Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Jennifer Schrauth-Lutz

Steinmetzin und Restauratorin Jennifer Schrauth

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Steinmetzin: Arbeit auf der schönsten Baustelle der Welt

Klettern, klopfen, kratzen: Für die crossmediale Reportage "Altes und seltenes Handwerk" sind wir einen Tag mit Jennifer Schrauth dem Mainzer Dom aufs Dach gestiegen.

Von Simon Rauh (aus "Allgemeine Zeitung" vom 25.06.2022)

MAINZ - Das Modelliereisen kratzt den feuchten, grobkörnigen Putz über die frische Fuge zwischen dem hellen Kalkstein und dem rötlichen Sandstein. Die Mittagssonne steht im Zenit und brennt auf das Gerüst um den Westturm des Mainzer Doms, auf dem Jennifer Schrauth kauernd Mauerwerk befeuchtet, das sie gleich verfugen wird. Erst wird vorgefugt, im zweiten Durchgang dann mit farblich angepasstem Luftkalkmörtel ausgefugt. Bevor dieser ganz trocken ist wird die Oberfläche aufgekratzt und angeraut. Eingetrocknete Mörtelreste an Händen, Werkzeugen und unter den Fingernägeln stören die Meisterin und Restauratorin im Steinmetz- und Bildhauerhandwerk kaum. Sie werden rechtzeitig vor der Pause mit Wasser und Seife abgeschrubbt.

Fugen sind ein wichtiger Teil des Mauerwerks, das es zu erhalten und zu restaurieren gilt. Bei sommerlichen Temperaturen und stetem Wind in 40 Metern Höhe bindet die Mörtelmischung schnell ab. Sie wurde als Sackware von Dyckerhoff aus Wiesbaden speziell für die Mainzer Dombauhütte entwickelt und hergestellt. Jennifer Schrauth weiß genau, wann sie etwas Flüssigkeit in die Masse geben und wie stark das Mauerwerk angefeuchtet werden muss, damit der Kratzputz optimal haftet und auch optisch seine Wirkung entfaltet. Die allermeisten Menschen sehen das obere Mauerwerk des Westturms aus größerer Entfernung und der optische Gesamteindruck soll ansprechend und harmonisch sein. Die Arbeit der Dombauhütte – die damals noch von Domdekan Prälat Heinz Heckwolf geleitet wurde – wurde 2020 mit dem immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO ausgezeichnet.

"Der sechste Meistertitel in der Halle für die Damen des Rüsselsheimer RK!" Vierzehn Tage nach dem Sieg im Hallen-Europacup in Hamburg holen sich die RRK-Damen aus Oelde auch den Deutschen Meistertitel 2002 ins Bootshaus am Untermain (hinten: Betreuer Thomas Blivier, "Physio" Hanne Zöller, Britta Becker, Lisa Jacobi, Nicole Hardt, Sybille Breivogel, Tanja Dickenscheid, Trainer Berti Rauth; vorn: Denise Klecker, Silke Müller, Nina Günther, Irene Balek, Elena Christl, Torfrau Jennifer Lutz, Mandy Haase)

Nach dem Abitur in Rüsselsheim wollte Jennifer Schrauth nicht studieren, sondern einen handwerklichen Beruf erlernen: "Ich hatte das große Glück, dass ich hier im September 1997 meine Ausbildung beginnen durfte. Als Frau in einem Männerberuf muss man immer mehr Gas geben, einen Tick besser sein als die Männer, um den Respekt zu bekommen. Ich habe immer viel Sport gemacht und dadurch auch die Kraft bekommen, die man für den Beruf benötigt." Sie packt kräftig zu bei der Arbeit, wenn sie schwer bepackt auf dem Gerüst herumsteigt. Zum Schutz gegen Wind und Wetter kleidet sich die Handwerkerin wie eine Outdoor-Sportlerin: dem Zwiebelprinzip folgend in vielen Kleidungsschichten. Darüber trägt sie stolz die traditionelle beigefarbene Steinmetzkluft. Sie ist begeistert von ihrem Arbeitsort, genießt die Aussicht und fotografiert täglich vom Hohen Dom St. Martin zu Mainz – viele Mainzer sagen, es sei die schönste Baustelle der Welt. Die 44-Jährige ist ständig in Bewegung, auch wenn sie mal sitzt, werkelt sie unablässig herum: Prüft eine Fuge, klopft gegen einen Stein oder streicht über ein altes Steinmetzzeichen, das die Erbauer des Doms als Arbeitsnachweis und zur Abrechnung in ihre Steine gemeißelt haben. Um ihren Lohn zu erhalten, muss Jennifer Schrauth keine individuellen Spuren im Mauerwerk oder auf Skulpturen hinterlassen, die sie restauriert. Denn sie arbeitet in fester Anstellung für die Dombauhütte und ihre Aufgabe ist es, Originalsubstanz zu erhalten. Seit mehreren Jahren ist sie für das Ausfugen der Außenfassade zuständig und kümmert sich mit ihren Kollegen um Mauerwerksergänzungen.

Seit fast 25 Jahren ist Jennifer Schrauth Teil der 1000-jährigen Geschichte des Mainzer Doms. Mehrfach brannte er nieder, Napoleon wollte ihn gar abreißen lassen. Im Zweiten Weltkrieg bot er Mainzern Schutz vor englischen Fliegerbomben, die dem Gebäude schwer zugesetzt haben. Und auch heute droht eine große Gefahr wieder von oben: Tauben. Sie ernähren eine ganze Falken-Familie, die sich am Ostturm des Doms angesiedelt haben – aber es bleiben immer noch zu viele Tauben übrig. Der ätzende Kot, den die Tiere hinterlassen, beschädigt das Bauwerk. Die darin enthaltenen Salze lösen eine Schadensspirale aus, die das Gesteinsgefüge zerstört.

Für die Erhaltung kämpfen Jennifer Schrauth und das Team von Domdekan Henning Priesel, der seit 2021 im Amt ist. Die Spezialisten der Dombauhütte arbeiten sich von oben nach unten. Nach der neuen Turmspitze wird nun die gesamte Außenanlage des Bauwerks restauriert. Im Büro dokumentiert Jennifer Schrauth sorgfältig jede Fuge, jede Mörtelergänzung (Antragung) und jeden Stein, den sie restaurieren, trägt alle Daten in Listen ein und markiert den Fortschritt in riesigen Bauplänen.

"Demnächst habe ich wieder eine sehr schöne Arbeit vor mir: Der Martin, unser Schutzpatron des Mainzer Doms, bekommt einen neuen Kopf und den werde ich kopieren dürfen", sagt Jennifer Schrauth und strahlt. Der Kopf des Heiligen Sankt Martin, der auf dem Dachfirst der West-Apsis thront, ist in die Jahre gekommen. Taubenhinterlassenschaften und Witterungseinflüsse haben Risse in die Skulptur gefressen. Einige verlaufen durch Nase und Augen und erinnern ein wenig an Lachfalten. Aufgrund seines besonderen Standorts in 40 Metern Höhe, muss der komplette Kopf ausgetauscht werden – allein aufgrund der Verkehrssicherheit. Auf dieses Projekt freut sich Jennifer Schrauth schon jetzt ganz besonders, denn sie kann mal wieder bildhauerisch arbeiten. Sie darf aus einem rohen Sandsteinquader Martins edles Antlitz befreien, seine lockige Haarpracht modellieren und die Kappe mit der geschwungenen Feder ausformen. Sie wird feine Gesichtszüge aus steinhartem Material schlagen, meißeln und hauen. Dafür nutzt sie als Vorlage neben historischen Bildern auch eigene Vermessungen und ein Punktiergerät, das Körperproportionen dreidimensional übertragen kann.

Das Gerüst am Westturm soll in den nächsten zwei Jahren wieder abgebaut werden – je nachdem, wie weit sich die Dombauhütte nach unten gearbeitet hat. "Ich denke, dass irgendwann diese großen Restaurierungsmaßnahmen beendet sein werden. Wann kann ich noch nicht sagen. Ob das noch in meiner Arbeitszeit passiert oder nicht, weiß ich nicht. Aber ich denke, wenn wir jetzt einmal durch sind, dann wird es mehr in den Erhalt gehen, weil der Steinaustausch erst einmal für die nächsten 150 bis 200 Jahre erledigt sein wird", sagt Jennifer Schrauth. Ihre alte Handwerkskunst wird auch in Zukunft und bei weiteren Generationen gefragt bleiben – solange die Mainzer im Schatten des Doms leben.

Jennifer Schrauth mit Punktiergerät zum kopieren von Skulpturen

Blick vom vom Dach des Doms auf das Mainzer Staatstheater