Was macht eigentlich
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Über Mitglieder des
RRK (1999)
Fritz Schmidt |
Loszulassen fiel dem Besessenen schwer
Heute feilt Rüsselsheims Hockey-Legende Fritz
Schmidt am Handicap - nicht mehr an Kondition
Von
Peter Kämmerer (aus "Main-Spitze" vom 30.10.1999)
"Mein wichtigstes sportliches Erlebnis?" Fritz Schmidt braucht über eine
Antwort nicht lange nachzudenken. "Das war 1968, als wir zum ersten Mal die
Deutsche Meisterschaft gewonnen haben." Wie bitte? Wer gedacht hat, der
146-fache deutsche Hockeynationalspieler des Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK)
würde den Olympiasieg 1972 in München angeben, den er zusammen mit seinen
Klubkollegen Peter Kraus und Rainer Seifert errungen hatte, sieht sich
getäuscht.
Zur Person
ڤ Name: Fritz ("Schimmi")
Schmidt.
ڤ Geburtstag: 19. März 1943 in Rüsselsheim.
ڤ Familienstand: Verheiratet, zwei Kinder.
ڤ Beruf: Bäcker- und Konditormeister.
ڤ Sportliche Erfolge: Achtfacher Deutscher Meister mit dem
Rüsselsheimer Ruder-Klub (dreimal Halle, fünfmal Feld), Feld-Europameister
1970, Hallen-Europameister 1974 und 1976, WM-Dritter auf dem Feld 1973 und
1975, Olympiasieger 1972 in München.
ڤ Hobbies: Golfen, Oldtimer. |
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1968 gelang dem damals
25-jährigen "Schimmi", wie der Bäcker- und
Konditormeister von Freunden und Bekannten genannt wird, der sportliche
Durchbruch. Dieses Jahr bildete das erste Kapitel zu einer langen
Erfolgsgeschichte: Als Spielertrainer des RRK führte er den Verein acht Mal zum
Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Als Kapitän der Hockeynationalmannschaft
trug er dazu bei, dass sich die deutsche Equipe in der Weltspitze etablierte
- Fritz Schmidts Liste an sportlichen Erfolgen füllt Seiten.
Stunde des Triumphes:
1973 führt Fritz Schmidt den Rüsselsheimer Ruder-Klub zum
ersten Deutschen
Hallenhockey-Titel mit Dr. Randolf Renker, Mike Martin, Wolfgang Beck,
Manfred Liebig, Martin Müller, Klaus Held, Roland Segner,
Rainer Seifert, Frieder Fleck und Wolfgang Molitor |
Dass so jemand schon zu Lebzeiten den Status einer Legende erwirbt - wen
wundert das noch. Wie kaum ein anderer hat Fritz Schmidt den RRK geprägt -
sportlich, aber auch durch seine Persönlichkeit. Schon in relativ jungen
Jahren galt er als der unumstrittene Leitwolf. Er war gerade 23 Jahre alt
geworden, da übernahm er als Spielercoach die erste Auswahl des Klubs,
trainierte als junger Spund erfahrene Spieler und führte sie von Sieg zu Sieg.
Schnell erwarb sich der junge Spieler durch Zähigkeit und Ehrgeiz Autorität.
Seine Zähigkeit und sein Ehrgeiz sind sprichwörtlich: Auf seinen Einsatz bei
den Olympischen Spielen im Jahr 1968 beispielsweise bereitete er sich vor,
indem er jede Nacht den etwa drei Kilometer langen Weg von seiner damaligen
Wohnung zur Backstube in der Alten Kirchstraße rennend zurücklegte. Nach sechs
Stunden Arbeit und einer kurzen Verschnaufpause ging's zum Joggen in den Wald.
Daneben stand natürlich das Klubtraining auf dem Fitnessplan. Auch heute noch
bekommt der Bäckermeister glänzende Augen, wenn er über Hockey spricht. "Ich
wollte nichts anderes, die ganze Zeit", gibt Schmidt ohne Umschweife zu. Wohl
auch deshalb fiel es ihm schwer, loszulassen. Notgedrungen nahm er schließlich
doch auf der Trainerbank Platz, als er - immerhin schon 40 Jahre alt - Anfang
der 80er Jahre seinen "aktiven Dienst" beim RRK quittierte. Danach trainierte
Fritz Schmidt noch einige Jahre die Hockey-Herren des Ruder-Klubs, ehe er sich
schließlich zurückzog und nur noch für die Senioren den Schläger in die Hand
nahm.
"Heute spiele ich Golf", berichtet Fritz Schmidt beim Gespräch in der
Backstube. "Golf ist genau das Richtige für Leute in meinem Alter, die noch
einmal ein Erfolgserlebnis entwickeln wollen." Mit einem Handicap von fünf steht
der ehemalige Hockey-Besessene nicht schlecht da. Bis in die
rheinland-pfälzische Senioren-Landesauswahl hat es der 56-Jährige damit
gebracht. Und wenn noch ein wenig Zeit bleibt, tüftelt er an seinen
Schmuckstücken herum: Englische Sportwagen haben es dem Bäckermeister stets
angetan. Der Kontakt zu "seinem" RRK ist dennoch nicht abgebrochen. Als Chef des
Fördervereins hat der Veteran ein Betätigungsfeld gefunden, auf dem er seine
Erfahrungen einbringen und auch ein Stück Wiedergutmachung leisten kann: Dass in
seiner Zeit die Nachwuchsarbeit vernachlässigt wurde, "das nehme ich auf meine
Kappe". |