|
Über Mitglieder des
RRK (2011)
Gerrit Rothengatter |
Gerrit Rothengatter (43) ist seit einem
halben Jahr Trainer der Rüsselsheimer Hockey-Männer. Zuvor wirkte der
Diplom-Betriebswirt als Coach des TEC Darmstadt und des Wiesbadener THC. Das
RRK-Eigengewächs war in den achtziger und neunziger Jahren Stammspieler in
der Ersten und Zweiten Liga. |
Interview
"Es schmerzt sehr,
dass wir so dicht dran waren"
Schlaflose Nacht für RRK-Trainer Rothengatter nach Abstieg aus der Bundesliga –
"Rückkehr ist realistisch"
Von
Heiko Weissinger (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 20. Dezember 2011)
Die Männer des Rüsselsheimer RK sind am Sonntag nach 17
Jahren aus der Hallenhockey-Bundesliga abgestiegen. Im ECHO-Interview spricht
Trainer Gerrit Rothengatter über die Nacht danach, die Gründe für den Abstieg
und die Aussichten für die Feldsaison.
Herr Rothengatter, wie haben Sie heute Nacht geschlafen?
Eigentlich gar nicht. Mir ist alles
noch einmal durch den Kopf gegangen. Besonders der letzte Ball im Spiel gegen
München, der Stecher von Nicholas Bachtadse, den der Torwart 40 Sekunden vor
Schluss mit dem Kopf abgewehrt hat. Wenn er reingegangen wäre, hätten wir feiern
können.
Wie sehr schmerzt die Tatsache, dass nur ein Tor zum Klassenerhalt
gefehlt hat?
Es schmerzt sehr, dass wir so dicht
dran waren. Wenn die Saison rückwärts laufen würde, würden wir jetzt als
Tabellenzweiter in Spiel drei gehen. Mit dem Spielplan haben wir schon gehadert.
Der Tabellenzweite SC 80 Frankfurt unterlag im letzten Spiel den
Stuttgarter Kickers mit 6:7 und ermöglichte so dem Schlusslicht noch den Sprung
auf den drittletzten Platz. Haben Sie das Gefühl, die Frankfurter haben die
Partie abgeschenkt?
Gestern war ich noch sehr gefasst.
Aber letztlich war das auch eine Sache, wegen der ich nicht schlafen konnte und
die mich richtig gewurmt hat. Der SC 80 hätte sich eigentlich in einer
Wettkampfsituation auf das DM-Viertelfinale vorbereiten müssen. Dass sie dann zu
Hause gegen das Schlusslicht verlieren, das auswärts bis dahin nur einen Punkt
geholt hat, zeigt die Charakterlosigkeit der Frankfurter. Das ist bezeichnend
für diese Mannschaft und sehr enttäuschend.
17 Jahre war der RRK in der Halle erstklassig. Befürchten Sie, dass der
Abstieg mit Ihrem Namen verbunden bleibt?
Ja, natürlich. Aber ich wusste
vorher, dass es keine leichte Aufgabe wird als Trainer. Mir war bewusst, dass es
zwei schwere Saisons auf dem Feld und in der Halle werden.
Was waren die Gründe für den Abstieg?
Zum einen die Eckenquote: Wir haben
massenhaft Ecken rausgeholt und nur wenige verwandelt. Zum anderen haben wir mit
Abstand die wenigsten Tore von allen 24 Bundesligisten erzielt. Mit einem
Schnitt von drei, vier Toren pro Spiel kannst Du im Hallenhockey nicht bestehen.
Wir hatten nicht die Ausnahmestürmer, die früher in Reihen des RRK standen. Das
soll aber keine Kritik an meinen jungen Angreifern sein.
Die Mannschaft hat sich einige Male erst nach einem deutlichen Rückstand
aufgebäumt. Wie ist das zu erklären?
Es steckt viel Wille und
Charakterstärke in der Mannschaft, die sich am eigenen Schopf aus der Misere
zieht. Warum sie aber oft hoch zurücklag, ist mir ein Rätsel. Vielleicht liegt
es daran, dass wir erst Emotionen brauchen, um ins Spiel zu finden. Wie am
Sonntag nach dem 1:5-Rückstand: Als wir das 2:5 erzielt hatten, war das
Adrenalin plötzlich da, und wir haben Gas gegeben.
Sehen Sie die Gefahr, dass das Team auseinander bricht?
Nein, auf keinen Fall. Als wir
gestern nach dem Abstieg in der Kabine saßen und schwer geknickt waren, hat
einer trotz Totengräberstimmung angefangen, die anderen zu fragen: "Aber Du
bleibst doch auch?" Das ging reihum, und keiner hat gesagt, er geht weg. Nur
Torwart Valentin Jeblick, aber das war vorher klar, dass er nur die Hallensaison
für uns spielt.
Rechnen Sie im Abstiegskampf der Zweiten Feldhockey-Bundesliga mit einer
Trotzreaktion, oder kann das Negativerlebnis zum Hemmschuh werden?
Wir haben richtig gut gearbeitet in
der Hallensaison, haben in fünf von zehn Spielen gepunktet und gegen starke
Teams gut mitgehalten. Wir können also gar nicht so schlecht sein. Das sollte
uns Auftrieb geben, denn auf dem Feld haben wir nicht ganz so gute Gegner wie in
der Halle.
Gibt es Neuzugänge?
Es gibt Rückkehrer mit Jonas Hof,
Thorsten Küffner und Timo Lehner. Hinzu kommen spielstarke B-Jugendliche, sodass
der Kader breiter aufgestellt ist. Und der ein oder andere liebäugelt mit einem
Wechsel zu uns. Es wird mehr Action auf dem Platz und mehr Konkurrenzkampf
geben.
2011 sind die RRK-Männer aus der Feld- und der Hallen-Bundesliga
abgestiegen. Muss der Ruderklub nun auf längere Sicht erst einmal kleinere
Brötchen backen, oder sind Talente in Sicht, die eine erstklassige Zukunft
möglich machen?
Talente sind definitiv in Sicht, bis
runter zu den B-Knaben. Wir haben mit Volker Schädel und Christian Domke
hervorragende Nachwuchstrainer, die jetzt schon Talente nach oben bringen. Die
müssen wir in die erste Mannschaft integrieren, und dann sind wir wieder gut
aufgestellt. Dennoch glaube ich, dass die Erste Liga im Feld für den RRK
mittelfristig nicht realisierbar ist.
Aber eine Rückkehr in die Hallen-Bundesliga ist möglich?
Auf alle Fälle, das ist mein Plan.
Und das ist realistisch.
|