Von Holger Matthies
(aus "https://www.dfs.de", Ausgabe 2-2013)
Die DFS gehört mit
ihren Towern und den Kontrollzentralen in Bremen, Karlsruhe, Langen und München
zur kritischen Infrastruktur des Luftverkehrs. Ihre Niederlassungen sind
entsprechend gesichert – meist sind sie in die Security-Strukturen der Flughäfen
mit eingebunden. Der DFS-Campus in Langen verfügt als einzige Niederlassung über
einen eigenen Werkschutz. Dort befinden sich neben dem Center auch die
Unternehmenszentrale, die Akademie, das Systemhaus, das Forschungszentrum und
das neue Technologiezentrum. Werkschutz-Chef Gerd Sagerer ist seit einem
halben Jahr bei der DFS und hat einen Entwurf für ein neues Sicherheitskonzept
erarbeitet.
Es gibt ein paar
Dinge, die man nach Meinung des neuen Werkschutz-Chefs besser machen könnte. Oft
sind es scheinbare Nebensächlichkeiten, wie zum Beispiel offene Bürotüren.
"Viele Mitarbeiter lassen ihre Büros in der Mittagspause oder nach Feierabend
einfach offen", sagt Sagerer. Wenn es darum geht, Sicherheitslücken in einem
Unternehmen zu erkennen, macht dem 58-Jährigen niemand etwas vor: Bevor er zur
DFS kam, leitete er die Airport-Security am Flughafen Frankfurt, den größten
Werkschutz in Deutschland, insgesamt 31 Jahre lang war er als Security-Spezialist des Flughafens tätig. Für die IHK Frankfurt und Rheinhessen sitzt er
in der Prüfungskommission und ist zudem Mitglied in der Vereinigung für die
Sicherheit der Wirtschaft e.V.
Sein Vorgesetzter
Volkmar Hartmann, SIS-Leiter für den Campus Langen, ist des Lobes voll, wenn er
auf seinen neuen Werkschutz-Chef zu sprechen kommt: "Mit Herrn Sagerer ist uns
ein Glücksgriff gelungen. Seine langjährige Erfahrung gibt uns die Möglichkeit,
unser Sicherheitskonzept zu überprüfen und über Jahre eingeschliffene Abläufe
neu zu hinterfragen."
Schon bei seinem
ersten Besuch auf dem DFS-Campus, als er zum Vorstellungsgespräch angereist war,
fielen Sagerer einige Dinge auf, die ihn verblüfften. So ließ ihn das
Sicherheitspersonal am zentralen Campus-Zugang ungehindert passieren, als er
dort nach dem Weg zur Unternehmenszentrale fragte. "Niemand wollte meinen
Ausweis sehen", erinnert er sich. Das gehörte zum Konzept: Als Zeichen von
Bürgernähe wurde der DFS-Campus bewusst offen gestaltet.
Gerd Sagerer hat
Werkzeugmacher gelernt. Zur Security-Branche kam er durch seinen Dienst bei der
Militärpolizei, wo er eine Sicherheitsausbildung absolvierte. Während seiner
Arbeit am Frankfurter Flughafen erlebte er als Einsatzleiter die
Auseinandersetzungen um den Bau der Startbahn West ebenso wie das Bombenattentat
auf das Terminal 1 und war bei mehreren Bombendrohungen sowie einer
Flugzeugentführung als Sicherheitsverantwortlicher des Flughafens vor Ort. Diese
Erfahrung gab den Ausschlag: "Herr Sagerer hat gleich bei seinen ersten
Rundgängen auf dem Campus etliche Mängel erkannt, die jemandem ohne einen durch
langjährige Praxis geübten Blick kaum aufgefallen wären", sagt der SIS-Leiter.
Von diesem geübten
Blick hat mittlerweile schon mancher in der DFS profitiert: Sagerer schaut sich
einzelne Bereiche an, benennt mögliche Sicherheitslücken, schreibt einen Bericht
und macht Vorschläge, was man verbessern könnte, welche Maßnahmen dazu nötig
wären und was das kosten würde. Oft geht es um ganz einfache Dinge, wie zum
Beispiel die Aufbewahrung von Schlüsseln, das Schließen von Fenstern und Türen
oder den Verzicht auf das Mobiltelefon bei wichtigen Besprechungen wegen der
Abhörsicherheit. Ob die Führungskräfte seinen Vorschlägen folgen, liegt in deren
Ermessen. Sie entscheiden letztlich, inwieweit sie mögliche Risiken
vernachlässigen können.
Die ersten 100 Tage
DFS hat Sagerer genutzt, um sich ein umfassendes Bild zu machen. Auf dieser
Grundlage hat er eine detaillierte Sicherheitsanalyse erstellt und ein
Konzeptpapier erarbeitet. Sein Fazit: "Wir können die Sicherheit auf dem Campus
erhöhen, ohne dafür Geld auszugeben. Es ist alles vorhanden, was es dazu an
Organisation und Equipment braucht."
Ein erster Schritt
wäre für ihn, wenn der Campus nachts und am Wochenende nicht mehr frei
zugänglich wäre und wenn die Mitarbeiter ihre DFS-Ausweise auf dem Campus offen
und gut sichtbar tragen – so, wie es in einer Richtlinie vorgeschrieben ist.
Mögliche Neuerungen sollen behutsam und in enger Abstimmung mit den
Mitarbeitervertretungen erfolgen. "Wir wollen den Mitarbeitern nichts
aufzwingen", betont Volkmar Hartmann. Statt dessen soll mit einer Awareness-Kampagne das Bewusstsein der Mitarbeiter für das Thema geschärft
werden.
Dass dort Bedarf
besteht, weiß Sagerer aus vielen Gesprächen mit Mitarbeitern. Dabei erfuhr er
von aus Büros verschwundenen Kaffeemaschinen und Laptops ebenso wie vom
Diebstahl von 80 Kilo Kupfer und 100 Quadratmeter Trittschalldämmung auf der
Baustelle des neuen Technikzentrums. "Mitarbeiter stellen des öfteren fest, dass
Dinge aus dem Büro verschwunden sind", sagt Sagerer. "Nur wird das oft gar nicht
gemeldet."
Anfang August erst
spazierte ein Mann auf den Campus und stahl das angeschlossene Fahrrad eines
DFS-Mitarbeiters im Wert von 1.100 Euro. Und im Mai war es einem Kriminellen aus
Langen gelungen, über die Tiefgarage in die Unternehmenszentrale einzudringen.
Dort entwendete er aus einer Handtasche die Geldbörse einer Mitarbeiterin, die
ihr Büro für kurze Zeit verlassen hatte. Der Mann konnte zwar mit Hilfe des
Sicherheitsdienstes im Foyer gestellt und an die Polizei übergeben werden, aber
dass er ungehindert an die Geldbörse gelangen konnte, war kein Zufall: Die Tür
des leeren Büros stand offen.