Von Ulrich Gerecke
(aus "Main-Spitze" vom 2. September 2014)
Hamburg, September 1934: Zum ersten Mal gewinnt eine Frau das
Deutsche Springderby in Hamburg Klein-Flottbek. Die Amazone aus Rüsselsheim
trägt einen berühmten Namen, der ihr unterlegene Offizier wird Hitler eines
Tages das Leben retten.
Reiterin, Unternehmerin, Powerfrau:
Derbysiegerin Irmgard von Opel |
Im September 1934
fristet der Frauensport noch ein Mauerblümchendasein. Bei den
Leichtathletik-Europameisterschaften in Turin zum Beispiel sind die Männer noch
unter sich. Um so ungeheuerlicher ist, was sich im Hamburger Stadtteil
Klein-Flottbek abspielt: Zum ersten Mal gewinnt eine Frau das Deutsche
Springderby. Irmgard von Opel hängt mit ihrem Trakehnerhengst Nanuk die
männliche Offizierselite ab.
Die Enkelin des
Firmengründers Adam Opel, 1907 in Rüsselsheim geboren, galt als beste Spring-
und Vielseitigkeitsamazone ihrer Zeit. 1920 hatte sie auf dem Araberhengst
Sherif Effendi ihr erstes Jagdspringen gewonnen. Das Pferd hatte ihr Vater
Heinrich von seinem Militärdienst in Palästina mitgebracht. Seit 1928
bewirtschaftete Irmgard von Opel mit Erfolg das Hofgut und Gestüt Westerhaus bei
Ingelheim. 1934 erwarb sie mit ihrem zweiten Ehemann Georg von Opel (der
gleichzeitig ihr Cousin war) das Hofgut Petersau bei Frankenthal. Dort gründete
ihr Sohn Carlo 1962 die Firma Chio-Chips, während Georg sich bereits als
Automobilunternehmer und Sportfunktionär einen Namen gemacht hatte. Irmgard von
Opel starb am 20. Mai 1986 in Ingelheim, nach einem langen und erfüllten Leben
als Sportlerin und Unternehmerin.
Im September 1934
hatte sie bei ihrem Derbysieg in Hamburg zwei Aushängeschilder der Hannoveraner
Kavallerieschule bezwungen: Harald Momm auf Baccarat und Heinz Brandt auf Baron
IV. Brandt gewann zwei Jahre später mit der deutschen Mannschaft bei den
Olympischen Spielen in Berlin die Goldmedaille und machte anschließend in der
Wehrmacht Karriere. Am 20. Juli 1944 stellte er im Führerhauptquartier
Wolfsschanze unwissentlich jene Aktentasche mit der von Claus Schenk Graf von
Stauffenberg präparierten Bombe beiseite, die Adolf Hitler töten sollte. Der
Diktator überlebte den Anschlag leicht verletzt, Brandt starb einen Tag später
an den Folgen.