|
Über Mitglieder des
RRK (2017)
Kurt Hofferberth |
Am Tresen in der Haßlocher Straße (von
links): Kurt, Marion und Anne Hofferberth sowie Eva Sever. |
Bäckerei Hofferberth in Rüsselsheim bereits in fünfter Generation tätig
Von
Michael Wien (aus "Main-Spitze" vom 15.02.2017)
Handwerk hat
goldenen Boden, lautet ein Sprichwort. Dennoch wachsen auch von diesem Boden die
Bäume nicht automatisch bis in den Himmel, macht Kurt Hofferberth deutlich. Er
führt seine 1910 gegründete Bäckerei in fünfter Generation. Wer sein Handwerk
heute so erfolgreich ausüben will, wie er es tut, muss auch ein guter Rechner
sein und kalkulieren können, betonen er und seine Ehefrau, Marion Hofferberth.
Für Bäcker und Konditoren gelte das insbesondere, wenn Supermarkt-Ketten
Backwaren zum Schnäppchenpreis anbieten. Dann gilt es, Kunden mit besonderer
Qualität und persönlichem Service zu halten und neue hinzu zu gewinnen.
Qualität und
Preis müssen stimmen
Im Falle der
Hofferberths und ihres 16-köpfigen Teams, das in Backstube und Verkauf in der
Haßlocher Straße arbeitet, garantiert eine große Vielfalt unterschiedlicher
Vollkornbrote das nicht nachlassende Interesse der Kunden. Die Fachzeitschrift
"Der Feinschmecker" hat diese Vielfalt gerade in einem bundesweiten
Bäckerei-Führer gewürdigt. Eigentlich könnten die Hofferberths mit dem
Schlagwort "Bio" werben. Doch verzichten sie darauf. "Bio-Getreide zu verwenden
ist eine Sache, sich das zertifizieren zu lassen und die Zertifikate in
Abständen erneut zu holen, ist jedoch teuer und steht nicht dafür", erklärt Kurt
Hofferberth. Er verwende Mehl in Vollkorn-Qualität, stelle Brot mit Dinkel und
Vollkornmehl her, so wie er statt teuren Chia-Samens Leinsamen verwende. Der sei
ebenso gut, aber preisgünstiger. "Wir orientieren uns am Kunden, was die
Qualität angeht. Genauso wie wir nicht Kosten für überteuerte Mode-Erzeugnisse
an ihn weitergeben wollen."
HOFFERBERTH
Hofferberth GmbH, gegründet 1910, Bäckereifachbetrieb,
Produktion und Verkauf Haßlocher Straße 156, Geschäftsführer Kurt
Hofferberth, 16 Mitarbeiter, davon vier in der Produktion. (mw) |
Mit
unterschiedlichsten Vollkornbroten – das erste Roggen-Vollkornbrot hatte der
Großvater hergestellt – antwortet Hofferberth auf ein gestiegenes
Gesundheitsbewusstsein der Kunden. Was aber nicht bedeute, dass man jedem Trend
hinterher laufe. "Sie können alles Mögliche ins Brot werfen", schmunzelt Kurt
Hofferberth. "Einst war Eiweißbrot 'modern'. Aber nicht jeder verträgt das. Und
manche Mode-Brote sind reinste Chemie, voller Zusatzstoffe. Dabei brauchen Sie
zur Herstellung eines Brotes nur Mehl, Wasser, Hefe und Salz", schwört er auf
Jahrtausende alte Traditionen. Apropos: Die Hofferberth-Bäcker, vier neben dem
Chef, sind wirkliche Handwerker. Auch die Verarbeitung entspricht bewährter
Tradition: "Bei uns wird alles von Hand geknetet. Schon weil Vollkornteig viel
zu weich ist, um ihn Maschinen anzuvertrauen."
Streuselkuchen
sind der Renner
Natürlich bietet
der Bäcker und Konditor nicht allein Brot und Brötchen an. Mit ganz einfachen
Kaffeestückchen hatte es angefangen. Anstelle schwerer Sahne-Torten möchten die
Kunden heute lieber Blechkuchen. Renner sind Streuselkuchen in vielen
Variationen, gefüllt mit Früchten der Saison, Mohn oder anderen Leckereien.
Das Ur-Geschäft in
der Bahnhofstraße ist verpachtet, zuvor schloss man bereits eine Filiale im
Hasengrund. "Je mehr Filialen, desto weiter weg vom Kunden", beschreibt Kurt
Hofferberth eine Gefahr und erinnert daran, dass es zum Beispiel kaum Metzger
gebe, die Filialen betreiben. Tochter Anne Hofferberth arbeitet mit Eifer im
Verkauf mit, eine familiäre Nachfolge in der Geschäftsführung mag sie jedoch
nicht antreten. Einer der Kollegen in seiner Bäckerei habe gerade seinen Meister
gemacht, berichtet Kurt Hofferberth. Und kann sich vorstellen, dass dieser Mann
einmal die Nachfolge antreten wird.
"Wir haben einen
schönen Beruf", schwärmt der Chef unterdessen. Nachwuchs zu finden, ist dennoch
nicht leicht. "Backwaren haben ein gutes Image, aber erst, wer mal die Arbeit
bei uns während eines Praktikums ausprobiert hat, verliert die Scheu vor
Arbeitszeit und Anstrengung." Hofferberths zahlen "selbstverständlich nach
Tarif". An Feiertagen bleibt der Laden zu. Schließlich verkaufe man auch keine
Rubbellose oder anderen Schnickschnack, um mehr Geld zu machen. Die Trümpfe hier
heißen zum Beispiel Karotten-Frischflockenbrot oder Hafer-Walnuss-Brot. Das
Rezept für den Roggenlaib mit Kümmel haben sich Marion und Kurt Hofferberth bei
Urlaubsaufenthalten auf einem österreichischen Bio-Bauernhof verraten lassen. |