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Über Mitglieder des
RRK (1983)
Dr. Georg von Opel |
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Ehre, wem die Ehre gebührt
Rollausleger-Einer erstmals von Georg
von Opel gebaut und gefahren
Von Helmuth Streck (Leserbrief aus "Main-Spitze" vom
27.08.1983)
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Die Hoffnungen des Deutschen
Ruder-Verbandes bei den am Sonntag in Duisburg beginnenden Weltmeisterschaften
ruhen auf dem Skuller Peter-Michael Kolbe und seinem eigenwilligen Boot, einem
Rollausleger-Einer, der vielerorts als revolutionär gerühmt wird. Dass diese
Konstruktion so neu nicht ist, wie sie oft dargestellt wird, belegt unser
Rüsselsheimer Leser Helmuth Streck aus der Karlstraße 16 in einem interessanten
Beitrag.
Das Prinzip des beweglichen Auslegers
für Ruderboote wurde durch den englischen Ingenieur James Pacher erfunden
und am 11. Dezember 1883 in London beim "Empire’s Patent Office" angemeldet.
Obwohl die Idee theoretisch funktionierte, konnte sie zur damaligen Zeit
aufgrund der verfügbaren Materialien nicht umgesetzt werden.
Aus Wikipedia: "Rollausleger" |
"Immer wieder liest man mit Erstaunen
von der Revolution eines neukonstruierten Rollausleger-Einers, welcher dem
Rudersport eine neue Dimension eröffnet habe. Um der Wahrheit die Ehre zu geben
und auch diese dem Manne zuteil werden zu lassen, dem sie gebührt, muss gesagt
werden, dass Georg von Opel bereits 1948 das Einerrennen der Regatta, welche zur
Hundertjahrfeier der Deutschen Nationalversammlung von 1848 in Frankfurt
stattfand, mit einem solchen Boot gewonnen hat.
Das Rollausleger-Boot wurde von Georg
von Opel konstruiert und in der Opelit-Bootswerft in Frankfurt gebaut. Leider
hatte das damals zur Verfügung stehende Metall nicht die erforderliche
Festigkeit, um die Rollen, welche auf Bahnen entlang der Seitborde des Bootes
verliefen, stabil zu halten. Ein kräftiger Ruderer verbog beim Durchzug den
Ausleger so, dass die positiven Eigenschaften des Rollauslegers - Vermeidung der
Gewichtsverlagerung – durch den erhöhten Widerstand der Rollen und Rollbahnen
wieder aufgehoben wurden. Das Boot wurde deshalb vorerst nicht weitergebaut. Es
feiert aber jetzt mit Peter-Michael Kolbe eine triumphale Auferstehung.
Georg von Opels neuer
Viertakt-Achter im Training 1955 |
Die Ehre des Konstrukteurs und des
ersten Benutzers dieses Bootes steht jedoch Georg von Opel zu. Der spätere
Gründer und Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft hat als mehrfacher
deutscher Meister im Rudern seinen erfinderischen Geist auch bei anderen
Bootsgattungen mit Erfolg eingesetzt. So ist der im Bug liegende Steuermann
seine Erfindung, auch diese Boote wurden zuerst in den Jahren 1948 bis 1950 in
der Opelit-Werft gebaut.
Der in dieser Bauart
gebaute Riemenzweier mit Steuermann war ein durchschlagender Erfolg und wurde
sofort mit Meisterschaften belohnt. Auf heutigen Regatten sieht man nur Boote
dieser Bauart.
Der Vierer mit
Steuermann kam auch zu Meisterehren, aber viele Mannschaften wollten auf den im
Heck sitzenden Steuermann nicht verzichten, dessen Kommandorufe und Übersicht
bei dem neuen Boot doch wesentlich beeinträchtigt waren. Zudem brachte die
Gewichtsverlagerung in den Bug des Vierers nicht ganz den erhofften besseren
Durchlauf des Bootes, wie er dagegen beim Zweier eingetreten war.
Ein Versuch des
experimentierfreudigen Georg von Opel dürfte weitgehend in Vergessenheit geraten
sein: der Spinnen-Achter. Die Überlegung, dass ein Boot schneller sein müsste,
wenn es stetig und nicht schubweise vorangetrieben wird, brachte Georg von Opel
auf den Gedanken, einen Achter zu konstruieren, bei dem jeweils vier Blätter in
überschlagendem Einsatz durchs Wasser gezogen werden - also nicht alle acht
Ruderer zugleich einsetzen. Während die ersten
vier Ruderer den Riemen durchs Wasser ziehen, führen die hinteren vier den
Riemen durch die Luft in die Auslage und umgekehrt.
Der Achter der
Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim bei einem Ruderversuch mit
"gelöcherten" Ruderblättern in Offenbach 1951 (Wilfried Seipp, Helmut
Schwinn, René Kuhn, Adam Munk, Georg Schneider, Georg Boller, Georg von
Opel, Karl Bauer und Stm. Rolf Bopp) |
Dieses Experiment ist nicht gelungen,
da der Rhythmus der Mannschaft verloren ging und das Boot deshalb die erhoffte
Schnelligkeit nicht erreichte.
Als Georg von Opel im Jahre 1971 im
Alter von 59 Jahren starb, hat der deutsche Sport einen großen Förderer
verloren. Die ihn gekannt haben, bedauern es außerordentlich, dass viele seiner
Gedanken und Werke offenbar so schnell in Vergessenheit geraten sind."
Nachstehend ein Artikel zu
diesem Thema, den Paul Elschner 1954 in der "Frankfurter Neue Presse"
veröffentlichte:
Opel-Achter als "Viertakter"
Neue Ruderideen am Untermain
–
Rüsselsheimer RK trainiert seit Wochen im neuen Boot
Zwischen der Staustufe Eddersheim und
den Opelwerken in Rüsselsheim sind seit einigen Wochen wieder allabendlich die
Ruderer mit ihren Booten auf dem Wasser. Ein aufmerksamer Beobachter kann dabei
hin und wieder einen Achter bemerken, der in ungewohnter Art über die Wellen des
Mains getrieben wind. Die Ruderer vom Untermain beschäftigen sich nämlich mit
neuen Ideen. Genauer gesagt tut es der Rüsselsheimer RK 08 und damit Georg von
Opel. Heute noch (wie schon seit Jahren) Mäzen und gleichzeitig aktiver Sportler
trotz seiner 42 Jahre.
Georg von Opel überraschte die
Ruderwelt schon mehrfach mit neuen Ideen. Und er besaß auch stets genug
Initiative, um Plänen die Praxis folgen zu lassen. Wir erinnern uns an den Einer
mit festem Sitz und rollenden Dollen und an seinen Achter, in dem der Steuermann
liegend untergebracht war. Auch diesmal hat es ihm der Achter angetan. Zwei
Novitäten gelten für die Neuschöpfung: das Boot ist kürzer geworden, dazu wird
in ihm völlig anders gerudert. Nicht mehr alle acht Leute im Boot bemühen sich
um einen Gleichklang der Bewegungen, sondern die Ruderarbeit ist in vier Phasen
aufgeteilt worden. Man operiert nicht mehr zusammen, sondern in Zweiergruppen
fortlaufend nacheinander. In der Praxis heißt das, dass jeweils die Bootsplätze 8
und 7, 6 und 5, 4 und 3, 2 und 1
(für die auch im Boot eine größere räumliche Trennung geschaffen wurde)
zusammenwirken. Die das Boot vorwärtstreibende Wasserarbeit fließt jetzt also
ineinander.
Die Vorteile dieser neuen Taktik liegen auf der Hand. Bei an sich
gleichbleibendem Gesamt-Krafteinsatz (von allen acht Ruderern) ist ein mit
stetig wirkender Kraft angetriebener Körper rationeller zu bewegen als durch
intervallischen Einsatz der Kräfte. Dadurch kann man das bisher ungeeignete
verkürzte Boot (das ja auch einen geringeren Reibungswiderstand besitzt!)
benutzen, da die jetzt wirkenden Kräfte nicht ein so starkes Neigen des Bugs
hervorrufen wie der Einsatz der geballten Energie aller Ruderer. Natürlich muss
nun die Harmonie innerhalb der Mannschaft, das völlige Eingespieltsein und
Ineinandergleiten der vier "Arbeitskräfte" weit größer sein als bisher. Das A
und O der neuen Technik ist die Beherrschung der neuen Materie. Man möchte
hoffen, dass dieser neue Weg, eine Leistungssteigerung zu erreichen, nicht an
Unzulänglichkeiten scheitert. Denn klar gesagt: eine zweitklassige
Bootsbesatzung kann auch mit besseren Mitteln kein erstklassig besetztes Rennen
gewinnen. Man verstehe uns nicht falsch - diese Bezeichnung soll keineswegs auf
den Rüsselsheimer RK Anwendung finden. Aber man kann sich denken, dass eine
Verbindung wie die frühere Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim
mit anderen Mitteln arbeiten könnte. Es scheint übrigens, dass eine solche
Vereinigung durchaus wieder einmal Tatsache werden könnte.
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