Von Wolfgang Plank
(aus "https://www.elektroauto-news.net" vom 27. April 2021) ‒ Quelle: Opel, Pressemitteilung vom 26. April 2021
Die Kollegen von
der NASA sind vor 50 Jahren zwar schon einen Schritt weiter – im Jahr 1971
erkunden die Apollo 15-Astronauten die Mondoberfläche mit einem elektrischen "Lunar
Roving Vehicle". Doch bei Opel ist man eindeutig schneller unterwegs. Was
Batterieautos auf der Erde leisten können, zeigt im selben Jahr ein ebenfalls
einzigartiges Modell: ein umgerüsteter Opel GT. Am 17. und 18. Mai 1971
unternimmt Georg von Opel auf dem Hockenheimring mit einem speziell
vorbereiteten und umgebauten Prototypen den Versuch, neue Bestleistungen für
elektrisch betriebene Fahrzeuge aufzustellen. Mit Erfolg: Der "Elektro GT" fährt
an diesen beiden Tagen auf dem Formel-1-Kurs in Hockenheim insgesamt sechs
Elektromobil-Weltrekorde ein.
Der erfolgreiche
Geschäftsmann und Leistungssportler Georg von Opel will mit dem "Elektro
GT"-Rekordversuch nicht nur das Potenzial batterie-elektrischer Fahrzeuge für
die Zukunft zeigen. Der Enkel von Firmengründer Adam Opel führt zudem auf seine
ganz eigene Art die Familientradition fort. Schon von 1927 bis 1929 zogen die
raketengetriebenen Rekordfahrten seines Cousins Fritz von Opel die
Öffentlichkeit in ihren Bann. Am 23. Mai 1928 erreichte "Raketen-Fritz" mit dem
RAK 2 vor vollen Tribünen auf der Berliner Avus eine Spitzengeschwindigkeit von
sagenhaften 238 Stundenkilometer.
Statt auf Raketen
setzt Georg von Opel auf Elektroantrieb: Der "Elektro GT" von 1971 ist mit zwei
Gleichstrom-Motoren von Bosch ausgestattet, die zusammen 120 PS entwickeln und
sich kurzzeitig sogar bis auf 160 PS bringen lassen. Die vier
Nickel-Cadmium-Batterien aus dem Flugzeugbau stammen von Varta und sind auf
Rückbank und Beifahrerseite untergebracht. Die 280 Zellen wiegen 590 Kilo, der
Opel GT selbst weitere 960 Kilo, so dass insgesamt 1,55 Tonnen zu bewegen sind –
so viel wie bei einem Opel Diplomat B.
Opel "Elektro GT" bei Rekordfahrt 1971 auf
dem Hockenheimring |
Für die
Langstrecken-Versuche sind sogar 360 Zellen nötig, die 740 Kilo auf die Waage
bringen. Mit rund 1,7 Tonnen bewegt sich der "Elektro GT" dann in der
Gewichtsklasse eines früheren Opel Blitz-Lkw mit kurzem Radstand. Zum Einsatz
kommen daher härtere Federn zum Einsatz und von Continental speziell entwickelte
Hochdruckreifen für minimalen Rollwiderstand.
Auch an der
Karosserie nimmt von Opel diverse Modifikationen vor: Alle Luftein- und
-auslässe an der Fahrzeugfront werden verschlossen. Den Opel GT-typischen
Vergaserbuckel auf der Motorhaube sucht man vergebens, stattdessen ist die Haube
für eine bessere Aerodynamik komplett flach. Darüber hinaus fehlen Stoßstangen,
Rückspiegel und Türgriffe. Statt dessen verfügt das Rekordfahrzeug – einzigartig
für den Opel GT – erstmals über einen großen Heckspoiler. Ein Wärmetauscher
ersetzt den Endtopf.
Mit diesem "Elektro
GT" fährt Georg von Opel am 17. Mai 1971 vier neue Weltrekorde für
Elektro-Automobile ein:
1 Kilometer in 19,061 Sekunden bei einer Spitzengeschwindigkeit von 188,86 km/h
1 Kilometer stehender Start in 31,066 Sekunden bei 115,88 km/h
½ Kilometer stehender Start in 19,358 Sekunden bei 92,98 km/h
¼ Meile stehender Start in 16,869 Sekunden bei 85,87 km/h
Zwei weitere
Rekordfahrten folgen am 18. Mai, beide mit stehendem Start:
10 Kilometer in 4 Minuten 43,69 Sekunden bei 126,89 km/h
10 Meilen in 7 Minuten 35,63 Sekunden bei 127,15 km/h
Der Angriff auf den
siebten Weltrekord scheitert jedoch: Aufgrund der noch geringen Kapazität der
damaligen Nickel-Cadmium-Batterien schafft der "Elektro GT" auf der
100-Kilometer-Strecke, die mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 km/h
zurückgelegt werden soll, lediglich eine Distanz von 44 Kilometern.
Doch der Erfolg von
sechs Weltrekorden für Elektromobile bleibt. Zugleich zeigt der "Elektro GT",
dass ein batterie-elektrisches Fahrzeug schon damals die Geschwindigkeit eines
Sportwagens erreichen konnte. Heute – 50 Jahre später – erringt der moderne Opel
Corsa-e als Nachfahre das "Goldene Lenkrad 2020".