Von Florentine
Fritzen (aus "FAZ" vom 02.12.2022)
Georg von Opel hat
die Stiftung Spazierengehen 1962 gegründet. Sein Sohn Gregor stellt sie 60 Jahre
später neu auf – mit einer App für mehr Bewegung.
Der Goldene Schuh
soll weiterlaufen. Das ist der Plan von Gregor von Opel, und Michael Groß, Edgar
Itt und Boris Rhein helfen ihm dabei. Während der hessische Ministerpräsident,
nach Selbstauskunft "begeisterter Läufer", als Schirmherr bloß per
Videobotschaft von der Leinwand grüßt, haben die beiden früheren Spitzensportler
als Botschafter in der ersten Reihe des kleinen Saals im Opel-Zoo-Restaurant "Lodge"
Platz genommen.
Vor den ungefähr 50
Gästen im schummrig ausgeleuchteten Raum steht Gregor von Opel in leichten
Trekkingschuhen und spricht über den Goldenen Schuh. So heißt die Aktion der
Stiftung Spazierengehen, die am Mittwochabend in Kronberg wiederbelebt wird –
mit einer App, mehr Sportarten, aber auch viel Tradition. Nachmittags sind
einige aus der Runde schon gemeinsam in der Nähe des Zoos im Taunus marschiert.
Vor 60 Jahren hat
Gregors Vater Georg von Opel den gemeinnützigen Verein gegründet, 1962, als das
erste deutsche Fitnessstudio gerade einmal sechs Jahre alt und von
Trimm-dich-Pfaden noch nicht die Rede war, wie der Leichtathlet Edgar Itt später
sagen wird. Opels Ziel: die Menschen in Bewegung bringen. Als Sportfunktionär
hatte er 1960 am "Goldenen Plan" für den Sportstättenbau mitgewirkt. Eine halbe
Stunde am Tag habe der Vater sinnvoll gefunden, erzählt Opel. Wer seine
Spaziergänge in einem Abzeichenheftchen sammelte, bekam bei 100 Stunden im Jahr
Bronze, bei 200 Silber. Und bei 300 den Goldenen Schuh.
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Vater Georg von
Opel, Unternehmer und und Deutscher Meister im Rudern, trug auch seine eigenen
Märsche auf den Altkönig im Taunus in ein Sammelheft ein, wie ein
Schwarz-Weiß-Film vom fast 800 Meter hohen Gipfel zeigt. Nach zehn erfolgreichen
Jahren, berichtet Sohn Gregor, sei die Stiftung in die Pfalz abgewandert zu
seinem Bruder Carlo; Georg von Opel war 1971 gestorben. Carlo, Jahrgang 1941,
sitzt an dem Abend in Kronberg ebenfalls in der ersten Reihe. Gregor, 27 Jahre
jünger, erzählt, sein Bruder habe ihm vor einer Weile gesagt: "Gregor, jetzt
kannst du das mal machen."
Also habe er die
Stiftung zurück nach Hessen geholt und "vollkommen neu organisiert", berichtet
der Unternehmer. Kernstück der Neuausrichtung, an der auch Christoph von Opel
mitgewirkt hat, ist die App zum Goldenen Schuh. Auch für deren Entwicklung hat
Opel einen Partner gefunden, aber bevor der mit einer Präsentation zu Wort
kommt, spricht noch der Vorstandsvorsitzende der Mainova AG, die das Ganze
fördert. Constantin Alsheimer nennt die Familie von Opel einen
"Traditionsträger", dem die Region viel zu verdanken habe. Wirtschaftlich. Den
Zoo. Und eben die Stiftung Spazierengehen.
Gregor von Opel
meint: "Die Volkskrankheit Nummer eins ist zu wenig Bewegung. Wir machen etwas
dagegen." Richtwert sind zweieinhalb Stunden Bewegung in der Woche, wie es die
Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. Der neue Slogan lautet: "Move your body
and mind." Bewegung sei die zweitbeste Art, Glückshormone auszuschütten. Die
beste sei Essen. Punktesammeln ist in der App nicht mehr nur mit Spazierengehen
möglich, sondern auch mit Joggen, Radfahren, Schwimmen, Skaten und im Studio.
Die Stundenzahlen fürs Erreichen des Bronzenen, des Silbernen und des Goldenen
Schuhs "in Form eines attraktiven Ansteckpins" sind noch dieselben wie zu Vaters
Zeiten: 100, 200 und 300 im Jahr.
Die App soll von
Donnerstag an kostenlos im App Store erhältlich sein. Wer seinen Namen nicht
nennen will, kann anonym beim Goldenen Schuh mitmachen. Entwickelt hat das
digitale Produkt das Unternehmen Teamfit. Sebastian Brunner, einer der Gründer,
erläutert, wie es geht. Wer will, kann sich auch mit einer Gruppe anmelden und
zum Beispiel immer eine Nachricht aufs Handy erhalten, wenn die eigene Mutter
morgens schon Laufminuten gesammelt hat.
Die Botschafter
sprechen dann auch noch. Michael Groß, den Gregor von Opel als "Albatros" und
"Schwimmlegende" vorstellt, mag es, dass es beim Spazierengehen nicht um Zeiten
geht. Denn als Schwimmer breche man sich an Land eher die Beine. Edgar Itt,
einst Hürdenläufer, heute Laufschulbetreiber und "Coach für Führungskräfte",
zitiert Studien dazu, dass Jugendliche das Handy quasi nicht mehr aus der Hand
legten und kaum Sport machten. Buchautor Daniel Schmidt berichtet, dass dies für
ihn der 1.106. Tag in Folge an dem er mindestens 10.000 Schritte gehe. Die
vierte Botschafterin, Triathletin Hannah Hartlieb, ist nicht da.
Früher machten
500.000 Spaziergänger im Jahr beim Goldenen Schuh mit. Gregor von Opel will das
wieder schaffen.