Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

Dieser Bereich der "alten RRK-Homepage" im Vintage-Look enthält auch Inhalte wie Berichte von 2000 bis 6/2018,
wie "In memoriam", wie "Über RRK-Mitglieder", wie Links, wie Suchen, wie ... usw.

>>> Zur neuen RRK-Homepage <<<                    >>>Datenschutzerklärung<<<                   >>>Impressum<<<

Archiv

Chronik "Der Klub"

Chronik Hockey

Chronik Rudern

Chronik Tennis

Über RRK-Mitglieder

In memoriam

Links

Suchen

 

Über Mitglieder des RRK (2001)                                  

Dr. Georg von Opel

Der Club der Idealisten

Zur Geschichte der Deutschen Olympischen Gesellschaft

 

Erlebt, beobachtet und kommentiert von Hilmar Dressler (Olympisches Feuer, 1/2001)

Wer weiß heute schon noch, was ein technischer Paternoster ist. Selbst ich hatte einen derartigen umläufigen Kabinen-Aufzug noch nie betreten, als wir an jenem trüben Dezembertag des Jahres 1950 von so einem Elevator ins Obergeschoss des Continental-Werkes Limmer transportiert wurden. Der andere neben mir war Karl Hahne, meine sportliche Leitfigur im Nachkriegs-Hannover, der mich gebeten hatte, ihm beim Aktenkoffertragen behilflich zu sein. Oben im Direktionsbüro von Wilhelm Garbe empfing uns ein ganz anderer "Paternoster", nämlich der Allvater Olympias auf deutschem Boden, Carl Diem. Ein paar Minuten später gesellte sich noch ein gewisser Georg von Opel hinzu - wenn auch etwas außer Atem, weil der Allroundsportler selbstverständlich den Paternoster-Aufzug verschmäht und das Obergeschoss treppensteigend erklommen hatte.

Opel war damals Aufsichtsratsvorsitzender der Continental Gummi-Werke, Garbe fungierte als Vorstand des Unternehmens, und Hahne war als Planungs-Chef der Conti auch im Sport ein viel gefragter Mann. Dass ich auf einmal Carl Diem, dem großen olympischen Wegweiser, gegenüberstand, war für mich als verhinderten Olympiateilnehmer von 1940 schon außerordentlich beeindruckend. Sonst aber war ich nur stummer Beisitzer der erlauchten Runde, dem aber die Ohren klingelten, als man über die letzten Vorbereitungen zur Gründung einer olympischen Fördergesellschaft diskutierte.

Noch waren zwar den deutschen Sportlern die Tore Olympias verschlossen, doch hofften wir alle auf einen günstigen Entscheid der Allmutter IOC, der dann im Mai des Folgejahres 1951 auch Wirklichkeit wurde - wenn leider auch nur für den Westteil des politisch gespaltenen Landes.

Oslo und Helsinki gewannen das Rennen um die Ausrichtung der Spiele von 1952, aber die Koreakrise hatte die deutsche Wirtschaft gelähmt und eine fast vierzehnprozentige Arbeitslosenquote provoziert. Und nun sollte der geplante Verein binnen kürzester Zeit Gelder und Mitglieder sammeln, damit wir Deutschen nach 16-jähriger olympischer Abstinenz wieder "dabei sein" konnten. Das war schon etwas mehr als nur Wagemut!

Doch darum ging es bei den Gesprächen in Wilhelm Garbes Büro. Carl Diem legte den Vorabdruck einer Mitgliederzeitschrift vor, die er "Olympisches Feuer" tituliert hatte. Zum ersten Mal war in dem Heft von einer "Deutschen Olympischen Gesellschaft" die Rede, die man am 5. Januar des neuen Jahres in Frankfurt gründen wolle. Überrascht war ich, mit welcher Selbstverständlichkeit jeder seinen Part übernommen hatte, um das hoch gesteckte Ziel zu erreichen. Georg von Opel wollte einige tausend Firmen anschreiben, Garbe die Werbungskosten übernehmen und Diem das Nationale Olympische Komitee mobilisieren. Aber auch Hahne und Dressler wurden eingespannt. Der eine sollte sich mit der Gründung so genannter Zweigstellen im niedersächsischen Raum befassen, der andere Mitglieder und Spenden sammeln, und das besonders in den Vereinen und Schulen.

Wir gingen mit Begeisterung zur Sache. Schnell mehrten sich die Beitrittserklärungen wie auch die Zahl der Helfer und Mitarbeiter. Auch die Vereine und Schulen spielten mit. Wenn ich den Kindern olympische Geschichte und Geschichten nahe brachte, häufelten sie spontan Groschen und Pfennige zusammen. Das waren dann wohl die wertvollsten Spenden, wie DOG-Schatzmeister Hermann Jannsen immer wieder erklärte.

Gut zwanzig Jahre später wurde ich an diesen schönen DOG-Einstieg bei den Schulen nochmals erinnert, als ich meine Tonbildschau von den Münchner Spielen an einem Gymnasium präsentieren wollte. Noch ehe ich beginnen konnte, wurden die Vorhänge aufgezogen und ein Schulsprecher bedeutete mir unmissverständlich, dass die Vorführung ausfallen müsse, da sie den Leistungsgedanken verherrliche. Da hatten wir's: Die Saat der 68er-Jahre war aufgegangen und ich war um eine Erfahrung reicher, wenn auch um eine olympische Illusion ärmer.

Die Idee und ihre Gründerväter

Da kam schon einiges von Rang und Namen an jenem denkwürdigen 5. Januar des Jahres 1951 im Frankfurter Senckenberg-Museum zusammen, als sich die DOG sozusagen selbst aus der Taufe hob und sofort an die Arbeit machte. Was sich da zwischen vorsintflutlichen Fossilien abspielte, war erfrischende Gegenwart und spontane Begeisterung für das große Nahziel, der deutschen Olympiamannschaft den Weg nach Oslo und Helsinki zu ebnen. Das aber war leichter beschlossen als getan. Wenige Wochen zuvor hatte NOK-Schatzmeister Willi Daume mit seinem Kostenvoranschlag in Bonn für großes Achselzucken und Kopfschütteln gesorgt. Neben den besten Erfolgswünschen hatte man dort für die Olympia-Expedition nichts parat, also war es hohe Zeit, eine DOG zu gründen. Georg von Opel wurde einstimmig als Steuermann gewählt. Männer wie Carl Diem, der Herzog zu Mecklenburg, Ritter von Halt und Werner Klingeberg schieben das Gefährt kräftig an, unterstützt von Willi Daume, Max Danz, Constans Jersch und Hermann Jannsen.

Mehr als eine Million der noch druckfrischen, jungen Mark sollte die DOG für das NOK erwirtschaften - und das in einer Zeit, wo der bundesdeutsche Durchschnittsbürger nur eben einmal ein Zehntel des heutigen Geldes in der Lohntüte hatte. Aber die Blütenträume reifen, denn zahllose Helfer und einige tausend DOG-Mitglieder sorgen schon im ersten Jahr für die stolze Summe von 630.000 Mark. Allerdings konnte sich auch die DOG nicht ohne weiteres mit der Sammelbüchse an die nächste Ecke stellen. Der neue Verein war einzutragen, und beim Bundesfinanzministerium war die steuerliche Begünstigung der Zuwendungen zu beantragen. Das erwies sich zunächst als äußerst schwierig, da das NOK als Zuwendungsempfänger noch keine Gemeinnützigkeit beantragt hatte.

Aber: Kommt Zeit, kommt Rat. Und so war es besonders dem Fleiß des jungen DOG-Präsidenten Georg von Opel zu verdanken, der nicht weniger als 12.000 "Bettelbriefe" handschriftlich unterzeichnete, dass mit dem Olympiajahr 1952 auch das "Olympia-Soll" mit knapp 1,1 Millionen Mark sogar mehr als nur erfüllt wurde. Da nun auch die Bundesregierung mit einem Zuschuss von 400.000 DM nachzog, konnte bereits für die nächsten Spiele des Jahres 1956 eine beruhigende Rücklage gebildet werden. Wie selbstlos und sparsam damals in der DOG gewirtschaftet wurde, zeigt die Kostenabrechnung jener denkwürdigen Gründungsversammlung im Senckenberg-Museum. Ganze 383,08 DM standen zu Buche!

Was gedacht, geschrieben und gedruckt wurde

Carl Diem war zu allen Lebzeiten ein unverbesserlicher Verfechter des olympischen Gedankens, was heißt: Keiner konnte es besser als er. So war es ihm bei allem Verständnis für die zunächst finanzbezogenen Aufgaben der DOG vor allem darum zu tun, mit dieser Gesellschaft auch olympisches Gedankengut in Deutschland wieder zu beleben und zu verbreiten. Das ist unschwer bereits aus den ersten beiden Ausgaben des "Olympischen Feuers" im Frühjahr 1951 zu erkennen. Sogar Georg von Opel weist im Leitartikel der künftigen DOG erst in zweiter Linie die Geldmittelbeschaffung zu und stimmt sie mit Nachdruck auf ihre ursächliche, geistige Aufgabe ein. Die DOG sei eine Gesinnungsgemeinschaft, sagt er und vergleicht ihren geistigen Anspruch mit den Zielsetzungen der Bach- und Goethe-Gesellschaften. Da kann man möglicherweise diese Metapher in Frage stellen, nicht aber das, was Opel damit sagen wollte. In der Tat wurde die Freude an den inhaltlichen Werten des olympischen Gedankengutes zur geistigen Triebfeder für nahezu alle Aufgaben, die sich die DOG in den Folgejahrzehnten bis in die heutigen Tage hinein stellte. Auch der "Goldene Plan" war trotz seiner materiellen Erfordernisse eine zunächst geistige Konzeption zur Verbesserung von Zuständen und Werten. Erst recht die Fairplay-Initiative der DOG zur Verbesserung des menschlichen Miteinanders. Selbst das in vielen Dingen so stark veränderte Erscheinungsbild der Olympischen Spiele gewinnt neue und erstrebenswerte Dimensionen, wenn man erkennt, dass Teilnehmer aus 200 Nationen wenigstens einmal alle vier Jahre Streit und Missgunst vergessen, um in friedlichem Wetteifern ihre Kräfte zu messen. Es geht also, wenn man nur will! Daume behauptete einmal, dass die olympische Idee auch von gedanklichen Utopien profitiere, und auch Diem war einer, der sich gern in Illusionen vertiefte und diese dann auch zu Papier brachte. Mit dem "Olympischen Feuer" und den neuen Standard-Werken der Olympischen Spiele leistete er für das neue DOG-Selbstverständnis entscheidende Schrittmacherdienste und bestimmte damit auch den hervorragenden Stellenwert, den diese DOG-Druckerzeugnisse noch heute in der Sportliteratur einnehmen. Ihn amüsierte eher noch der kritische Einwand seines DOG-Vorstandskollegen Constans Jersch: "Der Diem macht das alles viel zu archäologisch." Damit meinte er Diems so beliebte Bezugnahme auf die olympische Antike. Da hat sich in der Folgezeit vieles von selbst überholt, denn die aufkommenden modernen Techniken und Verfahren haben Olympias Erscheinungsbild der Zeit angepasst. Was Diem einleitete, gewann unter Walter Umminger neues Profil, das Dressler weiterentwickeln konnte. Seit nunmehr zwölf Jahren läuft das "OF" unter Harald Piepers gekonnter Regie als immer noch eine Sonderheit im sportlichen Blätterwald.

Von der Goldmedaille zum Goldenen Plan

Man muss sich das einmal genüsslich auf der Zunge zergehen lassen: Mehr als 3,6 Millionen Mark stellte die DOG dem Nationalen Olympischen Komitee in den ersten 20 Jahren zur Förderung der Olympiamannschaften zur Verfügung. Gut 1 Million hatte sie in Produktion und Vertrieb von Olympia- und Sportfilmen gesteckt und schließlich auch die Wiederaufnahme der Ausgrabungen im klassischen Olympia mit nahezu 200.000 DM gefördert.

Das alles war - trotz des sich abzeichnenden „Wirtschaftswunders" - ganz ungewöhnlich, denn mit günstigenfalls 10.000 Mitgliedern war die DOG noch längst keine Volksbewegung geworden, sondern eher nur ein mittelgroßer Sportverein geblieben. Zwar sprach man gelegentlich von ihr, doch nur Insider wussten, welche enormen Anstrengungen hinter diesen bemerkenswerten Leistungen steckten.

Zu allem Überfluss stellte sich bei der DOG-Bundestagung 1959 in Hannovers Ratsgymnasium Georg von Opel aufs Podium und verkündete seinen "Goldenen Plan" für die Schaffung von Erholungs-, Spiel- und Sportstätten und forderte öffentliche Investitionen von sage und schreibe 6,3 Milliarden Mark heraus. Da ging mehr als nur ein Raunen durch den deutschen Blätterwald, und die öffentliche Hand bezog Abwehrstellung. Gert Abelbeck hatte als "Vater" dieses Planungswerkes alle Mühe, sie von der Richtigkeit seiner Erhebungen und der Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen zu überzeugen.

Bund, Länder und Kommunen mussten sich erst einmal daran gewöhnen, dass ein privater Verein sich anmaßte, Verfahrensnormen vorzugeben und deren Einhaltung zu überwachen. Selbst Konrad Adenauer wollte zunächst gar nichts vom Goldenen Plan wissen, bis er sich überzeugen ließ und die größten Hindernisse mit dem klassischen Satz "Dat is doch ne janz jute Sache!" aus dem Weg räumte.

Dass schließlich nach 15 Jahren der Plan fast hundertprozentig erfüllt werden konnte, spricht für die Güte des Konzepts. Sogar mehr als 19 Milliarden standen am Ende zu Buche, denn Geldwert wie auch Material- und Lohnkosten hatten sich verändert. Dass die DOG ebenfalls tief in die eigene Tasche griff, belegen die Finanzierungsanteile für Beispiel-Anlagen und Planungskosten im Gesamtumfang von 4,5 Millionen Mark. Darauf kann die DOG heute noch stolz sein!

Bindeglied zwischen unten und oben

Nach der Verkündung des Goldenen Plans stellte sich schnell heraus, dass eine über das ganze Land verteilte Mitgliedergesellschaft von zentraler Stelle aus nicht mehr ausreichend zu betreuen war. Auch verkannte wohl niemand die Gefahren der Entfremdung von Spitze und Basis angesichts der höchst unterschiedlichen Verhältnisse "draußen vor Ort". Also musste ein Bindeglied geschaffen werden zwischen Präsidium und Zweigstellen. Diese schnell gebildete Einrichtung mit wichtiger Beratungsfunktion nannte man "Zweigstellen-Ausschuss" und besetzte sie, damals noch fast paritätisch, mit Vertretern aus allen Regionen. Später war schon mehr der spezifische Sachverstand und das besondere Interesse dieser engagierten Mitglieder gefragt, denn das Aufgabenpaket der DOG beschränkte sich längst nicht mehr nur auf Olympia und den Goldenen Plan.

Boyer, Dressler und Hoffmann prägten die Arbeit dieses Gremiums in den ersten drei Jahrzehnten. Mit der Einbeziehung des Ausschuss-Vorsitzenden in das geschäftsführende Präsidium zu Beginn der siebziger Jahre wurde eine wichtige Informationsverbindung geschaffen. In diesem Zusammenhang muss besonders Paul Hoffmann genannt werden, der als Ausschussvorsitzender 1975 in das Präsidium einrückte und ihm mit viel Einsatz ein Vierteljahrhundert angehörte. Neben diesem heutigen Ausschuss für Zweigstellen/Landesverbände richtete das Präsidium vor wenigen Jahren noch den Ausschuss für Jugend- und Nachwuchsfragen ein, wie auch zur Lösung wirtschaftlicher Probleme den Ausschuss für Marketing.

Erlebnis Griechenland

Seit Beginn der Freilegung Olympias Ende des 19. Jahrhunderts bestätigte fast jeder Tag aufs Neue den Wahrheitsgehalt der Überlieferungen, mit denen uns Pindar, Homer und andere "Reporter" der olympischen Frühzeit die Spiele schilderten. Selbst dann, wenn mythologische Verbrämung zum Widerspruch herausforderte, von dem der olympische Gedanke auch heute nicht frei ist.

Carl Diem wusste von Genius loci, als er Mitte der fünfziger Jahre das Begreifen olympischer Zusammenhänge aus den Studierstuben direkt nach Olympia verlegte, damit sich die jungen Menschen mit Ursprung und Gedankengut der Spiele auseinander setzen konnten. Dieser Versuch wurde zu einer ständigen Einrichtung und zu einem Markenzeichen der DOG. Seit vier Jahrzehnten sind zahllose Jugendliche mit erfüllten Erwartungen aus Olympia zurückgekehrt. Die Griechenlandfahrten, einfühlsam geleitet von jungen Akademikern, sind alljährliche Glanzlichter der DOG-Arbeit.

Die GDO - ein Aktivposten

Eine Olympische Gesellschaft ohne Olympiateilnehmer und Medaillengewinner - das war von Anbeginn nicht denkbar. Gerade diese erfahrenen und erfolgreichen Sportler fühlten sich bald in der DOG zu Hause und wurden zu Leitfiguren in der Zweigstellenarbeit. Große Namen darunter - aber auch weniger Erfolgreiche, denen der olympische Einsatz zum unvergesslichen Erlebnis wurde.

Unabhängig von der DOG hatten sich jedoch auch andere Gruppierungen in der Bundesrepublik gebildet, die Olympiateilnehmer aus bestimmten Sportarten vereinten. Auch in der damaligen DDR gab es solche Zusammenschlüsse. In Anlehnung an ähnliche Organisationsformen im internationalen Bereich hatte sich 1971 in Hamburg eine "Gemeinschaft der Olympiateilnehmer - GdO" gebildet, die zunächst den Fünfkampf-Sieger von 1936, Gotthardt Handrick, zum Vorsitzenden wählte, sich dann aber bald der Führung von Hans Fritsch anvertraute, der in Berlin Fahnenträger der deutschen Olympiamannschaft gewesen und als Initiator dieser Vereinigung anzusehen war.

Mit der Stiftung auch international vergebener Preise ehrte die Gemeinschaft zugleich das Andenken zweier bedeutender Sportpersönlichkeiten, Hans-Heinrich Sievert und Paavo Nurmi. Auch die alljährliche Gedenkfeier an der Berliner Olympiaglocke zu Ehren der gefallenen und durch politische Gewalt ums Leben gekommenen Olympiateilnehmer entsprang einer Idee von Hans Fritsch. Dennoch gab es auch Reibungen mit dem NOK und der DOG und trotz aller Anstrengungen nicht den erwünschten Mitgliederzuwachs. Schließlich kam es aber doch zu der von Willi Daume angestrebten Anbindung der Gemeinschaft Deutscher Olympiateilnehmer (GDO) an die DOG.

Mit der Wahl von Friedel Schirmer zum Präsidenten der GDO im August 1984 begann für die Gemeinschaft eine neue Epoche. Das Innenverhältnis zur DOG wurde verbessert und fand seinen Niederschlag in den beiderseitigen Satzungen und dem besonderen Stimmrecht der GDO als selbständige Anschlussorganisation. Damit entwickelte sich die GDO nun sehr rasch zu einem bemerkenswerten Aktivposten der Olympischen Gesellschaft.

Der Fall der Berliner Mauer und die Öffnung der Grenzen taten 1990 ihr Übriges. Wenige Stunden nach der Absprache zwischen den beiden Nationalen Olympischen Komitees besiegelten auch Peter Frenkel und Friedel Schirmer die Vereinigung der bislang so abgeblockten Olympiateilnehmer. Bereits ein Jahr später hatten sich mehr als 100 Ehemalige aus den neuen Ländern der GDO angeschlossen. Heute umfasst die GDO 750 Olympiateilnehmer, die sämtlich auch Mitglieder der DOG sind. Von besonderer und beispielhafter Bedeutung wurden die Olympia-Treffs der GDO, die 1992 im brandenburgischen Kienbaum ihren Anfang nahmen, um dann 1994 in Duisburg-Wedau und zwei Jahre später in München-Oberhaching fortgesetzt zu werden. Das Treffen der Ehemaligen aus Ost und West 1998 in Dresden wurde mit fast 300 Teilnehmern zu einem besonderen Höhepunkt. Im Mai des Jahres 2000 trafen sich die Olympier in Hamburg und wählten dabei mit dem Chemnitzer Silbermedaillen-Schwimmer Klaus Katzur auch einen neuen GDO-Präsidenten, wie auch den NOK-Chef Walther Tröger von Amts wegen und Friedel Schirmer wegen seiner großen Verdienste zu Ehrenpräsidenten.

Heute verfügt die DOG bereits über 24 Kreis- und Bezirksgruppen in den neuen Bundesländern, die das Zweigstellen-Netz ergänzen, acht weitere befinden sich im Aufbau. Ohne die engagierte Mitwirkung der GDO wäre ein so gutes Ergebnis nie zustande gekommen.

Fair hat's schwer!

Als die Olympier den Amateurgedanken links liegen ließen oder gar schon zu Grabe trugen, fürchteten viele, dass auch das "Fairplay" im Sport bald zum Schnee von gestern werden könne, so als wäre der Berufssport ohne Tricks und Schiebung zu keiner Zeit lebensfähig gewesen. Dass im Tennis, Motor- und Flugsport wie auch im Boxen (zumeist) dennoch das Reglement und die gegenseitige Achtung groß geschrieben wurden, kann noch heute ein Max Schmeling aus den zwanziger und dreißiger Jahren bestätigen. Damit sei gesagt, dass Professionalismus kein schlechtes Geschäft zu sein braucht.

Alle bewunderten 1928 in Amsterdam den französischen Fechter Lucien Gaudin, als er im olympischen Endkampf die Entscheidung des Kampfgerichts mit dem Ausruf korrigierte: "Je suis touche!" und damit seinem Gegner eine Gewinnchance einräumte. Dieses Musterbeispiel von Fairness stand auch einmal bei einer DOG-Podiumsdiskussion zur Debatte, und gestandene Medaillengewinner äußerten Zweifel, ob sie angesichts der zwischenzeitlich eingeführten Erfolgsprämien auf diesen geschenkten Vorteil verzichtet hätten.

Umso mehr war es eine goldrichtige Entscheidung Willi Daumes, die DOG mit ihren Zweigstellen federführend in eine Aktion einzubinden, die als Fair-Play-Initiative des deutschen Sports mit dem Leitsatz "Fair geht vor" erstaunlich schnell die Beachtung der Öffentlichkeit erlangte. In der IBM Deutschland fand die DOG einen großzügigen Sponsor, so dass auch die personellen und materiellen Voraussetzungen für das weit angelegte Unternehmen zu realisieren waren. Diese zunächst auf fünf Jahre angesetzte Aktion konnte 1993 um weitere fünf Jahre verlängert werden, weil sich nun die deutschen Sparkassen dankenswerterweise und ebenso großzügig mit der DOG zusammenschlössen.

Fairplay war auf einmal in aller Munde, so als habe sich der Sport und die Gesellschaft mit diesem Thema noch nie ernsthaft befasst. „Fair geht vor" erreichte einen beachtlichen Bekanntheitsgrad, wie Untersuchungen belegten. Selbst die Politik schrieb sich den Slogan mitunter auf die Fahnen - die dann aber wieder eingerollt wurden, wenn es hart auf hart ging. Auch auf den sportlichen Spielfeldern gab es zwar immer noch rote Karten, doch die Referees griffen härter durch und sorgten auf ihre Art für Fairplay. Kein Zweifel dennoch, dass die DOG-Initiative ein notwendiger und auch wirksamer Schritt gegen die Entwertung des menschlichen Miteinanders gewesen ist. Dass überaus viele Schulen dieses erzieherische Thema in die gedankliche Welt der Kinder einfließen ließen und das "Fairhalten" zu einer wichtigen Lebensregel erhoben, belohnte die Anstrengungen der DOG.

Doch dann folgte eine Enttäuschung der anderen - trotz aller Bemühungen ließ sich kein neuer Sponsor finden. Auch nicht für die inzwischen eingeleiteten Aktionen "Sport verbindet" und "Partner für eine bewegte Kindheit", deren gezielte Verbreitung heute notwendiger wäre als alles andere.

Alles nun über Bord zu werfen, konnte man der DOG nicht zumuten - aber die Bremsen mussten angezogen werden, denn die ausbleibenden Zuwendungen von außen ließen die eigenen Rücklagen dramatisch schmelzen. Die jetzt in Ludwigsburg eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen sind zwar kein schönes Geburtstagsgeschenk für die DOG, aber ein Neuanfang auf dem richtigen Weg.

Gemeinnützige Arbeit im Verborgenen führte früher fast zum Adelsprädikat. Um die Ehrenamtlichen nicht aussterben zu lassen, bemüht sich zur Zeit alles, was Rang und Namen hat. Gott sei Dank! Doch auch im Breitensport geht es wohl kaum noch ohne Profis - und das mag wohl auch ein Generationenproblem sein. Aber von bezahlten Halb- oder Hauptamtlichen soll hier nicht die Rede sein, erst recht nicht von den professionellen Goldhamstern im Sport. Hier geht es vor allem um die im Stillen vor sich hindämmernde Öffentlichkeitsarbeit und die mangelnde Selbstdarstellung der DOG.

Das begann übrigens schon am Gründungstag. Aber da lag es wohl an Konrad Adenauer, denn der Bundeskanzler der jungen Republik feierte just an diesem 5. Januar 1951 seinen 75. Geburtstag. Da blieben für die DOG trotz der herzlichen Glückwünsche von Papa Heuss nur einige magere Zeilen als Lückenfüller in den bundesdeutschen Gazetten über.

Die literarische Beschränkung der DOG auf Standardwerke, Prospekte und das "Olympische Feuer" drang kaum hinaus in die Öffentlichkeit. Auch rückschauende Berichte (wie der Ihnen im Augenblick vorliegende, lieber Leser) locken kaum ein neues Mitglied zur DOG. Günstigenfalls blättert mal ein Fremder im Wartezimmer seines Arztes im dort ausliegenden „OF", sofern der Doktor auch DOG-Mitglied ist. Das kann und soll auch gar nicht anders ein, denn das "OF" ist eine Mitgliederzeitschrift, noch dazu eine kritische und anspruchsvolle für sachkundige Insider, wenn auch mit dem Anspruch, in die Öffentlichkeit zu wirken.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die örtliche Presse in der Regel gut mitzieht und dass diese Verbindung so einigermaßen funktioniert. Im regionalen oder gar bundesweiten Bereich hängt es aber, denn die DOG liefert kaum Schlagzeilen oder gar "bad news". Von den Boulevard-Blättern wurde ich zu meiner Zeit nicht nach Erfolgen und Wohlverhalten befragt, sondern nach eventuellen Pannen und Schiefläufern. Das hat sich nicht geändert.

Dass sich die schreibenden Medien zumeist auf Reportage und Kommentar beschränken, ist ihr gutes Recht. Kostenlose Werbung für andere zu betreiben, ist ihre Sache nicht, denn für Inserate hat der Kunde gefälligst zu bezahlen. Wie aber soll ein solcher Verein wie die DOG mit Öffentlichkeitsarbeit zu neuen Mitgliedern kommen? Das ging bislang eben nur durch persönliche Ansprache oder entsprechende Animation bei DOG-Veranstaltungen, wenn dabei interessante Themen oder gute Unterhaltung geboten wurde.

Schneller als vorauszusehen hat nun aber das "world wide web" (kurz: www) die Medien- und Informationslandschaft überzogen und mit dem Internet schon fast jeden Haushalt erreicht. Mit der "Homepage" kann sich jeder darstellen und damit Partner, Interessenten oder auch Kunden ansprechen. Das endlich könnte auch für die DOG ein Zielraum sein, sich bekannt zu machen und andere zum Mitmachen zu bewegen.

Krisenbewältigung

Die DOG sei seit Jahrzehnten eine Überlebenskünstlerin, bemerkte Steffen Haffner nach der turbulenten Bundestagung 2000 in der "Frankfurter Allgemeinen". Krisenbewältigung gehört in der Tat nicht erst seit gestern zum Aktionsprogramm der nun fünfzigjährigen DOG - da hat Haffner als Kenner der Szene, absolut Recht. Auch dieses, nicht immer froh stimmende Thema anzusprechen, gehört einfach dazu, wenn man Bilanz zieht. Mit der beeindruckenden Habenseite ist es nicht getan.

Entscheidend bleibt jedoch, wie die DOG mit den Problemen fertig wird. Wenn Haffner weiter schreibt, dass die Basis der DOG in Ludwigsburg mit ihrem Aufstand ein Lehrstück in Demokratie abgeliefert habe, ist das doch ein gutes Beispiel für das Selbstverständnis der Mitglieder. Die DOG wird noch gebraucht, sie ist und bleibt das gute Gewissen des Sports, da müssen Gegentore schon mal hingenommen werden, sogar auch Eigentore. Dass die Trainer ausgewechselt werden, kommt in den besten sportlichen Familien vor.

In den vergangenen Jahrzehnten waren nicht nur zeitbedingte Probleme zu lösen. Auch innere Widerstände und nachbarschaftliche Reibereien mussten bewältigt werden. Interessant aber bei diesen Differenzen war immer die einhellige Wunschvorstellung der Kontrahenten, das Beste für die olympische und sportliche Sache herauszuholen und damit auch der eigenen DOG zu nützen. Das muss man festhalten, wenn schon Kritik zu üben ist.

Gelegentliches Gerangel um Zuständigkeiten gab es bereits in den allerersten Jahren. Das NOK war mit der jungen DOG-Tochter nicht immer einverstanden - und umgekehrt. Als man die Präsidien "verzahnte", ging's schon wesentlich besser. Als Mitte der fünfziger Jahre die DOG Gefallen am "Zweiten Weg" des Deutschen Sportbundes fand und den Goldenen Plan verkündete, galt sie für Willi Daume schon fast als ein Nestflüchter, obwohl er später das Planungswerk als "beispielhaft für die Welt" bezeichnete. Auch die Rangeleien im Gründungsvorfeld der Stiftung Deutsche Sporthilfe waren nicht gerade Musterbeispiele kollegialer Zusammenarbeit. Das 1967 von DOG und DSB gemeinsam angeschobene Projekt fand nicht nur Zustimmung. Viele sahen der DOG die Felle davonschwimmen - auch Georg von Opel. Nach seinem Amtsverzicht hatte die DOG große Mühe, die Krise zu überwinden, aber sie schaffte es.

1969 übernahm das Frankfurter "Urgestein" Fritz Dietz für zehn Jahre die DOG-Führung. Keine leichte Aufgabe für den nicht immer bequemen Mann, denn viele Mitglieder waren der DOG weggelaufen, weil sie der aufkommenden Professionalisierung und später auch den politischen Olympia-Blockaden von 1976 bis 1984 keinen Geschmack abgewinnen konnten.

Ein neues Konzept war gefragt und mit ihm auch ein neuer Präsident. Das hatte Dietz erkannt und schickte mich als den damaligen Hauptgeschäftsführer zu Willi Daume. Gemeinsam mit ihm und seinem Generalsekretär Walther Tröger wurden die Weichen gestellt. Dass die DOG-Delegierten Willi Daume bei der Frankfurter Bundestagung 1979 einstimmig zum neuen Präsidenten wählten, war nicht anders zu erwarten. Die nachfolgenden sechs Amtsjahre waren überaus wichtige Jahre für die Deutsche Olympische Gesellschaft. Umso mehr, als Daume nun beide olympische Organisationen, NOK und DOG, in der Hand hatte.

Dass nach Daumes Abschied 1988 die überaus raschen Wechsel in der DOG-Führungsetage nicht gerade förderlich waren, kann nicht unter den Teppich gekehrt werden. Aber die DOG verstand sich schon immer recht gut auf das Bewältigen von Krisen. Das Ludwigsburger Team um Dieter Krickow und Carlo von Opel, den Sohn des Gründungspräsidenten, hat das Vertrauen der Mitglieder hinter sich.

Und noch eins: Im eben erschienenen und toll gemachten Jubiläums-Buch des Deutschen Sportbundes würdigt unser früherer Generalsekretär Norbert Wolff die vergangenen und gegenwärtigen Leistungen der DOG, die von vielen Leuten als "Klub hoffnungsloser Idealisten" belächelt werde, sich aber unbeirrt für einen von Chancengleichheit getragenen Sport einsetze. - Danke, lieber Norbert, auch ich fühle mich als Idealist angesprochen - mit dem kleinen Unterschied, nicht hoffnungslos, sondern nach wie vor hoffnungsvoll zu sein. Heute erst recht!

Das Geschichtsbuch der DOG wird nicht zugeklappt, sondern ein neues Kapitel wird aufgeschlagen!

Georg von Opel mit den aktiven Ruderern des Rudervereins Rüsselsheim 1931 vor der Bootshalle (Georg Schmitt, Fritz Brumme, Karl Pöppel, Paul Diehl, Karl Sittmann, Trainer Friedrich Traiser, Marcel Schopfer, Wilhelm Heil, Willi Filtzinger, Willi Petzold, Georg von Opel)