"Eine Atmosphäre wie bei der Olympiade"
Hockeyspieler Fritz Schmidt von der "Universiade"
in Sheffield begeistert / Silber − 19 Jahre nach München
Von Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom ... 1991)
Der Name bürgt für Qualität:
Insgesamt 146-mal trug der Rüsselsheimer Fritz ("Schimmi") Schmidt das Trikot der deutschen Hockey-Nationalmannschaft.
Höhepunkt einer mit zahlreichen Erfolgen gespickten, glanzvollen Karriere war
dabei zweifelsohne der Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Sommerspielen
1972 in München.
19 Jahre nach dem 1:0-Finalsieg über
Pakistan durfte sich Fritz Schmidt vor Wochenfrist erneut Edelmetall um den Hals
hängen lassen. Vergangenen Sonntag ging im englischen Sheffield die 16. Auflage
der "Universiade" zu Ende. Etwa 30.000 Zuschauer hatten der feierlichen Eröffnungszeremonie am 14. Juli durch
Prinzessin Anne beigewohnt, und ebenso viele Besucher säumten auch bei der
Abschlussfeier die Stadionränge, was dem Finale der "Olympischen Spiele der
Studenten" den würdigen Rahmen gab. Mit dabei, weil tags zuvor stolzer
Silbermedaillengewinner mit dem Hockeyteam des Allgemeinen Deutschen
Hochschulsportverbandes (ADH) geworden − Fritz Schmidt.
"Wie denn, hat sich der 'Schimmi' auf seine alten Tage etwa an einer Hochschule
eingeschrieben", mag mancher denken und womöglich schon um den Fortbestand der
täglichen Backwaren aus dem Hause Schmidt fürchten. Anlass für derlei Ängste
indes besteht nicht. Denn gleichwohl der Zugang zu bundesdeutschen Hochschulen
grundsätzlich keiner Altersbeschränkung unterliegt, so darf ein Teilnehmer an
der alle zwei Jahre ausgetragenen "Universiade" maximal 28 Jahre alt sein.
Kurzum: Fritz kann also nicht Fritz sein. Fritz ist der Sprössling von Fritz.
Ganz einfach.
Wie der Vater so der Sohn? In der Tat. Denn außer der traditionellen
Namenspflege lassen sich auch bei der filigranen Handhabung des
Hockey-Krummstocks durch die Schmidts Parallelen ziehen. Zum Beispiel darin,
dass
auch Sohn Fritz seit geraumer Zeit Mannschaftsführer beim Ruder-Klub ist. Zwar
dürfte für den inzwischen 27-jährigen Maschinenbau-Studenten an der
Fachhochschule Rüsselsheim die Länderspielkarriere seines Vaters schwerlich noch
zu kopieren sein, doch ergänzt der Erfolg von Sheffield die Titelsammlung im
Hause Schmidt auf einer neuen Ebene.
"Wir hatten uns nichts ausgerechnet", sagt der im ADH-Team als Vorstopper
eingesetzte Fritz Schmidt, nachdem etliche der sogenannten Stars abgesagt
hatten. Doch dann wusste sich der bunt zusammengewürfelte Haufen kontinuierlich
zu steigern. Nach Vorrundensiegen über Irland (1:0), USA (5:1), Japan (2:0) und
Spanien (2:1) sowie einem 1:1 gegen Australien stand die ADH-Auswahl urplötzlich
als Gruppenerster im Halbfinale gegen Korea. "Wir hatten Probleme, uns unsere
Gegenspieler zu merken. Die sahen alle gleich aus", erinnert sich Schmidt. Der
3:0-Sieg war deshalb freilich nicht gefährdet.
Im Endspiel ging's dann vor etwa 3.500 Zuschauer gegen Gastgeber England.
"Die
sollten unbedingt gewinnen", glaubt Schmidt, nachdem die
Schiedsrichterentscheidungen maßgeblich zum, seiner Meinung nach, viel zu hoch
ausgefallenen 3:0 beigetragen hätten. "Da war eine irre Stimmung", erinnert sich
der Rüsselsheimer, den die Finalniederlage kaum schmerzte. "Keiner hat gedacht,
dass wir überhaupt so weit kommen. Natürlich haben wir den zweiten Platz
entsprechend gefeiert". Die ebenfalls in Sheffield aktiven RRK-Spielerinnen
Bianca Weiß und Annette Laquai kamen mit dem ADH-Damenteam auf Rang acht.
Stimmungskanonen der deutschen
Mannschaft: Eiko Rott und Fritz Schmidt jr. |
Fritz Schmidt jr. beim Hockeyspiel in Aktion |
Mehr noch, als vom wider Erwarten
positiven sportlichen Abschneiden, zeigte sich Fritz Schmidt jedoch von der
Atmosphäre der "Universiade" beeindruckt. "Das war
ein einmaliges Erlebnis. So, wie bei der Olympiade. Nur mit einem etwas weniger
strengen Rahmen", sagt Schmidt. Annähernd 6.000 Teilnehmer aus etwa 100 Nationen
bewohnten das sogenannte "Garnes-Village", speisten gemeinsam in drei von 6 bis
24 Uhr abwechselnd geöffneten riesigen Essenszelten. Abends traf man sich in
eigens eingerichteten Pubs oder in der Disco, wobei es keine Zeitbegrenzungen
gab. "Die Nationen sind völlig verschmolzen. So etwa habe ich noch nie erlebt",
schwärmt der angehende Ingenieur. Dennoch wurde auch den Sicherheitsbedürfnissen
Rechnung getragen: Etwa 6.000 Sicherheitskräfte, darunter berittene Polizei,
waren rund um die Uhr im Einsatz.
Angesichts des vermutlich einmaligen Erlebnischarakters
− Hockey war als eine
von zwei stets vom jeweiligen Gastgeberland frei wählbaren Sportarten ins
Programm aufgenommen worden − dürften die 300 Mark Eigenbeteiligung der
Hockey-Spielerinnen und -Spieler gut angelegt gewesen sein. Was als Erinnerung
bleibt, sind neben den mannigfachen Eindrücken und der Silbermedaille gewisse
Bekleidungsstücke aus der offiziellen ADH-Mannschaftskluft − so weit diese nicht
gegen Modelle anderer Nationen eingetauscht wurden. Vor allem aber das
Bewusstsein, dass ein Kräftemessen von Weltklassesportlern auch ohne
Effekthascherei möglich sein kann. Aufs Abspielen von Nationalhymnen etwa wird
bei der "Universiade" traditionell verzichtet.