KASTRO. Wenn sie sagen würde, "mein Name ist Haase", dann wäre das kein Gag.
Sie heißt halt so - allerdings Haase mit zwei "a". Die Begrüßungsformel wird
Mandy Haase wohl zu meiden wissen. Sie gehört zu den "Golden Girls" von Athen,
wie die Damen der deutschen Hockey-Nationalmannschaft plakativ genannt werden,
seitdem sie im Sommer die olympische Goldmedaille gewonnen haben. Mandy Haase
war mit 22 Jahren das Küken der Truppe. Keine war jünger als die Verteidigerin
vom Rüsselsheimer RK. Ihre gleichfalls mit Gold dekorierten Klubkameradinnen
Silke Müller und vor allem Denise Klecker sind ihr in dieser Hinsicht um einiges
voraus. Das Trio fehlte am Samstag beim 1:1 im Bundesliga-Nachbarschaftsduell
gegen den SC 1880 Frankfurt. Das Trio hatte überlegt, die Einladung für
sämtliche Medaillengewinner in den Robinson Club "Kyllini
Beach" auf dem Peloponnes auszuschlagen. Weil man ja nicht die
Mannschaftskameradinnen im Stich lassen wollte. Aber die haben sich für die
Woche Urlaub in dem Land stark gemacht, wo Hockey-Gold gewonnen wurde: in
Griechenland. "Ihr habt das verdient", lautete der Tenor. So sind sie also eine
Woche lang in einem Flecken Erde, wo mit dem Slogan "Zeit für Gefühle" geworben
wird.
Stolz präsentieren Silke Müller,
Denise Klecker und Mandy Haase ihre mit der deutschen
Hockey-Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Athen 2004
gewonnenen Goldmedaillen.
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Bei Mandy Haase überwiegt das gute Gefühl, daß sich all der Aufwand, all die
Plackerei am Ende doch ausgezahlt hat. Das Jahr der intensiven Vorbereitung kam
für die Studentin aus Heidelberg einem Full-time-Job gleich. Darum hat sie auch
ein Urlaubssemester bei ihrem Studium für das Lehramt mit den Fächern Sport und
Französisch eingelegt. Die Frage, was an Aktivitäten neben Hockey möglich ist,
erübrigt sich. Zumal die 80 Kilometer vom Wohnort Wilhelmsfeld bei Heidelberg
bis zum Training beim Rüsselsheimer Ruder-Klub erst mal gefahren sein wollen.
Fünfmal die Woche bitte schön. Aber seit Athen ist alles anders. Mandy Haase muß
erst einmal den Bänderriß im rechten Fußgelenk auskurieren. Den hat sie sich
nach dem ersten Gruppenspiel im olympischen Turnier zugezogen. Beim Joggen ist
sie umgeknickt und für die folgenden Partien jeweils fit gespritzt worden. Am
vorletzten Wochenende währte der Einsatz für den RRK gegen den Berliner HC
gerade mal fünf Minuten. Die Verteidigerin hat es wenigstens probiert. Am
kommenden Donnerstag soll entschieden werden, ob eine Operation notwendig ist.
Kein größeres Malheur für die Nationalmannschaftskarriere, schließlich liegt der
nächste Termin dort erst im November mit der Champions-Trophy in Argentinien an.
Aber mißlich ist die Sache mit dem Knöchel selbst hier im "Club Kyllini Beach".
Mandy Haase hätte gerne mal Tennis gespielt oder Beachvolleyball ausprobiert
- gestrichen. "Soweit es ging", hat sie sich wenigstens aufs Surfbrett gewagt. RRK-Trainer Berti Rauth wird sich mit der Rückkehr Mandy Haases auf das
Hockeyfeld gedulden müssen. Immerhin ist wenigstens ihre 18 Jahre alte Schwester
Lydia mit von der Partie. 1997 ist sie den Weg gegangen, den die vier Jahre
ältere Mandy schon 1995 vollzogen hat: weg vom Heidelberger HC, hin zum
Rüsselsheimer RK. Aber die vorbildliche Unterstützung durch den
Olympiastützpunkt Rhein-Neckar ist geblieben. Warum die Sächsin ursprünglich in
Heidelberg gelandet war? Weil Heidelberg im Jahr vor der Wende, als die Familie
per Ausreiseantrag von Leipzig in den Westen übersiedelte, als Hockey-Standort
empfohlen worden war. Denn Hockey wurde bei den Haases schon immer
großgeschrieben.- Die Großmutter spielte Hockey, die Eltern waren sogar
Auswahlspieler der DDR. Der Zufall wollte es, daß Mandy Haase ihr erstes
Länderspiel ausgerechnet in Leipzig gegen Aserbaidschan bestritt. Sie erinnert
sich nicht mehr an das Ergebnis, aber gewonnen hätten sie garantiert.
Frisch ist die Erinnerung an das erste Punktspiel im Bundesliga-Alltag nach
dem Höhenflug in Athen. Das sei schon "erschreckend" gewesen. All jene, die
immer kommen, waren wieder da. Die Freunde, die Familie. Aber neue Kreise habe
man eben nicht hinzugewonnen, trotz allem. Auf den Rängen verlor sich die
gewohnte Hundertschaft an Interessenten. Da wird einer wie Mandy Haase bewußt,
wie sehr Hockey eine Randsportart ist und wohl auch bleiben wird. Die angehende
Pädagogin will deshalb "in Schulen gehen, Hockey-Arbeitsgemeinschaften anbieten"
und vielleicht etwas von den Strapazen, aber auch den schönen Seiten ihres
Sports erzählen. Das Gold von Athen zählt dazu, als angenehme Nebenwirkung auch
die Stippvisite im "Club der Besten".