Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

Dieser Bereich der "alten RRK-Homepage" im Vintage-Look enthält auch Inhalte wie Berichte von 2000 bis 6/2018,
wie "In memoriam", wie "Über RRK-Mitglieder", wie Links, wie Suchen, wie ... usw.

>>> Zur neuen RRK-Homepage <<<                    >>>Datenschutzerklärung<<<                   >>>Impressum<<<

Archiv

Chronik "Der Klub"

Chronik Hockey

Chronik Rudern

Chronik Tennis

Über RRK-Mitglieder

In memoriam

Links

Suchen

 

Über Mitglieder des RRK (2018)                                  

Nicolas Lange

Nicolas Lange widmete sich in seiner an der TU Darmstadt eingereichten Masterarbeit "Fahre Opel, dann wirst Du Meister! – Fahrradrennen unter besonderer Berücksichtigung der Reklamemöglichkeiten, 1886-1937" der Radrennsporthistorie von Opel.

 

 

 

 

Nicht der Fahrer, das Rad gewinnt

Nicolas Lange widmet seine Masterarbeit der Opel-Fahrradhistorie. Sein Blick auf die Vergangenheit zeigt, dass die Rüsselsheimer nicht nur Wegbereiter der Sportvermarktung waren, sondern auch immer gut darin, sich neu zu erfinden.

Von Matthias Heitmann (aus "https://opelpost.com", Januar 2018)

Wann immer über Leistungssport diskutiert wird, der Verweis auf die "neumodische Kommerzialisierung" lässt nicht lange auf sich warten. Egal bei welcher Sportart – die wachsende Bedeutung des Profitums und der Werbeeinnahmen gilt als moderne Randerscheinung. "Eigentlich geht eine solche pauschale Kritik an der Kommerzialisierung des Sports, insbesondere des Radsports, an der tatsächlichen Geschichte vorbei", sagt Nicolas Lange.

Opel als Wegbereiter der Sportvermarktung

Der gebürtige Rüsselsheimer hat kürzlich sein Masterstudium Geschichte mit Schwerpunkt Technikgeschichte an der Technischen Universität Darmstadt beendet und seine Masterarbeit der Historie der Fahrradproduktion bei Opel gewidmet.

Lange stellt fest: "Beim Fußball weiß man, dass die Idee von den 'elf Freunden auf dem Platz’ Mythos ist. Ähnlich ist es beim Radsport: Der begann zwar als 'Herrensport’, doch ökonomische Interessen der Hersteller führten schnell zu einer Professionalisierung." In seiner Masterarbeit zeigt Lange anschaulich, wie Opel den Radrennsport von Anfang an zu Werbezwecken eingesetzt und dadurch auch weiterentwickelt hat. Lange: "Zahlreiche historische Dokumente belegen, wie wichtig die Erfolge der Rüsselsheimer bei Radrennen für 'die Reclame’ bei Opel waren."

Und Opel stand damit nicht allein: Das bekannteste Radrennen der Welt, die Tour de France, wurde 1903 vom Herausgeber der französischen Sportzeitung "L’Auto", Henri Desgrange, als Werbemaßnahme gegründet. Das Trikot des Führenden in der Gesamtwertung ist gelb, da "L’Auto" damals in gelber Farbe gedruckt wurde. Der Tross an Werbefahrzeugen im Umfeld der Tour ist also kein neumodisches Beiwerk, sondern der Motor der Entwicklung.

Der eigentliche Beginn der Fahrradgeschichte liegt im frühen 19. Jahrhundert. Im Jahr 1817 stellte der aus Karlsruhe stammende Karl Freiherr von Drais seine "Laufmaschine" vor: Sein "Drais-Rad" bestand aus einem Balken mit Lenker, zwei Rädern und einem Sattel, auf dem man saß, sich mit den Füßen vom Boden abstieß und so zumindest kleinere Alltagslasten schneller transportieren konnte. Zum echten Durchbruch fehlte jedoch noch einiges: zum einen der Pedalantrieb und zum anderen eine verkehrstechnische Infrastruktur, die eine Alltagsnutzung ermöglicht hätte. Menschen wie Straßenbeläge waren schlicht überfordert, so dass schnell Verbote erlassen wurden, die die eigentlich gute Idee ein wenig in Vergessenheit geraten ließen. Dennoch ging das von Drais entwickelte Velociped, das auch "Draisine" genannt wurde, als Beginn der Fahrradentwicklung in die Geschichte ein

Rund 40 Jahre später erhielt die Entwicklungsgeschichte des Fahrrades neuen Schwung. Das neuartige "Tretkurbelvelociped" wurde nun durch das beidfüßige Betätigen der mit dem Vorderrad verbundenen Fußpedalen angetrieben. Dass man nun aber bei voller Fahrt ohne direkten Bodenkontakt balancieren musste, hielt zunächst viele davon ab, ein Rad zu besteigen.

Wegen seines hohen Gewichts, aber auch wegen des geringen Abrollumfangs seines pedalbetriebenen Vorderrades waren hohe Geschwindigkeiten mit diesem Gefährt nicht möglich. Um dies zu ändern, wurden in der Folgezeit größere Vorderräder entwickelt. Hierdurch erhöhte sich aber auch die Sitzposition des Fahrers und damit die Verletzungsgefahr – was den Hochrädern den sarkastischen Beinamen "Knochenbrecher" bescherte.

Als Reaktion auf die Häufung schwerer Stürze wurden neue Konzepte entwickelt, die dann im sogenannten „Sicherheitsniederrad“ zusammenliefen. Noch war das Radfahren ein Freizeitvergnügen für junge Männer aus der Oberschicht. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Fahrräder langsam für breitere Schichten erschwinglich. Die Entwicklung von Rädern ohne Rahmenquerstange half dann auch der rocktragenden Damenwelt in den Sattel.

Werbung verspricht: "Fahre Opel, dann wirst Du Meister"

"Zu jener Zeit gab es kein Fernsehen. Populäre Ereignisse wie Rundfahrten oder Sechs-Tage-Rennen eigneten sich daher ideal für Werbung", berichtet Lange. Heute redet man im Radsport nur wenig über die Hersteller, das öffentliche Interesse konzentriert sich auf die Fahrer. Das war Ende des 19. Jahrhunderts anders, hier stand das Fabrikat im Vordergrund. "Fahre Opel, dann wirst Du Meister", lautete der bekannte Werbespruch von Opel.

Obwohl ab den späten 1920er-Jahren auch bei Opel das Automobil mehr und mehr in den Fokus rückte, blieb der Radrennsport für die Markenkommunikation wichtig, bis die Produktion dann 1936 verkauft wurde.

"Chancen erkennen und nutzen: Das ist typisch Opel."

"Es ist schade, dass die ruhmreiche Fahrradhistorie bei Opel nicht noch mehr Beachtung findet", resümiert Nicolas Lange. "Denn auch hier zeigt sich eine klassische Unternehmens-Maxime der Rüsselsheimer: Früh die sich bietenden Chancen erkennen und sie systematisch nutzen. Das ist typisch Opel, damals wie heute."

Postkarte mit fünf Meisterfahrern, den Gebrüdern Opel

Fahrradproduktion im Werk Rüsselsheim im Jahr 1927

Radsport-Zeitungsanzeige (um 1900) mit  Radrennerfolgen auf Opel-Rädern

Als erstes deutsches Unternehmen führte Opel 1923 Montagelinien im Fahrradbau ein und wurde 1925 zum weltweit größten Fahrradhersteller. 1926 wurde das millionste Opel-Fahrrad produziert.

1931 veranstaltete Opel die "Große Opel Deutschland Rundfahrt", die in Rüsselsheim begann und endete. Dies war das erste Rennen dieser Art in Deutschland. Das Besondere an dieser Veranstaltung war, dass alle Radfahrer auf Opel ZR-III-Rennrädern fuhren (hier ein spezielles ZR3-Werbemodell von 1929 mit Niederdruckreifen). Trotz aller Erfolge, die Opel im Fahrradgeschäft erzielte, drehte sich das Blatt jedoch in Richtung Motorisierung. Opel verkaufte sein Fahrradgeschäft 1936 an NSU.