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Über Mitglieder des
RRK (2009)
Konstantin Rentrop |
Kleidung, 20 Schläger, 15 Bälle: Konstantin Rentrop hatte einiges im
Gepäck |
Hockey in
Südafrika
Am liebsten alle
gegen den Deutschen
Von Frank Heike
(aus "FAZ" vom 24.12.2009)
Keine Schuhe, keine
Tore ‒ dafür aber jede Menge Frohsinn und Begeisterung. Hockey-Botschafter aus
Hamburg bringen Kindern in Südafrika ihren Sport näher. Und irgendwann ging es
nicht mehr nur um Training. 2010 soll es weitergehen.
Manchmal sieht
Konstantin Rentrop seine eigene Knabenmannschaft inzwischen mit anderen Augen.
Er mag seine Hamburger Hockey-Jungen nach wie vor sehr gern, so ist es nicht,
aber in Sachen Aufmerksamkeit und Höflichkeit hat er in diesem Sommer etwas
erlebt, was sich ziemlich vom Verhalten der A-Knaben beim Club an der Alster
unterscheidet: "Wenn ich Richtung Platz ging, haben sie mir meine Tasche vom Arm
gerissen, und wenn ich etwas gesagt habe, haben alle geschwiegen und zugehört.
Dabei war niemand unterwürfig." In der Alster-Hockeyhalle gleich neben dem
Tennisstadion am Rothenbaum ist es beim Training mit den 13 bis 14 Jahre alten
Jungen doch eher so, dass der Bundesligaspieler Rentrop dreimal laut ruft, bevor
so etwas Ähnliches wie Ruhe entsteht und er seine Anweisungen geben kann.
In Südafrika war es
ganz anders. Alles war anders. Die weißen, schwarzen und gemischtrassigen Jungs
aus dem Ort Gansbaai und aus zwei Nachbar-Townships hatten noch nie von
Hockey gehört, als Rentrop Ende Juli als inoffizieller deutscher
Hockeybotschafter nach Südafrika reiste. Es gab keine Tore; geschossen wurde auf
zwei rostige L-förmige Stahlträger, und viele der Jungen spielten barfuß.
"Die meisten haben
nur ein Paar Schuhe", erzählt der 28 Jahre alte Rentrop, "und das waren
Zehensandalen oder Moonboots." Und wenn der harte Ball mal den nackten Fuß traf?
"Schauspielerei gab es nie. Beschwert hat sich auch keiner. Die Jungs dort haben
nicht viel. Sie waren einfach glücklich und dankbar." Und sie waren
hockeybegeistert: Am Anfang trauten sich acht Kinder auf den Kunstrasenplatz,
dann waren es 20, und am Ende von Rentrops drei Wochen in Gansbaai 50.
"Wir haben das
alles sehr pragmatisch gemacht"
Wie so vieles, was
gut ist, basiert die "Alster Grootboos Hockey Foundation" auf reinem Zufall.
Zufällig traf Delf Ness, Sohn des Alster-Präsidenten Karl Ness, bei einem
beruflichen Aufenthalt in Südafrika 2008 einen deutschen Hotelbesitzer in
Grootboos, etwa zwei Autostunden von Kapstadt entfernt. Michael Lutzeyer führt
dort ein Fünfsternehotel in einem Naturreservat. Der Mann ist sozial engagiert
und an Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit interessiert.
Passen, schlagen, stoppen: Hockey ist in Südafrika weitgehend unbekannt,
aber die Kinder haben ihren Spaß daran. |
Schon das
imponierte Delf Ness. Als Ness dann den Kunstrasenplatz auf Lutzeyers Gelände
sah, der für Fußball genutzt wird, machte es "Klick" bei Ness: "Wenn wir
Hockeyspieler einen Kunstrasenplatz sehen, denken wir sofort: Da muss man doch
Hockey spielen!" Die Idee, südafrikanischen Kindern den Sport Hockey
näherzubringen und nebenbei etwas Gutes zu tun, wurde sehr schnell in die Tat
umgesetzt, weil auch Lutzeyer begeistert war und mithalf, wo er konnte.
"Wir haben das
alles sehr pragmatisch gemacht", sagt Ness, "die größten Probleme könnte es mit
dem Zoll geben, dachten wir." Es musste ja einiges an Gerät transportiert
werden. Doch mit dem guten Willen der Fluggesellschaft South African Airways,
die das Projekt gern unterstützen wollte, kamen im Juli tatsächlich kiloweise
Kleidung, 30 Schläger und 15 Bälle in Konstantin Rentrops Gepäck in Gansbaai an.
Etwa 45 Kilogramm Gewicht.
"Sie besitzen
nicht viel, aber sie haben Frohsinn und Begeisterung"
In Südafrika gilt
Fußball als Sport der Schwarzen; Weiße gehen vor allem zum Rugby und Kricket.
Hockey wird von wenigen im Weinanbaugebiet Stellenbosch gespielt. Für die Kinder
von Gansbaai, zehn Kilometer von Grootboos entfernt, waren Spiele mit Krummstock
und kleinem Ball eine ganz neue Erfahrung. "Hockey passt auch deswegen gut, weil
es nicht vorbelastet ist", sagt Ness, und Rentrop ergänzt: "Sie besitzen dort
nicht viel, aber sie haben Frohsinn und Begeisterung." Ness hatte schon bei
seinen Reisen durchs Land festgestellt, dass an manchen Orten "zwar nur drei
Plumpsklos für 500 Leute sind, es aber trotzdem nicht so ist, dass alle weinen".
Und so lernten die
jungen Hockeyschüler von sechs bis 16 Jahren ganz schnell passen, schlagen,
stoppen. Am Ende der täglichen Einheiten gab es immer ein Spiel ‒ wobei den
Jungen die Variante "alle gegen den Deutschen" am meisten Spaß machte. Da wurden
auch die Sprachschwierigkeiten vergessen: eigentlich unterhalten sich Schwarze,
Weiße und Farbige ("Coloured") in ihren Sprachen; es gibt neben Englisch und
Afrikaans neun offizielle afrikanische Landessprachen. Rentrop spricht Englisch.
Er hatte nie das Gefühl, jemand würde ihn nicht verstehen.
"Wir machen es,
weil wir glauben, dass es richtig ist"
Es ging auch
irgendwann nicht mehr nur um Hockeytraining. Rentrop war als Projektmanager
Mädchen für alles, organisierte etwa einen Deutschen Abend, zu dem 80 Kinder
kamen: "Würde ich hier zum Südafrika-Abend einladen, käme keiner", sagt er. Beim
Club an der Alster gedeihen längst Gedanken, das Wohltätigkeitsprojekt auf eine
feste Basis zu stellen. "Mannschaften, Turniere, ein Zwölferbus ‒ wir haben den
Traum, dass es weitergeht", sagt Ness.
Von Februar bis
Juni 2010 werden wieder Alster-Freiwillige nach Gansbaai reisen und als
Hockeybotschafter arbeiten. Rentrop und Ness würden das Projekt gern auf andere
Klubs ausweiten und hoffen auf die Hilfe des Deutschen Hockey-Bundes. Ness sagt:
"Wir machen es, weil wir glauben, dass es richtig ist. Wer uns helfen möchte,
ist willkommen." Im eigenen Klub gibt es jemanden, der Fischernetze verkauft.
Konstantin Rentrop findet, dass man daraus doch prima Tornetze für Grootboos
knüpfen könnte. |
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