatte,
und dieser zum zweiten Mal zum Duell gegen ihn antrat, dachte Kraus für sich,
"ein 2:2 gegen Pakistan reicht ja auch". Doch dann hielt der Rüsselsheimer, der
seinem Gegner in diesem Duell "nicht in die Augen sieht, sonst geht die
Konzentration auf den Ball verloren", auch den zweiten Siebenmeter.
Aus "Main-Spitze" vom 11.09.1972:
Deutsches Hockey-Team:
Gold − Pakistani schlechte Verlierer
Von Fritz Reis
Mit einem handfesten
Skandal endete das olympische Hockeyturnier, das die Mannschaft der
Bundesrepublik mit einem 1:0 (0:0) gegen Pakistan gewann. Die Hockeykünstler aus
dem Fernen Osten wurden mit ihrer sportlichen Niederlage nicht fertig. Sie
hatten nicht nur das Spiel und die Goldmedaille verloren, sondern auch jeden
sportlichen Anstand. Zunächst weigerten sie sich zur Siegerehrung zu erscheinen,
dann trotteten sie doch auf den Rasen. Als das deutsche IOC-Mitglied Berthold
Beitz ihnen die Silbermedaille umhängen wollte, lehnten sie ab. Sie nahmen sie
lediglich entgegen und "fummelten" an ihnen herum. Auch beim Spielen der
deutschen Nationalhymne verhielten sie sich demonstrativ. Ein offizielles
pakistanisches Teammitglied musste einen nach dem anderen der dreizehn Spieler
bitten, der Fahne des Gastgebers und Olympiasiegers die Ehre zu erweisen.
"Übertrumpft" wurden die
Sportler noch von gut einem Dutzend Schlachtenbummler, die sich wie Wilde
gebärdeten. In ihrer blinden Wut schrieen sie unter anderem (wir bitten um
Verzeihung): "Deutschland Sch ..." Einer von ihnen besetzte die höchste Stelle
des Siegerpodestes und schwenkte die Flagge Pakistans.
Wie inzwischen bekannt
wurde, wird wegen des unmöglichen Verhaltens der pakistanischen Sportler und
Zuschauer das Exekutiv-Komitee des IOC am Montagmorgen zusammentreten. Als in
der vergangenen Woche die amerikanischen 400-Meter-Läufer Vincent Matthews und
Wayne Collet bei der Siegerehrung der Fahne ihres eigenen Landes den Rücken
kehrten, gab es den Ausschluss beider von allen künftigen Olympischen Spielen.
Die Pakistanis
überraschten die deutsche Mannschaft mit einem von ihnen bisher nicht
praktizierten Spielsystem. Sie hatten ihre Abwehr zahlenmäßig verstärkt und
bevorzugten, mit wenigen Ausnahmen kurz vor der Pause sowie nach
der Halbzeit abgesehen, das Defensivspiel. Die
angriffsfreudige deutsche Mannschaft erreichte 6:1 Strafecken und 3:1 lange
Ecken. Eine der Strafecken führte durch das Trio
Carsten Keller, Uli Vos und Michael Krause zum Erfolg und zur Goldmedaille, die
von den etwa 15.000 Zuschauern gefeiert wurde.
Die Mannschaft der
Bundesrepublik hatte durchaus die Möglichkeit, das Ergebnis zu verbessern, doch
der Frankfurter Dröse hatte wenige Minuten nach dem
Führungstreffer nicht die Nervenkraft zum 2:0. Die Pakistanis besaßen in
ihrem Torhüter Saleem Sherwani ein unüberwindliches Hindernis. Er war der
einzige seines Teams, der in den hektischen Schlussminuten
Ruhe und Übersicht bewahrte, die letzte Strafecke und auch den folgenden
Nachschuss abwehrte.
Die Bundesrepublik
Deutschland spielte mit Peter Kraus (Rüsselsheim),
Michael Peter (Heidelberg), Peter Freise (Heidelberg), Michael Krause (Köln),
Eduard Thelen (Köln), Horst Dröse (Frankfurt), Carsten Keller (Berlin), Ulrich
Klaes (Köln), Wolfgang Baumgart (Frankfurt), Uli Vos (Gladbach) und Peter Trump
(Frankenthal).
Die deutsche
Hockey-Nationalmannschaft wird Olympiasieger 1972 (hinten: Michael
Peter, Peter Trump, Uli Vos, Werner Kaessmann, Michael Krause, Eduard
Thelen, Wolfgang Strödter, Kapitän Carsten Keller, Eckardt Suhl, Ulrich Klaes, DHB-Sportwart Werner
Delmes; vorn: Rainer Seifert, Fritz Schmidt, Detlef Kittstein, Horst Dröse, Peter Kraus, Wolfgang Rott, Wolfgang Baumgart, Dieter Freise) |
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