Aus "https://www.git-sicherheit.de"
vom 23.07.2015
Herr Sagerer,
Sie sind Werkschutzleiter bei der DFS in Langen, geben Sie uns einmal eine
Vorstellung von der Größe Ihres Unternehmens und dessen Struktur?
Etwa die Hälfte
aller ca. 6.000 bundesweit tätigen Mitarbeiter der DFS arbeitet hier am
Unternehmenssitz in Langen. Für diesen bin ich zuständig, und hier habe ich in
meiner Funktion als Werkschutzleiter meinen Sitz. Wir betreiben hier eine von
vier Kontrollzentralen – neben Langen gibt es noch Zentralen in Bremen,
Karlsruhe und München. Außerdem werden 16 Tower an den internationalen
Verkehrsflughäfen in Deutschland von der DFS betrieben.
Wie kann man
sich die Aufgabenverteilung zwischen Kontrollzentrale und Tower vorstellen?
Man kann sagen,
dass die Flugsicherung im Schwerpunkt von den vier Kontrollzentralen aus
gemanagt wird. Etwa 90 Prozent der Überwachungs- und Steuerungsaufgaben laufen
über sie – nicht über die Tower, wie viele meinen. Der Tower ist verantwortlich
für den Flughafen, also für Start- und Landefreigaben, für rollenden Verkehr,
auch für Autos, die sich auf den Rollwegen und Pisten bewegen. Das
Kontrollzentrum hier in Langen kontrolliert den Flugverkehr, grob gesagt über
Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem
Saarland. In diesem Bereich liegen die Flughäfen Frankfurt, Düsseldorf, Köln,
Stuttgart und eine Reihe kleinerer Flughäfen. Insgesamt beschäftigt die Deutsche
Flugsicherung etwa 2.000 Fluglotsen, davon etwa 650 bei uns am Hauptstandort
Langen.
Könnten Sie uns
einmal einen überschlägigen Einblick in die Sicherungsaufgaben der DFS geben?
Bei uns geht es
insbesondere um die Sicherung der Einrichtung die der Sicherheit des
Flugverkehrs dienen. Neben der Sicherung
unseres Control Center, Tower und Sendestelle geht es auch um die Sicherung der
Fluglotsen-Akademie – daher kommt auch die bei uns gebräuchliche Bezeichnung
"Campus Langen". Dazu kommen die Unternehmenszentrale selbst, das Logistische
Zentrum sowie das Forschungszentrum und Systemhaus. Letztere dienen der
Entwicklung von Flugsicherungstechnik. Das Krisenmanagement erfolgt jeweils an
den einzelnen Standorten, sofern das Ereignis örtlich begrenzt bleibt. Darüber
hinaus besteht bei der DFS noch ein großes Lage- und Informationszentrum (LIZ),
das für besondere Ereignissen seine Arbeit aufnimmt.
Wie sieht Ihr
Sicherheitskonzept hier am Campus Langen aus?
Ich bin seit knapp
zwei Jahren hier tätig. Als ich kam, gab es hier bereits Einrichtungen für den
Perimeterschutz, inklusive Kameras und sonstiger Hardware. Diese war allerdings
nur zum Teil aktiv. Hintergrund dafür war eine Philosophie des freien Zugangs.
Das parkähnlich angelegte Gelände war wie an einer Universität grundsätzlich
frei zugänglich und betretbar. Sukzessive kam es zur stärkeren Sicherung
sensibler Bereiche – aber grundsätzlich blieb alles Tag und Nacht frei zu
betreten. Ich bin damals dazu übergegangen, zunächst einmal zumindest nachts das
Gelände schließen zu lassen, dazu brauchte ich nur die vorhandenen Einrichtungen
zu aktivieren. Seit Dezember 2014 ist der Campus Langen aber auch tagsüber ein
vollständig zugangskontrollierter Bereich.
Wie kam es zu
dieser Entscheidung?
Es gab keinen
konkreten Anlass für diesen Wechsel der Sicherheitsphilosophie – wir hatten es
also nicht etwa mit aktuellen Bedrohungen irgendwelcher Art zu tun. Mit der
Aktivierung der Zutrittskontrollen haben wir nur die Sicherheitsstandards den
heute geltenden Erfordernissen für die Art Infrastruktur angepasst und dadurch
für einen besseren Schutz unserer Einrichtungen vor Gefahren gesorgt. Diese
ergeben sich beispielsweise daraus, dass auf dem Gelände ständig
Drittunternehmer, Handwerker, einschließlich Subunternehmer tätig sind. Wenn
etwa Schalter ausgewechselt, Rohre ausgetauscht, an Leitungen gearbeitet wurde,
geschah das oft unangemeldet und unbeaufsichtigt. Keiner hatte den genauen
Überblick, wer wann da ist und was er wo auf dem Gelände genau macht. Wäre es zum
Beispiel bei Schweißarbeiten nach Feierabend zu einem Schwelbrand gekommen,
hätte man nur schwer und zeitverzögert nachvollziehen können, wo die Ursache
liegt. Auch kam es zu einigen Büro-, Fahrrad- und Altmetalldiebstählen zum
Nachteil von Mitarbeitern und der DFS.
Es geht ja auch
um den Schutz der technischen Anlagen, etc.?
Ja – und um
Datenschutz. Bei freiem Zugang des Geländes konnte man nicht ausschließen, dass
jemand unbefugt an die Rechner gelangten. Hier geht es zum Beispiel um
Softwarelizenzen die geschützt werden müssen. Aber wir müssen auch unsere
eigene Forschung vor Werkspionage schützen. Die Flugsicherungstechnik wird hier
zum Teil von uns selbst entwickelt, da es für sie keinen nennenswerten Markt
gibt, auf dem man sie einkaufen könnte: In der Radartechnik, der Technik für
Sende- und Empfangsstellen, Peiler etc., steckt erhebliche Entwicklungsarbeit,
die geschützt werden muss. Wir definieren uns deshalb auch als Kritische
Infrastruktur. Dazu kommt natürlich noch die normale Verkehrssicherungspflicht
auf dem Campus Langen. Wir müssen Arbeitsunfälle verhindern – aber auch
Schwarzarbeit. Es gab also nicht den einzigen konkreten Anlass für eine
Verbesserung des Geländeschutzes, sondern eine Vielzahl ganz verschiedener
Gründe.
Wie sieht das
Sicherheitskonzept im Groben aus?
Das Gelände ist
vollständig umzäunt und über Drehkreuzanlagen zugänglich. Außerdem arbeiten wir
mit Videoüberwachungstechnik und mit patrouillierenden Streifengängern am Zaun
und in der Fläche. Wir haben mehrere Sicherheitszentralen mit Monitoren – also
sämtliche Einrichtungen des klassischen Werkschutzes. Auch werden vom DFS-Campus
Langen aus die Sicherheit unserer Sendeanlagen, die im ganzen Bundesgebiet
verteilt sind – dabei arbeiten wir übrigens zusätzlich mit externen Dienstleistern vor Ort zusammen – überwacht. Außerdem haben wir
Vereinzelungsanlagen mit Chipkarten und Ausweislesern. Wir nutzten intelligente
Videotechnologie, die für einen besonderen Schutz sensibler Bereiche sorgt. Dazu
gehört gegebenenfalls auch eine automatische Personenverfolgung. Alles wird
selbstverständlich auch aufgezeichnet. Wir sind jetzt auf einem sehr guten
Sicherheitsstandard – vergleichbar mit dem auf den Flughäfen.
Welche aktuellen
Projekte verfolgen Sie im Werkschutz derzeit?
Wir sind dabei,
unsere Alarmempfangsstelle weiter auszubauen. Dabei geht es uns vor allem um die
Aufschaltung der Brandmeldeanlagen. Wenn wir technische Dienstleister auf dem
Gelände haben, werden Brandmelder teils abgeschaltet – dann müssen
Ersatzmaßnahmen eingeleitet werden, etwa in Form einer Brandwache. Das muss
gemanagt werden, Dienstleister müssen beispielsweise dafür sensibilisiert
werden, dass sie sich in ihren Pausen abmelden etc. Innerhalb der nächsten zwei
Jahre wollen wir unser Alarmmanagement neu aufsetzen. Alle Gefahrenmeldeanlagen
sollen technisch einheitlich zusammengeführt werden. Das ermöglicht uns die
nachvollziehbare Protokollierung und rechtssichere Dokumentierung aller
Ereignisse. Auch unsere Sicherheitszentralen (NSL) werden erneuert, auch wenn
wir hier normativ nicht gebunden sind. Wir orientieren uns grundsätzlich am
Stand der Technik.