CANBERRA So deprimierend die
Champions Trophy für die deutschen Hockey-Damen als Olympiasieger auch verlaufen
sein mag - Mandy Haase war eine Gewinnerin. "Sie hat ein sehr gutes Turnier
gespielt", sagte Bundestrainer Markus Weise zur Leistung der RRK-Größe.
Mandy Haase und ihre ehemalige
Vereinskollegin Silke Müller (SV Kampong Utrecht) gehörten zu Spielerinnen, die
selbst in der grauenhaften letzten Vorrundenpartie gegen China (0:1) nicht im
grauen Mittelmaß versunken waren. Und beim überzeugenden 5:1 (2:0)-Sieg im Spiel
um Platz fünf gegen Südkorea, mit dem sich die DHB-Auswahl den Verbleib in der
A-Gruppe sicherte, mischte das Duo den Gegner mächtig auf. "Sie waren die
Lichtblicke im Mittelfeld", sagte Weise. "Sonst hatte ich nur Leute mit
Problemen."
Mittelfeld. Das Wort ist für Mandy
Haase seit der Europameisterschaft in Dublin ein Reizwort. Als sie im Mai 2003
ihr Debüt im Nationalteam gab, setzte sie der damalige Bundestrainer Berti Rauth
im Sturm ein. Nach EM-Bronze im selben Jahr rückte sie in die Abwehr, ehe Markus
Weise sie vor drei Monaten ins Mittelfeld verpflanzte. Wie auch jetzt in der
Hauptstadt Australiens.
"Natürlich spiele ich dort, wo mich
der Trainer hinstellt", stellt die 23-Jährige klar. Gleichzeitig gibt sie aber
zu erkennen, dass sie den Rollenwechsel nicht gerade prickelnd findet, zumal sie
im Verein weiterhin in der Hinterreihe agiert: "Man braucht Anlaufzeit, um sich
auf die Position einzustellen. Wenn man überall spielen kann, geht die
Abstimmung ein bisschen verloren." So wird ihre Stärke zur Schwäche. "Für einen
Trainer ist es sicherlich ein Glücksfall, jemanden zu haben, der flexibel ist",
sagt sie und gibt Einblick in ihr Seelenleben: "Man fühlt sich ein bisschen hin-
und hergeschoben. Das ist schwer zu akzeptieren."
Insgeheim aber trauert die Studentin
dem Gefühl nach, wie beim Olympiasieg in Athen in der Innenverteidigung zusammen
mit der Kölnerin Marion Rodewald ein Duo wie Pech und Schwefel zu bilden: "Es
ist schön, wenn man sich aufeinander verlassen kann." Nun hat sie den Eindruck,
nur auf ihre Lieblingsposition rücken zu können, wenn sich im Abwehrzentrum
jemand verletzt. "Aber so kann man ja nicht denken", sagt sie schnell, "man
wünscht ja seinen Teamkolleginnen nichts Schlechtes. Außerdem würde es die
Mannschaft schwächen."
Konnte man in Dublin noch darüber
streiten, so blieb dem Bundestrainer in Canberra kaum etwas anderes übrig, als
die Allrounderin im Mittelfeld einzusetzen, um den Ausfall von Spielmacherin
Fanny Rinne (Mannheim) im sensibelsten Teil der Mannschaft zu kompensieren. Aber
da das RRK-Mitglied ihre Aufgabe zufrieden stellend löste, könnte die neue Rolle
zur Dauerlösung werden. Mit diesem Gedanken wiederum mag sich Haase nicht
anfreunden.
Dass der erste Härtetest auf dem Weg
zur WM 2006 in Madrid und dem Fernziel, den Olympischen Spielen in Peking 2008,
bei der Champions Trophy derart daneben ging, war natürlich nicht eingeplant:
"Wir wollten wissen, wo wir in der Welt stehen. Jetzt hat die Mannschaft
gesehen, was im athletischen Bereich und in puncto Einstellung gemacht werden
muss." Ihre Erkenntnis: "Mit halben Aufwand geht es auf diesem Niveau nicht. Da
hat so eine Klatsche wie das 1:8 gegen die Niederlande auch eine gute Seite. Die
Silbermedaille bei der EM hat die Defizite kaschiert."
Als Grund für den Rückschlag vermutet
Mandy Haase neben mangelndem Teamgeist, dass einige Spielerinnen noch immer im
nacholympischen Tief stecken: "Den Aufwand wie vor Athen kann man nicht mehrere
Jahre betreiben. Jeder hat Uni, Beruf, Familie und Freunde schleifen lassen und
musste erst mal wieder vorankommen." Sie selbst traf es doppelt hart, denn sie
musste sich nach einem Bänderabriss, der sie die Champions-Trophy-Teilnahme Ende
2004 kostete, von noch weiter unten wieder nach oben kämpfen.
Diesen persönlichen Kampf hat sie
gewonnen. Den um Anerkennung nicht. "Es war enttäuschend zu sehen, dass ich nach
dem Olympiasieg nicht mal einen Sponsor gefunden habe, der mir wenigstens die
Fahrtkosten ins Training bezahlen würde", sagt die gebürtige Leipzigerin. Außer
der Sporthilfe gibt´s keine finanzielle Unterstützung. Die Olympiaprämie ist
aufgebraucht, "und die reicht maximal für ein Jahr". Und weil sie in
Wilhelmsfeld im südlichen Odenwald lebt, ist sie in Rüsselsheim keine lokale
Größe. Da stehen Geldgeber nicht Schlange. "Aber", sagt sie, "ich kann neben
Studium und Hockey doch nicht auch noch jobben gehen." Aber nach dem Happyend in
Canberra und der Freude über ihre eigene Leistung war der Trübsinn zumindest
kurz wie weggeblasen.
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Die RRK-Damen in der
Hallenhockey-Saison 2005/2006 (hinten:
Betreuer Thomas Blivier, Katharina Schultz, Lisa Faust, Laura Appel,
Lena Jacobi, Vera Battenberg, Lena Schüder, Irene Balek, Virginia
Peisch, Viktoria Krüger, Physio Hanne Zöller, Trainer Berti Rauth;
vorn: Lydia Haase, Ela Tarlan, Julia Hahn, Meike Acht, Barbara
Vogel, Nina Günther, Mandy Haase, Maren Pfefferkorn) |