Das Gespräch führte
Thorsten Jung (aus "https://www.op-online.de" vom 13.03.2021)
Die Corona-Pandemie
ist eine große Belastungsprobe für die Amateursportler. Die ehemalige
Hockey-Nationalspielerin Marilena Krauss war es zum Beispiel gewohnt, mehrmals
in der Woche mit der Mannschaft zu trainieren. Beim 1. Hanauer THC leitete sie
auch die Nachwuchsspieler an. Während des monatelangen Lockdowns hat sich im
Leben der 28-Jährigen einiges getan.
Die
Regionalliga-Hockeyspielerin hat ihr Studium der Sportwissenschaften
abgeschlossen. Bis zum Shutdown im Amateursport hat sie unseren jüngsten Lesern
und ihren Eltern in der Serie "Marilena und die Minis" gezeigt, wie vielfältig
die Sportlandschaft in der Region Hanau ist und vom Vereinstraining der jüngsten
Sportler berichtet. Um Kinder geht es für Marilena Krauss auch in ihrem Beruf:
Sie erstellt Bewegungsanalysen. Darüber spricht sie im Interview ebenso wie über
die Situation bei den Hanauer Hockey-Damen und was sie Kindern vor dem
Wiedereinstieg in den Sport rät.
Was hat sich für
Dich während der Corona-Pandemie verändert?
Ich gehöre zu den
Glücklichen, denen in dieser schwierigen Situation der Absprung vom Uniabschluss
ins Berufsleben geglückt ist. So bin ich seit November 2020 in der
Bewegungsanalytik bei Orthopädie-Schuhtechnik Kreißl in Bad Nauheim aktiv. Dafür
bin ich sehr dankbar: Nicht nur, weil ich dort in ein nettes Team aufgenommen
wurde, sondern auch, weil dieser Schritt in Anbetracht der Gesamtsituation nicht
selbstverständlich ist.
Das hat aber
Konsequenzen für Dein Ehrenamt beim 1. Hanauer THC . . .
Genau. Meine
Trainertätigkeit im Jugendbereich musste ich aufgrund dieser Tatsache beenden.
Meine Jungs und die gemeinsame Zeit auf dem Platz vermisse ich sehr.
Wie sieht es
sonst derzeit sportlich aus?
Das Damen-Team des
THC hat einen bunt gemischten Plan aus Ausdauer, Sprint, Kraft und Yoga. Am
aller meisten freuen wir uns aber immer auf die gemeinsamen Teamabende via
Internet, an denen wir erzählen, spielen und vor allem viel lachen. Ganz schön
hart für Teamsportler plötzlich den Fokus so sehr auf sich selbst auszurichten.
Wie ist die
Stimmung bei Dir und Deinen Teamkolleginnen?
Natürlich ist es
manchmal schwierig, die Motivation hochzuhalten, ohne klares Ziel aufgrund der
Unberechenbarkeit der Situation oder den extra Push der Mitspieler im normalen
Trainingsbetrieb. Die Vorstellung, zu Zeitpunkt x wieder gemeinsam auf dem Platz
zu stehen und das Spiel zu spielen, das wir lieben, setzt allerdings immer
wieder Kräfte frei.
Im ICE-Tempo zurück in die
Bundesliga: Die RRK-Hockeydamen können 2016 bereits nach dem
zehnten Sieg im zehnten Saisonspiel den Wiederaufstieg
bejubeln. Zum Erfolg trugen bei (hinten) Co-Trainer Christian
Zimmermann, Betreuerin Linda Namuo-Schneider, Marilena Krauss,
Mara Bentscheck, Torfrau Lisa Lahham, Kapitänin Eva Frank,
Lotta Hof, Viktoria Krüger, Antonia Wilfer, Trainer Philipp
Tangerding, Rebecca Schneider, Ann-Paulin Heist, Antonia
Tiedtke, Charlotte Steiner, "Physio" Janine Huver sowie (vorn)
Selina Windgaß, Emma Kanz, Celina Hocks, Kimberly Körbel,
Viola Becker, Torfrau Lisa Viebrantz und Isabel Scherer. Es
fehlen: Petra Ankenbrand und Clara Buchholz. |
Wie gelingt Dir
die Verbindung von Sport und Arbeitsalltag?
Was das angeht,
sind die flexiblen Trainingszeiten ein Segen – bisher gab es kaum
Überschneidungspunkte. Da ich aktuell noch versuche, meine langwierige
Hüftverletzung loszuwerden und in reduziertem Umfang trainiere, wurde ich da vor
keine schwierige Aufgabe gestellt. Ich weiß aber, dass sie auf mich zukommen
wird.
Du hast erwähnt,
dass Du einen neuen Job hast. Welche Arbeitsinhalte hast Du?
Wir führen
Fußfunktionsdiagnostik und Gang- beziehungsweise Laufanalysen durch. Dabei sind
Menschen jeden Alters und Fitnesszustands willkommen. Für Kinder bieten wir eine
altersspezifische Bewegungsanalyse an.
Das heißt, in
Deinem neuen Beruf geht es, wie auch bei Deiner Berichterstattung für unsere
Zeitung, um Kinder?
Genau! Wir
analysieren die Bewegungs- und Haltungsgesundheit der Kinder und Jugendlichen
und geben Schuh, Therapie- und Trainingsempfehlungen. Dabei ist uns besonders
wichtig, altersgerechte Entwicklungsschritte von krankhaften Zuständen zu
differenzieren, um eine optimale Unterstützung zu bieten.
Worauf sollten
die Eltern bei ihren Kids achten?
Eltern sollten sich
regelmäßig Zeit nehmen, ihr Kind beim Sport zu beobachten, um sensibel für
etwaige Auffälligkeiten oder Schmerzen sein zu können. Kinder sind keine kleinen
Erwachsenen und ihre Entwicklung unterliegt einem altersspezifischen Ablauf.
Wenn sich Eltern in Bezug auf Auffälligkeiten im Bewegungsablauf oder Schmerzen
ihrer Kinder unsicher sind, bilden wir die Schnittstelle zwischen Familie und
Orthopädie. Mit unserer Arbeit versuchen wir, Aufklärung der Eltern mit einer
optimalen Betreuung der Kids zu verbinden.
Als erfahrene
Amateursportlerin und Fußexpertin rätst Du nach der langen Corona-Pause
wahrscheinlich zum langsamen Wiedereinstieg in den Sport. Wie können Eltern ihre
Kinder in der aktuellen Zeit optimal fördern?
An erster Stelle
sollte die sportliche Aktivität der Kids trotz fehlendem Vereinssport möglichst
intensiv betrieben werden. Vor allem sogenannte High-Impact-Belastungen wie
Sprünge und Sprints sind von Bedeutung, da diese die Knochenstruktur stärken.
Sie gibt das Maß der Stabilität der Knochen für unser gesamtes Leben vor. Zudem
sehe ich die Notwendigkeit koordinative Muster, sowie Reaktionsschnelligkeit zu
schulen. Sie dienen der optimalen Ausbildung eines möglichst großen
Bewegungsrepertoires und bilden den Gegensatz zu einem monotonen,
technikbasierten Alltag.
Wie genau sollte
der Re-Start in Deinen Augen aussehen?
Im Optimalfall
erfolgt er sukzessiv und geplant, um anatomischen Strukturen wie Muskeln und
Sehnen eine Adaptation an den Trainingsreiz zu gewährleisten. Eine bunte
Mischung mit abwechslungsreichen und neuen Bewegungsaufgaben, Spaß, Lachen und
wenn möglich Wettkampfcharakter sind dabei ganz wichtig, um die Kids in ihrer
Entwicklung zu fördern.