Von Daniela Ammar
(aus "Main-Spitze" vom 01.10.2019)
Nachdem Josef Amsls
Kino, die „Rüsselsheimer Lichtspiele“, im Juni 1929 aus Platzgründen abgerissen
wurde, entstand an gleicher Stelle ein Bau, der seinen besonderen Charakter bis
heute bewahrt hat.
Nur sechs Monate
nach dem Abriss eröffnete in der Bahnhofstraße die "Schauburg", in der rund 750
Menschen Platz fanden. Ebenso wie in den anderen Kinos waren Operetten- und
Heimatfilme der Renner in Rüsselsheims größtem Kino, in dem auch Propagandafilme
über die Leinwand flimmerten. Im Winter 1943, nur anderthalb Jahrzehnte nach
ihrer großen Eröffnung, wurde die "Schauburg" von Bomben zerstört, und auch ihr
Gründer Josef Amsl starb in dieser Zeit.
Sohn Hans, der im
September 1926 seine Prüfung zum "Bildwerfer zur Vorführung von Normalfilmen"
ablegte, baute die "Schauburg" nach dem alten Konzept wieder auf und eröffnete
diese im Juli 1950. Bereits ab Mai 1949 beginnt Hans Amsl junior eine Lehre bei
seinem Vater, die er im August 1952 abschließt. Doch schon vorher (1951) war der
Enkel Josef Amsls, des "Schauburg"-Erbauers und Gründers des ersten
feststehenden Rüsselsheimer Filmtheaters ("Rüsselsheimer Lichtspiele"), als
Hilfsvorführer in dem Kino tätig. Als die Einrichtung am 18. Juli 1950
wiedereröffnet wurde, wurden Hans Amsl die Glückwünsche des Deutschen
Filmtheaterverbandes überbracht, und die Festtage moderierte der legendäre
Sitzungspräsident der Mainzer Fastnacht, Rolf Braun. Während auf der Leinwand
Paula Wessely im Film "Vagabunden der Liebe" zu sehen gewesen sei, habe auf der
Bühne der "Schauburg" das Tanzpaar Francesca und Rene Marchand getanzt, war in
der örtlichen Presse damals zu lesen.
Blick in den Saal der "Schauburg" 1954 |
Vorführraum der
"Schauburg" im Jahr 1954 mit Hans Amsl |
Auch von außen war
das Kino imposant. "Vergleicht der ortsfremde Reisende, wenn er unseren Bahnhof
verläßt, das neue Straßenbild mit dem früheren, so stellt er zweifelsohne eine
Änderung nach der angenehmen Seite fest. Dem Auge bietet sich jetzt ein ringsum
geschlossenes Ganzes. Den Opelwerken nach der linken Seite hin stellt sich jetzt
rechts ein würdiges Gegenstück in Gestalt eines monumentalen Lichtspielhauses
gegenüber", schrieb die "Main-Spitze" vom 17. Dezember 1929 über Rüsselsheims
Vorzeige-Filmpalast.
Mitte der siebziger
Jahre wurde der letzte Film in der "Schauburg" gezeigt, bevor diese 1975 ihre
Pforten endgültig schloss und eine Ära zu Ende ging. Im Jahr 1995 starb Hans
Amsl junior, seine Frau Elfriede im Februar 1998. Seitdem gehört die "Schauburg"
Ernst Riemekasten und dessen Frau Hannelore, der Ziehtochter Josef Amsls.
Nach einer rund
sechs Jahre andauernden Renovierung eröffnete die "Schauburg" im Jahr 2012 ihre
Pforten erneut, rund 100 Jahre nach der Eröffnung von Josef Amsls "Rüsselsheimer
Lichtspielen". Im Obergeschoss des historischen Gebäudes, in dem sich einst
mehrere hundert Personen dem Filmvergnügen hingaben, befindet sich nun ein
Veranstaltungsort, der mit einer professionellen Kino- und Soundanlage
ausgestattet ist. Für Events wie Vereinstreffen, private Feiern, Castings, oder
Firmen- und Produktpräsentationen kann "Die Schauburg" heute gemietet werden.