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Über Mitglieder des
RRK (2008)
Gerrit Rothengatter |
"Wer
nicht zuhört, macht Liegestütze"
Hockey: Mit diszipliniertem Training führt Gerrit Rothengatter B-Knaben des TEC
Darmstadt zur Hessenmeisterschaft
Von
Martina Borusewitsch (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 04.10.2008)
"Alle sind auf den
Platz gerannt, haben ihre Schläger in die Luft geworfen und sind auf die Knie
gefallen", erinnert sich der zwölf Jahre alte Florian Saal. Als das Finalspiel
um die Hessenmeisterschaft 2:0 für die B-Knaben des TEC Darmstadt gegen
Gastgeber Rüsselsheimer RK zu Ende geht, ist der Jubel groß. "Wir haben eine
Welle gemacht, wie bei den Herren. Es gab Trommeln und Tröten, es war eine echt
klasse Stimmung", erzählt Leon Neuber. Stolz auf Meisterschale und Anstecknadeln
feierten die Elf- und Zwölfjährigen und ihre Eltern anschließend im
TEC-Vereinsheim.
Seit dem Titelgewinn – dem ersten in
der Altersklasse 1996/97 seit mehr als 50 Jahren – sind zwei Wochen vergangen.
Die Mannschaft um Coach Gerrit Rothengatter trainiert noch einmal auf dem Feld,
bevor nach den Herbstferien die Hallensaison beginnt. Seit einem Jahr leitet der
39 Jahre alte Rüsselsheimer, Spielertrainer der ersten TEC-Herren, auch das
Training der B-Knaben – jeweils zwei Stunden, dienstags und donnerstags. "Der
ist saugut", raunt Philipp Jeske. "Es war eine ziemlich harte Umstellung",
ergänzt Leon Neuber. Irgendetwas muss sich seit dem Antritt Rothengatters
verändert haben: "In der letzten Saison haben wir 0:9 gegen Bensheim verloren,
ein halbes Jahr später gewinnen wir 5:0", beschreibt Jasper Heiland die
Leistungssteigerung.
Gerrit Rothengatter wird 2007
mit dem RRK Hessenpokalsieger der Senioren (hinten: Alfred Segner, Jürgen
Kaul, Joachim Heydweiller und Glenn Eifert; vorn: Fritz Schmidt jr., Thomas
Susenburger, Ralf-Peter Rausch und Gerrit Rothengatter) |
Unterstützt wurde Rothengatter von
Max Rau, der beim TEC sein Freiwilliges Soziales Jahr absolvierte. Jugendliche
zu trainieren, sei seine Spezialität, erklärt Mittelstürmer Rothengatter, der
für Rüsselsheim in der ersten Bundesliga und 1992 als Profi in Rom Hockey
gespielt hat. Als Trainer hat er bereits die Jugend-Mannschaften von Wiesbaden
und Rüsselsheim, beides Hockey-Hochburgen, zu Spitzenleistungen geführt. "Ich
weiß, wie ich die Kinder zu nehmen habe. Eine gewisse Strenge ist nötig, sonst
tanzen sie einem auf der Nase herum", weiß der energische Diplom-Betriebswirt:
"Wer nicht zuhört und ich ertappe ihn, macht zehn Liegestütze."
Doch selbst Rothengatter sagt: "Auf
Anhieb Hessenmeister zu werden, das ist schon ein Ding." Dabei hat er die Knaben
systematisch darauf vorbereitet: "Schieben, schlagen, schrubben. Wenn man diese
Grundtechniken nicht beherrscht, kann man nicht gewinnen, das hat gefehlt",
beschreibt er die Ausgangssituation. Nach dem Trainieren der Grundtechniken ging
es um taktische Feinheiten. Per Videoanalyse erzielte Rothengatter damit so
einige Aha-Effekte – bis zu zehn Mal zeigte er einem Spieler eine bestimmte
Szene. In den Spielen steigerten sich die Knaben alsbald. Verloren sie beim
Testspiel gegen Rüsselsheim noch 1:4, ging das erste Punktspiel gegen den RRK
mit 3:2 an den TEC: "Ab da hatten die Jungs Blut geleckt", stellt Rothengatter
fest.
Nach der Hinrunde und drei Partien
unter den besten vier Teams der Hinrunde hatte der TEC sein bereits hoch
gestecktes, Saisonziel erreicht: das Halbfinale. Als dies gegen den SC 80
Frankfurt mit 5:0 – trotz drei verletzungsbedingter Ausfälle – gewonnen wurde,
standen die Knaben im Finale, das kein TEC-Team seit 32 Jahren gewinnen konnte.
Um alles aus den Jungen herauszukitzeln, zeigte Rothengatter ihnen direkt vor
dem Endspiel seine Hessenmeister-Nadel: "Die Jungs wussten gar nicht, dass jeder
eine bekommen würde. Das gab den letzten Kick, danach sind sie schreiend aufs
Feld gerannt."
Wird Darmstadt jetzt zur neuen
Hockey-Hochburg? Ein gewisser Zulauf sei zu verzeichnen, so eine Spieler-Mutter,
seit die deutsche Nationalelf die Hockey-Weltmeisterschaft gewonnen hat. Das
Engagement der Eltern ist auch Teil des Erfolgs, es reicht von Fahrdiensten zu
Spielorten wie Limburg oder Kronberg bis hin zur Beteiligung am
Konditionstraining. So beginnt jedes Training mit einer Laufeinheit, die eine
Mutter gestaltet. 26 Jungen sind in der Mannschaft, 15 haben um die
Meisterschaft mitgespielt. In der kommenden Hallensaison wollen die Knaben mit
zwei Teams angreifen. Die Altersklasse tritt mit neun Spielern plus Torwart auf
einem Drei-Viertel-Feld an, Schusskreis und Tor sind genauso groß wie bei den
Erwachsenen.
Erste Konsequenzen hat der noch
ungewohnte Erfolg der Darmstädter bereits gebracht: Spielmacher Michel Bein
wurde in den Hessenkader berufen. Der Elfjährige hofft, dass bei weiteren
Sichtungsterminen wenigstens noch ein TEC-Spieler mit ihm gemeinsam dann ein Mal
pro Woche ins zusätzliche Training nach Frankfurt fährt. Michel Bein, dessen
Bruder und Vater ebenfalls für den TEC spielen, hat ein hohes Ziel:
"Nationalmannschaft". Die Parole für die Hallensaison ist für den
TEC-Mannschaftsführer jedenfalls glasklar: "In der Halle werden wir auch
Meister." |