Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (2012)                                  

Peter Kraus

Der "Vater" des ersten deutschen Olympíasiegs: Ulrich Klaes (links) und Eduard Thelen haben "Goalie" Peter Kraus geschultert.

 

 

 

 

 

 

 

Ausgeruht im Endspiel nicht zu überwinden

HOCKEY   Rüsselsheims Torhüter Peter Kraus hält vor 40 Jahren den 1:0-Sieg über Pakistan fest

Das Gespräch führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 10.09.2012)
 

Einen Helm hat er nie aufgesetzt und auch keinen Brustschutz getragen. "Ich war nie groß verletzt, hatte allerdings regelmäßig rote und blaue Flecken. Aber wenn es wehtat, wusste man immer, dass man den Ball gehalten hatte", sagt Peter Kraus. Heute vor exakt 40 Jahren hat der inzwischen 71 Jahre alte Rüsselsheimer sein Tor 70 Minuten lang sauber gehalten − und damit maßgeblich zum finalen 1:0-Sieg der deutschen Hockeyspieler in München über Topfavorit Pakistan beigetragen. Anlass genug, den Olympia-Triumph durch den ehemaligen Polsterer bei Opel noch mal aufleben zu lassen.

 

Herr Kraus, liegt die Goldmedaille auch nach 40 Jahren immer noch griffbereit?

Nein, aber ich weiß, wo sie ist. Nach einem Einbruch vor zehn Jahren habe ich sie sicherheitshalber der Volksbank anvertraut, genauso wie die Omega-Uhr, die die ersten Mond-Astronauten mithatten. Die hat uns Franz Beckenbauer überreicht, nachdem wir noch vor dem Fußball-Europameisterteam Mannschaft des Jahres geworden sind.

Wenn Sie an das Finale zurückdenken, was haben sie am klarsten vor Augen?

Da fällt mir weniger das Spiel selbst ein, als dass ich vorher geschlafen habe und der damalige Co-Trainer Klaus Kleiter sich aufgeregt hat, weil er das ganz und gar nicht verstehen konnte. Aber ich bin dann gut ausgeruht in mein letztes Spiel in der Nationalmannschaft gegangen.

Sie hatten bereits in der Vorrunde gegen Pakistan mit zwei gehaltenen Siebenmetern geglänzt, obwohl vor dem Turnier Wolfgang Rott als Nummer eins galt. Wissen Sie, warum Bundestrainer Werner Delmes irgendwann auf Sie gesetzt hat?

Nein, das hat er auch bis heute nicht verraten. Es war schon ein bisschen komisch, denn eigentlich sollte ich gegen die Europäer und Wolfgang gegen die anderen spielen. Aber dann ist es genau andersherum gekommen und wir haben uns abgewechselt. Nachdem ich beim 3:0-Halbfinalsieg über die Holländer im Tor stand, kam der Bundestrainer im Endspiel wohl nicht an mir vorbei.

Hat dieser Erfolg den größten Stellenwert für Sie?

Auf alle Fälle. Ein Olympiasieg ist schon etwas ganz Herausragendes, vor allem im eigenen Land. Aber die erste deutsche Meisterschaft 1968 mit dem RRK vor 5.000 Zuschauern am Sommerdamm stufe ich direkt dahinter ein.

Sie haben direkt nach München Ihre internationale Laufbahn beendet, warum?

Weil ich schon 31 Jahre alt war. Ich dachte einfach, das langt jetzt. Beim RRK habe ich dann allerdings noch bis 1980 weitergemacht und im Anschluss zwei Jahre das Bundesligateam betreut.

Nach dem verheerenden Anschlag gegen die israelische Mannschaft wurde auch im Hockeyteam intensiv diskutiert, ob man überhaupt weiter machen könne. Wie sehen Sie das rückblickend?

Ich hatte schon zusammengepackt und hätte nie gedacht, dass es weitergeht. Wir haben die Attentäter von der Brücke aus ja gesehen, und der zweite Torwart der Holländer etwa ist dann auch tatsächlich abgereist. Im Nachhinein muss sich sagen, dass es unheimlich wichtig war, dass man sich diesen Leuten nicht gebeugt hat. Nichts anderes wollten die ja erreichen, und dann hätte das jedes Mal wieder passieren können.

Fünf Tage nach diesen traurigen Ereignissen haben die pakistanischen Spieler bei der Siegerehrung massiv gestört und sich die Silbermedaillen zum Teil in die Badelatschen gesteckt. Hat das Eure Freude getrübt?

Das war uns egal. Die haben sich halt total geärgert, weil angeblich jedem ein Grundstück und viel Geld versprochen worden war. Aber verpfiffen wurden die auf keinen Fall, und deshalb sind sie für ihr Verhalten auch zurecht zunächst lebenslang gesperrt worden. Uns hat man kurz darauf in die pakistanische Botschaft nach Köln eingeladen und als Wiedergutmachung einen großen Pokal überreicht. Das hässliche Ding bekommt seither jedes Jahr der Deutsche Meister.

Wie eng ist noch der Kontakt zu den ehemaligen Mitspielern und Betreuern?

Zuerst haben wir uns alle zwei Jahre getroffen, nach 1997 dann jährlich zu einem größeren Event. Einige sehen sich auch mal zwischendurch, etwa in der Pfalz oder im Odenwald. Leider sind Michi Peter, Detlef Kittstein, Wolfgang Baumgart und Masseur Jürgen Montag schon gestorben.

1992 und 2012, also genau 20 und 40 Jahre nach Eurem Triumph, holten die deutschen Hockeyherren ebenfalls Olympiagold, 30 Jahre später konnte der erste WM-Titel gefeiert werden. Verfolgen Sie das noch intensiv?

Na klar. Ich schaue mir das im Fernsehen an oder bin auch mal zu einer EM oder WM nach Mönchengladbach gefahren. Früher haben wir immer vom DHB Einladungen zu den Länderspielen erhalten, aber das gibt‘s schon länger nicht mehr.

Für den RRK beginnt am Samstag die Feldsaison in der Regionalliga. Hätten Sie geglaubt, dass der neunfache Deutsche Meister mal derart kleine Brötchen backen muss?

Ich bin ja noch ziemlich oft unten auf dem Platz, aber das war für mich nicht vorstellbar. Vor drei Jahren hatten die noch so ein gutes Team, dass zumindest der Bundesligaverbleib drin war. Aber du kannst ja heute nicht mehr davon ausgehen, mal zwei, drei Jahre mit einem gleichen Team arbeiten zu können. Früher war der Stamm Rüsselsheimer, heute sind es mehr Fremde. Und denen ist der RRK letztlich nicht so wichtig. Wenigstens sind unsere Damen noch erstklassig.