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Über Mitglieder des
RRK (2007)
Lisa Jacobi |
Lisa Jacobi |
Porträtzeit
"Ich bin impulsiver"
Von
Uli Meyer (aus "Hockeyzeit" vom Oktober 2007)
Eine Bewerbungsempfehlung war nicht mehr nötig, eher war es
schon ein Abschiedsgeschenk. Mit dem Gewinn des Hessenschild-Pokals 2007 hat
Lisa Jacobi ihre letzte Aufgabe als Landestrainerin maximal erfolgreich
abgeschlossen. Künftig ist die Rüsselsheimerin als Bundestrainerin für die
weibliche U18 tätig.
In
der Vorrunde im Juni noch reichlich uneingespielt und dann nur mit einer Portion
Glück überhaupt für die Endrunde qualifiziert, hatte Lisa Jacobi ihre hessische
U16-Landesauswahl im September soweit, dass sie mit den Besten nicht nur
mithalten konnte, sondern am Ende sogar ganz oben stand. Wenn der weibliche
Nachwuchs-Chefbundestrainer Marc Herbert als Beobachter der Länderpokal-Endrunde
davon sprach, dass Hessen "von allen Topmannschaften die kombinationssicherste
und konstanteste" gewesen sei, dann war das natürlich auch ein direktes Lob an
die Trainerin.
Marc Herbert hat
schon seit Monaten, als mit seinem Aufstieg zum U21- und Nachwuchscheftrainer im
weiblichen Bereich Herberts bisherige Honorartrainerstelle als U18-Bundestrainer
frei wurde, keinen Hehl daraus gemacht, dass Lisa Jacobi seine
Wunschnachfolgerin sei. Man kennt sich schon lange und gut. Vier Jahre haben die
beiden einen gemeinsamen Trainerweg genommen. Als der Hamburger 2003 die
U16-Nationalmannschaft übernahm, wurde Jacobi seine Co-Trainerin, nach zwei
Jahren wechselte das Gespann gemeinsam eine Stufe höher, war in der gleichen
Konstellation für die Bundesauswahl der Weiblichen Jugend A verantwortlich. Mit
der Bronzemedaille bei der U18-Europameisterschaft im Juli 2007 endete das
gemeinsame Werk von Chef und Co.
Lisa Jacobi
(ganz rechts) konnte mit ihrer hessischen U16-Landesauswahl den Hessenschild
2007 gewinnen. Für die künftige U18-Bundestrainerin ein idealer Abgang aus
dem Amt als Landestrainerin. |
Dass sich die
endgültige Besetzung der neuen U18-Trainerstelle noch lange Wochen hinzog, hatte
nichts mit irgendwelchen Zweifeln des Deutschen Hockey-Bundes an der
ausgeguckten Kandidatin zu tun. Lisa Jacobi war auch bei den
Entscheidungsträgern um Bundesjugendwart Wolfgang Hillmann und Jugendsportwartin
Dagmar von Livonius ob ihrer fachlichen Qualifikation völlig unumstritten. Es
hakte lediglich an der Zustimmung durch ihren Arbeitgeber. Die 30-Jährige hatte
vor einigen Monaten das Angebot bekommen, ihre bisherige halbe Stelle in einen
vollen Lehrauftrag aufzustocken. Jacobi hat angenommen, hat ihre bisherige
zweite halbe Stelle (seit 2003) als Landestrainerin beim Hessischen
Hockey-Verband gekündigt (dort wird sie vom neuen RRKDamentrainer Benedikt
Schmidt-Busse beerbt) und ist nun Angestellte beim Schulsportzentrum
Rüsselsheim, das dem Immanuel-Kant-Gymnasium angeschlossen ist. Berufliche
Nebentätigkeiten muss sie sich genehmigen lassen. Und dass die sportliche
Leitung einer Jugend-Nationalmannschaft mit Lehrgangs- und
Länderspielverpflichtungen einher geht, die ohne gewisse Freistellungen von der
Schule nicht vollständig zu leisten wären, machte die Sache noch ein wenig
komplizierter. Aber Anfang Oktober hat sie "Grünes Licht" bekommen.
Mit dem so
genannten Zentrallehrgang II vom 1. bis 4. November in Köln geht es los. Dann
hat Lisa Jacobi ihre U18-Kaderspielerinnen erstmals vollverantwortlich unter
ihren Fittichen. Wird alles neu? "Ach was", wehrt sie ab, "die Inhalte sind doch
klar und kaderübergreifend abgesprochen, auch von den Abläufen ist vieles fest
geregelt." Änderungen werden für die jungen Talente, wenn sie denn überhaupt
schon in der Saison 2007 dem JA-Bereich angehört haben, wohl höchstens durch die
unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmale der gewechselten Bundestrainer
sichtbar. "Marc, der das sehr gut aufgezogen und gemacht hat, war eher ein
ruhiger Charakter. Ich bin ein anderer Typ, bin impulsiver", vergleicht Lisa
Jacobi. Sie hat nicht vor, ihren Vorgänger zu kopieren. "Da werde ich mich nicht
verbiegen", hat sie sich fest vorgenommen.
Ihr Knowhow als
Trainerin hat sich Lisa Jacobi weiß Gott nicht nur in Trainerlehrgängen und an
Taktiktafeln erworben. Viele Jahre gehörte sie der Bundesligamannschaft des
Rüsselsheimer RK an und holte mit dem erfolgreichsten Vereinshockeyteam der Welt
unter Dauer-Trainer Berti Rauth zahlreiche Titel. Im Januar 2000 wurde die
großgewachsene Angreiferin mit ihren ersten und zugleich letzten fünf Einsätzen
im Damen-Nationaltrikot in Wien Hallen-Europameisterin. Mit 27 Jahren war nach
Beendigung der Hallensaison 2004/05 und dem einmal mehr errungenen
Hallen-DM-Titel und Hallen-Europacup Schluss mit Leistungshockey. Lisa Jacobi,
deren jüngere Geschwister Lena und Nicolas beide den U21-Nationalmannschaften
angehören (Lena war Kapitänin der deutschen Junioren-Europameisterinnen 2006),
hatte sich einen Ermüdungsbruch im rechten Mittelfuß zugezogen. Eine Verletzung,
die sie unangenehm lange begleitete und zwei Operationen erforderlich machte.
Beim Wiesbadener THC ließ sie im vergangenen Jahr in der dortigen
Regionalligamannschaft ihre Spielerkarriere ausklingen − "ohne Training und
einfach aus der Lust heraus, mich zu bewegen." Wenn sie jetzt noch mal zum
Schläger greift, was selten genug ist, dann wird das bei den zweiten RRK-Damen
der Fall sein. In den vergangenen Wochen hat die A-Lizenz-Inhaberin beim RRK als
erste Frau in der langen Vereinsgeschichte die 1. Herrenmannschaft trainiert und
gecoacht, nachdem der etatmäßige Trainer Kai Stieglitz nach einem schweren
Verkehrsunfall wochenlang ausgefallen war. "Natürlich ist das nichts
Alltägliches, doch auch im Training machen es mir die Herren einfach; sie seien
eigentlich eher handzahm, ließ Jacobi wissen. Über ihre Hockeyphilosophie sagt
die neue U18-Bundestrainerin: "Ich bin DHB- und Berti-geprägt." Eine
interessante Mischung.
Einstimmung auf Hausaufgaben und 2008
Aus "Hockeyzeit" vom November 2007
Ihren Einstand als
verantwortliche U18-Bundestrainerin gab Lisa Jacobi mit dem Zentrallehrgang II
auf weiblicher Seite. 28 Teilnehmerinnen der Jahrgänge 1990 und 91 nahmen in
Köln teil, um vorrangig athletisch geschult zu werden. "Da haben wir zum Teil
lieber die Hockeyeinheiten gekürzt, um das Athletikprogramm voll durchziehen zu
können", so Jacobi, die es als das Hauptziel des Lehrganges bezeichnete, eine
entsprechende "Athletikeinstellung" bei den Spielerinnen zu erzielen. Was die
vier Lehrgangstage angeht, konnte sich die Rüsselsheimerin diesbezüglich nicht
beschweren: "Einstellung und Einsatz waren gut." Doch ermessen lässt sich die
Nachhaltigkeit erst, wenn das auch zu Hause und über die Wintermonate hinweg
konsequent fortgesetzt würde. "Die Mädels müssen sich jetzt zu organisieren
lernen, um das geforderte Pensum von Schule, Vereinstraining im Jugend- und
Damenbereich sowie unserem zusätzlichen Programm vernünftig auf die Reihe zu
bekommen“, sieht Jacobi in der künftigen A-Jugend-Altersklasse einen großen
Unterschied zum "Welpenschutz aus der U16". |