Manchmal täuschen Ergebnisse, und manchmal sorgen auch Siege
nicht für uneingeschränkte Freude. Der 6:0-Erfolg der Rüsselsheimer Hockeydamen
im Bundesliga-Spitzenspiel der Südgruppe gegen die zuvor punktgleiche
Frankfurter Eintracht spricht für eindeutige Verhältnisse, von denen auf dem
Spielfeld aber nichts zu spüren war. "Spielerisch waren wir eigentlich
gleichwertig", sagte Eintracht-Trainer Jürgen Fiedler. Für den Unterschied in
der lange Zeit ausgeglichenen Partie sorgte vor 400 Zuschauern die
Treffsicherheit von Britta Becker bei Strafecken. Die Nationalspielerin nutzte
diese Standardsituation zu vier Treffern, während die Eintracht bei ihren acht
Kurzen Ecken erfolglos blieb. "Mit jeder vergebenen Ecke sind wir gegen Bianca
Weiß immer nervöser geworden", urteilte Fiedler. Die Nationaltorhüterin ließ
sich nicht überlisten und wehrte auch einen Siebenmeter von Beate Deininger ab.
In die Rüsselsheimer Freude über den vermutlichen Gruppensieg konnte Manuela
Schneider nicht miteinstimmen. Die Junioren-Nationalspielerin, vor der
vergangenen Feldsaison vom Dürkheimer HC zum deutschen Meister gewechselt, musste
die Begegnung von der Bank aus verfolgen. Wie schon im Hinspiel setzte der
Rüsselsheimer Trainer Berthold Rauth die 21 Jahre alte Studentin nicht ein.
"Andere Spieler haben einen Erfahrungsvorsprung, was unser System gegen die
Eintracht betrifft. Und sie sind auch in der Rüsselsheimer Hierarchie vorne
dran", sagte Rauth.
Schwierig zu verstehen für eine Auswahlspielerin, die aus Dürkheim wechselte, um
dazuzulernen ‒ aber auch, um in einer Spitzenmannschaft zu spielen. "Er vertraut
halt erst mal auf die Spieler, die er schon jahrelang kennt. Ich muss mir meinen
Bonus bei ihm erst noch erarbeiten", sagt Manuela Schneider. In die Hallensaison
hatte sie mit einiger Verspätung starten müssen, weil sie sich beim Gewinn der
deutschen Feld-Meisterschaft im Finale gegen Leverkusen eine Rippe gebrochen
hatte. "Deshalb habe ich auch verstanden, dass ich beim Hinspiel gegen die
Eintracht nicht eingewechselt wurde. Aber diesmal war ich schon total
enttäuscht."
Schließlich kann sich die einstmals spielbestimmende Akteurin des
Bundesliga-Konkurrenten Dürkheimer HC nach ihrer Zuschauerrolle in den beiden
Spitzenspielen gegen die Frankfurter Eintracht leicht ausrechnen, dass ihr eine
ähnliche Position auch in der Endrunde der vier besten deutschen Mannschaften
bevorsteht, für die sich Rüsselsheim und auch die Eintracht qualifiziert haben.
"Ich denke zwar schon, dass ich ins System passen würde, aber der Erfolg gibt
Berti schließlich recht", sagt die prominente Ersatzspielerin. Der Nachteil, dass
die Motivation leidet, wird durch den Vorteil wettgemacht, dass sie einiges an
der Universität nachholen kann. Zweimal kommt sie pro Woche aus Heidelberg nach
Rüsselsheim zum Training, beim dritten Trainingstag muss sie passen. "Auch das
trägt sicherlich zu meiner schlechten Position beim Trainer in der Halle bei."
Von vorzeitiger Aufgabe bei Deutschlands Vorzeigemannschaft ist die ehemalige
Dürkheimerin dennoch weit entfernt, auch wenn sie nach dem Spiel gegen die
Eintracht das klärende Gespräch mit den Rüsselsheimer Nationalspielerinnen
Bianca Weiß, Eva Hagenbäumer und Britta Becker suchte. "Ich bin zäh und habe ja
auch schon viel gelernt. Ich setze jetzt mehr auf die Feldsaison." Dort gehört
sie als Vorstopperin zum Stammpersonal und darf sich auf die Teilnahme am
Europapokal der Landesmeister freuen. Vielleicht reicht es für einen Bonus für
die nächste Hallensaison. Momentan sitzt sie nur in der allerersten Reihe.