Von Claus-Peter
Bach (aus "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 27.07.2012)
Das ist nun doch
selten: Mandy Haase aus Wilhelmsfeld nimmt mit der deutschen
Hockey-Nationalmannschaft an den Olympischen Spielen in London teil, will sich
dazu im Vorfeld des Turniers, das für die Deutschen am Sonntag um 22.15 Uhr
(MESZ) gegen die USA beginnen wird, nicht öffentlich äußern. "Ich habe diese
Entscheidung nicht leichtfertig getroffen, muss mich aber auf die Spiele
konzentrieren und alle anderen Dinge außen vor lassen", sagte Mandy Haase vor
der Abreise zur RNZ.
Die Frau, die
gegenwärtig ihre Zunge hütet, ist kein junges Küken, das mit unbedachten
Äußerungen den Platz im Nationalteam gefährden könnte. Mandy Haase ist 30 Jahre
alt, Sportwissenschaftlerin, Olympiasiegerin von Athen 2004 und mit 206
Länderspielen seit 2003 eine der etabliertesten Kräfte im Team des Deutschen
Hockey-Bundes (DHB). Wenn sie im Interview die Zähne aufeinander beißt, ist ihr
Groll groß.
Wie aus dem Umfeld
der sympathischen und bei früheren Begegnungen auskunftsfreudigen Athletin zu
erfahren war, ist Mandy Haase durch die Nichtberücksichtigung ihrer jüngeren
Schwester Lydia im Olympiateam schwer getroffen worden. Mandy Haase handelt sehr
professionell und verbirgt ihren Ärger, um keine Unruhe in das harmonisch
funktionierende Team zu tragen und dessen Erfolgsaussichten nicht zu schmälern.
Lydia Haase, die
25-jährige Lehramtsstudentin für Sport, Deutsch und Religion, ist seit Jahren
eine der besten deutschen Stürmerinnen, wurde von Bundestrainer Michael Behrmann
allerdings nicht nach London berufen. Kritiker werfen dem Hamburger vor, bei der
Nominierung zu sehr durch die Vereinsbrille geschaut zu haben ‒ ein Vorwurf, dem
Bundestrainer, die auf Blockbildung setzen, immer wieder ausgesetzt sind. Mandy
Haase erhebt keine Vorwürfe, sie schweigt.
Die leichtfüßige
Verteidigerin, die bei der AOK Rhein-Neckar/Odenwald ‒ einem ausgezeichneten
Partnerbetrieb des Spitzensports in Baden-Württemberg ‒ als Sportliche Beraterin
arbeitet, ist in Leipzig als Kind von international erprobten Hockeyakteuren
geboren worden und spielte von 1989 bis 1995 beim Hockey-Club Heidelberg. Dann
schloss sie sich wie ihre Schwester Lydia dem Rüsselsheimer RK an und
entwickelte sich zu einer der weltbesten Abwehrspielerinnen. Mit dem RRK wurde
Mandy Haase sechs Mal deutsche Meisterin im Feld (2001 und 2004) und in der
Halle (2002 bis 2005) und gewann neun Mal den Europapokal im Feld (1998) und in
der Halle (1999 bis 2006).
Als
Hallen-Europameisterin und Gewinnerin der Champions Trophy 2006 wechselte sie
zum Mannheimer Hockey-Club ans Feudenheimer Neckarplatt ‒ zu einem
Zweitligisten, der 2010 dank der Abwehrkünste und Tore der Haase-Schwestern den
Aufstieg in die Bundesliga geschafft und sich dort fest etabliert hat. Lydia und
Mandy Haase wirkten 2011 in Mönchengladbach im deutschen Vize-Europameisterteam
mit und hatten natürlich die Hoffnung, auch Olympia in London Seite an Seite
erleben zu dürfen.