Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Lydia Haase

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Europameisterin im Nebenjob

Hockey-Nationalspielerin Lydia Haase lehrt an der Hettinger Baulandschule

Haase ist erfolgreiche Sportlerin und ein bescheidener Mensch - "Muss nicht wie ein Gockel herumlaufen!"

Von Andreas Hanel (aus "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 18.03.2018)

Ein Europameistertitel, vier Mal deutscher Meister, vier Mal Europacup-Sieger, deutsche Nationalspielerin ‒ all dies hat die Hockeyspielerin Lydia Haase gewissermaßen im Nebenjob erreicht. Denn hauptberuflich ist sie Lehrerin, und zwar an der Hettinger Baulandschule.

Was verschlägt nun eine weitgereiste und prominente Nationalspielerin an die kleine familiäre Schule nach Hettingen und was für ein Mensch steckt hinter der Profisportlerin? Wir haben uns mit der sympathischen Erfolgsfrau unterhalten.

Haase verkörpert den Inbegriff einer modernen Powerfrau, doch dabei ist sie angenehm bescheiden geblieben, das Menschliche steht bei ihr stets im Vordergrund; zudem keinerlei Starallüren, dafür bodenständig und freundlich: So präsentiert sich die Hockeyspielerin und Lehrerin, als wir uns mit ihr an der Baulandschule trafen.

Steckbrief Lydia Haase

Geburtstag: 7. September 1986 in Leipzig

Berufliche Ausbildung: 2. Staatsexamen für das Lehramt (2015)

Clubs: HC Heidelberg, Rüsselsheimer RK, Mannheimer Hockeyclub

Position: Sturm

Länderspiele: 173

Erfolge: 1 x 1. Platz Europameisterschaft, 1 x 2. Platz Weltmeisterschaft, 3 x 2. Platz Europameisterschaft, 1 x 3. Platz Europameisterschaft, 1 x 3. Platz World League;  4 x 1. Platz Deutsche Meisterschaft, 1 x 2. Platz Deutsche Meisterschaft, 1 x 3. Platz Deutsche Meisterschaft; 4 x 1. Platz Europacup

Auszeichnungen: Most promising Player (Europacuo 2005), "Alfred Maul Medaille" (2006), Sport Award Rhein-Neckar (2016)

Hobbys: Paddeln, Fahrradfahren

Hockey liegt bei der Familie Haase quasi im Blut: "In den Hockeysport bin ich hineingeboren worden. Damals in der DDR spielten meine Eltern schon Hockey, meine ältere Schwester dann auch", berichtet die in Leipzig geborene Sportlerin. "Das Faszinierende an der Sportart ist die anspruchsvolle Koordination zwischen Schläger, Ball und schnellem Laufen, außerdem ist sie sehr abwechslungsreich", erklärt sie ihre Leidenschaft.

Leidenschaft macht gewiss einen Teil ihres Erfolgs aus, doch bedarf es auch einer großen Portion an Talent, das Haase zweifelsohne mitbringt: Taktische Anweisungen brauche sie eigentlich nicht, sie wisse auf dem Spielfeld intuitiv, wie und wohin sie sich bewegen müsse, beschreibt sie ihr Spiel.

Die Mischung aus Talent und hartem Training hat die Vollblutspielerin auf Vereinsebene mit der Damenmannschaft aus Rüsselsheim sowie dem Mannheimer Hockeyclub (MHC), mit dem sie aktuell auf dem ersten Platz der Bundesliga steht, unter anderem zu vier Deutschen Meisterschaften und vier Europacup-Siegen geführt; mit der A-Nationalmannschaft, für die sie 173 Länderspiele bestritten hat, wurde sie unter anderem Europameister und Vizeweltmeister.

Bei der Kadernominierung für die Olympiade 2016 kam es jedoch zum Bruch mit der Nationalmannschaft: Beim damaligen Trainer Jamilon Mülders fand die deutsche Topstürmerin als Erstplatzierte der Torschützenliste unter dubiosen Umständen und für viele unerklärlich keine Beachtung ‒ die Auswahl sei nicht nach Leistung erfolgt, so Haase. Doch selbst hier kann sie inzwischen Großmut beweisen: "Das ist für mich alles verjährt."

Jetzt konzentriert sich die ehemalige Nationalspielerin auf ihre Karriere beim MHC, mit dem sie aktuell Spitzenreiter in der Bundesliga ist. Das verlangt jedoch einiges von ihr ab: Unter der Woche trainiert die Profispielerin fünf Mal zum Teil bis zu vier Stunden in Mannheim, am Wochenende bestreitet sie meistens zwei Spiele an verschiedenen Spielorten in ganz Deutschland.

Hockey-Profisportlerin Lydia Haase kann auch gut mit dem Fußball umgehen. Neben ihrer Sportlerkarriere im Sturm des Mannheimer HC unterrichtet sie Sport, Deutsch und Religion an der Hettinger Baulandschule ‒ sehr zur Freude ihrer Schüler.

Doch das ist für die leistungsorientierte Sportlerin noch nicht genug: Hauptberuflich ist sie nämlich Lehrerin für ‒ wenig überraschend ‒ Sport sowie Deutsch und evangelische Religion an der Grund- und Hauptschule in Hettingen. Auch das Lehrerdasein scheint ihr in die Wiege gelegt worden zu sein; so legt sie dar: "Ich wollte schon immer Lehrerin werden. Der Lehrerberuf macht mir auch total viel Spaß." In ihren vier Klassen gebe es viele unterschiedliche Charaktere, was auch den Reiz ausmache, schwärmt sie. Besonders die weniger pflegeleichten Schüler liegen ihr nach eigener Aussage dabei am Herzen: "Ich bin nicht eine, die jemanden fallen lässt, auch wenn er schwierig ist."

Ihre menschliche Art schätzten auch die Schüler, wie uns der Schulleiter der Baulandschule, Jochen Köpfle, verriet. Außerdem seien sie auch stolz auf ihre prominente Lehrerin ‒ oder eben auf ihren "Hockeystar", womit sie auch schon mal von ihren Schülern tituliert worden sei, wie Haase mit einem Lächeln erzählt. Hockey lasse sie allerdings nur selten im Sportunterricht spielen, denn Schläger, Ball und kleine Kinder ohne Spielerfahrung seien keine gute Mischung.

Dass sie nun an die Hettinger Baulandschule gekommen ist, bereut sie nicht ‒ im Gegenteil: "Hettingen war ein guter Schritt für mich. Hier werde ich bei meinen sportlichen Terminen extrem gut unterstützt, vor allem auch von Direktor Köpfle." Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit.

Schulleiter Köpfle ist voll des Lobes für seine Mitarbeiterin, die bereits nach drei Jahren an der Schule Mitglied im Schulleiter-Team ist: "Es ist schön, dass wir mit Frau Haase auch eine Dame haben, die Power hat. Sie ist ein greifbares Vorbild für die Schüler: sie verliert auch mal, beißt dann aber und steht wieder auf. Sie ist ein Aushängeschild für unsere Schule."

Mit ihren menschlichen Werten und ihrem anpackendem Naturell verkörpert die Profisportlerin wirklich all dies, für das das pädagogische Konzept der Haupt- und Grundschule einsteht: den Schülern einen Rahmen mit Sicherheit und Wärme geben, den Mensch in den Vordergrund stellen sowie die jungen Menschen durch individuelle und gezielte Begleitung für das Berufsleben fit machen.

Doch wie bringt die sympathische Powerfrau dies alles unter einen Hut? Der Schlüssel zum Erfolg liegt für sie in der Familie: "Das Private und meine Familie sind mir extrem wichtig, die kommen an erster Stelle." Gerade mit ihrer Schwester, die es ebenfalls bis zur Nationalspielerin gebracht hat, verbindet sie ein enges Band: "Sie ist ein absolutes Vorbild ‒ sowohl mental als auch menschlich. Mit ihr zusammen hatte ich eine unfassbar schöne Zeit bei der Nationalmannschaft."

Da nimmt es nicht wunder, dass sie sich hier in der eher ländlich und familiär geprägten Gegend wohlfühlt, wie sie selbst bekennt: "Ich fahre immer unfassbar gerne hierher nach Hettingen." Dass sie aufgrund ihrer Prominenz auf der Straße angesprochen wird, passiert ihr auch in der hiesigen Region manchmal. Das freue sie dann zwar, allerdings betont sie ebenso hier das Zwischenmenschliche: "Ich werde nicht nur wegen meiner Erfolge angesprochen, sondern auch wegen des Gesprächs von Mensch zu Mensch. Ich bin dann nicht eine, die wie ein Gockel herumlaufen muss" ‒ eine Selbsteinschätzung, die wir nach unserem Besuch unterschreiben können.