Die Aufregung
dürfte beständig gewachsen sein, die Vorfreude gleichermaßen: An diesem Mittwoch
fliegt Pauline Heinz mit dem U21-Kader des Deutschen Hockey-Bundes (DHB)
zunächst nach Peking, um von dort die 3,5 Millionen-Stadt Changzou anzusteuern.
Die Offensivkraft des Rüsselsheimer RK, die als größte Hoffnungsträgerin im Team
des 15-maligen Deutschen Meisters gilt, erhält somit als eine von drei
17-jährigen Talenten in Südchina erstmals die Chance, sich bis 12. November in
den Vergleichen gegen die U23-Auswahlen aus China, Australien und England im
Kreise der kommenden A-Nationalspielerinnen zu zeigen.
Frau Heinz,
haben Sie sich schon ein paar Worte chinesisch drauf?
Ich kann leider
noch gar nix, aber ich werde dort bestimmt das eine oder andere lernen.
Wie sehr hat es
Sie überrascht, als eine von drei 17-Jährigen für die U23-Länderspielreise
nominiert worden zu sein und was sagt die Schule dazu?
Ich war mega
überrascht, und als die Mail aufgepoppt ist, bin ich vor lauter Freude erstmal
total ausgeflippt durchs Haus gehüpft. Damit hätte ich nie gerechnet, dass es
schon für die Großen reichen würde. Es hat zuvor nie ein Feedback in dieser
Richtung gegeben, und so selbstbewusst bin ich schon gar nicht. Von der Schule
bekomme ich zwar immer alle Maßnahmen genehmigt, aber um den Stoff muss ich mich
selbst kümmern beziehungsweise werde von Klassenkollegen unterstützt. Nach China
werde ich auf alle Fälle auch etwas mitnehmen.
Sie haben
bislang 26 U16- und U18-Länderspiele sowie zwei Halbserien mit dem RRK in der
Zweiten Bundesliga absolviert. Ist Ihnen die rasante Entwicklung manchmal
unheimlich?
Ich finde das schon
ziemlich krass, denn eigentlich kann ich ja noch ein Jahr U18 spielen. Die
U21-Spielerinnen habe ich bislang eher bewundert und fand sie unheimlich gut.
Dass ich so schnell jetzt bei denen dabei bin, ist für mich fast nicht zu
glauben.
Ihre Mutter
Bianca hat 1992 in Barcelona olympisches Silber gewonnen. Profitieren Sie davon,
beziehungsweise empfinden Sie das als zusätzlichen Ansporn?
Natürlich reden wir
miteinander, aber das waren eventuell andere Zeiten und die Erfahrungen muss ich
trotzdem alle selbst machen. Und die Aufregung vor Lehrgängen kann sie mir auch
nicht nehmen. Natürlich wäre das mein allergrößter Traum, bei Olympia um
Medaillen kämpfen zu können, aber ich habe nicht den Anspruch, so erfolgreich
wie meine Mama sein zu müssen.
ZUR PERSON
Am 1. Mai 2001 in Wiesbaden als drittes Kind der
ehemaligen RRK-Nationaltorhüterin Bianca Heinz geboren, verlief das
sportliche Leben von Pauline Heinz bis zum zwölften Lebensjahr zweigleisig.
Dann wurde der Tennisschläger kaum noch, der Hockeyschläger dafür immer mehr
zur Hand genommen, was sich anno 2016 in den ersten Berufungen ins
U16-Nationalteam niederschlug. Im zurückliegenden Sommer wurde sie bei der
U18-EM Vierte. Die Kant-Schülerin will 2019 ihr Abitur bauen und sich dann
in Ruhe überlegen, wohin die berufliche Reise gehen könnte. |
Der RRK hat den
Bundesliga-Wiederaufstieg im Juni verpasst. Wie lange können Sie weiter für den
Ruderklub am Ball sein, ohne dass Bundestrainer oder Verband einen
Vereinswechsel erwarten?
Ich denke, das kann
noch lange so weiterlaufen. Ich trainiere ja trotzdem mit guten Leuten und habe
es ja auch so geschafft, da reinzukommen. Und ich finde es auch gut, so
einsteigen und mich herantasten zu können. Bislang hat noch kein Bundestrainer
sich in dieser Richtung geäußert, und wenn, würde ich das nicht machen. Der RRK
ist mir einfach total wichtig.
Trifft es zu,
dass schon Bundesligaklubs bei Ihnen angefragt haben und wie bewerten Sie das?
Es stimmt, der eine
oder andere Verein hat schon gefragt, und irgendwie ist so etwas schon ganz
cool. Aber es beschäftigt mich nicht näher, denn ich bleibe beim RRK.
Wie würden Sie
Ihre Stärken beschreiben und was gilt es am ehesten noch zu verbessern?
Gute Frage.
Grundsätzlich sehe ich überall noch Potenzial, wo ich mich verbessern kann. Im
Vereinsteam verlasse ich manchmal meine Gegenspielerin, um dort mitzuhelfen, wo
gerade der Ball ist. Im Nationalteam traue ich mich das nicht so. Was ich gut
kann, finde ich selbst schwer zu sagen. Ich denke, ich kann vielleicht den Ball
ganz gut über die Schläger heppen.
Von China nach
Tokio, wo 2020 die nächsten Olympischen Spiele stattfinden, ist es nicht mehr so
weit. Ist dieses Thema schon irgendwo im Hinterkopf?
Ich weiß nur, dass
Olympia dann dort stattfindet. In meinem Kopf habe ich das nicht, denn dann bin
ich doch erst 19. Für mich geht es nur darum, mein Bestes im U21-Kader zu geben
und zu sehen, wo ich dort stehe. Wenn ich nächstes Jahr bei der
U21-Eruopameisterschaft dabei sein könnte, wäre das sehr cool.
In der Halle
werden Sie ab Dezember mutmaßlich erstmals in der Ersten Liga am Ball sein.
Sehen Sie dort wieder eine Viertelfinalchance für den RRK?
Ich sehe auf alle
Fälle wieder Chancen aufs Viertelfinale, denn es kommen ja drei sehr gute
Spielerinnen zurück. Da eine davon mein Vorbild Eva Frank ist, wäre es total
klasse, wenn ich es in den Kader schaffen würde und mit ihr zusammenspielen
könnte.
Neben den Damen
können Sie ja noch bis zur Hallenrunde 2019/20 auch im RRK-Jugendteam
mitspielen. Zuletzt hat es heftige Auseinandersetzungen und sogar einen
Trainerrücktritt gegeben, weil Sie und eine weitere Spielerin für das im
Aufstiegskampf befindliche Damenteam abgezogen wurden. Wie haben Sie das erlebt?
Die generelle
Entscheidung halte ich für vollkommen richtig – vor allem, weil Tabellenführer
Blau-Weiß Berlin überraschend verloren hat und wir nun punktgleich werden
können. Und ich fand es auch mega gut, dass wir bei der Jugend mit der optimalen
Aufstellung gegen Köln angetreten sind und dieses Spiel gewonnen haben. Wäre die
Entscheidung früher gefallen, hätten wir das Spiel nicht so kämpferisch
bestritten und uns am Ende nicht dermaßen gefreut. Meiner Meinung nach spielt
man wegen genau solch emotionaler Spiele Hockey. Auch ich war später dann mega
traurig, dass es durch das Damenspiel zu personellen Verschiebungen kam, hätte
aber nie gedacht, dass Jugendtrainer Tim Welsch so enttäuscht darüber war, dass
er deshalb zurücktreten würde. Das hat mich richtig gewundert, denn er hat sich
hier sehr viel aufgebaut, und in der Halle hätten wir gemeinsam etwas erreichen
können.