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Über Mitglieder des
RRK (2018)
Kurt Hofferberth |
Teilen zwar nicht
den gleichen Nachnamen, aber die Leidenschaft für gutes Brot: Der neue
Bäckereiinhaber Marius Blöcher (Mitte) mit den vorigen Besitzern Marion und
Kurt Hofferberth. |
Neuer Inhaber bei der Traditionsbäckerei Hofferberth
Die Bäckerei
Hoffertberth ist für die Zukunft gewappnet: Marion und Kurt Hofferberth haben
das Nudelholz an Marius Blöcher weitergegeben.
Von STELLA LORENZ
(aus "Rüsselsheimer Echo" vom 13.04.2018)
Gut riecht es in
der Backstube, wo gerade drei Bäcker mit hochgekrempelten Ärmeln zwischen
Knettischen und Gärschrank umherwuseln. Das ist Marius Blöchers Refugium. Anfang
des Jahres hat der 26-Jährige die Bäckerei Hofferberth übernommen.
Für Marion und Kurt
Hofferberth, die die Inhaberschaft und Geschäftsführung an den jungen Meister
übergeben haben, ist das ein großer Schritt, der notwendig war. "Wir haben uns
überlegt, wie wir uns weiterentwickeln wollen", erzählt Marion Hofferberth. Für
ihre beiden Töchter kam eine Weiterführung des Betriebs nicht infrage. "Arbeiten
wir, bis wir umfallen? Machen wir irgendwann zu?" Beides sei keine Lösung
gewesen, sagt sie schmunzelnd.
Blöcher dagegen,
der bereits seit 2010 als Geselle in der Hofferberth’schen Bäckerei angestellt
war, ist begeistert, als sich die drei 2016 zu ersten Gesprächen zusammensetzen.
"Ich habe in Hochheim gelernt und wusste, ich muss nicht unbedingt in die
Industrie gehen", erzählt der Flörsheimer. Jetzt Inhaber der 108 Jahre alten
Bäckerei zu sein, mache ihn glücklich. "Die harte Arbeit hat sich rentiert",
meint er. "Er kann stolz auf sich sein“, fügt Marion Hofferberth an.
Dass als
Geschäftsführer freilich nicht nur in der Backstube, sondern auch am
Schreibtisch Arbeit auf ihn wartet, mache ihm nichts aus. "Das gehört dazu",
findet Kurt Hofferberth. In die Lohnbuchhaltung, die derzeit noch die ehemalige
Chefin mitbetreut, müsse er eben noch reinwachsen. "Man muss sich dran
gewöhnen", so Blöcher lachend. "Aber man macht das ja gern." Wirtschaft war in
seiner Meisterprüfung 2016 ein fester Bestandteil. Solange es geht, wollen
Marion und Kurt Hofferberth ihn unterstützen. Für ihr Lebenswerk wünschen sich
die beiden Rüsselsheimer, dass es so weitergeht "oder noch besser wird", so
Marion Hofferberth.
"Es läuft gut. Das
ist nicht selbstverständlich", ergänzt ihr Mann. Auch Blöcher sieht die
Beliebtheit der Bäckerei als Chance, den Kunden weiterhin zu zeigen, dass
Qualität hier im Vordergrund steht.
Viel Kreativität
Dass das ein oder
andere neue Brot das Sortiment ergänzt, ist für Blöcher gesetzt. "Für den Sommer
plane ich schon ein Olivenbrot", so der Bäckermeister. Für Neues ist er offen.
Die Kreativität ist das, was er an seinem Beruf liebt. Die Größe des Betriebs
erlaube es ihm, Rezepte zu testen. "Das ist das Schöne daran: Man kann sich
ausprobieren", sagt Blöcher. So seien Brotsorten wie das italienische Landbrot
oder die Gaumenfreude, ein dunkles Zwiebelbrot, entstanden. "Klar, als junger
Meister hat man viele Ideen", weiß auch Kurt Hofferberth. "Man muss nur
bedenken, wie man diese beim Kunden auch unterbringt." Der Generationenwechsel
sei aber schon gut und wichtig, da sind sich beide Hofferberths einig. "Meine
Oma hat immer gesagt: 'Du musst mit der Zukunft gehen, nicht mit der
Vergangenheit.' Man darf nicht stehenbleiben", findet Marion Hofferberth.
Über eine
Bio-Zertifizierung denkt Blöcher schon länger nach. Das Getreide sei schon
ausnahmslos biologisch. "Den Betrieb zertifizieren zu lassen ist allerdings sehr
kompliziert und teuer", berichtet der neue Inhaber. Dafür sei die Nachfrage
derzeit auch zu gering.
Besorgte Kunden,
die dem Wechsel skeptisch gegenüber stehen, gebe es keine, sagt Marion
Hofferberth. "Den Kunden ist wichtig, dass die Bäckerei bestehen bleibt und der
Nachfolger die Qualität hält", erzählt sie weiter. Da kann Blöcher beruhigen:
"Es wird alles so bleiben, ab und zu gibt es mal ein neues Produkt", sagt er
augenzwinkernd. Auch der Name "Bäckerei Hofferberth" bleibe.
Die Bäckerei Hofferberth wird an den neuen
Inhaber übergeben. Das Foto zeigt (von links) Marion Hofferberth, Marius
Blöcher (neuer Besitzer) und Kurt Hofferberth. |
Kundennähe als
Stärke
Abseits der
Backstube will Blöcher stärker innovativ tätig werden: Derzeit arbeitet er an
einer Facebook-Präsenz, entwickelt Logo-Shirts für die Mitarbeiter und überlegt,
eine Art Brot-Bestell-Portal online anzubieten – für die jüngere Generation. Die
telefonische Bestellung soll natürlich weiter angeboten werden.
"Unser Plus ist die
Nähe zum Kunden", erklärt Kurt Hofferberth. Davon sei die starke Industrie weit
weg. "Gibt es ein größeres Highlight, als wenn man ein warmes Brot direkt aus
der Backstube bekommt?", fragt er rhetorisch. Blöcher nickt. Seine Leitlinien
hat er klar definiert: Qualität und Handwerk seien die Faktoren, die seine
Arbeit ausmachen.
Von all den
Backwaren, die er und seine Mitarbeiter täglich fertigen, ist Brotbacken der
klare Favorit des jungen Bäckermeisters. "Das mache ich am liebsten, weil es so
genial ist. Man braucht einfache Zutaten, etwas Zeit und ein bisschen
handwerkliches Geschick." Dann brauche es nur noch Butter zum perfekten
Brot-Genuss.
Ein harmonischer Übergang nach 107 Jahren
BÄCKEREI
HOFFERBERTH Familie vertraut Erbe einem jungen Meister aus den Reihen der
bisherigen Belegschaft an / Marius Blöcher respektiert erfolgreiche Traditionen
Von Michael Wien
(aus "Main-Spitze" vom 10.03.2018)
Er heißt Marius
Blöcher, ist gerade 26 Jahre alt geworden, Bäckermeister und seit Jahresbeginn
Inhaber der Bäckerei Hofferberth. Kurt und Marion Hofferberth haben die GmbH in
der Haßlocher Straße an ihn verkauft und ihm – wie sich selbst – damit einen
Wunsch erfüllt. Ihre beiden Töchter möchten die angesehene Firma, die 1910 von
Georg und Katharina Hofferberth gegründet wurde, nicht in sechster Generation
übernehmen. Das Erbe scheint den Nachfahren bei Marius Blöcher in guten und
sicheren Händen. Seit 2010 gehörte er zum 17-köpfigen Team (fünf in der
Backstube, zwölf schichtweise im Verkauf). So wie er Kollegenschaft und
Maschinenpark aus dem Effeff kennt, wissen Kurt und Marion Hofferberth genau,
wem sie das Familienstück anvertrauen.
GESCHICHTE UND ZUKUNFT
Der allmähliche Rückzug der Hofferberths aus dem
geliebten Beruf findet nicht erst jetzt in Etappen statt. Der Betrieb hatte
einst drei Standorte. Zuerst gab man die Filiale im Hasengrund auf, dann
zunächst pachtweise das Stammgeschäft in der Bahnhofstraße. Seither
konzentrierte man sich auf die Haßlocher Straße, wo auch gebacken wird.
Nachfolger Marius Blöcher hat zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor,
wieder zu expandieren.
Eine Zertifizierung als Bio-Bäckerei strebt Blöcher so
wenig an, wie es Kurt Hofferberth tat, bei aller Liebe zu Körner-Broten und
Verwendung von Bio-Getreide. Sie brächte viel bürokratischen Aufwand mit
sich, was Kosten und Verkaufspreise unnötig erhöhen würde, sind sich die
beiden Bäcker einig.
Marius Blöchers Lebensgefährtin wird nicht direkt
mitarbeiten, steht aber als Beraterin zur Verfügung. Sie ist im
Qualitätsmanagement eines IT-Unternehmens tätig. Marion Hofferberth,
geborene Ende, entstammt einer Bäcker- und Konditorenfamilie und hatte vor
allem als Leiterin des Verkaufsbereiches stets hohen Anteil am Erfolg des
Betriebs. (mw) |
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Zahl der
Fachgeschäfte ist erheblich geschmolzen
Und Blöcher ist
froh, einem ersten Wink folgend nicht woanders hingegangen zu sein, am Ende
vielleicht sogar in der Backindustrie zu landen: "Wir betreiben ein Handwerk, da
möchte ich den Teig auch mit meinen Händen bearbeiten können und nicht bloß
Maschinen anfassen!" Die Hofferberths sind froh, nun rechtzeitig an ihn
abgegeben zu haben. Blöcher zahlt die Kaufsumme allmählich ab, Marion wie Kurt
Hofferberth (und auch Tochter Anne) bleiben bis auf Weiteres unterstützend im
Team, lassen also Stück um Stück ganz los. Die Produktpalette wird ebenso wie
der eingeführte Name erhalten. "Kunden spüren kaum etwas von diesem Übergang",
sind sie gewiss.
"Nein, der normale
Weg ist das ganz und gar nicht", berichten sie mit Blöcher wie aus einem Munde.
"Normalerweise macht der Bäcker dicht, wenn er sich in reiferem Alter
zurückziehen will und sich kein Nachkomme um die Nachfolge bemüht", beschreibt
der frischgebackene Chef die Lage auf dem Markt. Und die Hofferberths stimmen
ein. Früher habe es in Rüsselsheim zehn Bäcker gegeben. Und einen Kegelclub, auf
dass die Wettbewerber die Konkurrenz nicht auf die Spitze treiben, sondern
einander mitmenschlich gewogen bleiben sollten. Inzwischen habe man so viel
Umsatz an Supermärkte und Aufbackbetriebe verloren, dass die Schar der
Fachgeschäfte in Stadt wie Umland erheblich geschmolzen ist. Will heute jemand
von außen einen Fachbetrieb übernehmen, wisse er weder genau, wie lange Ofen,
Rührmaschinen und dergleichen ohne Reparaturen halten werden, noch etwas über
die Hygiene-Standards und ob der Laden einen tragfähigen Kundenstamm hat.
Blöcher kennt
dagegen diesen Betrieb sehr genau, kam 2010 als Geselle, machte seinen Meister,
auf Empfehlung Kurt Hofferberths wie einst dieser in der Weinheimer
Bundesakademie. Ändern möchte er zumindest erst mal gar nichts. Produktpalette
und Qualität haben sich beim Publikum bewährt, wie Kurt Hofferberth hält er die
Augen offen, was dann und wann hinzukommen sollte und was vielleicht stattdessen
irgendwann nicht mehr so gefragt sein könnte. Der junge Meister, der als Kind
mit seiner Oma erste Backerfahrungen sammelte und später nur kurz zwischen
Bäcker und Koch als Beruf fürs Leben schwankte, hat auch konditorische
Erfahrung, ist ein Patisserie-Fan, aber wie Kurt Hofferberth vor allem ein
begeisterter Brot-Bäcker. Zwei neue Brote hat er komponiert: ein italienisches
Landbrot (groß ausgezogenes rustikales Weizenbrot, von dem sich Kunden nach
Bedarf mehr oder weniger viel abschneiden lassen) und ein Roggenmischbrot mit
Zwiebelanteil, dem Marion Hofferberth den schönen Namen "Gaumenfreude" geben
durfte.
Wie sein Vorgänger
ist auch der Nachfolger nicht in der eigenen Backstube gefangen. Während der
Meisterschulungen hat Marius Blöcher Kontakte zu Kollegen aus allen
Himmelsrichtungen geknüpft (die nicht Konkurrenten sind). Man trifft sich
gelegentlich reihum, tauscht Rezepte aus, gibt und erhält nützliche Tipps. Der
neue Chef weiß, dass er mit Übernahme eines so angesehenen Betriebs in große
Fußstapfen tritt. Er zeigt Respekt, hat aber keine Angst vor dem Anspruch, den
man an ihn stellt und den er schließlich als leidenschaftlicher Mann des
Handwerks an sich selbst stellt, wie er immer wieder deutlich zeigt. |