pk. - Martin Kröner und Manfred Höll haben einen ausgesprochen feinen
Geschmack. Und wenn sie zum Kochlöffel greifen, dann darf der Genießer ein
wahrhaft exquisites Menü erwarten. Wie wär's beispielsweise mit
Kartoffel-Sauerkrautsuppe mit Blutwurstnocken als Entree, St. Peter Fisch an
Burgunder-Soße mit gefüllten Kartoffeln als zweiten Gang, Rehrücken, am Knochen
gebraten, Hagenbuttensoße, Spätzle und Waldpilze als Hauptgericht sowie
flambierten Eisberg zum Dessert? Hinter so viel Raffinement möchte man
Meisterköche vermuten, und im gewissen Sinne stimmt das auch: Martin Kröner und
Manfred Höll tragen stolz den Titel eines "Grand Maitre de Chuchi". Zeichen
dieser höchsten und seltenen Würde ist der rote Hummer am grünen Halsband, das
Kröner und Höll zumindest bei offiziellen Anlässen nicht vergessen anzulegen.
Daß sie im wirklichen Leben ihre Brötchen als Apotheker beziehungsweise Lehrer
verdienen, erwähnen die beiden erfahrenen Hobbyköche nur am Rande.
Hobbyköche? Im "CC-Club kochender Männer in der Bruderschaft Marmite e.V.",
so der offizielle Name der Organisation, in der Kröner und Höll schon seit
vielen Jahren den Löffel schwingen, hört man diese Bezeichnung nicht so gerne.
Das, sagt Manfred Höll, klinge ein wenig nach Volkshochschule. Nichts gegen die
VHS, aber mit den Kochkursen, die dort angeboten werden, haben die "Kochenden
Männer" nur noch sehr entfernt etwas zu tun: Wer in ihrer Bruderschaft Mitglied
ist, der braucht das Kochen nicht erst noch zu lernen. Der beherrscht die
wichtigsten Koch-Techniken, und dem geht es ausschließlich darum, seine
Fähigkeiten auszubauen und im wahrsten Sinne des Wortes auf die Spitze zu
treiben.
Die Mannschaft der
kochenden Männer der "Chuchi Ruzilo" bei der Kochvorbereitung anläßlich
eines Kochabends: RRK-Mitglied Rudi Reitz, ..., Heinz Sauer, ..., Klaus
Bender, RRK-Mitglied Martin Kröner, Ralph Knöß und Manfred Höll |
Der zugegeben etwas hochtrabende Name der Organisation gibt einen tiefen
Einblick in das Selbstverständnis der Köche. "CC" steht für "Confrérie Culinaire", auf deutsch: Bruderschaft im Zeichen der Kochkunst.
Und "Marmitenbrüder" nennen sich die bundesweit 1.130 Mitglieder in Anlehnung
an das französische Wort "la marmite" für Kochtopf - was sinngemäß wohl soviel
heißt wie: Brüder vom Topfe. Der elitär anmutende Zirkel legt großen Wert auf
Tradition und Stil. Deshalb obliegt die Führung der Bruderschaft auch nicht
einem ganz normalen Vorsitzenden. Bei den "Kochenden Männern" heißt das
"Großkanzler". Organisiert sind die Brüder vom Topfe übrigens in sogenannten "Chuchis".
Dieses Wort ist aus dem Schwyzerdütsch entlehnt und bedeutet soviel wie
heimatliche Küche.
Daß sich die Organisation ganz bewußt von anderen Vereinen abhebt, ist also
durchaus gewollt. Denn das Ziel der Bruderschaft, definiert in den
"Ordensregeln", umfaßt nicht mehr und nicht weniger als die Pflege der
Kochkunst, der Eßkultur und guter Tischsitten - angesichts eines allseits beklagten Verfalls der Eßkultur ein hehres Ziel, das gar nicht hoch
genug geschätzt werden kann.
Das Bewußtsein dafür, daß Kochen mehr ist als die Zubereitung von Speisen zum
Zwecke der Nahrungsaufnahme, ist allen Mitgliedern der Bruderschaft gemein.
Entsprechend hingebungsvoll verlaufen die Kochabende: Bis das mindestens
Viergänge-Menü fertig ist, vergehen Stunden. Nicht eingerechnet ist dabei die
Zeit, die die Freizeit-Köche aufwenden, um die erlesenen Zutaten frisch vom
Markt zu kaufen. Da schnippelt der Opel-Ingenieur hingebungsvoll das Gemüse,
schmeckt der EDV-Spezialist genußvoll die Burgundersoße ab. Kochen ist Kunst -
hier stimmt dieses Prinzip: "Bei uns wird das Kochen zelebriert", betont Manfred
Höll nicht ohne Stolz. Apotheker Martin Kröner, der bisweilen sogar Seminare
berühmter Star-Köche besucht, um sein Wissen zu perfektionieren, assistiert:
"Kochen ist für mich ein Vorgang, in dem ich ganz drin aufgehen kann."
Dank unbürokratischer Unterstützung
der Stadt hat die mittlerweile 13 Mitglieder umfassende "Chuchi Ruzilo" die Küche der Parkschule zur freien
Verfügung. Derzeit sind die Rüsselsheimer Marmitenbrüder zwar noch nicht als
offizielle Chuchi registriert, die Gründung soll allerdings im Frühsommer
kommenden Jahres erfolgen. Bis dahin dürften sich auch die Neulinge, in der
Bruderschaft-Hierarchie "Apprenti" genannt, ihre ersten Sporen verdient haben.
Unter den gestrengen Augen ihrer beiden Lehrmeister wollen sie die Kochkunst
auch in Rüsselsheim salonfähig machen. Gerne würden die "Kochenden Männer"
nämlich auch bei offiziellen Veranstaltungen, etwa im Rahmen des Rüsselsheimer
Kultursommers, ihre Kunst zeigen. Einstweilen suchen die Brüder vom Topfe noch
engagierte Mitstreiter.