Aus
"https://magazin.hockey.de" vom 3. Februar 2022
Fast ein
Vierteljahrhundert hat Jens George die Damen des Der Club an der Alster in der
Bundesliga als Cheftrainer betreut. Nun soll zum Ende der Feldsaison Schluss
sein. Der gerade 53 Jahre alt gewordene Erfolgscoach gibt das Team an Stan
Huijsmans ab, der vom Berliner HC dafür nach Hamburg wechselt. Mit "Maus", wie
Jens George im Hockey fast ausschließlich gerufen wird, verliert die Bundesliga
einen ganz besonderen Charakter.
Über Jens George
könnte man ein ganzes Buch mit total spannenden, lustigen Geschichten füllen. So
kam der ehemalige Rüsselsheimer Bundesligaspieler nach seinem Wechsel zum Club
an der Alster im August 1998 völlig unverhofft im Herbst der aktiven Karriere
noch zu Länderspielen im A-Kader. Der damalige Bundestrainer Paul Lissek wollte
eigentlich einen anderen Bundesligaspieler mit einem perspektivischen Team nach
Kuala Lumpur nehmen. Die Einladung erhielt aufgrund eines Missverständnisses
aber Jens George. Dieser ahnte das bereits und begrüßte den irritierten Coach am
Flughafen in Malaysia mit Badeklamotten. Da er ja nun aber einmal dort war,
spielte er auch drei Partien für Deutschland ‒ und das gar nicht so schlecht,
wie es die Legende behauptet.
Jens George, der
gelernter Tischler ist und den ehemaligen Beruf auch heute noch als Hobby
ausübt, ist ein Weltenbummler. Der 53-jährige, der sich bei einer
Pressekonferenz zur deutschen Endrunde auch schon einfach mal auf ein Polopferd
setzte und selbst da eine gute Figur machte, hat den Amazonas-Dschungel zu Fuß
in Ost-West-Richtung durchquert, war dabei bei indigenen Völkern zu Gast. Immer,
wenn eine Feldsaison mit Alster zu Ende gespielt war, verschwand der Trainer für
einen Monat komplett von der Bildfläche, war irgendwo auf der Welt in ein neues
Abenteuer verstrickt.
Zuletzt freundete
er sich auf einer indonesischen Insel mit einem Paar an, das bei einem Tsunami
seine vier Urlaubs-Holzhütten verloren hatte, mit denen es sein spärliches
Einkommen generierte. Drei Jahre lang reiste George dorthin, baute eine der
Hütten mit seinen Tischlerfähigkeiten neu auf. Einzige Bedingung: Wenn er in der
Gegend ist, darf er dort wohnen. Im September hat "Maus" in Dänemark seine Mile
geheiratet. Unnötig zu sagen, dass er die Kolumbianerin bei einer seiner Reisen
kennenlernte, als er in ihrer Heimat den Karneval erleben wollte, sie ihm bei
einer Konversation als Übersetzerin zur Seite sprang und mit ihrer Mädelsclique
zum Karnevalfeiern einfach mitnahm.
Seit dieser Woche
ist sie aus Kolumbien wieder in Hamburg, darf drei Jahre erstmal bleiben. In der
Zeit planen beide die Zukunft. Jens George hatte Alster schon im Herbst gesagt,
dass er sich zurückziehen wolle. "Ich habe gemerkt, dass die Mannschaft jetzt
mal eine Veränderung und neuen Input braucht", erzählt er. Beim Club war man ihm
für die frühe Ankündigung sehr dankbar. So konnte man die Fühler ausstrecken,
wer nach 23 Jahren der Neue bei den Alsteranerinnen werden könnte.
Alster-Hockeyvorstand Frank Gemmrig: "Dass die Lösungen alle so geklappt haben,
ist natürlich wunderbar. Wir danken Maus für seine herausragende Arbeit von
ganzem Herzen und freuen uns auf die vielversprechende Zusammenarbeit mit Stan
Huijsmans." Halten will man den Trainer aber unbedingt. George soll ab Sommer im
Nachwuchsbereich des Clubs in der Talentausbildung tätig sein.
Zu gern hätte er
das Kapitel am letzten Wochenende mit dem Hallentitel in Düsseldorf beendet ‒ es
wäre der zwölfte mit den Alster-Damen gewesen. "Aber man muss klar anerkennen,
dass Düsseldorf im Halbfinale einfach besser war und dann auch verdient Meister
geworden ist, aber es gibt in der Feldsaison ja noch eine Chance, das
nachzuholen. Ein Titel ist ja noch zu vergeben, bevor ich aufhöre." Danach geht
es im Sommer gemeinsam mit Mile nochmal für ein paar Wochen nach Kolumbien ‒
weil dort Ende Juli die kirchliche Hochzeit gefeiert wird, eine typische
kolumbianische Hochzeit mit etlichen deutschen Gästen, denn dieses Mal begleiten
viele Freunde Maus auf seiner "Abenteuerreise".
Mit Stan Huijsmans
hat Der Club an der Alster seinen Wunschkandidaten für die Nachfolge von Jens
George gewinnen können. Der 37-jährige Niederländer besitzt seit 2015 das
Zertifikat "EHF High Performance Coach" und seit 2019 die A-Trainer-Lizenz des
Deutschen Hockey-Bundes. Stan Huijsmans kommt vom Bundesligisten Berliner HC, wo
er seit drei Jahren die 1. Damen trainiert. Zudem ist er noch Co-Trainer der
Deutschen Juniorinnen-Nationalmannschaft.
Zuvor hatte der
Masterabsolvent des Johan Cruyff Institute ein Jahr lang die Herren von
Blau-Weiß Berlin trainiert. Vor seinem Schritt nach Deutschland im Jahr 2018
hatte Huijsmans sich in den Niederlanden einen Ruf als Talentausbilder erworben
– erst in seinem Heimatverein Breda, dann bei anderen Clubs, wie Oranje Zwart
Eindhoven und BHV Push. Nach nationalen Titeln mit der Jugend, stieg er mit den
Push-Herren in die Hoofdklasse auf und betreute ab 2016 auch die Push-Damen in
der Hoofdklasse. Für den niederländischen Hockey-Verband KNHB fungierte er als
U15-Nationaltrainer und Co-Trainer der weiblichen U18-Auswahl.
Mit Blick auf
seinen Wechsel von Berlin nach Hamburg sagt Stan Huijsmans: "Ich freue mich sehr
auf die neue Aufgabe. Die Damen vom Der Club an der Alster spielen seit mehreren
Jahren auf einem absoluten Top-Niveau. Sportlich möchte ich selbstverständlich
daran anschließen und gleichzeitig die Mannschaft für die nächsten Jahre
weiterentwickeln, indem jüngere Spielerinnen und Talente integriert werden.“