Aus "Frankfurter
Wochenblatt" vom 24.07.19
Heddernheim (jf)
– Ganz schön große Brocken schleppt dieser Zweiwege-Bagger, der speziell für den
Einsatz auf Schienen entwickelt wurde.
Der Baggerführer
muss zwar noch mal ansetzen, aber dann sieht es fast spielerisch leicht aus, wie
der Koloss gleich ein ganzes Schienenpaket, das vorher herausgetrennt wurde, zur
endgültigen Demontage fährt. Am Vormittag sind auf dem Betriebshof Heddernheim
mehr Arbeiter in leuchtend orangefarbener Warnkleidung als Schaulustige zu
sehen. "Wir hoffen, dass zu unserer erstmals eingerichteten Schaustelle doch
noch weitere Interessierte kommen", sagt Karola Brack, Sprecherin der
Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF). Die Arbeiten auf dem Betriebshof hatten
sich für eine solche Informationsveranstaltung direkt vor Ort angeboten –
schließlich ist das nicht alle Tage möglich. Die VGF ist bemüht, viele der
laufenden Instandsetzungen in Zeiten der Betriebsruhe durchzuführen.
Starke Leistung, wie der Experte an den Hebeln des
Zweiwege-Baggers ganze Gleisstücke abtransportiert |
Der
Fachbereichsleiter Fahrweg der VGF, Knut Müller, erklärt: "Wir haben uns
erstmals für diese Großbaumaßnahme entschieden und setzen so in den sechs
Ferienwochen die A-Strecke grundhaft instand. Statt mehrerer kleiner Baustellen
gibt es nun eine große. Das Baugeschehen wird wissenschaftlich von der
Hochschule Mittelhessen begleitet und ausgewertet."
An diesem Vormittag
sind auf dem rund 750 Meter langen Abschnitt, auf dem sieben Weichen und zwei
Kreuzungen ausgewechselt werden, rund 50 Arbeiter beschäftigt. Das Schotterbett,
inzwischen auch wie die U-Bahn-Strecke A von der Hauptwache ins Nordwestzentrum
mehr als 50 Jahre alt, muss erneuert werden. Schwellen und Gleise haben das
bereits teilweise hinter sich.
"Bei den Anlagen
werden die Weichen schon am stärksten belastet", erklärt Bauingenieur Knut
Müller, der im Jahr 2000 gleich nach seinem Studium zur VGF kam. Gerade der
Sommer mutet den Anlagen viel zu: "Bei 30 Grad Außentemperatur sind im Gleisbett
mehr als 50 Grad. Der Schotter ist aus Basalt, der heizt sich genauso auf wie
die Schienen." Auf dem überirdisch verlaufenden Stück zwischen dem Betriebshof
Heddernheim und der Station Dornbusch werden insgesamt 2.000 Tonnen Boden und
Schotter bewegt.
Da haben es die
Arbeiter, die zwischen Südbahnhof und Miquel-/Adickesallee zehn Weichen im
Tunnel auswechseln, vielleicht ein bisschen besser, weil kühler. Diese Teams
sind allerdings rund um die Uhr beschäftigt, auf der Heddernheimer Baustelle
wird nur am Tag gebaut.
Doch nicht nur
Weichen werden ausgewechselt, auch Vorarbeiten für den digitalen BOS-Funk im
Bereich von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben werden erledigt.
Zudem werden fünf Überwege saniert, Wasserleitungen erneuert und zwei neue
Rolltreppen am Südbahnhof eingebaut. 83 Oberleitungsmasten bekommen einen neuen
Anstrich, drei werden ersetzt. Auch der Fahrdraht wird auf rund neun Kilometern
Länge erneuert.
Alleine könnte das
die VGF gar nicht stemmen, für die Arbeiten wurde eine Spezialfirma beauftragt,
die Ingenieurleistungen kommen dagegen von der Verkehrsgesellschaft.
Knut Müller 1993 als Ruderer des RRK |
Als am 1. Juli die
U-Bahnstrecken U1, U2, U3 und U8 ganz oder teilweise gesperrt wurden und
stattdessen ab Konstablerwache Schienenersatzverkehr (SEV) eingesetzt wurde,
fiel die Umgewöhnung anfangs schwer. Natürlich brauchen die Busse, die im
Fünf-Minuten-Takt fahren, im städtischen Verkehr länger. Aber der SEV
funktioniert, selbst wenn es mit der Information der Fahrgäste nicht in allen
Fahrzeugen gleich gut klappt. Notfalls können sich die Fahrgäste an den großen
Plänen orientieren. Knut Müller versichert: "Wir sind im Zeitplan." Dann fahren
ja ab Betriebsbeginn Montag, 12. August, hoffentlich alle neun U-Bahnlinien in
Frankfurt wieder. Denn missen möchte dieses beliebte Verkehrsmittel keiner mehr.
Für den Blick
hinter die Kulissen hat die VGF den Betriebshof Heddernheim ausgesucht. Hier
fahren sonst nicht nur die U-Bahnlinien 1, 2 ,3 und 8 fast im Minutentakt, hier
gibt es auch einen regen Werkstattverkehr. "Das ist hier der am stärksten
belastete Schienenbereich in Frankfurt", betont Knut Müller. Das Gewirr aus
Gleisen und Weichen kurz hinter der Haltestelle Heddernheim vergleicht der
RMV-Fachbereichsleiter mit einem "Spaghettitopf". Fachmännisch kommentiert
Müller der Handvoll Besucher den Einsatz der Stopfmaschine, die den Schotter
verdichtet oder des Zwei-Wege-Baggers, der die Betonschwellen für die Arbeiter
ins Gleis setzt.
Zeitgleich wird
auch an der Station Lindenbaum gearbeitet, die Station Hügelstraße ist schon
fertig. In der kommenden Woche soll im Bereich Dornbusch kernsaniert werden.
Dabei sind die oberirdischen Arbeiten noch vergleichsweise gemütlich, dort
reicht es, tagsüber tätig zu werden. Im Tunnel hingegen reiche die Zeit der
sechswöchigen Sperrung gerade so, dort werde 24 Stunden am Tag gearbeitet, auch
an Wochenenden betont Müller und versichert, dass die Arbeiten zur Halbzeit
planmäßig verliefen und wohl alles rechtzeitig fertig werde.