Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (1967)   

Hans Eisen

Einweihung des neuen RRK-Bootshauses am 4. November 1967

Festredner Hans Eisen

Von Winfried Britscho (aus "Main-Spitze" vom 04./05.11.1967)
 

Am 04. November 1967 wird der Neubau des RRK-Bootshauses im Rahmen eines feierlichen Festaktes seiner Bestimmung übergeben.

Vorsitzender Günter Schmitt spricht bei seiner Begrüßung die Hoffnung aus, daß der gelungene Bau der Jugend neue Impulse verleihen und sie darin bestärken werde, sich allen verderblichen Bestrebungen im Sportleben zu widersetzen und an den hohen Idealen festzuhalten, die gerade im Rudern und Hockey noch groß geschrieben würden. "Die Jugend und ihr Eifer sind unsere Hoffnung."

Architekt Beckenhaub berichtet vor der Schlüsselübergabe über das naturgemäß nicht immer leichte Bestreben aller Beteiligten, dem Bau die schönste und zweckmäßigste Gestalt zu geben. "Dieses Haus soll nicht nur eine Stätte des Sports, sondern auch ein Haus des gesellschaftlichen Lebens sein."

Schatzmeister Hans Eisen zeichnet in originellen, oftmals von leichter Selbstironie gefärbten Worten ein Bild von der Geschichte des Klubs, das nie zum trockenen Protokoll wird, sondern sich an den wesentlichen Triebkräften im Wandel der Zeiten orientiert. Immer wieder von Beifall unterbrochen, erinnert Eisen an die Bemühungen der Gründer, die oft in krassem Gegensatz zu ihren Möglichkeiten gestanden hätten. In einem alten Band der "Main-Spitze" hatte sich der Schatzmeister Vergleichzahlen geholt, die mehr als tausend Worte beweisen, welches Maß an Opferbereitschaft die Mitglieder der ersten Stunde geleitet habe. Sie hätten die Gegenleistung von sieben Pfund Fisch oder drei Stunden Arbeit als Mitgliedsbeitrag oder Anteilschein für die erste Halle dem Verein zur Verfügung gestellt, während die gleichen Leistungen für den Verein heute durch den Wert von zwei Pfund Fischen oder einer Arbeitsstunde kompensiert würden. Eisen nennt das erste, notdürftig untergebrachte Boot eine Arche Noah, vier Zentner schwer und von den ersten Aktiven in Wikingermanier auf das Wasser des Mains gebracht .

Der Festredner versteht es vortrefflich, die einzelnen Phasen der RRK-Geschichte, beginnend vom Bau der ersten Halle und des ersten Bootshauses am heutigen Platz in eine Beziehung zum Wesen der jeweiligen Epoche zu bringen und meint, vom Schmunzeln der Zuhörer begleitet, beim Hinweis auf die Tatsache, daß damals nur 19 Prozent der Bausumme aus Eigenkapital aufgebracht worden seien: "Da brauche ich heute im Blick auf unser Projekt wahrlich kein schlechtes Gewissen zu haben." Auch Albert Meeser und seine manchmal sehr nachdrückliche Art, wie er damals für die Belange des Klubs um Geld geworben habe, stünden in keinem Vergleich zu der Verhaltensweise in unseren Tagen.

Wenn man bedenke, daß in den 20er Jahren 33 Prozent aller Mitglieder Aktive gewesen seien, werde einem die gesunde Struktur des Vereins deutlich. Mit besonderer Sorgfalt widmet sich Eisen den Jahren nach dem Krieg: "Die Zeit, als wir im "Löwen" unser Domizil aufgeschlagen hatten, ist für mich auch heute noch die schönste Zeit geblieben. Wer damals fünf Minuten zu spät zu einer Sitzung kam, mußte sich einen Stuhl aus der Gaststätte mitbringen, wenn er noch einen Platz haben wollte." In diese Zeit falle auch die große Erfolgsserie der Ruderer und Hockeyspieler. Damals habe man gespürt, wie sehr die Mitglieder ihr Wirken im Verein als Ausgleich und Äquivalent für die Mühsal des Alltags aufgefaßt hätten. Eingehend befaßt sich Eisen in seinem trotz freier Rede geschliffenen, von Spontaneität erfüllten Vortrag mit der Vorgeschichte zu dem Neubau. Er begründet, warum sich die Verantwortlichen zu einem so großen Einschnitt in die Entwicklung hätten entschließen müssen. Es habe ihm und seinen Freunden viel daran gelegen, daß der RRK mit diesem von den Linien der neuen Ausdrucksform bestimmten Bau ein Bekenntnis zur Zukunft ablege, ohne das Alte dabei zu vergessen, das sich in dem seitherigen Bau im Anschluß an das neue Haus sinnfällig bewahrt sehe.

"Wir haben dieses Haus in das Jahr 1967 mit all seinen Problemen hineingestellt." Eisen warnt aber davor, die Jugend heute noch mit all den unvergeßlichen idealistischen Taten der Alten ansprechen zu wollen. "Wir müssen mit ihrer Sprache vor sie hintreten." Der Schatzmeister untersucht die Gründe, die zu der Gefährdung der Werte im Sport geführt hätten und erinnert an das Wort Robert Kennedys, nach dem der dritte Weltkrieg schon begonnen habe, vorerst aber noch auf den Sportfeldern ausgetragen werde. Der Sport sei in einer Abwandlung des Satzes von Clausewitz im Begriff, die Politik mit anderen Mitteln fortzusetzen. Wenn man den Deutschen 1936 vorgeworfen habe, die Olympiade für die Zurschaustellung ihres Staates mißbraucht zu haben, so könne man dies ebensogut auch auf den Staatsamateurismus der Ostblockländer anwenden. Beispiele wie die Verschiebung im Leistungsvermögen der Ruderer und anderer Sportler bewiesen, wie tief der Gegensatz zur Einstellung des Sportes zwischen Ost und West sei. Wenn Avery Brundage, Präsident des IOC, dies alles nicht zugeben wolle, verschließe er sich entweder vor den Tatsachen oder nehme zu einer frommen Lüge Zuflucht. Der Osten sei dabei, den Sport für das Prestige des Staates zu benutzen, während im Westen die Gesellschaftsordnung anders über seinen Wert denke. Männer wie Rudertrainer Adam und Hockeytrainer Budinger hätten durch ihr System vermocht, den besseren Bedingungen im anderen Teil der Sportwelt entgegenzuwirken mit zum Teil erstaunlichen Erfolgen.

"Wir stehen heute am Scheideweg des Sports, aber ich habe die Hoffnung, daß die Jugend - besonders im Hockey- und Rudersport - nicht alles dem eigenen Karrierestreben und der Gewinnsucht unterordnet, sondern auch an andere Dinge denkt, die es in der Welt des Sports immer gegeben hat und geben muß."

Eisens Dankesworte gelten, stellvertretend für alle anderen Mitglieder, Friedrich Traiser, der im Laufe der Jahrzehnte Erstaunliches geleistet habe; sie gelten dem anwesenden Landrat Alfred Schmidt, Bürgermeister Dr. Storsberg, dem Ersten Stadtrat August Schilling, aber besonders dem hessischen Innenminister Schneider, der seinen baldigen Besuch zugesagt habe. "Wenn dieses Haus zu einer Art Leuchtturm in einer von vielen Gefahren bedrohten Zeit im Rahmen unseres Sports und Vereins wird, hat es einen guten Dienst zu erfüllen."

RRK-Bootshaus vor dem Umbau

RRK-Bootshaus nach dem Umbau