Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Jens George

Jens George

 

 

 

 

 

 

Zwischen Hockey und Haiti

Wenn Jens George nicht das Damen-Team des Clubs an der Alster trainiert, tourt er am liebsten mit dem Rucksack durch die Welt

Von Peter Glauche (aus "Welt am Sonntag" vom 05.02.2006)
 

Es gibt Trainer, deren Gedanken ständig um ihren Sport kreisen. Da geht es um einzelne Athleten oder um die ganze Mannschaft, um Trainingspläne oder Ziele für die Zukunft. Vor Wettkämpfen, während der Spielzeit und danach auch noch im Urlaub stets sind sie damit beschäftigt, die Dinge zu analysieren, zu optimieren und vorzubereiten.

Jens George gehört nicht unbedingt zu diesem Trainertyp. Der 36-jährige Coach der Hockeydamen des Bundesligisten "Club an der Alster" führt ein Doppelleben. Kaum ist das letzte Punktspiel abgepfiffen, verwandelt sich der Junggeselle in einen Globetrotter. Er packt seinen Rucksack und reist zum Abenteuerurlaub in die weite Welt. Mal verbringt er eine Woche bei den Indios am Amazonas, mal schwimmt er mit den Walen vor der argentinischen Halbinsel Valdez.

"Wenn ich ehrlich bin, ist mir der Rucksack-Tourismus noch wichtiger als Hockey", gesteht Jens George und erzählt, wie er Weihnachten und Neujahr im Süden Sri Lankas war. Den Heiligen Abend verbrachte er auf dem Bahnhof einer kleinen Ortschaft und legte sich um Mitternacht für drei Stunden auf einen Tisch zum Schlafen, um danach mit Sack und Pack sowie einer Taschenlampe zur Nachtwanderung durch den Dschungel aufzubrechen.

Sein Ziel nach 18 Kilometern auf einem engen Pfad war eine Schlucht namens "World's End", wo er auf den Sonnenaufgang wartete: "Ich bin sehr naturverbunden und suche die Einsamkeit", erklärt Jens George.

Andererseits lässt es der gute Mann auch gern mal krachen. Er coacht sein Team derart lautstark, dass ein Krächzen in der Stimme schon zu seinem Markenzeichen wurde. Mit einer Mischung aus Disziplin und Spaß formte Jens George sein Team zu einem Titel-Favoriten, revidierte aber auch den Ruf der Alster-Mannschaft. Während das Team früher, wie er sagt, als arrogant verschrien war, gilt die Damentruppe heute als offen und umgänglich.

Sein Motto "Spaß muss sein" hat sich in der Bundesliga herumgesprochen. "Nicht zuletzt deshalb sind Spielerinnen wie Laura Lembke aus Köln, Karin Blank aus Frankfurt oder Anneke Böhmert von Klipper zu uns gekommen", glaubt George, der schon als 18-Jähriger eine Mädchenmannschaft trainierte und somit weiß, wie man auch mit eitlen und kapriziösen Spielerinnen umgehen sollte. "Klar ist das schwierig", sagt er und lächelt, "du hast deine Lieblinge, aber du darfst es dir nicht anmerken lassen."

Jens George im RRK-Dress 1991

Seine eigene Hockey-Karriere habe eher zufällig begonnen, sagt George. Der HC Bad Homburg suchte per Zeitungsanzeige interessierte Jungs und Mädchen, daraufhin meldeten Mutter Hannelore und Vater Klaus den kleinen Jens probeweise an.

Der stellte sich beim Spiel mit dem Krummstock nicht gerade untalentiert an, fiel aber vor allem durch sein Äußeres auf: "Ich war klein, zierlich und hatte zwei große Vorderzähne", lacht George und findet es nur logisch, dass ihm der Trainer deshalb den Spitznamen "Maus" verpasste. So wird er bis heute in der gesamten Hockey-Szene genannt.

Zum putzigen Aussehen gesellte sich aber schnell eine gewisse Begabung für den Sport. Das bemerkte auch sein damaliger Jugendcoach Berti Rauth, der ihn erst in Homburg förderte und später mit zum Bundesligisten Rüsselsheimer RK nahm. Dort spielte George zehn Jahre lang, bevor er für die letzten zwei Jahre seiner aktiven Laufbahn nach Hamburg zu Alster wechselte.

Für die ganz große Karriere hatte es nicht gereicht, dafür war Georges Freiheitsliebe zu stark ausgeprägt. "Es gibt noch etwas anderes im Leben als Hockey", hatte er sich damals schon gesagt, aber nicht unbedingt das Studium an der Universität in Frankfurt gemeint: "Ich war zwar 19 Semester eingeschrieben, habe aber eigentlich nur drei davon ernsthaft studiert", sagt er und erzählt von seiner damaligen Freundin, die ihn an die Leine nahm und zu einer Schreinerlehre überredete. Diese Ausbildung beendete er dann tatsächlich nach zwei Jahren.

Trotz der lockeren Lebensweise schaffte er 1993 den Sprung in die Nationalmannschaft, was er allerdings einer bürokratischen Panne des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) zu verdanken hatte. "Ich war schon überrascht, als der DHB mich als 29-Jährigen zu einer Länderspielreise nach Malaysia einlud, obwohl ein Neuaufbau mit jungen Spielern geplant war", sagt George. Da stimmt doch etwas nicht, dachte er und flog dennoch zum Treffpunkt. Nach Malaysia wollte er immer schon.

George sollte Recht behalten. Beim DHB hatte man die Namen zweier Alster-Spieler verwechselt. Gemeint war der 24-jährige Philip Georgi, der längst aufgehört hatte, Hockey zu spielen. Adressiert aber war die Einladung an Jens George.

Es gab ein großes Hallo auf dem Frankfurter Flughafen. Die Teamkameraden, mit großen Sporttaschen und mehreren Hockey-Schlägern ausgestattet, grinsten nur, als sie ihn da stehen sahen, mit seinem kleinen Rucksack, nur einem Schläger, aber mit Taucherbrille und Schnorchel. Eingeladen war nun mal eingeladen, also kam George nicht nur zu einer Fernostreise, sondern auch zu drei Länderspielen.

Er hat sich seine Unbekümmertheit erhalten, ist aber reifer geworden. Er kümmert sich jetzt sogar um seine private Altersversorgung und hat sich eine kleine Immobilie zugelegt. Einen Traum hat er auch noch. Wenn es mit dem Trainerjob beim Club an der Alster mal vorbei sein sollte, will er endgültig in die weite Welt entfliehen: "Vielleicht eröffne ich dann in Südamerika ein kleines Hotel für Backpacker." So ein Rucksack-Tourist möchte Jens George für immer bleiben.


Jens George nach dem Abschiedsspiel "Naturrasen" am 20. Oktober 1990 am Rüsselsheimer Sommerdamm im Kreise junger und älterer Hockeyspieler des RRK (hinten: Schiedsrichter Manfred Dittmar und Willibald Schmitt, Bodo Schäfer, Glenn Eifert, Jan-Erik Reitz, Harald Eisenacher, Manfred Liebig, Volker Schädel, Martin Müller, Marcel Janson, Ralf-Peter Rausch, Paul Anagnostou, Fritz Schmidt, Gerrit Rothengatter, Klaus Eberts, Tobias Frank, Thomas Bischoff, Norbert Boll, Walter Leichtweiß, Jens George, Fritz Schmidt jr., Roland Segner; vorn: Berthold Rauth, Thomas Susenburger, Rainer Seifert, Kai Stieglitz, Holger Kraft, Peter Kraus, Wolfgang Beck, Thomas Blivier, Klaus Held, Dr. Christoph Krehl, Alfred Segner, Georg Otto)


Aus "hockeyzeit" vom 07.03.2006:

"Wir waren am hungrigsten"

Jens George feierte in Elmshorn seinen ersten Titel mit den Alster-Damen

Herzlichen Glückwunsch zum Titelgewinn. Ab wann haben Sie zum ersten Mal daran geglaubt, Deutscher Meister werden zu können?

Nach unserem überzeugenden Sieg gegen den RRK. Ab da haben wir bis zum Endspiel unsere stärksten Saisonleistungen gezeigt. Nach dem Viertelfinale habe ich zum ersten Mal an den Titelgewinn gedacht. Doch zu Anfang der Saison hatte ich große Zweifel. Im Januar wollte ich eigentlich alles hinschmeißen. Nach sieben Jahren Alster hatten sich Verschleißerscheinungen bemerkbar gemacht, die ich stoppen wollte. Hinzu kam, dass die Stimmung innerhalb der Mannschaft nicht gerade optimal war. Ich habe den Spielerinnen gesagt, sie sollten mehr für den Erfolg investieren und sich mal ohne mich zusammensetzen. Auch ich habe meine Trainingseinheiten und Spielbesprechungen verändert, um die Mannschaft neu zu motivieren. Es ist während der Saison ein Ruck durch die Mannschaft gegangen. Besonders während der Endrunde hat Jeder für Jeden gekämpft. Ich denke, dass wir den größten Siegeswillen hatten. Von allen vier Teams waren wir die hungrigste und haben daher auch die Meisterschaft verdient gewonnen.

Wie haben Sie die Atmosphäre in Elmshorn empfunden, waren Sie mit der Veranstaltung insgesamt zufrieden?

Als wir am Donnerstag zum ersten Mal in der Halle trainiert haben, hatte ich so meine Zweifel. Wir hatten noch keine Bretter in den Toren, so das ich mir dachte, dass kann ja noch heiter werden. Doch am Samstag habe ich die Halle kaum wiedererkannt. Da wurde viel verändert und für die Endrundenteilnehmer eine Menge getan. Es fehlte den Spielerinnen letztendlich an nichts. Für uns war der Standort natürlich ein Vorteil, da viele unserer Hamburger Fans anreisen konnten. Besonderen Dank gilt den ersten Herren, die uns lautstark unterstützt haben. So kam während der Spiele eine tolle Atmosphäre auf. Alles in allem war es eine gelungene Veranstaltung. Ich glaube, dass jedes Team lieber eine kleine, volle Halle hat, als vor einer großen leeren Tribüne zu spielen.

Wie feiert Ihr Euren ersten Hallentitel?

Wir werden mit unseren Fans natürlich ausgelassen im Alster-Clubhaus feiern bis zum Openend. Morgen fahren die meisten Spielerinnen in den verdienten Skiurlaub. Ich fahre auch mit Herrentrainer Jo Mahn für eine Woche nach Lech zum Ski fahren. Danach bereiten wir uns auf die Rückrunde der Feldsaison vor. Ich hoffe, dass wir jetzt mit gestärktem Selbstvertrauen noch ordentlich Punkte nachlegen und uns von der unteren Tabellenhälfte absetzen können.