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Über Mitglieder des
RRK (1999)
Kai Stieglitz |
Aus
"Main-Spitze" vom 05.11.1999: Stieglitz freut sich auf
Aufgabe "Rüsselsheimer Bub" strebt
mit RRK erst einmal Klassenverbleib an ulz. - Eigentlich hatte Kai Stieglitz selbst noch länger in
der Hockey-Bundesliga spielen wollen. Doch warfen dem neuen Herrencoach des
Rüsselsheimer RK zwei Kreuzbandrisse die Planungen über den Haufen. 1992
beendete der heute 32-Jährige seine Laufbahn in der Eliteliga, ohne dem
"Krummstock-Milieu" adieu zu sagen. Seine emotionalen Bindungen zum Hockeysport
wurden nur auf die Trainerebene verlagert, wobei der "Rüsselsheimer Bub" bereits
früher beim Ruder-Klub die D-Knaben betreute, als Spielertrainer der Ib-Oberligaherren fungierte und dem damaligen Universaltrainer (RRK-Herren und
Damen) Berti Rauth assistierte.
Schließlich zog es ihn zum TSV Schott Mainz, mit dem er von der Oberliga in die
Regionalliga aufstieg, später aber mit Einführung der Zweiten Regionalliga
zwangsweise wieder um eine Spielklasse zurückgestuft wurde. Eine weitere
Meisterschaft blieb Stieglitz bei den "Schotten" verwehrt; in der gerade
abgelaufenen Feldrunde (seine fünfte seit 1995) rührte er zunächst mit dem TSV
die Tabelle an, entging am Schluss aber nur knapp dem Abstieg. "Die Zeit war
ungemein lehrreich, denn ich habe Höhen und Tiefen erlebt. Diese Erfahrungen
kann ich nun bei meinem Stammverein einbringen", freut sich der A-Lizenz-Inhaber
auf die neue Aufgabe.
Sein Vertrag in Mainz lief aus, wurde aufgrund finanzieller Belange in
beiderseitigem Einvernehmen nicht verlängert. "Ich wollte zukünftig
hauptberuflich als Trainer arbeiten, was beim TSV Schott nicht möglich ist", so
Stieglitz, der aus dem RRK-Kader nur noch Holger Klein aus seiner Aktivenzeit
kennt und daher im Gegensatz zu seinen Vorgängern Torsten Althoff und Volker
Schädel nur bedingt als "Interner" zu bezeichnen ist.
Stieglitz traut sich durchaus zu, die schon als „untrainierbar" bezeichnete
RRK-Crew in ruhigeres Fahrwasser zu lenken, für mehr Disziplin zu sorgen und
zumindest den Klassenverbleib zu erreichen. "Kai hat selbst keine höheren Ziele
und steht seitens der Hockeyabteilung nicht unter Druck", stärkt der sportliche
Leiter Martin Müller dem "Heimkehrer" den Rücken. Stieglitz hat einen
Saisonvertrag unterzeichnet, der sich stets um eine Spielzeit verlängert, wenn
ihn keine Seite kündigt. Daher kann sich Müller, der - wie schon vor der
Feldrunde - mit mehreren Kandidaten Sondierungsgespräche geführt hat, allemal
eine längerfristige Zusammenarbeit vorstellen.
"Aus
dem Team kam bislang nur positive Resonanz, wobei die Meinung der Spieler nur
eingeschränkt wichtig ist. Kai wird von mir nicht im Vorfeld, sondern nach einer
überschaubaren Zeit beurteilt", nimmt Müller etwaigen Kritikern dieser
Personalentscheidung den Wind aus den Segeln. Freuen darf sich Stieglitz auch
über Zugänge: Joachim Ritter (THC Hanau) und Roland Schneefuß (Braunschweiger
THC).
Kai Stieglitz
(rechts) mit Berti Rauth bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992 |
Der neue Rüsselsheimer Hockeytrainer
gilt als Glücksgriff
Mit Stieglitz kommt der Erfolg zum RRK
Von Ulrich Fried (aus
"FAZ" vom 27.11.1999)
Nach drei Spielen dieser Saison in der
Hallenhockey-Bundesliga, Gruppe Süd, wäre es etwas verfrüht Lobeshymnen
anzustimmen, doch wird Kai Stieglitz mit seinen ersten vier Wochen beim
Rüsselsheimer Ruder-Klub (RRK) bestimmt sehr zufrieden sein. Mit der Ausbeute
von neun Punkten sind die Hockeyspieler vom Untermain jedenfalls so gut in die
Meisterschaftsrunde gestartet wie seit dem Wiederaufstieg vor fünf Jahren nicht
mehr.
Verständlich, dass Stieglitz bei seinem Stammverein mittlerweile als Glücksgriff
gilt. Zumal die Verantwortlichen beim RRK fast schon die Hoffnung aufgeben
wollten, bei der Suche nach einem hauptamtlichen Trainer für das Männerteam, das
in der jüngeren Vergangenheit immer wieder durch Disziplinlosigkeiten
aufgefallen war, überhaupt fündig zu werden. Glückliche Fügungen waren es auch,
die dazu geführt haben, dass der 33 Jahre alte Inhaber der A-Lizenz nach vier
Trainerjahren beim TSV Schott Mainz zu jenem Klub zurückgekehrt ist, für den er
so lange in der Bundesliga spielte, bis ihn mehrere schwere Knieverletzungen
dazu zwangen, seine aktive Laufbahn zu beenden. "Eigentlich wollte ich gerne in
Mainz weitermachen, brauchte allerdings noch einen Halbtagsjob", sagt Stieglitz.
Das zunächst bis zum Ende der Hallenrunde befristete Angebot des RRK, der
bereits im Frühjahr bei ihm angefragt hatte, kam genau zum richtigen Zeitpunkt.
"Aber es hat mir schon weh getan, dass das beim TSV Schott nicht geklappt hat",
so Stieglitz. Die Enttäuschung über die Umstände, die zum Abschied aus Mainz
geführt haben, hat der ehemalige Medizinstudent, der seinen ursprünglichen
Berufswunsch nach 22 Semestern und zahlreichen Praktika in Krankenhäusern
aufgegeben hatte, "weil ich gesehen habe, was da los ist", längst überwunden.
Mit einer Akribie, die man beim Rüsselsheimer RK bis dato nur von
Damen-Bundestrainer Berti Rauth kannte, hat sich Stieglitz in seine neue Aufgabe
hineingekniet. "Manchmal wundere ich mich selbst, dass ich noch keine
viereckigen Augen habe", sagt er. Vor dem ersten Heimspiel gegen den
Meisterschaftszweiten Münchner SC hatte Stieglitz rund vier Stunden damit
zugebracht, die Stärken und Schwächen des Gegners am Videogerät zu analysieren.
Mit Erfolg: Der 6:5-Heimsieg über den Favoriten wurde ebenso wie das 9:6 im
ersten Punktspiel bei TG Frankenthal von der Konkurrenz mit Erstaunen zur
Kenntnis genommen. Der Trainer bleibt bescheiden: "Das Team zieht toll mit und
macht es mir bislang nicht sonderlich schwer", so Stieglitz.
Das Kompliment gibt der neue Spielführer des RRK stellvertretend für die
Mannschaft zurück: "Die intensive Vorbereitung macht sich auf jeden Fall
bezahlt", sagt Nationalspieler Oliver Domke. Stieglitz' Maßnahme, jenen Domke,
der neben seinen anerkannten sportlichen Leistungen in den zurückliegenden
Jahren immer wieder durch Platzverweise aufgefallen war, zum Mannschaftskapitän
zu machen, "um ein klares Zeichen gegenüber den Schiedsrichtern zu setzen",
lässt den Trainer auch als guten Psychologen erscheinen. "Mit der Binde am Arm
habe ich mir vorgenommen, die Schnauze zu halten", so Domke, mit acht Treffern
zur Zeit bester Torschütze im Team des dreimaligen deutschen Hallenmeisters.
Dass der RRK an diesem Sonntag guten Mutes nach Limburg fährt, wo in
der Heinz-Wolf-Sporthalle das Hessenderby gegen den LHC angepfiffen wird, ist
freilich nicht nur auf das durch die drei Siege hintereinander gewachsene
Selbstbewusstsein zurückzuführen. Nachdem die Rüsselsheimer alle fünf
Begegnungen seit der Rückkehr in die höchste deutsche Spielklasse an der Lahn
verloren und die Partien jeweils freitags abends stattgefunden hatten, wird die
kurzfristig vorgenommene Verlegung der aktueller Partie als gutes Omen gewertet.
An der Zielsetzung indes soll sich auch dann nichts ändern, wenn die Serie der
Niederlagen bei den heimstarken und ehrgeizigen Limburgern beendet werden
sollte. "Wir brauchen noch mindestens zwölf Punkte, um gesichert zu sein", sagt
Kai Stieglitz. Der Trainer, der mit der Umsetzung des von ihm entwickelten
Spielsystems aus Raum- und Manndeckung noch keinesfalls zufrieden ist, hat sich
aber noch etwas anderes ausgedacht, um seine Mannschaft auf dem Boden zu halten:
"Wer von meinen Spielern in nächster Zeit das Wort Endrunde in den Mund nimmt,
zahlt eine Strafe in die Mannschaftskasse."
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