Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

Dieser Bereich der "alten RRK-Homepage" im Vintage-Look enthält auch Inhalte wie Berichte von 2000 bis 6/2018,
wie "In memoriam", wie "Über RRK-Mitglieder", wie Links, wie Suchen, wie ... usw.

>>> Zur neuen RRK-Homepage <<<                    >>>Datenschutzerklärung<<<                   >>>Impressum<<<

Archiv

Chronik "Der Klub"

Chronik Hockey

Chronik Rudern

Chronik Tennis

Über RRK-Mitglieder

In memoriam

Links

Suchen


Das Interview

Über Mitglieder des RRK (2004)                                  

Mandy Haase

 

Vom Hörsaal zum Siegertreppchen

Mandy Haase und Fanny Rinne über Hockey, Olympia und Playboy

Aus "ruprecht" vom 15.11.2004

 

Mit ihrem Finalsieg bei den Olympischen Spielen in Athen gegen die favorisierten Niederlande sorgten die deutschen Hockey-Damen für eine echte Sensation. Die Heidelberger Sportstudentinnen Fanny Rinne und Mandy Haase, beide Leistungsträgerinnen im Nationalteam, hatten großen Anteil am Triumph. Im Gespräch mit dem ruprecht plauderten sie über ihren Sport, olympische Träume und nackte Tatsachen.


ruprecht: Wie lassen sich Studium und Leistungssport vereinbaren?

Fanny: Es ist schon ein Problem, beides zu koordinieren, aber bisher konnte ich immer eine Lösung finden. Für die Weltmeisterschaften 2002 und Olympia in Athen in diesem Jahr musste ich allerdings jeweils ein Urlaubssemester nehmen. Da wurde es mir einfach zu viel und ich hatte wirklich keinen Kopf für die Uni. Die Vorbereitung auf die Spiele war einfach zu zeit­intensiv. Die meisten Dozenten zeigen in der Regel Verständnis und akzeptieren mehr Fehlzeiten als üblich oder bemühen sich, wenn nötig, um einen alternativen Prüfungstermin. Ein Kooperationsvertrag zwischen der Uni Heidelberg und dem Olympiastützpunkt lässt einem zudem mehr Spielraum und man kann sich bei Gesprächen auf diese Vereinbarung stützen.

Mandy: Ohne Urlaubssemester wäre es gerade vor Olympia nicht zu schaffen. Lehrgänge mit der Nationalmannschaft in der Vorbereitung und dazu noch Training und Spiele für meinen Verein in der Bundesliga – das letzte halbe Jahr war schon eine extreme Belastung. Jetzt im Wintersemester geht’s da etwas ruhiger zu. Man kann sich auf so hohem Niveau auch nicht dauerhaft bewegen. Weder im Sport noch im Studium. Irgendwann stößt man echt an seine Grenzen.

Wie seid ihr zum Hockeysport gekommen?

Mandy: Meine Oma hat schon Hockey gespielt! Meine beiden Eltern auch und da war ich schon von klein auf irgendwie immer mit auf dem Platz. War eigentlich logisch, dass mich der Sport auch packen würde. Zuerst in meiner Heimatstadt Leipzig und dann, als wir nach der Wende rüber sind, für vier Jahre in Heidelberg. Wegen der sehr guten Nachwuchsarbeit bin ich dann gemeinsam mit meiner jüngeren Schwester, die auch begeisterte Hockeyspielerin ist, mit 14 zum Rüsselsheimer RK gewechselt. Das ging nur, weil mich immer einer aus der Familie hingefahren hat. Wir sind eben eine hockeyverrückte Familie.

Fanny: Mein älterer Bruder Moritz hat mit Hockey angefangen und meine Mutter hat ihn immer zum Training gebracht. Ich bin dann auch oft dabei gewesen und irgendwann wollte ich dann auch mal mitspielen. Da war ich sechs Jahre alt. Und jetzt mit 24 spiele ich immer noch beim selben Verein, dem TSV in Mannheim. Ich fühle mich dort sehr wohl und wir hatten immer schon eine tolle Truppe. Sowohl menschlich als auch sportlich bin ich dort sehr zufrieden und habe eigentlich nie einen Grund gesehen, den Verein zu wechseln.

Wann habt ihr gewusst, dass ihr die Chance habt, in der Weltspitze mitzuspielen?

Fanny: Ich habe das selber gar nicht so mitbekommen. Dadurch, dass recht wenige spielen und man kein Talent verlieren möchte, läuft im Hockey alles ziemlich systematisch ab. Es gibt viele Sichtungslehrgänge in der Jugend und schon mit vierzehn bin ich dann zum ersten Lehrgang vom deutschen Hockeybund gekommen. Als ich in der U-16 war, hat mal eine Mitspielerin gesagt, wie gerne sie mal in der „richtigen“ Nationalmannschaft spielen würde, und dass sie davon träume, mal bei Olympia dabei zu sein. Damals habe ich gedacht, die spinnt. Ich habe selber nie so weit vorausgedacht und bin da eher so reingewachsen.

Mandy: Lange Zeit war es eigentlich nur ein Hobby, und ich hätte nie gedacht, dass ich mal so weit nach oben komme. Ich habe immer so gerne Hockey gespielt, und meine Eltern standen mir immer zur Seite. Auf Sichtungslehrgängen ist man dann mit fünfzehn das erste Mal auf mich aufmerksam geworden. Von da an habe ich eigentlich in allen Nationalmannschaften der verschiedenen Altersklassen gespielt: von der U-16 bis zur A-Nationalmannschaft. Dass ich mal eine Goldmedaille bei Olympia gewinnen würde – schon unglaublich.

Gab es einen Moment, in dem sich die Frage gestellt hat: Studium oder Leistungssport?

Mandy: Ich stehe ja noch ziemlich am Anfang, aber ich würde sagen, ein Studium ist für mich eigentlich die einzige Möglichkeit, parallel zum Leistungssport eine Berufsausbildung zu erlangen. Ich habe lange überlegt, eine Physiotherapie-Ausbildung zu machen, aber diese, mit dem Sport zu kombinieren, wäre wohl noch schwieriger gewesen. Momentan denke ich, mit einigen Kompromissen lässt sich beides bewältigen. Natürlich ist es auf Dauer schwierig, sich zu finanzieren. Obwohl mein Verein sehr erfolgreich ist, und dieses Jahr Deutscher Meister und Europapokalsieger wurde, bekommen wir kein Geld. Nicht mal das Fahrgeld wird ersetzt! Ohne meine Eltern hätte ich schon Probleme, denn für regelmäßiges Jobben fehlt einfach die Zeit.

Fanny: Nein, ich habe immer so viel Spaß am Sport gehabt, und auf der anderen Seite kann man ja vom Hockey nicht leben. Zumindest in Deutschland ist es halt eine Randsportart und Profis gibt es hier nicht. Die Medien haben jetzt nach der Goldmedaille kurzfristig intensiver über uns berichtet, aber bis zu den nächsten Spielen in Peking wird wieder nur Fußball und Formel 1 gezeigt werden. Dank der Siegprämien und meinem Privatsponsor kann ich ein gutes Studentenleben führen, allerdings ohne große Sprünge machen zu können. Aber langfristig steht eine qualifizierte Ausbildung für mich im Vordergrund. Meinen Sport möchte ich aber unbedingt weiter ausüben, solange sich beides vereinbaren lässt.

Bleibt denn noch Zeit für andere Dinge?

Fanny: Nee, eigentlich eher weniger. Die Inliner vergammeln schon zu Hause in der Ecke, am ehesten komm ich noch zum Skifahren, so für zwei Wochen im Jahr. Für ein anderes Hobby fehlt einfach die Zeit. Wenn, dann geh ich mal ins Kino oder was trinken.

Mandy: Klar, gerade jetzt nach Athen freue ich mich, meine Freunde wiederzusehen, die ich doch etwas vernachlässigen musste. Ich gehe gerne weg und wir unternehmen viel zusammen. Im Winter fahre ich gerne Ski. Bei uns oben im Odenwald, wo ich mit der Familie wohne, bin ich auch mal mit dem Fahrrad unterwegs. Man braucht einfach auch mal Ablenkung, um sich neu motivieren zu können. Ohne diese Auszeiten platzt einem irgendwann der Kopf.

Was ist euch von den Olympischen Spiele in Athen am meisten in Erinnerung geblieben?

Die Sensation ist perfekt, der Jubel groß. Mandy Haase vom RRK (6.v.l.) ist mit Fanny Rinne vom TSV Mannheim (4.v.r.) und Deutschlands Damen-Nationalmannschaft Hockey-Olympiasieger in Athen 2004, und das mit weiterer RRK-Hilfe: Denise Klecker (1.v.l.), und Silke Müller (7.v.l.).

Mandy: Es war diese einmalige Atmosphäre und dazu die Euphorie nach unserem Olympiasieg – einfach überwältigend. Was mich besonders beeindruckt hat, war, dass uns das ganze deutsche Team bei der Rückkehr ins olympische Dorf zugejubelt hat. Sogar die Sportler aus anderen Ländern haben uns ein riesiges Plakat gemalt. Jeder hat irgendwie mitgefiebert, und es war ganz egal aus welchem Land er denn nun war – die sportliche Leistung zählte. Besonders beim Mittagessen in der Mensa gab es die Gelegenheit, mit vielen andern Sportlern ins Gespräch zu kommen. Mit Jan Ulrich und Erik Zabel oder auch Sandra Völker kann man sich wirklich gut unterhalten. Lars Riedel war dann auch bei unserem Finale dabei und hat uns angefeuert.

Fanny: Es ist schon ein riesiger Unterschied zu allen anderen Sportveranstaltungen. So viel Medieninteresse, und wir hatten einfach ein unglaubliches Publikum. Es waren auch immer andere deutsche Sportler da, die bei unseren Spielen mitgefiebert haben. Im olympischen Dorf war es echt ein tolles Erlebnis, mit so vielen verschiedenen Sportlern aus allen Teilen der Welt zusammen zu sein, und Leute zu treffen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Maurice Green läuft auch im wirklichen Leben so aufgeblasen herum wie er immer vor seinem Hundertmeterlauf tut. Zeit, um Land und Leute kennen zu lernen, gab es während der Spiele eigentlich nicht. Nur einmal waren wir mit der Mannschaft in der Stadt unterwegs und sind auf die Akropolis hoch.

Fanny, vor Olympia haben deine „Playboy“-Bilder für Aufsehen gesorgt. Wie bist du dazu gekommen die Fotos zu machen, und wie hat dein Umfeld darauf reagiert?

Fanny: Ich bin schon im April vom „Playboy“ angesprochen worden und habe erst mal vier Wochen Bedenkzeit bekommen. Natürlich habe ich mir alles genau durch den Kopf gehen lassen: Wie werden die Leute darauf reagieren? Möchte ich so was mal ausprobieren? Was sagen Freunde und Familie dazu? Eigentlich hatte ich da schon entschieden: „Das ist zu heiß, lass es“. Aber als sich die Entscheidungsfrist dann noch mal verschoben hat, bin ich wieder unsicher geworden. Ich fand es einfach total spannend. Meine Mutter hat mir alle Vor- und Nachteile vor Augen geführt. Auch mein Freund war eher gegen das Shooting, hat sich bei der Entscheidungsfindung aber nicht eingemischt. Am Ende habe ich mich dann doch dafür entschieden. Dass mir diese Bilder wenige zugetraut haben, hat sicherlich auch seinen Reiz gehabt. Ich kann diesen spannenden Ausflug aber moralisch voll vertreten. Es war eine interessante Erfahrung. In Zukunft würde ich Fotos allerdings eher im Bereich Mode machen lassen.

Mandy, würdest du ein Angebot vom „Playboy“ annehmen?

Mandy: Nein, ich würde es nicht annehmen. Für mich würde dadurch der Sport in den Hintergrund rücken, und die nackten Tatsachen plötzlich meine Person bestimmen. Aber jeder muss das für sich selber entscheiden. Sicherlich ist das Medieninteresse durch die Bilder gewachsen, was unseren Hockeysport in die Schlagzeilen gebracht hat. Gerade in Kombination mit dem erfolgreichen Auftritt in Athen ist dadurch die Aufmerksamkeit gestiegen. Und es waren ja auch schöne Bilder.

Sehen wir euch bei Olympia 2008 in Peking wieder?

Fanny: Natürlich wäre es schön, meine dann dritte Olympiateilnahme zu verwirklichen. Ich muss einfach sehen, wie sich bis dahin meine Prioritäten entwickeln. Ich möchte in dem Zeitraum bis Peking auf jeden Fall mein Studium abgeschlossen haben. Wenn ich dann weiß, wo ich arbeite und wie ich 2008 meinen Sport ausüben kann, wird sich zeigen, ob es noch mal möglich ist. Es gibt aber noch keinen festen Plan für die Zukunft, ich lasse alles mal auf mich zukommen.

Mandy: Es ist mein großes Ziel, in vier Jahren noch mal dabei zu sein. Olympia ist für mich einfach das Größte, was man erreichen kann. Dieses Feeling belohnt einen für alle Quälereien. Vielleicht kann ich ja zusammen mit meiner Schwester die Koffer packen, die wäre dann mit 22 etwa so alt wie ich jetzt. Dann wäre mal wieder die ganze hockeyverrückte Familie unterwegs.            (foe)