Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Manfred Wolf

Manfred Wolf wird am Samstag im Garten der Villa Herrmann auf Meenzerisch lesen.

 

 

 

 

 

 

Mundart-Fan liest in der Villa Herrmann

Manfred Wolf hat einen Dauergast im Keller

Manfred Wolf hat richtig viel zu erzählen. Und das tut er nicht nur auf Hochdeutsch, sondern in fast jedem Dialekt, den man sich wünscht.

Von DANIELA HAMANN (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 28.06.2017)

Am Gartenzaun ist keine Klingel. Auch nachdem jeder Winkel der Holzbegrenzung inspiziert ist, es findet sich keine Möglichkeit, die Bewohner des Hauses in der Böcklersiedlung auf Gäste aufmerksam zu machen.

Was nun? Einfach über den Zaun greifen und die Tür aufmachen? Oder drüberspringen? Nein, das lässt die gute Erziehung nicht zu. Also Handy raus und bei Manfred Wolf, der in dem klingellosen Haus wohnt, anrufen. Er geht sofort ran. "Ich mache Ihnen auf", ruft er in den Hörer. Und wenige Sekunden später steht er auf der Treppe vor der Haustür.

Das Haus wirkt irgendwie englisch. Dunkles Holz, dunkle Teppiche, dunkle Möbel. Und vor allem: Ganz viele Bücher. Wolf bittet in sein Arbeitszimmer. Dort dominiert ein massiver Schreibtisch den Raum. Hier hat der studierte Jurist schon immer viel Zeit verbracht, obwohl – oder vielleicht – weil er zuletzt als Ministerialrat bei der Deutschen Bahn die Sozialstrukturen des Unternehmens erst aufgebaut und dann weiterentwickelt hat.

Alle Wände sind mit unzähligen Büchern aus den Themengebieten Geschichte, Reise, Krimis und vielem mehr vollgestellt. Er habe etwa 5.000 Bücher, sagt Wolf. "Sie stehen auch im Wohnzimmer, Schlafzimmer und im Keller."

Es fällt ein eigentümlich anmutendes, schwarzes Gebilde ins Auge, das viele jüngere Leute vielleicht schon einmal in einem Museum gesehen haben. Es hat einen Hörer und eine Wählscheibe. "Das war mein Telefon bei der Bahn", sagt der Bischofsheimer, Jahrgang 1938. Die 79 Lebensjahre merkt man Manfred Wolf nicht an. Er ist energiegeladen und sein Gesicht strahlt, wenn er erzählt. Und er erzählt viel. Auf ihn trifft das Klischee, dass Männer nicht gerne reden, nicht zu. Seine Frau sei ruhiger, sagt Wolf und seine Augen lachen.

Überhaupt hat Manfred Wolf einen ansteckenden Humor. Mittlerweile hat er sich auf dem Balkon vor seinem Arbeitszimmer niedergelassen. Vom darunterliegenden Garten dringen Kinderstimmen hinauf. Plansch-Geräusche sind zu hören. Ist das ein Schwimmbad? "Die Idee hatte meine Frau, als wir dieses Haus 1971 gebaut haben. Eines Tages kam ich von der Arbeit nach Hause und da war ein riesen Loch im Boden. 'Du wolltest doch immer ein Schwimmbad’, meinte meine Frau damals. Und seitdem haben wir einen Pool."

"Glück gehabt"

Er schwimme dort jeden Morgen, vor allem seit er vor vier Jahren eine vierfache Bypass-Operation hatte, erzählt Wolf und wird ernst. "Da hatte ich echt Glück, das war ganz schön knapp." Der Verschluss der Gefäße am Herzen sei nur durch Zufall erkannt worden. "Mein Arzt meinte dann, ich müsse unbedingt abnehmen. 25 Kilo sind schon weg, weitere 25 sollen es werden."

Er sei 1938 im Graben des Legionslagers Mainz geboren worden. Wie bitte? Manfred Wolf lacht schallend und erzählt: "Mein Vater sah aus wie ein Römer. Er hatte dunkle, krause Haare." Okay, aber das mit dem Geburtsort ist immer noch nicht klar. "Der Kreißsaal der Uniklinik ist dort, wo vor vielen Jahrhunderten die beiden römischen Legionen waren", klärt der Bischofsheimer auf.

Manfred Wolf in jungen Jahren als Ruderer, hier mit dem Jungmann-Achter des RRK 1958 (hinten: Hans-Eberhard Miethge, Heini Voges, Steuermann Ragnar Otto, Schlagmann Manfred Wolf, Rudolf Müller, Gerhard Ketter; vorn: Karl Heinz Lotz, Hans-Karl Gerbig, Klaus Zander)

Die Römer sind sein Ding. Das merkt man, wenn man Manfred Wolf zuhört. Und Dialekte sind sein zweites Steckenpferd. "Ich lerne Dialekte ganz schnell beim Zuhören", sagt er und spricht plötzlich Sächsisch, dann Oberhessisch. Dann macht er praktisch den Unterschied zwischen Bischemerisch und Meenzerisch klar. Währenddessen haben die Kinder unten im Schwimmbad einen Riesenspaß. Man hört sie im Wasser tollen und auf dem Trampolin springen. "Das ist mein Enkel mit seinen Freunden", meint Wolf. "Mein Sohn, meine Schwiegertochter und mein Enkel wohnen auch im Haus."

"En Halwe, des is en halwe Schobbe. Unn alle Wirte sollt mer verklobbe, die wejem Rebbach in dreister Weise, mit null Komma zwaä die Leit bescheiße...", zitiert Wolf plötzlich aus seinem "selbst gedichteten, selbst verlegten und selbst bebilderten" Buch mit dem Titel "Es Cheval im Monder", aus dem er am Samstag ab 11 Uhr im Garten der Villa Herrmann lesen wird. Es ist seine allererste Lesung überhaupt.

Puppe als Party-Gag

"Mal sehen, wie das wird", meint Wolf und zwinkert mit den Augen. Dann geht er die Treppe hinunter in den Keller. "Schauen Sie mal hier hinein", sagt er und zeigt auf eine Tür mit zwei Griffen, auf jeder Seite einen. Bloß da die Tür links nach innen aufgeht, fragt man sich, was der rechte Griff soll. Drinnen ist eine Toilette. Und gleich neben dem Klosett steht ein Mann. Beim Hinsehen stellt sich heraus, dass der Mann eine männliche Schaufensterpuppe ist. "Ich schicke meine Gäste hier gerne aufs Klo. Letztens kam einer meiner Freunde zurück in den Partyraum und sagte: Rechts ist immer besetzt und links steht ein Mann und hört nicht auf zu pinkeln."


Kleine Anekdoten in schönstem Meenzerich

Manfred Wolf stellt sein Buch "Es Cheval im Monder" in der Villa Herrmann vor

Aus "Main-Spitze" vom 05.07.2017

(hele). Wenn Manfred Wolf erzählt und liest, erstehen die alten Zeiten von Mainz wieder auf. So beginnt er mit, angelehnt an Carl Zuckmayer, der großen Völkermühle, der Kelter Europas, erzählt vom "Flehlappe" und wie sein Name entstand. Wolf wurde gerufen und "Wolf kimmt" in die Buchhandlung in der Villa Herrmann, und man erfährt in schönstem Meenzerisch, warum sein Buch "Es Cheval im Monder" heißt.

Auf Einladung der Freunde der Villa Herrmann waren viele Besucher gekommen, die eigentlich hätten im Garten sitzen wollen, die aber Inhaber Hans J. Jansen lieber in die Innenräume führte, des unbeständigen Wetters wegen. Dort spielten zwischen den Passagen der Lesung Mina Atanasova, Lehrerin, am Klavier und Johannes Gutmann, Schüler der Musikschule Mainspitze, am Cello romantische Stücke von Schubert, Schumann und Mendelssohn-Bartholdy.

Gaul landet mit Hinterteil in Auslage einer Metzgerei

Durchaus als Mainzer fühlt sich Manfred Wolf, der Bischofsheimer, geboren in der Mainzer Uniklinik 1938 an der Stelle etwa, wo sich einst das von Drusus erbaute Legionslager befand. Die Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg brachte nicht nur eine starke Militarisierung der Stadt mit sich. 12.000 Mann stationierten die Franzosen allein in Mainz, über 5.400 in den umliegenden Kasernen von Amöneburg, Kastel, Kostheim, Gonsenheim und Weisenau. Auch die Sprache wurde beeinflusst, und es entstanden die vielen aus dem Französischen stammenden Dialektwörter wie "Monder", das heute kaum einer mehr kennt. Monder kommt von montrer, französisch zeigen, und bedeutet so viel wie Schaufenster. Das Cheval ist bekanntlich das Pferd, und so kam es, dass in der Mainzer Altstadt ein Gaul mit dem Hinterteil in der Auslage einer Metzgerei landete.

Altstadtkneipe heißt nach einem Kissen

Die Geschichten liest Manfred Wolf gereimt und erzählt, ebenfalls in schönstem Meenzerisch, wie er so manche Anekdote im "Flehlappe" in der Quintinsgass' aufgeschnappt hat. Die Altstadtkneipe heißt nach einem Kissen, das den Gästen, die zwischendurch zur Beichte wollten, zum bequemeren Knien gereicht wurde. Und Manfred Wolf erklärt: "Das Kisse war der Lappe, un Fleh sin Fleh."

Die Reime sind in sympathischer, typisch Mainzer Art gestaltet und suchen die Eigenheiten herauszuheben. Sie handeln von der geteilten Stadt, von den verlorenen AKK-Gemeinden, zu denen Bischofsheim eigentlich gehören müsse, befindet er als Bischofsheimer. Und in Wiesbaden, – "man geht zur Toilette un nit aufs Klo" – kann man im Theater ein Werk für Gießkann‘, Kreissäg‘ und Flöte hören.

Der Mainzer lacht gern über andere, aber er lacht auch über sich selbst. Der Papstbesuch in Finthen, die 15 Halwe des Erzbischofs oder der Schinderhannes, die Geschichten sind vielfältig und witzig – so nebenbei kann man außerdem etwas über die Mainzer Geschichte erfahren.