Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Mandy Haase

WM-Teilnahme als Lohn für 150.000 km

Für Mandy Haase ging es nach ihrem Wechsel zum RRK steil bergauf / Sächsisches Hockeytalent mit Ehrgeiz

 

kri. - Am Vorabend einer großen Reise pflegen die meisten Leute ihre Koffer zu packen, wichtige Dinge zu erledigen oder noch 'mal kurz bei Verwandten und Freunden vorbeizuschauen. Mandy Haase zog es wie immer dienstags ins Hockeytraining. Zum letzten Mal für drei Wochen beschäftigte sich die 18 Jahre alte Defensivspezialistin im Kreise ihrer Mitspielerinnen beim Rüsselsheimer RK mit dem kleinen, weißen Hartplastikball. Von der nächsten Woche an schwingt sie bei der 4. Juniorinnen-Weltmeisterschaft in Buenos Aires den Schläger.

Dass Mandy Haase trotz des erfreulichen Umstands, frühzeitig einen Platz im 18-köpfigen Kader von Bundestrainer Heino Knuf sicher zu haben, mit gemischten Gefühlen zum Frankfurter Flughafen gekommen ist, darf als gesichert gelten. Einmal war da die bange Frage, ob der für 22.30 Uhr angekündigte Start noch rechtzeitig vor dem großen Pilotenstreik am Donnerstag erfolgen würde. Zum anderen dürften ihre Gedanken zwei Monate zurück geschweift sein. Im März war die älteste Nachwuchsauswahl des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) in der letzten Phase ihrer WM-Vorbereitung schon einmal nach Südamerika aufgebrochen. Im dritten Testspiel gegen Chile - nach der Partie gegen Mitfavorit Australien zu allem Überfluss am nächsten Freitag letzter deutscher Vorrundengegner - hatte sich die einzige Spielerin eines hessischen Vereins kurz vor Schluss die rechte Hand angebrochen.

Im abschließenden Training mit dem Bundesligateam des RRK war von der Blessur nicht mehr viel zu spüren. „Es ging schon wieder ganz gut. Und wenn die Verletzung doch nachwirken sollte, habe ich auch kein Problem damit, unter Schmerzen zu spielen", sagt Mandy Haase. Die kämpferische Ader, die sich hier Luft macht, kommt analog zu Talent und Ehrgeiz nicht von Ungefähr. Mutter Claudia absolvierte fünf A-Länderspiele für die DDR, Vater Dirk brachte es im Osten Deutschlands zum Junioren-Nationalspieler. „So lange ich zurück denken kann, bin ich in Leipzig mit auf den Platz gegangen", erinnert sich Mandy Haase an die ersten Jahre in ihrer sächsischen Heimat. Und: „Da meine Eltern beide Hockey gespielt haben, hatte ich nie das Bedürfnis, etwas anderes zu machen".

Noch vor der Wende 1989 siedelten die Haases zielgerichtet in den Großraum Heidelberg über. „Michi" Peter, vor drei Jahren verstorbener Olympiasieger von 1972 und legendärer Libero des HC Heidelberg, war auch in der DDR ein Begriff. Also ließ sich die Familie im Luftkurort Wilhelmsfeld nieder, und Mandy wie ihre vier Jahre jüngere Schwester Lydia tummelten sich in den folgenden sechs Jahren in verschiedenen Mädchenteams des HCH. „Irgendwann waren immer weniger Leute da, und ich hätte beinahe aufgehört. Da haben mir meine Eltern angeboten, mich nach Rüsselsheim zu fahren", erinnert sich die Oberschülerin an den wohl entscheidenden Wendepunkt in ihrer sportlichen Laufbahn.

Dass sich der Aufwand - in den sechs Jahren sind gut und gerne 150.000 Fahrkilometer angefallen - gelohnt hat, steht für Mandy Haase außer Frage: „Berti Rauth ist ein wahnsinnig guter Trainer". Und ein Mann, der bekanntermaßen Talent erkennt und fördert. Die Weiterentwicklung schritt vor allem im technischen Bereich so schnell voran, dass Mandy noch vor ihrem ersten Bundesligaspiel Anteil daran hatte, dass der RRK am Ostermontag 1998 in London zum zweiten Mal den Feld-Europapokal der Landesmeister gewann. Drei Hallen-Europacupspiege hintereinander schlössen sich für Mandy an. Nahe liegend, dass sich ihre Fertigkeiten auch bis zum Verband herumsprachen. 1996 lag die erste Einladung zu einem Sichtungslehrgang im Briefkasten, bald darauf folgten die ersten Einsätze im U16-Auswahlteam des DHB.

Mit 35 Jugend-Länderspielen gehört Mandy Haase zu den unerfahreneren Kräften im deutschen WM-Kader. Dass sie dabei sein würde, hätte sie auch aus diesem Grund kaum für möglich gehalten. In den wegweisenden Zentrallehrgang im März in Köln sei sie mit dem Bewusstsein reingegangen, „dass ich noch ziemlich jung bin. Ich wollte nur so viel wie möglich zeigen". Um so größer die Freude, als der Bundestrainer sie als eine von elf Spielerinnen fest für die WM gesetzt hatte. Völlig überrascht war sie aber keineswegs: „Ich glaube schon, dass ich recht lange konstant und gut gespielt habe. Und hinten links bin ich ziemlich sicher", sagt Mandy Haase. Und bei so viel Selbstsicherheit liegt es nahe, dass die Schülerin am Kurfürst-Friedrich-Gymnasium zu Heidelberg trotz „unglaublich vieler Fehlzeiten" und bisweilen wenig verständnisvoller Lehrer nicht nur im nächsten Jahr ihr Abitur ablegen und dann Sport oder Medizin/Reha studieren will. Nach der WM in Buenos Aires, wo „mindestens das Viertelfinale" herauskommen soll, ist das A-Nationalteam ebenso ein Ziel wie die Olympischen Spiele.

Dass der so genannte C-Kader des DHB der Ausgangspunkt für eine stattliche Karriere sein kann, könnte ihr eine Rüsselsheimer Teamkollegin verraten haben. Tanja Dickenscheid war 1989 dabei, als die deutschen Juniorinnen in Kanada die erste WM-Auflage gewannen. Nach 189 A-Länderspielen und drei olympischen Turnieren hat sie nach Sydney als 31-Jährige den Jüngeren Platz gemacht. Warum nicht auch für Mandy Haase?

Erster großer Erfolg für Mandy Haase im Trikot des RRK, die Damen des RRK gewinnen den Feld-Europacup 1998 in London (hinten: Betreuer Thomas Blivier, Britta Becker, Nadja Ritter, Tanja Dickenscheid, Eva Hagenbäumer, Lisa Jacobi, Sina Fröhlich, Nicole Hardt, Sybille Breivogel, Trainer Berthold Rauth; davor: "Physio" Hanne Zöller, Marja Busch, Denise Klecker, Nina Günther, Mandy Haase, Jana Schwärzel, Lena Schüder; vorn: Jennifer Lutz, Nicole Loeck)