Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

Dieser Bereich der "alten RRK-Homepage" im Vintage-Look enthält auch Inhalte wie Berichte von 2000 bis 6/2018,
wie "In memoriam", wie "Über RRK-Mitglieder", wie Links, wie Suchen, wie ... usw.

>>> Zur neuen RRK-Homepage <<<                    >>>Datenschutzerklärung<<<                   >>>Impressum<<<

Archiv

Chronik "Der Klub"

Chronik Hockey

Chronik Rudern

Chronik Tennis

Über RRK-Mitglieder

In memoriam

Links

Suchen

 

Über Mitglieder des RRK (2020)                                  

Liz Meneghello de Abreu

Die Brasilianerin Liz Meneghello de Abreu fühlt sich im Trainingsanzug und auf der Anlage des RRK pudelwohl.

 

 

 

 

 

 

Von Rio nach Rüsselsheim

Südamerikanisches Flair im Hockeysport: Die Brasilianerin Liz Meneghello de Abreu ist die erste weibliche Trainerin der 1. Herrenmannschaft des RRK

Von Rüdiger Koslowski (aus "Frankfurter Neue Presse" vom 16.11.2020)

Wer an Brasilien denkt, dem kommen schnell Copacabana, Samba, der Karneval und freilich Fußball in den Sinn. Aber Hockey? Brasilien taucht mit Feldhockey in der Weltrangliste nur unter "Ferner liefen" auf. Wer derzeit über das Hockey des Rüsselsheimer Ruder-Klubs spricht, kommt indessen nicht daran vorbei, auch an Brasilien zu denken. Denn die neue Trainerin der 1. Herrenmannschaft kommt aus dem Land des Zuckerhuts. Nicht nur das Herkunftsland ist ein Novum, sondern auch, dass eine Frau die Herrenmannschaft trainiert.

Liz Meneghello de Abreu heißt die 33-jährige sympathische Frau mit den pechschwarzen langen Haaren; der Trainingsanzug des RRK steht ihr gut. Eigentlich ist es nicht üblich, dass Frauen Herrenmannschaften trainieren. Das weiß sie auch, schaut aber bei der Frage dennoch ein wenig irritiert drein. "Das Training ist keine Frage des Geschlechts, sondern des Charakters und der Persönlichkeit", versichert sie. Sie habe klare Regeln und sei gut organisiert. Sie sei eine ehrliche Trainerin, lobe und kritisiere. Derzeit nimmt Meneghello de Abreu jeden Werktag an einem dreistündigen Online-Sprachunterricht teil. Deutsch sei eine schwere Sprache, stellt sie mit einem fröhlichen Lachen fest. Am deutschen Brot hat sie dagegen erst einmal deutlich mehr Geschmack gefunden.

Meneghello befand sich bereits im vergangenen Jahr für einen kleinen Abstecher beim RRK und unterstützte sechs Wochen die erste Damenmannschaft. Sie wollte den damaligen Co-Trainer der ersten Herrenmannschaft, den Engländer Amarjeet Soar, besuchen, den sie bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro kennengelernt hatte.

Internationale Erfahrung

Vor ihrem Besuch hatte sie anderthalb Jahre in Sydney/Australien beim Spitzenclub Ryde Hunters Hill District Hockey Club als Athletik- und Video-Trainer gearbeitet. Sie wollte das Hockey in Europa, in Deutschland kennenlernen. Beim Abholen vom Flughafen und einem Getränk mit dem Leiter der männlichen Jugend, Dennis Schwarz, kam der Gedanke auf, sie könne doch mal beim RRK reinschnuppern. Der Verein und Meneghello einigten sich daraufhin auf eine Zusammenarbeit ab dem Jahr 2020. Dies auch, weil Spielerinnen, Spieler, Trainerkollegen und Vorstand von ihren Qualitäten überzeugt gewesen seien.

Nachdem einige bürokratische Hürden überwunden waren, begann sie im Frühjahr ihre Arbeit im Trainerstab. Weil Soar, inzwischen Cheftrainer, wegen Corona vorzeitig nach England zurückkehrte, übernahm sie die 1. Herrenmannschaft. Meneghello de Abreu kam erst als 18-jährige junge Frau zu dem Hockeysport. Sie war damals Leichtathletin. Der Fitnesstrainer der Hockey-Nationalmannschaft war ihr Leichtathletiktrainer. Sie sei schnell, sie solle es doch mal mit Hockey probieren, habe er vorgeschlagen.

Darin sah sie Möglichkeit, ihr Land zu repräsentieren, sagt sie. Schon nach einigen Monaten stand sie im Nationalaufgebot. Das sei in Brasilien nicht so schwer, es gebe nur 20 Clubs, sagt sie bescheiden. Brasilien habe keine große Hockeytradition, wie beispielsweise Argentinien durch die frühere spanische Kolonialherrschaft. Ob Ausrüstung oder Platzqualität, der Hockeysport werde in Brasilien nicht gefördert. Sie ist denn auch ganz begeistert von der Anlage des RRK.

Ausgebildete Rettungssanitäterin

Nicht zuletzt wegen der mangelnden Infrastruktur verließ sie Brasilien in Richtung Argentinien, spielte dort Hockey und absolvierte eine dreijährige Ausbildung als Rettungssanitäterin. Weitere Schritte führten sie in die USA, dann nach Australien. Dort fing die studierte Sportwissenschaftlerin als Trainerin an.

Jetzt ist in Deutschland wegen Corona erst einmal die Zwangspause angesagt, was Meneghello bedauert, denn sie hätte jetzt gerne die Hallensaison kennengelernt. "Aber das ist auch nicht das Ende der Welt", sagt sie. Den Kopf will sie jedenfalls nicht in den Sand stecken. In die Feldsaison startete sie in der zweiten Regionalliga zum Abschluss der Hinserie mit zwei Siegen erfolgreich.

In Rüsselsheim fühlt sie sich bereits wohl und sicher, sagt sie. Sie mag kleine Städte. Der Club habe sie sehr freundlich aufgenommen, es herrsche eine sehr familiäre Atmosphäre.


Nur für die Kälte noch keine Strategie

Die Hockeyspieler des Rüsselsheimer RK haben mit der Brasilianerin Liz Meneghello de Abreu erstmals eine Trainerin. Dieser erlebt diesen Samstag ihre Feuertaufe im Stadion am Sommerdamm.

Liz Meneghello de Abreu

Das Interview führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 18.09.2020)

Die frühere Bundesligaspielerin und Jugend-Nationaltrainerin Lisa Jacobi – seit vielen Jahren beim DOSB tätig – hat ab und an schon mal im Hintergrund mitgewirkt. Was an diesem Samstag ab 16 Uhr am Sommerdamm Realität wird, das freilich hat es in der langen und ruhmreichen Geschichte des Rüsselsheimer RK noch nie gegeben: Mit der Brasilianerin Liz Meneghello de Abreu werden die Hockeyspieler erstmals von einer Frau trainiert. Die 33-Jährige hätte eigentlich als Assistentin von Amarjeet Soar anfangen sollen, doch da der Brite zurück in seine Heimat gegangen ist, steht die Ex-Auswahlspielerin ihres Landes im Heimspiel der Zweiten Regionalliga Südwest gegen den TFC Ludwigshafen nun vor ihrer Feuertaufe am Sommerdamm.

Frau Meneghello de Abreu, haben Sie schon ein bisschen Deutsch gelernt?

Ja, ein bisschen, um während des Spiels wenigstens etwas sagen zu können. Sehr gut, super, nein zum Beispiel. Ich plane aber in den nächsten Wochen richtig Deutsch zu lernen. Es wird gut sein, irgendwann mit den Spielern in ihrer Muttersprache zu kommunizieren.

Woher kommt Ihre Begeisterung für Hockey in einem Fußball verrückten Land wie Brasilien?

Natürlich ist Feldhockey ist in Brasilien längst nicht so groß wie in Deutschland. Aber seitdem ich zehn Jahre alt bin, spielt Sport eine große Rolle in meinem Leben. Damals hat mich der brasilianische Nationaltrainer beim Laufen beobachtet und gefragt, ob ich nicht mal diesen neuen Sport ausprobieren wolle – Hockey. Da habe ich gesagt, warum nicht?

Wo haben Sie zum Beispiel gespielt?

Ich habe für die Nationalmannschaft gespielt, etwa bei den pan-amerkanischen Spielen 2007 und den Südamerika-Spielen 2008. Zuletzt, also im Jahr 2019, habe ich für Ryde in Sydney gespielt.

Wie sind Sie beim Rüsselsheimer RK gelandet und ist dies Ihre erste Trainerstation?

Zur Person

Die Stars in ihrer Heimat heißen Marta oder Formiga und spielen Fußball in der Selecao. Liz Meneghello de Abreu, Ende Juni 1987 in der knapp 500.000 Einwohner zählenden Stadt Florianopolis an der Südwestküste Brasiliens geboren, hat mit zehn Jahren ihr Herz an den Hockeysport verloren. Dem damaligen Nationaltrainer der aktuellen Nummer 38 der FIH-Weltrangliste hatte ihr Laufstil gefallen. Nach einer intensiven Aktivenzeit im In- und Ausland arbeitet die 33-jährige Ex-Nationalspielerin inzwischen fest als Trainerin und hält sich sonst gerne in der Natur auf.

Nach dem Saisonende in Australien im September 2019, habe ich die Entscheidung getroffen, es in Deutschland zu versuchen. Ich habe einen Freund, der hier in der Region Männerteams trainierte, und über ihn bin ich auf Deutschland gekommen. Wir haben gemeinsam bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio gearbeitet. Ich hatte Bewerbungen an Clubs geschrieben, einige waren sehr an meiner Arbeit interessiert. Letztlich bin ich dank Amo (der Brite Amarjeet Soar; Anm. d. Red.) aber beim RRK gelandet, bei dem ich mich sehr gut aufgenommen fühle. Ich habe dann beim ersten Damenteam assistiert, Statistiken geführt und Video-Analysen vorgenommen. Ich arbeite ja schon recht lange im Hockey, zunächst vor allem im Fitness-Bereich, mittlerweile aber in allen Aspekten des Spiels.

Aufgrund der Corona-Krise war es Ihnen lange nicht möglich, Brasilien zu verlassen. Wie sind Sie mit der Situation umgegangen und wie ging es Ihnen dabei?

Ich versuche, immer das Positive zu sehen. Natürlich wäre ich gerne früher nach Deutschland gekommen, um mit dem RRK-Team arbeiten zu können. Aber die Arbeit aus der Ferne hat uns zusammengeschweißt. Die Unterstützung, die Disziplin und der Wille, online zu trainieren, haben mich noch zuversichtlicher gemacht. Jetzt setzen wir das Kapitel hier zusammen fort. Das Team kennt mich, ich kenne das Team – wir haben ein Ziel, und ich freue mich sehr auf die Saison.

Wie sieht Ihre Spielphilosophie aus und gibt es Teams, die Sie besonders beeindruckt haben?

Meine Philosophie ist es, immer geschlossen als Team aufzutreten. Wir arbeiten und kämpfen zusammen und bringen unsere beste Leistung auf den Platz. Die australische Spielweise ist ein Stil, der mich beeindruckt und mit dem ich mich gut auskenne. Diese offensive Spielweise und der Fitness-Level sind schon besonders.

Die Vorfahren der aktuellen Mannschaft waren neun Mal Deutscher Meister, aber am Samstag geben Sie gegen den TFC Ludwigshafen Ihr Debüt als RRK-Trainerin in der vierten Liga. Spüren Sie Erfolgsdruck?

Nein, ich verspüre keinen Erfolgsdruck, da ich vollstes Vertrauen in meine Mannschaft habe. Wir haben viel Qualität, viel Erfahrung durch die Routiniers und viel Enthusiasmus durch die Jungen – das ist eine perfekte Kombination. Es geht darum, unsere beste Leistung zu zeigen. Und ich bin mir absolut sicher, dass wir am Samstag unsere beste Leistung zeigen werden. Jeder Spieler für sich und zusammen als Team, um den Sieg landen zu können. Ich freue mich, dass es losgeht.

Riskieren Sie einen Tipp, wie das Spiel ausgeht?

Nein, besser nicht. Ich sage nur so viel: Es wäre schön, wenn wir nach dem Spiel lächeln und uns freuen könnten.

Im November soll die Hallensaison beginnen. Haben Sie mehr Respekt vor der Indoor-Variante, die in Ihrer Heimat ja weitestgehend unbekannt ist, oder doch eher vor der winterlichen Kälte in Deutschland?

Ich habe keine Angst vor Hallenhockey – auch wenn man in Brasilien längst nicht so weit ist wie in Deutschland. Aber es geht darum, zu lernen und denjenigen zu vertrauen, die es besser wissen. Das Team und der Verein werden mir helfen. Ich bin offen für jede Art Hilfe und möchte so viel lernen wie möglich. Ich liebe solche Herausforderungen, sie treiben mich an. Und die Kälte? Das wird sicherlich der schwierigste Part und ich gebe zu, dass ich dafür noch keine richtige Strategie habe.