Das Interview
führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 1. April 2017)
Wenn die
Hockeyspielerinnen des Rüsselsheimer RK an diesem Samstag bei Rot-Weiss Köln als
Tabellenletzter in die Rückrunde der Bundesliga starten, dann wird eine der
effektivsten Stürmerinnen der vergangenen Jahre fehlen. Marilena Krauss, als
Zweitliga-Torschützenkönigin 2015/16 mit 19 Treffern daran beteiligt, dass der
sechsmalige Deutsche Meister den ersten Abstieg nach 28 erstklassigen Jahren
prompt ausmerzen konnte, hat beschlossen, den zur Hallenrunde vollzogenen
Rückwechsel zu ihrem Heimatverein Hanauer THC beizubehalten.
Der Abgang, der dem
stark abstiegsgefährdeten RRK weh tut, war in den zurückliegenden Wochen und
Monaten arg unterschiedlich beleuchtet und bewertet worden. Der 24-jährigen
Studentin war es wichtig, ihre Beweggründe darzulegen.
Frau Krauss, Sie
haben beschlossen, nachdem Sie die Hallenrunde für Ihren Heimatverein Hanauer
THC bestritten haben, für die Bundesliga-Rückrunde nicht nach Rüsselsheim
zurückzukehren. Warum?
Neun Jahre lang bin
ich mindestens drei Mal die Woche 100 Kilometer Auto gefahren, um am Trainings-
und Spielbetrieb des RRK teilzunehmen. Das waren schöne und intensive Jahre, in
denen ich, gemeinsam mit meinem Team, viel erleben durfte. Für diese Zeit bin
ich sehr dankbar. Schon in den vergangenen zwei Saisons habe ich mit mir
gehadert, ob ich den Fahrtaufwand weiterhin leisten kann und möchte.
Insbesondere seitdem ich mein Master-Studium in Darmstadt aufgenommen habe,
fühlte ich mich nicht mehr wohl mit der Masse an Verpflichtungen in drei
unterschiedlichen Städten und den Stunden, die ich im Auto verbrachte.
Der RRK ist
Tabellenletzter, und eine Stürmerin Ihres Formats hätte die vagen Hoffnungen auf
den Ligaverbleib etwas beleben können. Ist es nachvollziehbar für Sie, dass
Trainer und Ex-Teamkolleginnen enttäuscht über Ihre Entscheidung sind?
Enttäuschung bei
Team und Trainer kann ich nachvollziehen. Fakt ist, dass ich aktuell den
notwendigen Aufwand nicht leisten kann und auch eine "Notlösung", bei der ich
geringere Trainings- und Spielbeteiligung leiste, erfahrungsgemäß nicht das
Richtige für uns alle ist. Die Gründe meines Wechsels sind klar, die
Bekanntmachung war zeitig – mein Wechsel ist bitter für den RRK, aber keineswegs
leichtfertig entschieden worden.
Haben Sie in den
gut neun Jahren, in denen Sie die rund 50 Kilometer zwischen Rüsselsheim und
Hanau gependelt sind, jemals erwogen, dem sportlichen Betätigungsfeld wohnlich
näher zu kommen?
Mit meiner
Heimatstadt Hanau bin ich stark verbunden – nicht nur weil hier meine Familie
und Freunde sind, sondern auch wegen "Teil zwei" meiner Leidenschaft Hockey.
Seit fast zehn Jahren übernehme ich Traineraufgaben in meinem Heimatverein, dem
1. Hanauer THC. Seit 2011 ist meine Verantwortung stetig gewachsen, so dass ich
seit einigen Jahren hauptverantwortlich für zwei männliche Nachwuchsteams bin.
Diese Tätigkeit bereitet mir nicht nur große Freude, sondern sichert mein
Auskommen. Mit einem Umzug hätte ich meine Trainertätigkeit im THC beenden
müssen. Wer sich selbst schon mal so etwas aufgebaut hat, weiß, dass man das
nicht so einfach aufgibt.
Laut RRK-Trainer
Norman Hahl sollen Rückenprobleme der Grund gewesen sein, warum Sie sich aus
Rüsselsheim zurückgezogen haben.
Von Rückenproblemen
war nie die Rede. Bei der Erläuterung meines Vereinswechsels habe ich mir sehr
viel Mühe gegeben, weil ich weiß, dass die Gerüchteküche in solchen Situationen
auf Hochtouren läuft. Somit habe ich, bevor ich persönlich mit dem Team und
Norman sprechen konnte, einen Brief an die gesamte Mannschaft inklusive Trainer
und Betreuer versendet, in dem ich genau erkläre, wie es zu meiner Entscheidung
kommt. Darin ging es um oben genannte Gründe, nicht um Rückenprobleme. Sehr
schade finde ich, dass die Tatsachen nun verdreht werden. Aus welcher Motivation
das geschieht, möchte ich nicht beurteilen, aber ich kann damit leben.
In Ihrem
Master-Studiengang Sportmanagement in Darmstadt haben Sie das erste Semester
hinter sich gebracht. Können Sie sich vorstellen, später wieder für den RRK am
Ball zu sein?
Da ich mein Studium
erst begonnen habe, ist das Ende für mich noch weit entfernt. Über das, was dann
sein wird, habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.
Von Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 08.03.2017)
Manchmal war es
schlicht zu kalt, dann war der Kunstrasenplatz am Sommerdamm noch gesperrt. Doch
nach einigen Athletikeinheiten bereiten sich die Hockeyspielerinnen des
Rüsselsheimer RK seit der achten Kalenderwoche nun auch mit Krummstock und
Hartplastikball auf die zweite Halbserie der Feldrunde vor, die sie als
Bundesliga-Schlusslicht angehen. Und die am 1. April mit dem Gastspiel beim
Tabellendritten Rot-Weiss Köln beginnt – ohne Marilena Krauss. Die 24 Jahre alte
Stürmerin, zweimal ins Nationalteam berufen, wird nicht von ihrem Stammverein
Hanauer THC zurückkommen, wo sie in der Hallenrunde am Ball war.
"Es hat uns schon
enttäuscht, wie das gelaufen ist. Und deshalb habe ich mich auch nicht mehr um
sie bemüht", sagt Norman Hahl. Laut des Rüsselsheimer Trainers habe Krauss
erklärt, aufgrund von Rückenproblemen in der Halle pausieren zu wollen. "Und
dann spielt sie in Hanau die ganze Runde durch." Krauss selbst führte "die lange
Fahrstrecke von 100 Kilometern, die ich seit neun Jahren auf mich nehme, das
Masterstudium in Darmstadt und persönliche Gründe" dafür an, warum sie nicht an
den Sommerdamm zurückkehrt. "Von Rückenproblemen war bei der Besprechung nie die
Rede. Ich habe gesagt, dass ich den Aufwand mit der Bundesliga auf unbestimmte
Zeit nicht leisten kann", sagt Krauss. "Das ist schon schade, denn wir hätten
sie gut gebrauchen können. Aber manchmal ist es besser, mit dem zu arbeiten, was
ohne Diskussionen da ist", erklärt der 28-jährige Hahl...